Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 155 Sobernheim, Kath. Pfarrkirche St. Matthäus (aus ehem. Johanniter-Kapelle) 1481

Beschreibung

Grabplatte (?) des Gerhard II. Lander von Sponheim und seiner Frau Katharina Mohr von Nieder-Flörsheim. Ehemals innen an der Südostwand der früheren Johanniter-Kapelle, wurde sie 1903 in die 1898/99 neuerbaute katholische Pfarrkirche überführt und dort innen senkrecht in die Nordwand der Turmhalle eingelassen1). Große Platte aus weißgelbem Sandstein mit Umschrift auf schmalen, geraden Leisten. Im vertieften Mittelfeld sind je unter einem kleinen, vorspringenden Baldachin die halbreliefiert gearbeiteten Figuren der Eheleute dargestellt: links der Verstorbene in voller Rüstung mit der linken Hand am Schwert und der rechten in die Seite gestützt, rechts die Ehefrau mit Haube und langem faltenreichen Gewand, ihrem Mann mit beiden Händen seinen Helm reichend. Zu ihren Füßen ein kleines Hündchen. Zwischen beiden Köpfen ein das Johanniter-Wappen haltender Engel, in den vier Ecken je ein Ahnenwappen. Figuren und Leisten sind leicht bestoßen, die Schwertklinge fehlt, die untere (vermutlich nie beschriebene) Leiste ist abgewittert und inzwischen verputzt, die oberen beiden Drittel der linken Leiste sind leer. Das außerordentlich expressiv gearbeitete Grabdenkmal scheint unter einem späteren dunklen Anstrich sichtbare Spuren der ehemaligen Bemalung zu zeigen2).

Maße: H. 190, B. 105, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/1]

  1. +a) M · cccc · lxxxi · iar · im / xxix · dag · des · meis · starb · die · vest · ivgfravb) · katareina · vo(n) · nidar · flerßheim · d(er) · g(ott) · g(nad) · / [.....] / nach · chr(istv)sc) · gebvvtd) · M · cccc 〈.....〉e) / dem · got · genad · ame(n)

Wappen:
Johanniter-Orden; Lander von Sponheim, Winter von Alzey; Mohr von Nieder-Flörsheim, Altorf gen. Krobsberg.

Kommentar

Die verhältnismäßig klein gehauene Minuskel weist mit den beiden M als Besonderheit zwei halbgeschlossen unzial gestaltete, der gotischen Majuskel entstammende Buchstaben auf. Als motivisches Vorbild diente dem unbekannten Bildhauer des Grabdenkmals ein (überlieferter) Kupferstich aus der Hand des etwa 1440 bis 1467 im süddeutschen Raum tätigen Meisters E.S.3). Die vollplastische Zierarchitektur und der Verzicht auf die Darstellung großer Tiere zu Füßen der Verstorbenen könnte an ein bereits als Wanddenkmal konzipiertes Epitaph denken lassen. Dagegen sprechen allerdings die gerade gestalteten Leisten.

Folgt man dem Augenschein und geht davon aus, daß es sich bei dem unbeschrifteten Rest der linken Leiste um den originalen, unbearbeiteten Zustand handelt, müßte die Grabplatte kurz nach dem Tod der Frau im Auftrag des überlebenden Ehemannes angefertigt worden sein – wobei es später unterlassen wurde, dessen eigene Todesdaten nachzutragen. Diese Annahme wird durch eine erhaltene, Mitte des 19. Jahrhunderts angefertigte Handzeichnung des Kunsthistorikers Leopold von Eltester gestützt, die exakt mit dem heutigen Befund übereinstimmt. Im gleichen Sinn bemerkt 1865 ein zuverlässiger lokaler Beobachter: „Die Grabinschrift des Ritters ist nicht angebracht“4). Vermutlich starb Gerhard Lander von Sponheim wenige Jahre nach seiner Frau, wurde ebenfalls in der Kapelle beigesetzt und erhielt wohl ein zweites Grabdenkmal – dafür sprechen zumindest zwei weitere, allerdings vom Formular und Todesdatum her gesehen unterschiedlich überlieferte Grabinschriften5). Urkundlich dürfte er zuletzt am 28. Juli 14906) nachweisbar sein.

Die Lander von Sponheim waren keine Nachkommen der Grafen von Sponheim, sondern zählten einst zu ihren zahlreichen Burgmannen, die meist ihren Eigennamen mit dem Zusatz ‘von Sponheim‘ versahen7). In Sobernheim war die Familie mit der herrschaftlichen Bannmühle belehnt. Das verstorbene Ehepaar hatte vermutlich seinen Wohnsitz auf der heute abgegangenen Burg Nohfels (auf der Sobernheim gegenüberliegenden Naheseite), die die Lander von Sponheim seit dem 14. Jahrhundert vom Mainzer Domstift bzw. von der Herrschaft Falkenstein-Oberstein zu Lehen trugen8).

Textkritischer Apparat

  1. Textbeginn in der Mitte der oberen Leiste.
  2. Sic!
  3. Befund xps.
  4. Sic! Offensichtliche Verschreibung für gebvrt.
  5. 125 cm Leerstelle.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Lehfeld und Kdm. 364.
  2. So Zimmermann, Nahegebiet 24.
  3. Vgl. H. Appuhn, Meister E.S. Alle 320 Kupferstiche, Dortmund 1989, Nr. 231 (L. 210).
  4. Fligel, Oberamt Böckelheim 30, Anm. 1.
  5. Vgl. Nr. 169 von 1486?
  6. LHAK 642 (Stadt Sobernheim), Urk. Nr. 70.
  7. Vgl. Möller, Stammtafeln NF II 98.
  8. Vgl. Kdm. 375 und den eingezeichneten Standort mit der Bezeichnung „Alt schlos“ auf einer 1741 angefertigten Landkarte (LHAK 642, 191 fol. 6r).

Nachweise

  1. Würdtweinsches Epitaphienbuch 318.
  2. Nachlaß und Sammlung von Eltester (LHAK 700, 30 Nr. 416 (Nachzeichnung) und Nr. 749 (Text)).
  3. Fligel, Oberamt Böckelheim 30f.
  4. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 331. -Kdm. 365 mit Abb. 269.
  5. Kneib, Pfarrgemeinde 22 mit Nachzeichnung.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 155 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0015501.