Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 439 Bad Kreuznach, Schloßparkmuseum 1603

Beschreibung

Zwei Stelen mit Gedenkinschriften an einen weiten Sprung des Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz mit seinem Pferd (sogenannter Pfalzsprung). Urprünglich am Ort des Geschehens auf einer Wiese zwischen Kreuznach und Hackenheim aufgestellt1), gelangten sie um 1928 wegen Bauarbeiten2) (Siedlung Herlesweiden) in den Vorgarten des damaligen Heimat- und späteren Karl-Geib-Museums und nach dessen Schließung Ende 1986 an den heutigen Standort. Zwei unterschiedlich große, jedoch nahezu gleich gearbeitete, mit Ranken- und Beschlagwerk verzierte Sandsteinquader: Unter vierseitigem Giebelabschluß beginnen beide Steine (I und II) auf einer Seite mit der dreizeiligen Datumsangabe (A), fahren rechts auf der folgenden Seite mit der das Geschehen schildernden siebenzeiligen Inschrift (B) fort, bringen auf der dritten Seite die reliefierte Darstellung eines sich im Absprung befindlichen (bei I) bzw. eines aufsetzenden Pferdes (bei II) und auf der letzten Seite jeweils das kurpfälzische Wappen3). Die nicht beschriebenen Seiten der Sockelzone weisen Diamantquaderung auf. Beide Stelen sind erheblich verwittert, dadurch Schriftverlust.

Erg. nach Wickenburg.

Maße: H. 145 (I), 132 (II), B. 33 (A), 38 (B), Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Gemeinfrei [1/11]

  1. I A

    AN[NO] SALVTIS / M D [C] III / IIII [DIE M]ARTII

  2. I B

    FRIDERIC(VS) IIII: CO[M(ES)] / PALAT(INVS) ELECT(OR) / DVX BAVAR(IAE) ET C(ETERA). / [AB H]OC LAPIDE / [A]D INFERIOREM / [F]ORTVNANTE DE[O] / SALTAVIT EQVO

  3. II A

    ANN[O SA]LVTIS / M D [C I]II / [II]II DIE MARTI[I]

  4. II B

    FRIDERIC(VS) III[I:] / COM(ES) PALAT(INVS) / ELECT(OR) D[VX] / BAVAR(IAE) E[T C(ETERA)] / AD HVNC LAPI[DEM] / A SVPERIOR[E] / FORTVNANTE D[EO] / SALT[AV]IT EQVO

Übersetzung:

(I A, I B) Im Jahr des Heils 1603 am 4. März sprang Friedrich IV., Pfalzgraf, Kurfürst, Herzog von Bayern usw., mit seinem Pferd von diesem Stein mit Gottes Hilfe zum weiter unten gelegenen.

(II A, II B) Im Jahr des Heils 1603 am 4. März sprang Friedrich IV., Pfalzgraf, Kurfürst, Herzog von Bayern usw., mit Gottes Hilfe mit seinem Pferd zu diesem Stein vom weiter oben gelegenen aus.

Wappen:
Kurpfalz; Kurpfalz.

Kommentar

Die leicht nach rechts geneigte Kapitalis zeigt eigenwillig gestaltete Ligaturen.

Bei dem überwundenen Hindernis4) dürfte es sich um einen zur Entwässerung der zwischen Kehrenberg und Galgenberg liegenden Wiesen und Äcker dienenden Graben gehandelt haben. Seine Breite wird noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit 24 Rheinischen Fuß bzw. einer Nürnberger Ruthe und 4 Fuß angegeben (ca. 9 m). Der „summa spectantium admiratione“ ausgeführte Sprung des Landesherrn und die dadurch veranlaßte Aufstellung der originellen Denkmäler fand bereits 1607 als Flurname „am Pfalzgrafensprung“ bzw. in den folgenden Jahren als „ahm Sprung“ oder „ahm Pfaltzsprung“ seinen geschichtlichen Niederschlag.

Anmerkungen

  1. In der Nähe der heutigen, nach dem Ereignis genannten Straße „Pfalzsprung“, vgl. dazu und zum Folgenden Ruser/Dellwing, Bad Kreuznach 136, Geib sowie ders., Hist. Topographie II 101f.
  2. Als Ersatz für die Originale wurden zwei die entsprechenden Stellen markierenden Betonklötze mit nachgegossenen Bronzeinschriften aufgestellt, vgl. Geib und die Abb. bei NN.
  3. Laut der Skizze bei Wickenburg waren die Steine im Gelände so angeordnet, daß Stein I im Süden, Stein II im Norden stand und die jeweiligen Seiten mit den Inschriften A nach Osten, B nach Norden, die beiden Pferde nach Westen und die Wappen nach Süden zeigten.
  4. Vgl. zum Folgenden die Angaben bei Geib (wie Anm. 1) und Wickenburg (lat. Zitat).

Nachweise

  1. J.P. v. Ludewig/D.H. v. Finsterwald, ... Germania princeps ... Frankfurt und Leipzig 1746, 239f.
  2. Wickenburg, Thesaurus Palatinus I 296f. (Zeichnung mit Lageskizze).
  3. Andreae, Crucenacum Palatinum 171.
  4. Widder, Beschreibung 32.
  5. Schneegans, Beschreibung 280.
  6. Zeichnung von Stadtbaumeister Peter Engelmann, kurz nach 1850 (Bad Kreuznach, Schloßparkmuseum, Graphische Sammlung, ohne Sign.; freundlicher Hinweis von Herrn J.J. Reisek, Bad Kreuznach).
  7. Geib, Hist. Topographie I 120.
  8. NN., Der Pfalzsprung, in: NK (1964) 44.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 439 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0043909.