Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 240(†) Meisenheim 1509-1687

Beschreibung

Bau- und Jahreszahlen, zum Teil in Verbindung mit Initialen oder Wappen an und in verschiedenen Gebäuden des Schloßbezirks und der Altstadt, wohl teilweise als Spolien verwendet.

I. Jahreszahl mit zwei (nicht überlieferten) Wappen im Sturz eines aufwendig konstruierten Rundbogenportals1). Ursprünglich entweder Teil der ehemaligen Kirchenmauer2) oder ein späterer Zugang zum sogenannten Stephansstock3), wurde das Portal zu einem unbekannten Zeitpunkt in die Nordseite des 1614 errichteten Magdalenenbaus4) eingelassen. Noch um 1900 an diesem Standort nachgewiesen, heute verloren.

Nach Lehfeldt.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/10]

  1. 1509

II. Jahreszahl auf einem von zwei Wappen flankierten Schild. Es handelt sich wohl um einen Hinweis auf Auftraggeber und Fertigstellung des sogenannten, ehemals westlich der Schloßkirche gelegenen Steinernen Stocks5), der als Wirtschaftsgebäude noch unter dem mit Margaretha von Hohenlohe verheirateten Herzog Alexander von Pfalz-Zweibrücken (†1514) errichtet wurde. Der Wappenschild befand sich ursprünglich in diesem 1881/82 abgerissenen Bauwerk, läßt sich jedoch bereits um 1727 über dem im Speisesaal befindlichen Kamin6) des 1614 errichteten Magdalenenbaus7) nachweisen; heute verloren.

Nach Sundahl.

  1. 1515

 
Wappen
Pfalz-Zweibrücken, Hohenlohe.
III. Unter der auf einem Schild eingehauenen Jahreszahl (ehemals) zwei Wappen an dem einen Balken tragenden Konsolstein an der rechten Ecke des Hauses Untergasse 19. Das linke Wappen wurde bei einem Umbau des Fachwerkhauses8) in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts abgehauen, um Platz für den Fensterladen zu schaffen. Aufgrund der erhaltenen Jahreszahl ist dieses Haus das älteste noch bestehende, inschriftlich datierte in Meisenheim. Vermutlich wurde es von dem 1514 bis 1533 in Meisenheim nachweisbaren, zeitweilig als Amtmann tätigen Philipp von Gundheim erbaut, der wohl mit einer von Botzheim verheiratet war9).

Maße: H. ca. 40, B. ca. 30, Z. ca. 8 cm.

  1. 1529

 
Wappen
verloren (Gundheim?); Botzheim.
IV. Auf einer Kartusche erhaben gearbeitete Jahreszahl über dem mittleren Drillingsfenster des Erkers am Haus Obergasse 310). Die (möglicherweise neu angefertigte) Jahreszahl bezeichnet wohl das Erbauungsdatum des sich seit 1580 im Besitz der Herren von Kellenbach11) befindenden und nach ihnen genannten Adelshofs.

  1. 1530

V. Jahreszahl in großen, teils arabischen, teils römischen Ziffern doppellinig eingeschnitten in die Ostseite eines hölzernen Segmentbogens des kleinen, ehemals eine beschriftete Glocke tragenden Dachreiters des Alten Rathauses12) (Untergasse 23).

Maße: H. 14, B. 43, Z. 7-10 cm.

  1. 1 6 0 · II ·b)

VI. Jahreszahl mit Initialen auf einem geschnitzten Fachwerkbalken im Speicher des Hauses Am Klenkertor 313). Vermutlich bezieht sich die Zahl auf die Errichtung des Hauses.

Nach Lurz.

  1. 1604 M G

VII. Jahreszahl mit Initialen im profilierten Fenstersturz des Erdgeschoßes links der Eingangstür des Hauses Obergasse 3114), rot überstrichen. Die Inschrift bezieht sich auf den Umbau des vermutlich spätgotischen Hauses durch den Weißgerber Jonas Preyel, der es bereits im Jahr 1580 für 305 Gulden erworben hatte. Preyel war 1585 Gemeinde-, 1599, 1606 und in der zweiten Hälfte des Jahres 1611 Gerichtsbürgermeister in Meisenheim15). Mit seiner Ehefrau Maria, die das Haus 1632 weiterverkaufte, hatte er zwei Söhne und zwei Töchter; er selbst verstarb im Jahr 161516).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. J(ONAS) P 16 12 R(EYEL)

VIII. Jahreszahl im Giebel des dreistöckigen Hauses Am Klenkertor 26, kurz nach 1937 während der Freilegung des Fachwerks ans Licht gekommen17). Die wohl nach originalem Befund neu aufgemalte Inschrift dürfte sich auf die Fertigstellung des Wohnhauses beziehen.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. [A(NNO) D(OMINI) 1618]

IX. Jahreszahl mit Initialen an der Wendeltreppe des im Jahr 158018) errichteten Erweiterungsbaues des Alten Rathauses (Untergasse 23). Die steinerne Spindel wird durch eine Säule mit Blattkapitell gestützt, auf dessen Abakus das Baujahr eingehauen wurde; heute dick mit roter Farbe überstrichen. Zwischen den Jahreszahlen befindet sich ein kaum erkennbares Steinmetzzeichen (Nr. 49). Die wohl aus Stabilitätsgründen nachträglich eingezogene Säule dürfte lang vor ihrer damaligen Verwendung entstanden sein19).

Maße: H. 20 (Kapitell), B. 25, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. 1652a) / WL · WB

X. Jahreszahl mit dazwischen liegendem Steinmetzzeichen (Nr. 52) im Fenstersturz der Nordseite des Hauses Obergasse 4 (sogenannte Ritterherberge)20). Die wohl bei einer jüngst erfolgten Renovierung freigelegte, bisher unbekannte Bauzahl dürfte sich auf einen Umbau des aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammenden, nördlichen Gebäudeteils beziehen.

  1. 16 68

XI. Jahreszahl im Sturz eines Drillingsfensters an der Hofseite des Hauses Obergasse 2621). Die auf einen Umbau hinweisende Bauzahl befindet sich im erhöhten Mittelteil, seitlich je ein leerer Wappenschild. Der ehemalige Adelshof führte seinen Namen nach dem Adelsgeschlecht der Boos von Waldeck22), die ihn seit 1422 als Lehen besaßen. Zur Zeit des Umbaus wurde der Hof von Philipp Balthasar Boos von Waldeck23) bewohnt, der mit Anna Margaretha geb. Zandt von Merl verheiratet war – dementsprechend dürften auch die Wappenschilde gestaltet worden sein24).

  1. 1669

XII. Bauzahl im profilierten Türsturz der Rückseite des zweigeschossigen Hauses Wagnergasse 825). Die Zahl dürfte das Baudatum der späteren Meisenheimer Poststation angeben.

Nach Lurz.

  1. 1671

XIII. Jahreszahl an der geschnitzen Holztür des Westportals der katholischen Pfarrkirche St. Antonius26). Die Zahl befindet sich hälftig auf je einem Flügel des aufwendig gearbeiteten Barockportals, das zur ehemaligen Kirche des 1684 gegründeten Franziskanerklosters führte.

Maße: Z. 7 cm.

  1. 16 / 87

Vermutlich gab es in Meisenheim weit mehr als die hier aufgeführten Bauzahlen, da durch Abriß, Verwitterung oder Renovierung nicht zu unterschätzende Verluste eingetreten sein dürften. So befindet sich etwa über dem Renaissanceportal des Treppenturms am sogenannten Thayn‘schen Haus (Untergasse 54) eine völlig verwitterte zweizonige Tafel, deren einstiger Inhalt nie erfaßt wurde. Das gleiche gilt für eine Schrifttafel, die während der jüngst erfolgten Renovierung am Haus Rapportierplatz 7 an Licht kam und ohne weitere Beachtung gleich wieder unter Putz gelegt wurde27). Die von Lurz erwähnte Jahreszahl 1658 mit Initialen28) ist in 1758 zu korrigieren.

Textkritischer Apparat

  1. Lurz 240 und Lipps 177 lesen 1642.
  2. Sic! II als römische Ziffern mit i-Punkt

Anmerkungen

  1. Genaue Beschreibung bei Lehfeldt.
  2. So Kdm. 274.
  3. So Lehfeldt und Heintz, vgl. auch Nr. 134 von 1459.
  4. Vgl. dazu die Nrr. 477f. von 1614.
  5. Vgl. zur Baugeschichte ausführlich Lurz 206f. (mit Abb.).
  6. So Sundahl.
  7. Vgl. dazu die Nrr. 477f. von 1614.
  8. Vgl. zur Baugeschichte ausführlich Lurz 237f. – Die farbige Fassung stammt von der letzten Renovierung des Hauses 1985/86, vgl. Denkmalpflege 209.
  9. So Anthes 23.
  10. Vgl. zur Baugeschichte ausführlich Lurz 142f.
  11. Vgl. Nr. 384 von 1591 und Nr. 392 von 1593.
  12. Vgl. Lurz 239f. sowie Nr. 149 von 1475, Nr. 348 von 1580 und unten Nr. IX
  13. Vgl. zur Baugeschichte ausführlich Lurz 60.
  14. Vgl. zum Folgenden Lurz 162f.
  15. Vgl. Meyer, Bürgermeister 148f.
  16. Vgl. ders., Beethregister 344 und ders., Catalogus 107.
  17. So Lurz 71.
  18. Vgl. Nr. 348.
  19. Vgl. Spille 51.
  20. Vgl. Lurz 143f.
  21. Vgl. ebd. 160f.
  22. Vgl. Nr. 178 von 1494 und die entsprechenden Registereinträge. – Der Hof blieb bis 1769 im Besitz der Familie.
  23. Sohn des Johann Philipp Boos von Waldeck (zu Montfort), vgl. Nr. 522 von 1632.
  24. Vgl. die Rekonstruktion bei Anthes 12.
  25. Vgl. zur Baugeschichte ausführlich Lurz 268f.
  26. Vgl. ebd. 62f.
  27. Vgl. ebd. 170.
  28. Vgl. ebd. 235.

Nachweise

  1. Sundahl, Oratio 12 mit Anm. *** (II).
  2. Lehfeldt, Kunst- und Baudenkmäler 463 (I).
  3. Heintz, Schloßkirche 182 (I).
  4. Sundahl, Festrede (übers. von Wernigk) 23 (II).
  5. Kdm. 268ff. (I-IV, VII, IX, XI, XIII).
  6. Anthes, Rundgang (II-IV, XI, XIII).
  7. Spille, Rathäuser 51 (IX).
  8. M. Lurz, Türen und Möbel aus der Schmidt-Werkstatt, in: G.F. Anthes/M. Lurz (Hgg.), Meisenheim. Studien zu Natur, Geschichte und Kunst II (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach 18). Bad Kreuznach 1984, 151 mit Abb. (XIII).
  9. Denkmalpflege 1985/86, 209f. (III, XIV).
  10. Buß, Residenz (II).
  11. Lurz, Meisenheim (III-IX, XI-XIII).
  12. Anthes, Boos von Waldeck 10 (XI).
  13. Lipps, Entdeckungsreisen 165ff. (IV, IX, XI, XIII mit Abb.).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 240(†) (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0024000.