Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 496 Meisenheim, Schloßkirche 1619

Beschreibung

Epitaph der Pfalzgräfin Christina von Pfalz-Zweibrücken, links an der Ostwand der Grabkapelle befestigt. Mehrzonige Pilasterädikula aus Kalkstein, die zahlreichen vorlinierten Schrifttafeln aus Schiefer. Als Bekrönung dient eine runde, von drei Obelisken begleitete Kartusche mit dem Vollwappen der Verstorbenen, darunter Bibelspruch (A) in einer Rollwerktafel. Es folgt eine große Tafel mit der Hauptinschrift (B) in achtzehn Zeilen und, von einem schmalen Steg getrennt, der vierzeilige Bibelspruch (C). Die halbovale, mit einem schlafenden Putto geschmückte Sockelzone weist einen weiteren Bibelspruch (D) auf. Die rahmenden, unten in geflügelte Engelsköpfe auslaufenden Pilaster sind mit je vier Ahnenwappen und den zugehörigen Beischriften versehen. Die Seitenteile des gut erhaltenen Epitaphs werden durch Voluten gebildet, die mit geflügelten Engelsköpfen und Fruchtgehängen verziert sind. Bei der im Jahr 1896 durchgeführten Restaurierung des Grabdenkmals wurden nur kleinere Ergänzungen vorgenommen1).

Maße: H. ca. 400, B. 190, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/1]

  1. A

    CHRISTVS HAT DEM TODT DIE MACHT GENOMMEN, / VND DAS LEBE(N) VND EIN VNVERGENGLICH WESEN / ANS LICHT GEBRACHT DVRCH DAS EVANGELION / 2 · AD, THIMOTHAEVM · I · VER(S) · X ·2)

  2. B

    DIE DVRCHLEV̈CHTIGE HOCHGEBORNE / FV̈RSTIN · VND FREWLIN FRAWLIN / CHRISTINA PFALTZGREVIN BEY RHEI(N) · / HERTZOGIN IN BAŸERN, GRÄVIN ZV / VELDENTZ VND SPONHEIM, HERTZOG / WOLFFGANGS PFALTZGRAVEN BEŸ RHEI(N) &a) / VND FRAWEN ANNA LANDGREVI(N) ZV / HESSEN, TOCHTER, IST IN DIESE WELT / GEBORN ZV ZWAŸBRVCKEN DEN XXVIIII. / FEBRVARII ANNO M · D · XLVI · VND AVS / DERSELBEN VON GOTT ZV SICH IN DIE / HIMLISCHE FREWDE ABGEFORDERT / DEN XII. MARTII ANNO M · DC · XVIIII · IST / ALHIE ZV MEISENHEIM ZV IHREN / HOCHLÖBLICHEN VORELTERN VER=/SAMLET, VND IN DERSELBEN GRABE / CHRISTLICH ZVR ERDEN BESTATTET / DEN XXIII MARTII ANNO M · DC · XIX

  3. C

    GEHE HIN MEIN VOLCK IN EINE KAM(M)ER VND / SCHLEV̈S DIE THV̈R NACH DIR ZV VERBIRGE / DICH EIN KLEIN AVGENBLICK BIS DER ZORN / FV̈RV̈BERGEHE · ESAIE · XXVI ·3)

  4. D

    CHRISTVS IST MEIN LEBEN, VND STERBEN / IST MEIN GEWINN · ZVN PHILIPPERN AM I. VER(S) · XXI4)

Wappen:
Pfalz-Zweibrücken.

Kommentar

 

Wappen mit Wappenbeischriften:

PFALTZ ·, HESSEN ·, HOHENLOCH, BRAUNSCHWEIG; HESSEN ·, SACHSEN ·, MECKLNBVRG, POLEN ·

Die Anfangsbuchstaben der gut gearbeiteten, golden gefaßten Kapitalis sind auf jeder einzelnen Schrifttafel leicht erhöht wiedergegeben. Neben den geläufigen, den Text gliedernden Zeichen wie Komma und Punkt wird vereinzelt auch noch der als kleine Raute gestaltete ‘punctus elevatus‘ als Trenner bei Zahlen und nach größeren Sinnabschnitten eingesetzt5). Die in der Sepulkralkunst des Bearbeitungsgebietes nur gelegentlich verwendeten Obelisken sind wohl als Herrschafts- und Ewigkeitssymbole zu verstehen6). Bei dem vorliegenden Epitaph handelt sich um das – neben den beiden verlorenen Wappensteinen am Schloß zu Meisenheim7) – einzige gesicherte größere Werk des aus Simmern stammenden und in Lauterecken tätigen Bildhauers Conrad Wohlgemuth8), der von der herzoglichen Familie für den Preis von 147 Gulden beauftragt wurde „dem verstorbenen Frewlin Christinae Pfalzgrauin Christseeligen angedenckens nach einem gemachten abriss ein Epitaphium zu verfertigen“9).

Christina war das erste Kind aus der Ehe Herzog Wolfgangs von Pfalz-Zweibrücken und der Landgräfin Anna von Hessen10). Etwa um 1570 war sie mit Herzog Friedrich Kasimir von Teschen verlobt11). Vermutlich wegen seines Todes im folgenden Jahr dürfte es nicht zur Hochzeit gekommen sein; Christina blieb zeitlebens unvermählt. Ihr Vater erbaute ihr bereits 1567 ein (noch heute erhaltenes) Schlößchen in Odernheim am Glan12), das sie von 1591 an bis zu ihrem Tode bewohnte. Sie engagierte sich im karitativen Bereich, galt bald als „Fürsprecherin der Armen und Bedrängten“13) und wurde Taufpatin zahlreicher bedürftiger Kinder. Noch zu ihren Lebzeiten hatte sich Christina eine Grabstätte auf dem Friedhof der damaligen reformierten Kirche in Odernheim errichten lassen14), wurde aber nach ihrem Tod nach Meisenheim überführt und in der Ludwigsgruft bei ihren Eltern feierlich beigesetzt. Wie sehr sich Grabinschrift und „kirchlich-offizieller“ Sterbeeintrag textlich ähneln können, zeigen die entsprechenden Notizen im Meisenheimer Kirchenregister15): „1619. Die Durchleuchtige Hochgebohrne Fürstin und Fräulein, Fräulein Christina Pfaltz-Grävin bey Rhein (...) ist den 12. Mertz umb mittag vor 12 Uhr zu Odernheim im Herrn seelig entschlaffen und den 23. allhier zu Meisenheim christlicher und I. F. G. ziemlicher und gebührlicher ordnung nach in die Kirche begraben worden und zu dero Fräulein Vorfahren in das gewölb geleget worden“. Bei der 1988 durchgeführten Untersuchung der Gruft fand sich von ihrem Sarg nichts mehr vor16).

Textkritischer Apparat

  1. et in Form eines entsprechenden Zeichens.

Anmerkungen

  1. Vgl. Lucas/Clemen, Instandsetzung 41.
  2. 2 Ti. 1,10.
  3. Jes. 26,20.
  4. Phi. 1,21.
  5. Vgl. auch den Kommentar zum Epitaph Nr. 489 von 1617, das wohl von dem gleichen Bildhauer angefertigt wurde.
  6. Vgl. LCI 3 Sp. 337 und 482f.
  7. Vgl. die Nrr. 477f. von 1614.
  8. Vgl. zu ihm Brucker, Wohlgemuth pass.
  9. Laut einer erhaltenen, detailliert aufgeschlüsselten Aufstellung belief sich die Gesamtsumme der Begräbniskosten auf insgesamt 1462 Gulden und 9 Batzen; vgl. Verzeichnuß aller außgaben (...) (LHAK 24, 1311) 4 und 6, sowie A. Herzog, Begräbniskosten für Prinzessin Christine von Zweibrücken, in: NG 44 (1964) 1921.
  10. Vgl. ihr gemeinsames Epitaph Nr. 340 von 1575/1591.
  11. Vgl. Schworm, Odernheim am Glan und Disibodenberg 68.
  12. Vgl. Nr. 285 III von 1567 und die Abb. bei Schworm (wie Anm. 11) 69.
  13. So Heintz 198.
  14. Die alte Kirche wurde 1830 endgültig abgerissen, nachdem bereits 1738 eine neue errichtet worden war; Teile ihres Portals scheinen von diesem sonst unbekannten Grabmal der Verstorbenen zu stammen; vgl. die Abb. bei Schworm (wie Anm. 11) 168.
  15. Zit. nach Sundahl, Oratio 21 (Anm.).
  16. Vgl. dazu ausführlich Nikitsch, Fürstengruft pass.

Nachweise

  1. Pareus, Historia 199 (B).
  2. Wickenburg, Thesaurus Palatinus II 12 - 13 (Zeichnung).
  3. Crollius, Denkmahl 119f. (B).
  4. Copia Epitaphiorum Meisenheim 115 (A, C, D).
  5. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 461 (erw.).
  6. Heintz, Begräbnisse Nr. 153.
  7. Heintz, Schloßkirche 243f.
  8. Kdm. 261f.
  9. Fröhlich/Zimmermann, Schloßkirche 49f.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 496 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0049609.