Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 142 Waldböckelheim, Kath. Pfarrkirche St. Bartholomäus (aus Kl. Sponheim) 1469

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Glocke mit Namens- und Spruchinschriften. Unterste von drei Glocken1) im südlichen Westturm der 1835 an der Stelle des 1199 erstmals erwähnten Vorgängerbaus neu erbauten Kirche; sie stammt möglicherweise aus der Kirche des Klosters Sponheim2). Große Glocke mit einzeiliger Schulterinschrift (A) zwischen einfachen Rundstegen, verziert mit einem Kruzifix und einem reliefierten Pilgerzeichen (72 x 44 mm) mit Darstellung der Pieta unter einem dreiteiligen, von Krabben besetzten Kielbogen; unterhalb des Bildes auf schmaler Leiste in winzigen Buchstaben der Namen des Wallfahrtsortes (B). Der gut erhaltenen Glocke dienen kleine Rauten als Worttrenner. Gewicht3) 550 kg.

Maße: H. 85, Dm. 100, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Klemens Bender) [1/2]

  1. A

    · maria · heisen · ich· in · gadesa) · ere · lvdetb) · man · mich· alle · bese · weder · verb) · driben · ich· a(nno) · d(omini) · m · cccc · l · xix

  2. B

    Zu euerhartz clusenc)

Versmaß: Knittelverse.

Kommentar

Ein nachprüfbarer Beleg für die Herkunft aus Kloster Sponheim konnte bislang nicht erbracht werden, für den angeführten Hinweis spricht allenfalls das dortige Marien-Patrozinium.

Der unbekannte Glockengießer ist keinesfalls mit Tilman von Hachenburg selbst zu identifizieren4), vielmehr wird er dem Umkreis der mit ihm verbundenen Andernacher Schule5) zugerechnet. Der dreizeilige Knittelvers kombiniert in beliebter spätmittelalterlicher Manier den Namen der Glocke mit magisch-apotropäischen Vorstellungen, wobei das Anbringen des Wallfahrtandenkens mit dem Vesperbild wohl die Wirkung verstärken sollte. Das Pilgerzeichen stammt aus dem erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts von einer kleinen Klause zu einem von Augustiner-Chorherren besiedelten Kloster ausgebauten Wallfahrtsort Eberhardsklausen6) (Gem. Klausen, Lkrs. Bernkastel-Wittlich), in dem das als Vorlage dienende, heute noch erhaltene, sogenannte ältere Gnadenbild7) verehrt wurde. Bei dem vorliegenden Waldböckelheimer Pilgerzeichen handelt es sich um das älteste und zugleich einzige bekanntgewordene, mittelalterliche Exemplar8) der Eberhardsklausener Marienwallfahrt.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. v mit links hochgezogener Haste.
  3. Zimmermann liest fälschlich „M. Cunibart(us) clusen“ und interpretiert das Vesperbild als das vermeintliche Meisterzeichen dieses von ihm unfreiwillig geschaffenen Glockengießers.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 16 aus dem 13. Jh.
  2. Sie soll – laut lokaler Überlieferung – im 30jährigen Krieg gegen eine „grosse Glocke, welche sich in der hiesigen Kirche befand, umgetauscht worden sein“ (vgl. Hahn).
  3. Angabe nach Köster, Tilman von Hachenburg.
  4. So Steffen.
  5. Vgl. dazu Köster, Tilman von Hachenburg 185ff. Vermutlich können ihm noch zwei weitere Glocken (1470, 1471) mit dem gleichen Formular in Dockweiler zugeschrieben werden (vgl. Kdm. Daun 64).
  6. Vgl. dazu ausführlich Dohms, Geschichte pass.
  7. Abb. bei Dohms, Kloster (hintere Umschlagseite), vgl. dazu ausführlich Köster, Pilgerzeichen 81ff.
  8. Vgl. Hagen, Wallfahrtsmedaillen 141.

Nachweise

  1. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 340.
  2. Hahn, Geschichte 71.
  3. S. Steffen, Tilman von Hachenburg, ein berühmter Glockengießer des 15. Jh., in: Gregoriusbl. 74 (1922) 81.
  4. Zimmermann, Glocken 35 (mit Umzeichnung B).
  5. Kdm. 407 mit Abb. 300 (A und B in Umzeichnungen).
  6. Liste der Glocken (1942) 8.
  7. Köster, Tilman von Hachenburg 179.
  8. K. Köster, Ein unbekanntes mittelalterliches Pilgerzeichen aus Eberhardsklausen, in: Trierisches Jb. 1958, 80 (B) und 85 mit Abb. 1 (B).
  9. LfD Mainz, Planarchiv, Unterlagen Glockenatlas.
  10. P. Dohms, Die Geschichte des Klosters und Wallfahrtsortes Eberhardsklausen an der Mosel von den Anfängen bis zur Auflösung des Klosters im Jahre 1802 (Rhein. Archiv 64). Bonn 1968, Abb. 20 (B).
  11. P. Dohms, Das frühere Kloster Eberhardsklausen mit der Wallfahrtskirche in Klausen bei Wittlich (Rhein. Kunststätten 340), Abb. 23 (B).
Addenda & Corrigenda (Stand: 23. September 2014):

Bei dem unbekannten Meister aus der Andernacher Schule handelt es sich wohl um den Glockengießer Paul von Üdersdorf alias Paul von Andernach (freundlicher Hinweis von Herrn Jörg Poettgen, Overath, Brief vom 19. Oktober 1993).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 142 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0014200.