Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 209 Hennweiler, Evang. Pfarrkirche 15.Jh.

Beschreibung

Glocke mit gereimter Bitt- und Weiheinschrift. Schwer zugängliche, oberste hintere Glocke im Glockenstuhl mit einzeiliger Schulterumschrift zwischen einfachen Rundstegen. Als Worttrenner dienen kunstvoll gestaltete vegetabile und ornamentale Symbole, die Kronenhenkel sind mit Kordeln geschmückt. Von der Inschrift existiert ein Abklatsch1).

Maße: H. (o. Kr.) ca. 70, Dm. ca. 78 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Klemens Bender) [1/1]

  1. o · rex · gloriose2) · poli ·stephanitasa) · linqvere · noli ·qvibvs · voce · pia ·vota · sv(m) · stepha(n)ia ·

Übersetzung:

O ruhmreicher König des Himmels, verlasse die Stephaniten nicht, durch3) die ich, Stephania, mit frommen Klang geweiht wurde.

Versmaß: Paarreime.

Kommentar

Der aus zwei dreihebigen Paarreimen bestehende Text zeigt als Besonderheit ein mandelförmiges o.

Die eigenwillige Inschrift dürfte sich auf die dem hl. Stephan geweihte, im Jahr 1790 abgebrochene Vorgängerkirche des 13. Jahrhunderts beziehen. Da jedoch ihr Turm erhalten blieb, befindet sich die Glocke wohl noch an ihrem ursprünglichen Standort3). Je nach Übersetzung sind mit stephanites die gesamte Gemeinde4) der Stephans-Kirche bzw. die seit 1332 eingesetzten vier Stiftsherren5) gemeint, die auch für den individuellen Text der Inschrift verantwortlich gewesen sein dürften.

Textkritischer Apparat

  1. Gebräuchliche denominale Ableitung aus dem latinisierten griechischen Eigennamen ‘Stephanus‘ – die Stephaniten; freundlicher Hinweis von Dres. Luise und Klaus Hallof, Berlin.

Anmerkungen

  1. Schloßparkmuseum Bad Kreuznach; vgl. Einleitung XL Anm. 126
  2. Inschriftenbeginn in Anlehnung an den im späten Mittelalter weit verbreiteten Glockenspruch „o rex glorie veni cum pace“; vgl. dazu ausführlich Walter, Glockenkunde 162ff.
  3. Möglich wäre auch die Übersetzung „für“.
  4. Vgl. die zweite Glocke von 1428 (Nr. 113).
  5. Im Gerichtssiegel des Ortes erscheint der hl. Stephan, vgl. Kdm. 179 und Füllmann/Ziemer, Hennweiler 20 (Abb.).
  6. Vgl. Seibrich, Entwicklung 215.

Nachweise

  1. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 297.
  2. Ohlmann, Hennweiler Nr. 3 (nach Lehfeldt).
  3. Kdm. 182.
  4. Liste der Glocken (1942) 3.
  5. Schloßparkmuseum Bad Kreuznach, Inv. Nr. Gl 6, 1-3 (Abklatsch).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 209 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0020906.