Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 164 Bad Kreuznach, ehem. Franziskaner-Klosterkirche um 1484

Beschreibung

Rechtsinschrift (?) auf einem in etwa 1,50 m Höhe in einen der südlichen Chor-Strebepfeiler der ehemaligen Klosterkirche eingelassen Quader aus gelbem Sandstein. Unter einer schwach modellierten, mit den ersten drei (übergroßen) Fingern in westliche Richtung weisenden Hand zweizeilige, größtenteils rekonstruierte Inschrift.

Maße: H. 50,5, B. 76, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/2]

  1. [hic]a) est / [locus · con]secr[a]tusb) ·

Übersetzung:

Dies ist ein geheiligter (geweihter) Ort.

Kommentar

Die wohl kaum als Segensgestus1) aufzufassende, sondern einen realen Ort bezeichende Hand, dürfte sich auf den ehemaligen, zwischen Chor und südlicher Klostermauer gelegenen Friedhof2) des 1472 gegründeten und 1484 geweihten Klosters bezogen haben. Im Jahr 1802 aufgehoben, wurden die Klostergebäude nacheinander als Militärhospital, Gefangenenlager und Schule genutzt3). Anzunehmen ist, daß die Inschrift neben ihrer hinweisenden bzw. warnenden Funktion auch als Ausdruck eines rechtlichen Sachverhalts diente – nämlich der Eigenschaft des durch einen besonderen kirchlichen Ritus4) geweihten und damit geheiligten Friedhof als einen mit Asylrecht ausgestatteten Immunitätsbezirk5) und Zufluchtsort.

Textkritischer Apparat

  1. hic aufgrund des alten Buchstabenbestandes nachgearbeitet; vgl. die Abb. ursprünglichen Zustandes bei Kohl.
  2. u mit überschriebenen Häkchen. – In Klammern die ebenso (wie oben) nachgearbeiteten Buchstaben; [con] und [a] waren ehemals ausgehauen und wurden frei ergänzt, dabei letzterer Buchstabe irrtümlich in Form eines gotischen Minuskel-o; vgl. den originalen Bestand mit den Fehlstellen auf der Abb. bei Kohl.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu LCI 2 (1970), 215.
  2. Vgl. den Lageplan bei Rabold, Gymnasium 40. Nach ebd. 48 wurden bei einem Brand im Jahr 1872 in diesem Areal „eine tiefe Schicht von Totengebeinen und alten Särgen“ entdeckt.
  3. Vgl. dazu Kohl. – In der Richtung der weisenden Hand befanden sich seit damals die Toiletten dieser Einrichtungen, daher rührt vermutlich die damals durch Aushauen einzelner Buchstaben erfolgte Verunstaltung der Inschrift in hic est locus · secretus, die erst nach 1912 wieder rückgängig gemacht wurde.
  4. Vgl. dazu LThK 4 (1960) 374ff.
  5. Vgl. dazu P. Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland. Bd. 4 (unv. ND) Graz 1959, 388 und zu einer vergleichbaren Inschrift DI 29 (Worms) Nr. 588.

Nachweise

  1. O. Kohl, Inschrift an der St. Wolfgangs-Kirche zu Kreuznach, in: Zs. f. christliche Kunst 11 (1912) 374 (mit Abb.).
  2. Kdm. 85.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 164 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0016400.