Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 131 Sobernheim, Kath. Pfarrkirche St. Matthäus (aus ehem. Johanniter-Kapelle) 1456

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Grabplatte des Johannes Stude, Komtur der Sobernheimer Johanniter-Kommende. Ursprünglich links im Chorboden der früheren Johanniter-Kapelle vor dem Eingang zur Sakristei, wurde sie 1903 in die 1898/99 neuerbaute katholische Pfarrkirche überführt und dort innen senkrecht in die Westwand der Turmhalle eingelassen1). Große Platte aus hellgrauem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien und je einem Wappen in den oberen Ecken. Im vertieften Mittelfeld ist der Verstorbene im Ordensgewand mit gefalteten Händen, Barett und am Gürtel hängendem Almosenbeutel dargestellt. Stark abgetreten, zudem Textverlust durch erhebliche Beschädigungen an den (ergänzten) rechten Ecken. Die restlichen zwei Drittel der linken Leiste blieben wohl unbeschriftet. Keine Kürzungszeichen über der äußeren Linie erkennbar.

Maße: H. 200, B. 93, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/4]

  1. A(nn)o · d(omi)ni · m · cccc · lvi o(biit)a) [../ ..d...]b) h(uius) · chori · inchoa(tor) pc) fr(at)e(r) · ioh(annes)d) stude ordi(ni)s s[ancti / iohannis commend]ator · n(oste)r · (et)e) · a[.../t....]taf) · orate · p(ro) eo [.....]

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1456 (...) starb der Erbauer dieses Chores, Bruder Johannes Stude, Komtur unseres Johanniter-Ordens (...) betet für ihn.

Wappen:
Stude? (Kreuz); Johanniter-Orden.

Kommentar

In Sobernheim2) scheint seit Beginn des 15. Jahrhunderts eine bescheidene Niederlassung der Johanniter bestanden zu haben, die 1427 durch Johann Boos von Waldeck und seine Frau Ida von Frankenstein († um 1440) reiche Mittel zum Bau eines Ordenshauses und einer Kapelle erhielten. Den Bau des Chors begann 1456 Meister Heinrich Murer aus Böckelheim für 212 Gulden und etliche Naturalien3). Auftraggeber war der noch im gleichen Jahr verstorbene Komtur Johannes Stude. Die Kapelle, die lediglich den insgesamt drei Ordenspriestern für ihre religiösen Handlungen zur Verfügung stand, wurde 1465 unter dem Komtur Petrus Heidolf4) fertiggestellt5).

Textkritischer Apparat

  1. o ohne Kürzungsstrich.
  2. Vor und hinter dem d je eine Haste sichtbar, eine weitere vor dem folgenden h.
  3. p mit durchgestrichener Unterlänge, eigentlich mit p(ro) bzw. mit p(er) aufzulösen, dies ergibt jedoch in dieser grammatikalischen Konstellation keinen Sinn. Beabsichtigt war vielleicht eine Konstruktion wie etwa ...[aedificatio] h(uius) chori inchoa(ta) [est] p(er) fr(atr)e(m) Joh(annem) Stude ..., die sich allerdings nur schwer mit dem vorliegenden Befund vereinbaren läßt.
  4. Letztes Zeichen wohl Kürzungszeichen.
  5. Vielleicht ein tachygraphisches Zeichen in Form einer gotischen 4.
  6. Dieses Wort konnte bisher noch nicht sinnvoll gelesen werden.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Kdm. 364 und Kneib 20.
  2. Vgl. zum Folgenden Rödel, Johanniter-Kommende 246ff. und Kneib 35ff. (Stiftungsurkunde im LHAK 642, Urk. Nr. 38).
  3. Vgl. dazu (G. Frhr.) S(chenk) z(u) S(chweinsberg), Kleine chronikalische Aufzeichnung aus der Johannitercommende Sobernheim a.d. Nahe, in: Quartalbll. des historischen Vereins für das Großherzogthum Hessen 2 (1882) 32.
  4. Das um 1765 zusammengestellte Würdtweinsche Epitaphienbuch (S. 318) überliefert für diesen Komtur folgende eigenartige Grabinschrift: Anno Domini MCCCCLVI. VI. Febr. obiit P. Frater johannes Petrus Heydolff inchoator chori huius sacelli cuius anima requiescat in pace. Möglicherweise verdankt diese nirgendwo sonst überlieferte Inschrift ihre Entstehung einem Harmonisierungsversuch des unbekannten Kopisten mit der vorliegenden Grabplatte und der Bauinschrift von 1465 (Nr. 140), in der Petrus Heidolf als (wohl noch lebender) Vollender der Johanniter-Kapelle genannt wird. Da der Kopist die Jahreszahl der gut überlieferten Bauinschrift offensichtlich in MCCCCLV verlesen hatte, setzte er für das wohl damals schon abgetretene Stude der Grabplatte den seiner Meinung nach richtigen Namen Petrus Heydolff ein, ließ jedoch das Johannes des tatsächlichen Namens stehen. Die sonstigen Abweichungen erklären sich wohl durch Leseschwierigkeiten und freie Ergänzungen.
  5. Vgl. Nr. 140 von 1465.

Nachweise

  1. Kdm. 366.
  2. Kneib, Pfarrgemeinde 21f.
Addenda & Corrigenda (Stand: 23. September 2014):

Bei dem ersten (heraldisch rechten) Wappen handelt es sich um das Ordenswappen, das auch sonst häufig als einfaches Balkenkreuz vorkommt; folglich handelt es sich bei dem zweiten um das persönliche Wappen des Komturs – ein mit redenden “Stauden” bewinkeltes Johanniterkreuz (freundlicher Hinweis meines Heidelberger Kollegen Dr. Harald Drös, Brief vom 14. November 1993).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 131 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0013105.