Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 273 Kirn, Evang. Pfarrkirche 1531

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Epitaph des Wild- und Rheingrafen Johann VII. Ehemals rechts hinter dem früheren Hochaltar an der rückwärtigen Chorwand1), seit der Renovierung der Kirche in den Jahren 1890-94 am heutigen Platz in etwa vier Meter Höhe in die Südwand des Chors eingelassen2). Die jüngst farbig gefaßte Säulenädikula trägt als oberen Abschluß einen halbrunden, von einer Flammenvase bekrönten Aufsatz, der im Zentrum das um die Helmzier verstümmelte Hauptwappen zeigt. Unter der von zwei Wappen flankierten Gebälkzone steht der Verstorbene in voller Rüstung vor einer flachen Muschelnische auf einem kauernden Löwen, den linken Fuß leicht vorgestellt. Das Haupt ist unbedeckt, die erhobene Rechte hielt ursprünglich wohl einen Feldherrenstab, die Linke ruht auf dem vorgesetzten Schwert. Die Postamente der Säulen sind mit zwei weiteren Ahnenwappen versehen. In der Sockelzone des Epitaphs befindet sich die vierzeilige Inschrift auf einer querrechteckigen, von Ranken umspielten Schrifttafel. Die Architekturteile sind wohl aus Sandstein gearbeitet, die Figur dagegen aus Tuffstein.

Maße: H. ca. 450, B. ca. 180 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/3]

  1. GENEROS(VS) · ET · INSIGNIS · TV(M) · MAIORV(M) · IMAGINIB(VS) · TV(M) · HEROIC(IS) / DOTIB(VS) · QVIB(VS) · TOTI · NOBILITATI · NOT(VS) · D(OMI)N(VS) · IOAN(ES) · RHENI · CO(MES) · A / STEY(N) · SILVES(TRIS) · CO(MES) · I(N) · THAV(N) · ET · KIRB(VRG) · CO(MES) · DE · SALMYa) · D(OMI)N(VS) · I(N) · VI(N)STING(EN) / FATO · FV(N)CT(VS) · E(ST) · XI · DECE(M)B(RIS) · A(NNO) · M · D · XXXI · C(VIVS) · A(N)I(M)A · SA(N)CTEa) · QESCATb)

Übersetzung:

Der edle, sowohl durch die Reihe seiner Vorfahren als auch durch seine Heldentaten, durch die er im gesamten Adel bekannt ist, ausgezeichnete Herr Johannes, Rheingraf vom (Rheingrafen-) Stein, Wildgraf in Dhaun und Kyrburg, Graf von Salm, Herr in Finstingen, starb am 11. Dezember im Jahre 1531. Seine Seele möge in heiligem (Frieden) ruhen.

Wappen:
Wild- und Rheingrafen; Wild- und Rheingrafen, Salm; Isenburg-Büdingen, Finstingen.

Kommentar

Die mit Gold auf braunem Grund ausgemalte Schrift ist sorgfältig gearbeitet und fällt durch die zahlreichen, abwechslungsreich gestalteten Kürzungen und Kürzungszeichen auf3).

Wie die an dem Epitaph seines zehn Jahre zuvor verstorbenen Bruders Philipp4) in St. Johannisberg angebrachten Wappen, weisen auch die seines Grabdenkmals auf den erheblichen Gebietszuwachs der Wild- und Rheingafschaft hin. Durch die 1520 zwischen beiden Brüdern erfolgte Teilung der Herrschaft, wurde der seit 1515 mit Anna von Isenburg-Büdingen verheiratete Johann VII. zum Stifter der eigenständigen, bis in 18. Jahrhundert blühenden Linie (Salm-)Kyrburg5). Obwohl man aufgrund der offensichtlichen Ähnlichkeit der Grabdenkmäler beider Brüder auf eine gleiche Hand aus dem Umkreis der Werkstatt des Mainzer Bildhauers Backoffen6) schließen könnte, dürfte es sich doch um zwei verschiedene Meister handeln. Demnach scheint das vorliegende Epitaph ein allenfalls durch das St. Johannisberger Vorbild beeinflußtes Alterswerk des Trierer Meisters Jakob Kerre (oder Kern)7) gewesen zu sein, der im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts bedeutende Bildwerke im Koblenzer und Trierer Raum anfertigte8).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Sic! Kdm. liest QUIESCA.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. 193 mit Abb. 137 (Zustand vor der Renovierung).
  2. Vgl. Clemen, Restauration 28.
  3. Siculi als Zeichen für kontraktive, aus kleinen Dreiecken bestehende Doppelpunkte als Hinweis für suspensive Kürzungen und unterschiedlich geformte, hochgestellte Häkchen als Ersatz für ausgelassene Endungen.
  4. Vgl. Nr. 257 von 1521.
  5. Vgl. Europ. Stammtafeln NF IV Taf. 105.
  6. Vgl. Strübing 63 und Zimmermann, Grabdenkmäler 24.
  7. Vgl. zur unsicheren Identifikation H. Brucker, Jakob Kern, der Meister des Grabmals von Herzog Johann I., in: HHbll. 3 (1963) Nr. 4, 2-5 und zusammenfassend Lühmann-Schmidt, Peter Schro 4 mit Anm. 12.
  8. Darunter das 1522 datierte und von ihm signierte Grabdenkmal für Herzog Johann I. von Pfalz-Simmern in der evang. Pfarrkirche zu Simmern (vgl. Kdm. Rhein-Hunsrück-Kreis 1, 969f. mit Abb. 894); vgl. die Liste der Werke Meister Jakobs bei Zimmermann, Nahegebiet 25-28, die von Kahle 74f. um die seiner Werkstatt ergänzt werden. Dabei auch der Hinweis auf den Ebernburger Wappenstein von 1535 (Nr. 282). Der Meister scheint auch als Medailleur tätig gewesen zu sein, vgl. O. Gessert, Meister Jakob, in: Archiv für Medaillen- und Plaketten-Kunde IV (1923/24) 146-148.

Nachweise

  1. Würdtweinsches Epitaphienbuch 308.
  2. Kremer, Kurzgefaßte Geschichte 113 Anm. 14.
  3. Schneider, Notizen II (nach Eintrag 1500).
  4. Schneider, Geschichte 231.
  5. Rhein. Antiquarius II 19, 84.
  6. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 301.
  7. E. Strübing, Der Mainzer Bildhauer Dietrich Schro und sein Kreis, in: MzZs 15-16 (1920-21) 62-69 mit Abb. 1.
  8. Zimmermann, Nahegebiet mit Abb. 18.
  9. Zimmermann, Grabdenkmäler mit Abb. S. 24.
  10. Kdm. 197 mit Taf. VII.
  11. Kahle, Studien mit Abb. 23.
  12. Peitz, Kirche 18 (übers.).
  13. Cauer, Kirn mit Abb. S. 15.
Addenda & Corrigenda (Stand: 23. September 2014):

Da die Cauda des Q mit einem kleinen Kürzungsstrich durchstrichen ist, lautet die korrekte Transkription Q(VI)ESCAT. Bei dem als Isenburg-Büdingen bezeichneten Wappen handelt es sich – aufgrund der dort nicht vorkommenden Doppeladler – um das von Moers-Saarwerden (freundlicher Hinweis meines Heidelberger Kollegen Dr. Harald Drös, Brief vom 14. November 1993).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 273 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0027305.