Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 441 Frei-Laubersheim, Rathaus 1603

Beschreibung

Spruchinschrift mit (sich mehrmals wiederholender) Jahreszahl auf einem über dem straßenseitigen Portal des alten Rathauses eingelassenen Wappenstein. Unter stark vorkragendem Gebälk drei reliefierte Wappenschilde zwischen zwei mit Fruchtgehängen geschmückten Pilastern, darunter in einer ovalen Rollwerk-Kartusche dreizeilige, datierte Inschrift (A) zwischen Löwenköpfen. Als Worttrenner des golden gefaßten Spruches dienen Doppelpunkte. Die das Erbauungsdatum angebende Jahreszahl (B) findet sich – schwarz ausgezogen und teilweise mit unterschiedlichen Steinmetzzeichen versehen – noch insgesamt sechsmal über das gesamte Rathaus verteilt: im Türsturz neben der einläufigen Außentreppe (mit Stmz. Nr. 41), im Scheitelstein des Portals unter dem Wappenstein, über dem straßenseitigen Rundfenster (mit Stmz. Nr. 42), an der Eckkonsole des polygonen Fachwerkerkers (mit Stmz. Nr. 43), erhaben ausgeführt auf dem (dorischen) Kapitell der mächtigen Mittelsäule der Halle im Erdgeschoß (mit Stmz. Nr. 43) und ausgeschnitten in der (modernen?) Wetterfahne des kleinen Dachreiters. Das Rathaus wurde in den Jahren 1983-85 grundlegend renoviert1) und farbig neu gefaßt.

Maße: Bu. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/3]

  1. A

    REGIER · MICH · HER / NACH · DEINEM · WILENa) / ANNO 1603

  2. B

    1603

Wappen2):
Kurpfalz; Baden (Markgrafschaft); Sponheim.

Kommentar

Frei-Laubersheim geriet als sponheimischer Besitz nach der Teilung von 1437 unter das kurpfälzisch-badische Kondominat3). Der auffällige Wappenstein spiegelt somit in augenfälliger Weise die damaligen Machtverhältnisse wieder: Kurpfalz kontrollierte 3/5 des Ortes, sein überproportional weit gestrecktes Wappen nimmt wohl auch deswegen die gesamte linke Hälfte des Wappensteins ein, Baden dagegen mit 2/5 lediglich den oberen Teil der rechten Hälfte. Die verbliebene Lücke schließt das (eigentlich unnötige) Wappen der ehemaligen Grafschaft Sponheim. Das kurpfälzische Übergewicht wird zudem durch die Inschrift selbst angezeigt, bei der es sich um den persönlichen Wahlspruch4) des damaligen pfälzischen Kurfürsten Friedrich IV. handelt.

Textkritischer Apparat

  1. Wegen Platzmangels ist der letzte Buchstabe kleinformatig in den Rahmen eingehauen.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Mathes 119ff. und Denkmalpflege 1984, 179.
  2. Ausführliche Beschreibung bei Menninger.
  3. Vgl. dazu Dotzauer, Kondominium pass.
  4. Der Wahlspruch Friedrichs IV. hieß wohl richtig „Regier mich Herr nach deinem Wort“ (vgl. DI 12, Heidelberg, Nr. 529); vielleicht hatte man bei der Abfassung noch die Devise seines Vorgängers Friedrichs III. „Herr nach deinem Willen“ im Ohr (vgl. ebd., Nr. 340).

Nachweise

  1. E. Fritsch, Freilaubersheim, in: Behrens, Rheinhessen (s.d.) 29.
  2. H. Bumann, Kreis Alzey (Heimatkunde vom Großherzogtum Hessen 15) Gießen (o.J.) 38.
  3. A. Menninger, Dorfgerichtssiegel rheinhessischer Gemeinden, in: MzZs 33 (1938) 52.
  4. Höfel, Rechtsaltertümer 30.
  5. Heimatjb. des Landkreises Alzey 3 (1963) 14 (Abb.).
  6. Gerten, Chronik 91 (mit Abb.).
  7. Mathes, Flurnamen 119 mit Abb. S. 120a.
  8. Spille, Rathäuser mit Abb. 107f.
  9. Krumm, Kleinode 154.
  10. Lipps, Entdeckungsreisen 106.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 441 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0044100.