Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 153† Meisenheim, Schloßkirche 1479

Beschreibung

Bauinschrift mit zwei Wappen. Sie befand sich über dem spitzbogigen Ostportal des zur Untergasse hin gelegenen Aufgangs („supra primariam pronai portam“) und war bereits um 1727 nur noch teilweise lesbar („...litterae partim uetustate exesae, partim calce ab operis inducta sint deletae“)1). Während der französischen Besetzung Meisenheims (1794-95) wurden beide Wappen und die zweifach umlaufende Inschrift vollends zerstört, übrig blieb lediglich ein kleiner Teil mit der Jahreszahl2). Im Jahr 1911 wurde auch dieser letzte Rest der originalen Inschrift entfernt und durch einen gänzlich neu angefertigten und ziemlich mißratenen Wappenstein mit Umschrift ersetzt3). Trotz der vorliegenden Überlieferung in Großbuchstaben dürfte es sich bei der Schrift um (wohl mit Versalien versehene) gotische Minuskeln gehandelt haben. Für eine Ausführung in gotischer Majuskel oder gar (frühhumanistischer) Kapitalis gibt es im Bearbeitungsgebiet für diese Zeit keine Vergleichsbeispiele.

Nach Sundahl

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/1]

  1. […...] bei Rein […...] zu Veldentz. Anno d(omi)ni m cccc lxxix ist dieser bav angelegta).

Wappen:
Pfalz-Zweibrücken; Croy.

Kommentar

Ludwig der Schwarze (†1489), der dritte Sohn aus der Ehe des Pfalzgrafen Stephan mit der Erbgräfin Anna von Veldenz4) und Stifter der herzoglichen Linie Pfalz-Zweibrücken, war seit 1454 mit Johanna, einer Tochter des burgundischen Statthalters Antoine de Croy verheiratet. Da die Vorgängerkirche während der Belagerung und Beschießung Meisenheims im Jahre 1461 durch seinen Vetter, den Kurfürst Friedrich den Siegreichen erheblich gelitten hatte, dürfte sich Ludwig, der seine letzten Jahre in Meisenheim verbrachte, zu einem Neubau entschlossen haben. Der Baubeginn wird durch eine zweite chronikalische Überlieferung auf den 5. bzw. 7. November 1479 datiert5). Als Baumeister wurde der Frankfurter Steinmetz Philipp von Gmünd genannt Hünermenger verpflichtet, der mit diesem bedeutenden spätgotischen Kirchenbau die sogenannte Meisenheimer Schule begründete6).

Textkritischer Apparat

  1. Aufgrund der bekannten Titel des Bauherrn wohl zu ergänzen mit [Lvdovicvs Pfalzgrave] bei Rein [Herzog von Bayern Grave] zv Veldentz. Lempfrid dagegen gibt folgende, von ihm selbst sprachlich wohl bewußt altertümelnd rekonstruierte Version: „Anno Domini 1479 under Ludwig Pfalzgrave bei Rhin und grave zu Veldenz ist diser buw angeleit“.

Anmerkungen

  1. Vgl. Sundahl.
  2. Vgl. Heintz, Begräbnisse Nr. 114.
  3. Vgl. Hassinger 47. – Der heutige Text der Inschrift orientiert sich zwar an der Überlieferung, ist jedoch in einer kapitalen Schreibweise ausgeführt, die kaum dem Schriftgebrauch um 1480 entsprechen kann. Die Wappen sind ebenfalls falsch gewählt, sie dürften nicht einen steigenden bzw. einen steigenden bekrönten Löwen zeigen, müßten vielmehr links vom Betrachter das Wappen von Pfalz-Zweibrücken, rechts das der Grafen von Croy aufweisen (vgl. Nr. 172).
  4. Vgl. ihre Grabplatte von 1439 (Nr. 120) und die Bauinschrift von 1459 (Nr. 134).
  5. Zit. nach Sundahl: „1479 ist die Kirch zu Meisenheim durch Hertzog Ludwig von neuwem zu bauen angefangen (worden)“. – Die eigentliche Bauzeit dauerte bis zur Weihe 1503, endgültige Fertigstellung um 1514; vgl. dazu Kdm. 241ff. und Fischer 179ff.
  6. Dazu ausführlich Fischer 173ff.

Nachweise

  1. Sundahl, Oratio 18 mit Anm. *.
  2. Crollius, Denkmahl 9.
  3. Coerper, Nachrichten 10.
  4. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 463.
  5. Heintz, Begräbnisse Nr. 112.
  6. Geiler, Grabstätten 17.
  7. Heintz, Schloßkirche 172.
  8. Sundahl, Festrede (übers. von Wernigk) 27 Anm. 18.
  9. Hassinger, Wappen 48.
  10. H. Lempfried, Der Meister der Alexanderkirche in Zweibrücken, in: MHVP 45 (1927) 9.
  11. Kdm. 247.
  12. Fischer, Kirchenbaukunst 179.
  13. Christoffel, Herzöge 54.
  14. Lipps, Entdeckungsreisen 160.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 153† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0015305.