Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 418 Guldental-Heddesheim, Evang. Pfarrkirche 2.H.16.Jh.

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Epitaph für eine unbekannte Adelsfamilie. Befestigt an der Nordostwand der mehrfach umgebauten Kirche. Das aus Tuffstein querrechteckig gearbeitete Grabdenkmal zeigt im oberen Mittelfeld eine ausgedehnte Burganlage1) in einer hügeligen Baumlandschaft, davor auf einer Wiese die kniende Adelsfamilie in zeitgenössischer Kleidung: rechts die Mutter mit drei Töchtern, links der Vater mit sieben Söhnen. Die einzige verbliebene Inschrift, ein Bibelspruch, befindet sich auf dem reich profilierten Gesims, das in der Mitte von einer jetzt leeren, ehemals für eine Inschriftentafel vorgesehenen Rollwerk-Kartusche unterbrochen wird. Auf den seitlichen Leisten waren je drei Wappen mit Beischriften angebracht. Nach unten hin wurde das Epitaph durch eine weitere Rollwerk-Kartusche mit einer heute ebenfalls verlorenen Inschrift abgeschlossen. In der Bildmitte soll sich ein nicht mehr nachweisbares Kruzifix befunden haben. Wie die beiden Inschriften, die Wappen und ihre Beischriften wurden auch alle Köpfe – bis auf drei männliche – um 1800 „durch die Franzosen demoliert“2). Zudem wurden zu unbekannter Zeit und aus unbekannten Gründen die dem Betrachter zugewandten Ärmel der im Vordergrund etwas größer dargestellten Eltern plan abgesägt. Ein mittlerweile aufgebrachter, überaus dicker rötlicher Anstrich3) verdeckt die Einzelheiten dieser höchst qualitätvollen Arbeit.

Maße: H. 185, B. 210, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. HER · LEHRE VNS BEDENCKE(N), DAS MIR STERB(EN) // MVSE(N) AVF DAS MIR KLVG WERDE(N) PS. X[C]4)

Kommentar

Das für das Bearbeitungsgebiet singuläre Epitaph wurde bislang ohne Begründung in die Zeit um 1570-80 datiert5) und einer Mainzer Werkstatt zugeschrieben, hierbei unter Vorbehalt dem wenig bekannten Bildhauer Peter Osten6). Die Rechte und Besitzungen im alten Heddesheim7) waren als wild- und rheingräfliche bzw. pfalzgräfliche Lehen in den Händen einiger Adelfamilien, darunter derer von Koppenstein, von Eltz und von Leyen. In diesem Kreis dürften auch die Mitglieder der dargestellten Familie zu suchen sein.

Anmerkungen

  1. Die Gebäude konnten bislang nicht identifiziert werden.
  2. So Weinmann.
  3. Zwei vor dieser Verunstaltung aufgenommene Fotos (LfD, Fotoarchiv Neg.-Nrr. 16019 und 16020) vermitteln einen guten Eindruck von dem ursprünglichen Zustand.
  4. Ps. 90,12.
  5. Kdm. 175.
  6. Vgl. zu ihm ansatzweise H. Schrohe, Neue Aufsätze und Nachweise zur Mainzer Kunstgeschichte, in: MzZs 15/16 (1920/21) 66f.
  7. Vgl. dazu Fabricius 154f. und Seibrich, Entwicklung 83ff.

Nachweise

  1. Schneegans, Beschreibung 363.
  2. Weinmann, Heddesheim 14.
  3. Kdm. 176 Abb. 121.
Addenda & Corrigenda (Stand: 02. September 2013):

Herrn Dr. Helmut Hartmann, Bechtheim bei Worms, ist die detaillierte Identifizierung der Mitglieder der bislang unbekannten Adelsfamilie zu verdanken. Er schreibt mit Brief vom 25. September 1995: “Aus dem Kreis der drei vermuteten Familien Koppenstein, Eltz und Leyen läßt sich nach Durchsicht von deren Genealogien nur eine finden, auf die die Darstellung des Epitaphs zutrifft: Es ist das Ehepaar Eberhard von Leyen und Christina geb. von Talheim mit ihren Nachkommen. Beim Vergleich mit den Daten der Tafel 121 bei Humbracht ergibt sich Folgendes: Unter den Söhnen ist ein Knabe dargestellt, der Domherren-Kleidung trägt. Das ist nach Humbracht der 1572 verstorbene Wormser Domherr Jörg Wilhelm, der bei einem anzunehmenden Geburtsjahr von 1560 nur etwa 12 Jahre alt geworden ist (Heiratsjahr der Eltern 1559). Bei den anderen Söhnen tragen die zwei ältesten deutlich ihre Gnadenketten, sind also in Amt und Würden bei höhergestellten Dienstherren: Johann Meinhart, nassauischer Rat und Oberamtmann zu Idstein, sowie Peter, kurmainzischer Rat und Vizedom zu Mainz. Auf der Sohnseite bringt Humbracht noch den wahrscheinlich frühverstorbenen Philipp Christoph. Das wäre dann einer der beiden hinteren Knieenden, der zweite fehlt bei Humbracht, gleichwie auch die beiden Kleinkinder. Dagegen sind die 3 Töchter des Epitaphs auch bei Humbracht zu finden. Auf dem Epitaph tragen 2 den Brustschmuck verheirateter Frauen: Ruffina, heiratete 1577 den von Dienheim und Maria Jakobe 1587 den von Partenheim. Die dritte, Anna Philippa, ist noch ledig, sie heiratete 1592 (richtiger 1600) einen von Hardheim. Zeitlich wäre die Einordnung so: Die noch am Leben befindliche Mutter hat kurz nach 1587 für den 1572 verstorbenen Ehemann und geistlichen Sohn (und die frühverstorbenen anderen 4 Söhne) das Epitaph setzen lassen, als schon 2 Söhne versorgt und 2 Töchter verheiratet waren.” Demzufolge ist das Datum in “nach 1587” zu ändern.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 418 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0041805.