Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 410 St. Johannisberg, Evang. Kirche 1599

Beschreibung

Epitaph für die wild- und rheingräflichen Kinder Anna Maria und Adolf. Anläßlich der Restaurierung der Kirche 1909/10 wurde das Denkmal vom ursprünglichen Platz links neben dem Kanzelaufgang hoch oben an die Ostwand des Chors zwischen die Fenster versetzt (Plan Nr. 13)1). Die aus Holz und Stuck gefertigte Säulenädikula trägt als Bekrönung einen durchbrochenen Giebel mit dem Podest für eine verlorene, wohl die Liebe versinnbildlichende Figur. Darunter die elterlichen Vollwappen, eingerahmt von den Glaube und Hoffnung symbolisiernden Figuren. Die sich anschließende, mit Masken geschmückte Gebälkzone trägt die in zwei dreizeilige Blöcke unterteilte Inschrift (A). Im Mittelteil, dessen Hintergrund die früheste bisher bekannte Ansicht von Schloß Dhaun in Flachrelief bietet2), stehen sich die Geschwister unter einem kleinen Kruzifix in einer Rundbogennische betend gegenüber, eingerahmt von ornamentierten Pilastern und vorgelegten freistehenden Säulen. Die Seitenteile bestehen aus mit Früchten behangenen Kartuschenstücken, auf denen zwei die Lebensfäden beider Kinder hochhaltende Putten sitzen. Die Sockelzone wird durch eine Tafel mit der vierzeiligen Inschrift (B) gebildet, darunter abschließend ein Ensemble aus Masken, Fruchtgehängen und einem auf einem Totenkopf sitzenden und ein Stundenglas haltenden Putto. Der linke Kartuschenflügel wurde bei der Versetzung des Epitaphs völlig neu angefertigt; vermutlich wurden bei dieser Gelegenheit auch Teile der Namenszeile überarbeitet oder ergänzt3).

Maße: H. 310, B. 120 cm (nach Kdm.), Bu. ca. 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis, erhaben.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/3]

  1. A

    FREWL(LEIN) · ANNA · MARIA / STARB · DEN · 27 AVGV(STI) / · ANNO · 1597 // HERRLEIN ADOLF · / STARB · DEN · 27 IVLY / A(NN)O · 1599 · D(ENEN) · GOT · GNADa)

  2. B

    MAT: 18 · ES · SEI · DAN · DAS · IHR · / VMB KEHRET · VND · WERDETb) · WIE · / DIE · KINDER · SO · KONT · IHR NIT / INS REICH GOTTES KOMMEN4)

Wappen:
Wild- und Rheingrafen (zu Dhaun); Nassau-Dillenburg.

Kommentar

Die teilweise etwas ungelenk aus dem Holz geschnittenen, schlichten kapitalen Buchstaben sind rot bemalt und heben sich so wirkungsvoll von dem weißen Untergrund ab.

Die jung verstorbenen Geschwister entstammen der Ehe des Wild- und Rheingrafen Adolf Heinrich (†1606) mit Gräfin Juliane von Nassau-Dillenburg. Der Vater und sein zuvor verstorbener Bruder Johann Philipp (†1591) wurden ebenfalls in der ehemaligen Stiftskirche beigesetzt. Über die Trauerfeierlichkeiten bei dem Begräbnis beider Kinder unterrichtet das Tagebuch des damaligen Superintendenten und Dhauner Hofpredigers Albrecht von Hellbach. Demnach wurden die Kinder nicht in der Familiengruft unter dem Chor, sondern in einem Sarg innerhalb der Kirche beigesetzt5). Der Meister dieser „ausgezeichnete(n), anmutige(n) Arbeit“6) ist unbekannt, man rechnet ihn jedoch dem Umkreis des Trierer Bildhauers Hans Ruprecht Hoffmann zu7).

Textkritischer Apparat

  1. Aus Platzmangel kleine, gedrängte Schreibweise.
  2. Zweites E klein eingestellt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Lehfeldt, Bau-und Kunstdenkmäler 325 und Hensler, Wiederherstellung 51.
  2. Vgl. die Umzeichnung bei Kdm. 156 Abb. 103 und Fröhlich/Zimmermann, Dhaun 4.
  3. Schneider, Notizen, macht die erste Zeile nur durch Striche kenntlich und überliefert lediglich die Todesdaten; ders., Geschichte, setzt die Namen in Klammern.
  4. Mt. 18,3.
  5. Vgl. die Tagebuchauszüge bei Fröhlich/Zimmermann 14f. – Hellbach wurde ebenfalls in der Stiftskirche begraben, vgl. Nr. 482 von 1615.
  6. Kdm. 336.
  7. Zimmermann, 24 und Fröhlich/Zimmermann 14.

Nachweise

  1. Schneider, Notizen I (nach Eintrag 1465).
  2. Schneider, Geschichte 255.
  3. Rhein. Antiquarius II 19, 244.
  4. Zimmermann, Grabdenkmäler mit Abb. S. 25.
  5. Kdm. 336 mit Abb. 250.
  6. NN., Stiftskirche 109.
  7. Fröhlich/Zimmermann, Stiftskirche 13ff. mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 410 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0041001.