Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 449 Becherbach bei Kirn, Evang. Pfarrkirche nach 1605

Beschreibung

Grabplatte des evangelischen Pfarrers Salomon Leo. Ehemals im Mittelgang des Kirchenschiffs, wurde sie wohl anläßlich der Renovierung der 1783-86 neu erbauten Kirche in den Jahren 1911-131) links vom östlichen Zugang zum Kirchhof innen plan in die Mauer eingelassen. Einfache, schmale Platte aus gelbem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, die sich im Mittelfeld in vier elegischen Distichen fortsetzt, die in der Regel jeweils drei Zeilen beanspruchen (die dritten Zeilen nach rechts ausgerichtet), mitunter aber auch in zwei gepreßt wurden2). Die untere Leiste fehlt vollständig, die rechte ist bis auf wenige Buchstabenreste abgetreten, das Mittelfeld verwittert zusehends.

Maße: H. 168 (frg.), B. 85, Bu. 4-5,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Minuskeln.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/4]

  1. ANNO REPARATAE / PER[PETVAE SALVTISa) . . . ]Zb)[.. / . . . . . / ...E]CCLESIAE BECHERBACENSIS MINISTER //MOR[T]V[VS] HIC DORMIT / S[ALOMON]IS NOMINE / CLARVS /CVI LEOc) COGNOMEN / MISNIA QVEM GENVIT /AT NATALE SOLVM CHe(M)/NITZd) FVIT ET DEDIT arte(m)e) /AVXIT QVAM PAstO/RISe) MVNERE CIR[...]f) /O FERA MORS NESCIS / DOCTORI PARCERE ta(n)t[o]g) /HAVD MISERANS MA/TREM FILIOLOSQVE / THORI /FALCE TVA CHRISTI / SERVOS MODO LAE/DERE PERGE /REDDERE COGE/RIS QVOS TIBI SV/STVLERAS

Übersetzung:

Im Jahr der Erneuerung (des ewigen Heils) (... starb ...), Diener der Kirche zu Becherbach.

Hier ruht im Tode der berühmte (Mann) namens Salomo, der den Familiennamen Leo hatte; diesen hat Meißen (die Landschaft) geboren, aber sein Geburtsort war Chemnitz; dieses (Chemnitz) gab ihm die Wissenschaft, die (Kirn?) durch das Amt des Pastors noch mehrte. O harter Tod, der du nicht einen solchen Gelehrten zu schonen vermagst und nicht Erbarmen hast mit der Mutter und den kleinen Kindern aus der Ehe. Fahre nur fort, mit deiner Sichel die Diener Christi zu töten, du wirst doch gezwungen, alle die zurückzugeben, die du dir genommen hattest.

Versmaß: Vier Distichen.

Kommentar

Die schlichte Gestaltung der Grabplatte und die recht unsichere Ausführung der nicht sehr tief eingehauenen Inschrift deuten auf eine flüchtig angefertigte Arbeit hin. Dies steht im Gegensatz zu ihrem anspruchsvollen Inhalt mit der Aufteilung in Umschrift, Lebenslauf und Grabspruch.

Der Verstorbene wurde bisher mit dem zwischen 1653 und 1656 als Pfarrer in Becherbach nachweisbaren Wilhelm Glarus oder Clarus verwechselt3). Es handelt sich jedoch in Wirklichkeit um den aus Chemnitz stammenden, 1598 „gratis“ an der Universität Heidelberg4) studierenden Salomon Leo, der sich 16055) als Becherbacher Pfarrer seinem Kellenbacher Amtskollegen als Taufpate zur Verfügung stellte. Vermutlich war er Nachfolger des bis 15956) in Becherbach nachweisbaren Pfarrers Konrad Mögenius. Da Salomon Leo in Kirn weder als Pfarrer noch als Kaplan tätig war7), dürfte der in der vorliegenden Inschrift vermutete Ortsname aus metrischen Gründen als bekannter, Becherbach benachbarter Ort gewählt worden sein. Vermutlich hängt der plötzliche Tod der gesamten Pfarrerfamilie mit einer damals grassierenden Seuche zusammen.

Textkritischer Apparat

  1. Zu ergänzen wäre diese seltene Formel auch zu PER[ENNIS SALVTIS]; vgl. auch „Anno salutis nostrae reparatae“ als Titel des Merxheimer Sterberegisters von 1654 (Schlickum, Merxheim 36) und „Anno reparatae salutis“ in DI 33 (Stadt Jena) Nrr. 234 und 251.
  2. Möglich auch 2 als Ziffer.
  3. Kdm. liest VILIO und deutet irrtümlich – wie vor ihm Lentze – den Namen als „Wilhelm Clarus“.
  4. Sic! Kdm. liest CHEMNITZ.
  5. Wohl wegen Platzmangels wurden Minuskeln benutzt.
  6. Lesung unsicher. Hier wäre wohl als Ortsname an das benachbarte Kirn zu denken, also mit CIRA, CIRN oder CIRNVM zu ergänzen; die folgenden Zeichen sind nicht mehr zu entziffern. Kdm. lesen (metrisch unmöglich) CHRIST.
  7. Wie Anm. e; Lentze und Kdm. lesen CHRISTI.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Renard, Becherbach 9.
  2. Wenn der Platz am Ende der Zeile nicht mehr reichte, wechselte der Bildhauer oder Steinmetz von der Kapitalis in eine Minuskelschrift. – Entscheidende Hinweise zur Lesung und Interpretation des Textes verdanke ich Dres. Luise und Klaus Hallof, Berlin.
  3. Vgl. Franzmann, Becherbach 107.
  4. Vgl. Toepke, Matrikel Heidelberg II, 195.
  5. Dies war der bisher einzige Nachweis zu seiner Person, vgl. den Nachtrag bei Lentze, Becherbach 167.
  6. Vgl. Nr. 338 von 1574.
  7. Vgl. dazu Glaser, Pfarrer-Verzeichnis.

Nachweise

  1. Lentze, Becherbach 44.
  2. Kdm. 121.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 449 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0044906.