Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 477† Meisenheim, Schloßbezirk 1614

Beschreibung

Bauinschrift. Ehemals angebracht an dem mit der Schmalseite rechtwinklig zur Schloßkirche ausgerichteten Gebäude in der Mitte der Gesamtanlage, dem nach seiner ersten Bewohnerin genannten „Magdalenen-Bau“ (heute Herzog-Wolfgang-Haus). Die Inschrift verschwand wohl 1826 während den von der neuen hessisch-homburgischen Herrschaft veranlaßten Umbaumaßnahmen1). Nach einer verläßlichen Beschreibung des Jahres 17272) handelte es sich um einen außen über den Fenstern des im ersten Stock gelegenen Speisesaales angebrachten Wappenstein mit in Goldbuchstaben ausgeführter Inschrift, wohl Kapitalis3).

Nach Sundahl.

  1. VON GOTTES GNADEN MAGDALENA PFALTZ-GRAEVIN BEY RHEIN, HERTZOGIN IN BAYERN, GRAEVIN ZV VELDENTZ VND SPONHEIM etc. GEBOHRNE HERTZOGIN ZV GVLICH CLEVE VND BERGE, GRAEVIN VON DER MARCK VND RAVENSPERG, FRAVE ZV RAVENSTEIN etc. WITTWE. ANNO DOMINI MDCXIV.

Kommentar

Der die Fertigstellung des Bauwerks anzeigende Wappenstein wurde von Meister Conrad Wohlgemuth aus Simmern angefertigt, dem in der Nachfolge Johann von Trarbachs stehenden Bildhauer des Epitaphs für die Pfalzgräfin Christine4).

Magdalena war das dritte Kind aus der Ehe Herzog Wilhelms des Reichen von Jülich-Kleve-Berg mit Maria Erzherzogin von Österreich, der Tochter des römisch-deutschen Kaisers Ferdinand I.5). Am 4. Oktober 1579 heiratete sie in Bergzabern Herzog Johann I. von Pfalz-Zweibrücken, den zweitältesten Sohn und Nachfolger Herzog Wolfgangs6). Nach dem Tod ihres Gemahls7) bezog sie nach 1604 ihren Witwensitz in der Nebenresidenz zu Meisenheim, die damals hauptsächlich aus dem sogenannten Stephans-Stock und einigen Wirtschaftsgebäuden bestand8). Wohl aufgrund des daraus resultierenden Platzmangels, ließ sie zusammen mit ihrem Sohn Johann II.9) das mehrstökkige, mit Treppenturm und zwei Zwerchgiebeln versehene Gebäude erbauen, das sich trotz erheblicher Eingriffe des 19. Jahrhunderts im Kern als einziges der pfalz-zweibrückischen Schloßbauten bis heute erhalten hat. Magdalena bewohnte den von dem Zweibrücker Baumeister Hans Graulich 1612-14 entworfenen „Neve(n) Baw“ fast zwanzig Jahre lang, erlebte darin einen Großteil des 30jährigen Krieges. Sie starb 1633 im Alter von 80 Jahren als Letzte ihres Geschlechts und wurde in einem Sarg in der Ludwigsgruft der Meisenheimer Grabkapelle beigesetzt10).

Anmerkungen

  1. Zur wechselvollen Geschichte dieses schloßartigen Anwesens vgl. Rodewald, Das Herzog Wolfgang-Haus, Meisenheim am Glan 1935, Lurz 207ff. sowie den Lageplan bei Kdm. 271 mit Abb. 187.
  2. „supra fenestras inferioris atrii seu coenaculi posita, cum hac epigraphi (in griechischen Buchstaben) auratis expressa litteris“. – Eine bei Lurz 208 veröffentliche Skizze des Gebäudes aus dem Jahr 1714 (Nr. C) zeigt links neben dem Treppenturm an entsprechender Stelle ein kleines Quadrat, bei dem es sich um diesen Wappenstein handeln könnte.
  3. Analog der Angabe für den gleichzeitig gearbeiteten Wappenstein (Nr. 478) „latinis litteris“. Der dagegen in Fraktur gehaltene Text der heute an dieser Stelle angebrachten, wohl im Jahr 1910 entstandenen, 15zeiligen Schrifttafel (Vermerk am unteren Tafelrand: „Erneuert 1910“) mit oberem ovalem Abschluß orientiert sich zwar an der überlieferten Vorlage, verzichtet aber auf die Wiedergabe eines Wappens und wurde zudem mit dem überlieferten Text einer weiteren Bauinschrift des gleichen Jahres gekoppelt (vgl. folgende Nr. 478).
  4. Vgl. Kdm., die folgende Nummer und Nr. 496 von 1619.
  5. Vgl. Europ. Stammtafeln NF VI Taf. 17.
  6. Vgl. sein großes Grabdenkmal Nr. 340 von 1575.
  7. In der Alexanderkirche zu Zweibrücken befindet sich das für das Ehepaar nach 1611 fertiggestellte (mittlerweile stark zerstörte), gemeinsame Epitaph, das Raum für zwei (verlorene) Standfiguren bot. Unter dem für Magdalena vorgesehenen Platz fügte man nach ihrem Tod eine Tafel mit ihrer Grabinschrift bei (vgl. Kdm. Zweibrücken I 131ff. mit Abb. 78; Text bei Crollius, Denkmahl 123).
  8. Vgl. die verlorene Bauinschrift Nr. 134 von 1459.
  9. Vgl. die Bauinschrift Nr. 478 von 1614.
  10. Vgl. ihre Sarginschrift Nr. 525 von 1633.

Nachweise

  1. Sundahl, Oratio 13 mit Anm. 5*.
  2. Heintz, Begräbnisse Nr. 125.
  3. Heintz, Schloßkirche 203.
  4. Sundahl, Festrede (übers. von Wernigk) 23.
  5. Kdm. 274.
  6. Lurz, Meisenheim 208.
  7. Buß, Residenz 1.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 477† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0047709.