Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 223† Sponheim, ehem. Sommerrefektorium 1502

Beschreibung

Wandmalereien mit beigefügten Gedenkinschriften der ersten 24 Äbte des Klosters. Auf Veranlassung des 25. Abtes Johannes Trithemius wurden im Jahr 1502 damit die Wände des alten Sommerrefektoriums1) geschmückt. Lediglich die ersten dreizehn „annoch leßlich(en)“2) Inschriften (A bis M) konnten 1667 von einem verläßlichen Augenzeugen gerade noch rechtzeitig („quantum legi potuerunt“) abgeschrieben werden, da sie wegen eines Dachschadens Gefahr liefen – wie bereits mit den restlichen geschehen – „gäntzlich abgewaschen und außgelöscht“ zu werden. Diese aufgemalten „geschichtliche(n) Nachricht(en)“ waren als Beischriften Teil einer umfänglichen Wandmalerei, die die mit ihren Wappen versehenen Äbte in figürlichen Darstellungen („figuribus et nominibus ... cum armis suis“ bzw. „imaginibus“) zeigte. Trotz dieser Angaben kann die genaue Ausführung jedoch nicht exakt erschlossen werden. Die Textgestalt folgt der Vorlage.

Nach Hofmann.

  1. A

    Wilhelmusa)3), Abbas hujus loci, Anno Domini 1124. Praefuit annis 27. mensibus 9 diebus 24. etb) obiit Anno 1151. optime fecit.

  2. B

    Craffto4), ex Comitibus de Spanheim, Abbas Secundus, praefuit annis 24. Mensibus 2. diebus 5. et obiit Anno 1175. [...]c) Junij, qui bene praefuit, et multa bona fecit.

  3. C

    Adalgerus5), ex Moguntia natus, Abbas 3. praefuit Annis 6. mensibus 10. diebus 9.d) moritur Anno Domini 1181. 6. Nonas Julij: bene rexit, et multa bona fecit.

  4. D

    Baldemarus6), ex Crucenach oriundus, Abbas 4. praefuit Annis 22. mensibus 9. diebus 12. obiit Anno Domini [.........]e).

  5. E

    Rubertus7) Thuringus, Abbas 5. praefuit Annis 24 mensibus [..]f) et moritur anno Domini 1213. 17. Kal(endas) Septembris: vir bonus.

  6. F

    Schwanusg)8) de Sponheim, Abbas 6. praefuit annis 39. mensibus 3. et moritur anno Domini 1252. 4. Kal(endas). Decembris: feliciter et optime fecit.

  7. G

    Johannes9) ex Schonberg, Abbas 7. praefuit annis 12. mensibus 4. diebus 21. et obijt anno Domini 1264. 11. Kal(endas) Maji: bene praefuit.

  8. H

    Petrus10) ex Moguntia, Abbas 8. qui Ecclesiam in Genzingen alienavit, praefuit annis 25. mensibus 4. et obijt 1240.h) 6. Nonas Maji: primus pecculium indulsit.

  9. I

    Johannes11) ex Sobernheim, Abbas 9. praefuit annis 7. mensibus 11. et moritur anno Domini 1298. 5. Kal(endas) April(is). homo bonus, qui peculium Monachis denuo interdixit.

  10. J

    Lutelibusi)12) ex [...]j) Abbas 10. praefuit annis [...]k) mensibus [...]l) et obiit Anno 1309. 3. Kal(endas) Octobris: homo prudens et bonus, bene et satis utiliter praefuit.

  11. K

    Wilicho13), ex Comitibus de Westerburg, Abbas 11. praefuit annis 23m). mensibus 5. diebus 24.n) et obijt anno 1337. 16. Kal(endas) Aprilis.

  12. L

    Henricus14) ex Crucenach, Abbas 12. praefuit annis 2. mense 1. diebus 6. et moritur anno 1340. 6. Kal(endas) Maji: qui reditus divisit, bene rexit, peculium indulsit.

  13. M

    Wilicho15), ex Sponheim, Abbas 13. praefuit ann(o) [...]o) mensibus 3 et moritur anno Domini 1341. 8. Idus Augusti: qui multa bona de patrimonio suo contulit.

Übersetzung:

(A) Wilhelm (d.i. Bernhelm), Abt dieses Klosters im Jahr des Herrn 1124; stand ihm 27 Jahre, 9 Monate, 14 Tage vor und starb im Jahr 1151. Er hat alles aufs Beste gemacht.

(B) Craffto, aus dem Geschlecht der Grafen von Sponheim, der zweite Abt, stand dem Kloster 24 Jahre, 2 Monate, 5 Tage vor und starb im Jahr 1175 [am 5. Tag vor den Kalenden] des Juni (28. Mai); er hat gut regiert und bewirkte viel Gutes.

(C) Adelgerus, gebürtig aus Mainz, der dritte Abt, stand dem Kloster 6 Jahre, 10 Monate, 9 Tage vor und verstarb im Jahr des Herrn 1181 am 6. Tag vor den Nonen des Juli (2. Juli); er regierte gut und erwies dem Kloster viele Wohltaten.

(D) Baldemarus, aus Kreuznach stammend, der vierte Abt, stand dem Kloster 22 (17) Jahre, 9 (2) Monate, 12 (17) Tage vor und starb im Jahr des Herrn [1199 am 10. Tag vor den Kalenden des Juni (23. Mai)...].

(E) Rupert aus Thüringen, der fünfte Abt, stand dem Kloster 24 Jahre, (2) Monate [...] vor und verstarb im Jahr des Herrn 1213, am 17. Tag vor den Kalenden des Septembers (16. August): ein rechtschaffener Mann.

(F) Schwan (d.i. Ivan bzw. Juan) von Sponheim, der sechste Abt, stand dem Kloster 39 Jahre, 3 Monate vor und verstarb im Jahr des Herrn 1252, am 4. Tag vor den Kalenden des Dezembers (28. November): er hat mit glücklicher Hand und aufs Beste regiert.

(G) Johann von Schönberg, der siebte Abt, stand dem Kloster 12 Jahre, 4 Monate, 21 Tage vor und starb im Jahr des Herrn 1264 am 11. Tag vor den Kalenden des Mai (21. April): er hat gut regiert.

(H) Petrus von Mainz, der achte Abt, welcher die Kirche in Gensingen in fremde Hände gab, stand dem Kloster 25 Jahre, 4 Monate vor und starb im Jahr des Herrn 1290 am 6. Tag vor den Nonen des Mai (2. Mai): er gestattete als erster den persönlichen Besitz.

(I) Johannes von Sobernheim, der neunte Abt, stand dem Kloster 7 Jahre, 11 Monate vor und verstarb im Jahr des Herrn 1298, am 5. Tag vor den Kalenden des April (28. März). Ein guter Mensch, der den persönlichen Besitz der Mönche aufs Neue untersagte.

(J) Dietlieb aus [Trier], der zehnte Abt, stand dem Kloster [10] Jahre, [6] Monate vor und starb im Jahr 1309, am 3. Tag vor den Kalenden des Oktober (29. September): ein kluger und guter Mensch, der gut und mit genügendem Nutzen regierte.

(K) Wilicho aus dem Haus der Grafen von Westerburg, der elfte Abt, stand dem Kloster 27 Jahre, 5 Monate, 4 Tage vor und starb im Jahr 1337, am 16. Tag vor den Kalenden des April (17. März).

(L) Heinrich aus Kreuznach, der zwölfte Abt, stand dem Kloster 2 Jahre, 1 Monat, 6 Tage vor und starb im Jahr 1340, am 6. Tag vor den Kalenden des Mai (26. April): welcher die Einkünfte teilte, gut regierte und den persönlichen Besitz gestattete.

(M) Wilicho von Sponheim, der dreizehnte Abt, stand dem Kloster [ein] Jahr, 3 Monate vor und verstarb im Jahr des Herrn 1341, am achten Tag vor den Iden des August (6. August): welcher viele Güter aus seinem väterlichen Vermögen dem Kloster zukommen ließ.

Kommentar

Die jeweils nach gleichem Muster (Name, Herkunft, Regierungszeit, Todesdatum, kurze Charakteristik bzw. Taten) abgefaßten Inschriften wurden wohl von Trithemius selbst konzipiert16), da sie zum Teil wörtlich auf den entsprechenden Stellen seiner Sponheimischen Klosterchronik17) basieren, die er in 15jähriger Arbeit „ex monumentis veterum“18) zusammengestellt hatte. Allerdings wird in den vorliegenden Inschriften – wohl aufgrund ihres öffentlichen Charakters – das dort zu den einzelnen Äbten durchaus auch negativ Geäußerte des öfteren verschwiegen. Ausnahmen sind lediglich tief in das klösterliche Leben einschneidende Ereignisse wie die Gewährung mönchischen Eigentums oder der Verlust einer dem Kloster inkorporierten Kirche.

Die von Trithemius initiierte Ausmalung des Sommerrefektoriums entsprang nicht nur seinem humanistischen Geschichtsbewußtsein, sondern sollte sicher auch den Sponheimer Mönchen zur Erbauung und Belehrung dienen.

Textkritischer Apparat

  1. Wohl verschrieben für Bernhelmus.
  2. Alle hier und in den folgenden Inschriften ausgeschriebenen et sind in der Vorlage als Minuskel-Ligaturen et wiedergegeben.
  3. Nach Trithemius, Chr. Sponh. 255 wäre zu ergänzen 5. Kal(endas).
  4. Nach ebd. 255 wären die Angaben in mense 1. diebus 3. zu verbessern.
  5. Nach ebd. 257 wäre zumindest 1199. 10. Kal(endas) Junij zu ergänzen und die Zeitangaben in annis 17. mensibus 2. diebus 17. zu verbessern.
  6. Nach ebd. 259 wäre 2. zu ergänzen.
  7. Wohl verschrieben für Ivanus.
  8. Nach Trithemius, Chron. Sponh. 293 verschrieben für 1290.
  9. Wohl verschrieben für Dietlieb.
  10. Nach Trithemius, Chr. Sponh. 298 stammte er aus Trier, daher wäre wohl ex civitate Trevirensi zu ergänzen.
  11. Nach ebd. 297 wäre 10. zu ergänzen.
  12. Nach ebd. wäre 6. zu ergänzen.
  13. Nach ebd. 302 betrug die Regierungszeit 27 Jahre.
  14. Nach ebd. wäre in diebus 4. zu verbessern.
  15. Nach ebd. wäre 1. zu ergänzen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Trithemius, Chr. Sponh. 416. – Das Sommerrefektorium wurde, ebenso wie der Großteil der restlichen Klostergebäude, zu unbekannter Zeit (wohl im 18. Jh.) abgerissen.
  2. (d.h. noch lesbaren). – Zitate nach Hofmann 125f. und 184.
  3. Vgl. seine erste, postume Grabinschrift Nr. 7 von 1175 und Nr. 623 aus dem 17. Jh.
  4. Vgl. Nr. 624.
  5. Er wurde im Mönchschor vor den Stufen zum Presbyterium begraben; vgl. Trithemius, Chr. Sponh. 257ff.
  6. Er fand im Kreuzgang vor dem Zugang zur Kirche sein Grab; vgl. ebd. 259.
  7. Rupert war vor seiner Wahl zum Abt Prior des Klosters, begraben wurde er wie Abt Adelgerus vor den Stufen des Presbyteriums; vgl. ebd. 265.
  8. Nach Trithemius, Chr. Sponh. 265, soll er der (sonst unbekannte) Sohn eines Ritters Gottfried von Sponheim gewesen sein; vgl. dazu Möller, Stammtafeln NF II Taf. I und Mötsch, Sponheim 96. Begraben wurde er im Kreuzgang des Klosters.
  9. Johannes (I.) entstammte vermutlich dem Geschlecht der Schönberg auf Wesel bzw. vor dem Saane (vgl. dazu Möller, Stammtafeln AF I 92ff.). Er wurde wie die Äbte Adelger und Rupert mitten im Mönchschor vor den Stufen des Preybyteriums bestattet; vgl. Trithemius, Chr. Sponh. 279.
  10. Petrus war vor seiner umstrittenen Wahl zum Abt Keller und Prior des Klosters; er tauschte 1265 mit dem Mainzer Erzbischof die Kirche zu Gensingen (Lkrs. Mainz-Bingen) gegen die Pfarrkirche des Dorfes Sponheim (vgl. Chr. Sponh. 286) und leistete durch die.Aufteilung der Klostereinkünfte in einzelne „praesentias“ der Vernachlässigung des gemeinsam geführten Lebens Vorschub. Er wurde wie Abt Baldemar im Kreuzgang vor dem Zugang zur Kirche begraben; vgl. Trithemius, Chr. Sponh. 293.
  11. Im Gegensatz zur inschriftlichen Aussage spricht Trithemius in seinem Chr. Sponh. 297 ausdrücklich davon, daß Abt Johannes (II.) die eingerissenen Nachlässigkeiten nicht bändigen konnte. Wie seine Vorgänger Adelger, Rupert und Johannes wurde auch er vor den Stufen des Presbyteriums bestattet.
  12. Nicht Johannes (II.), sondern sein Nachfolger Abt Dietlieb von Trier scheint (nach ebd. 298) versucht zu haben, die Klosterordnung wiederherzustellen. Begraben wurde er ebenfalls vor den Stufen des Presbyteriums.
  13. Willicho (I.) war der vierte Sohn aus der Ehe Heinrichs I. von Westernburg mit Agnes von Isenburg; die Verbindung zu Sponheim erfolgte vermutlich über seine Schwester Agnes, die mit Graf Heinrich I. von Sponheim-Tannenfels verheiratet war (vgl. Europ. Stammtafeln NF IV Taf. 30) – daher rührt wohl auch sein ihm von Trithemius irrtümlich zugesprochener Grafentitel. Bestattet wurde er ebenso wie seine direkten Vorgänger im Mönchschor vor den Stufen des Presbyteriums.
  14. Heinrich scheint im Gegensatz zur inschriftlichen Aussage alles andere als gut regiert zu haben, da ihn Trithemius in seiner Chronik u.a. als ungebildeten Idioten bezeichnet, unter dem die Klosterzucht völlig verkommen sei und der nur auf Betreiben seines in Sponheimer Diensten stehenden Vaters zur Abtswürde gelangt sei. Er fand sein Grab im Kirchenschiff vor dem Hl.-Kreuz- Altar.
  15. Willicho (II.) war kein Mitglied des Grafenhauses, sondern entstammte nach Trithemius der in ihren Diensten stehenden Burgmannenfamilie der Bruder von Sponheim, die das Kloster auf sein Betreiben hin mit bedeutenden Schenkungen bedachte.
  16. Vermutlich geht auch die nach 1517-21 erfolgte Ausmalung des Sommerrefektoriums des schwäbischen Benediktinerklosters Hirsau auf seine Anregung zurück, zumindest dienten seine historiographischen Werke als Textgrundlage. Es handelte sich hierbei um ein weitaus umfänglicheres, der Bedeutung des Klosters entsprechendes Programm mit beschrifteten figürlichen Darstellungen der Stifter, der Äbte, der heiligen oder zu geistlichen Würden gelangten Koventualen und einiger berühmter Mönche und Gelehrter (vgl. hierzu DI 30, Calw, Einleitung XXIV Anm. 51 mit Hinweis auf eine gesonderte Edition; vorläufig R. Neumüllers-Klauser, Abt Johannes Parsimonius von Hirsau und sein Inventar der Ausstattung des Klosters im 16. Jh., in: Der Landkreis Calw. Ein Jahrbuch. Bd. 8. Calw 1990, 89ff.).
  17. Vgl. zu ihrem wohl überwiegend glaubwürdigen Inhalt Velten, Chronik IVff.
  18. Trithemius, Chr. Sponh. 237.

Nachweise

  1. Hofmann, Ehren=Säul 184-187

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 223† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0022300.