Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 34: Bad Kreuznach (1993)
Nr. 130 Bad Kreuznach, Evang. Pauluskirche 1455
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Grabplatte der Wild- und Rheingräfin zu Rheingrafenstein Lucart (Liutgard), geb. von Eppenstein und ihrer beiden Kinder Gottfried und Lucart. Ehemals in der damaligen Stadtpfarrkirche, wurde sie bereits vor 1766 aufgerichtet1) und innen senkrecht in die Nordwand des Chors der heutigen Pauluskapelle eingelassen. Große, flachreliefierte Platte aus Sandstein mit Umschrift auf erhabener Leiste und je einem Tartschenwappen in den oberen Ecken. Im leicht vertieften Mittelfeld ist die Verstorbene in langem, faltigen Gewand mit Schultermantel und Schleier dargestellt, das rechte Bein leicht vorgesetzt, in den gefalteten Händen einen Rosenkranz. Zu ihren Füßen knien ihre Kinder, ebenfalls mit gefalteten Händen: links ihr Sohn mit langem Haar in einer Ritterrüstung mit ausgeschweiftem Harnisch2), rechts ihre Tochter in langem, hochgeschnürtem Gewand. Die recht gut erhaltene, allerdings dick mit Steinfarbe überstrichene Grabplatte ist an den Leistenrändern bestoßen, die Köpfe der Kinder sind abgewittert.
Maße: H. 230, B. 108, Bu. 9 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
An(n)o d(omi)ni m cccclva) xiv die ·b) / mens(is) Augusti obiitc) nobilis d(omi)na lucart de Eppe(n)stey(n) co(m)itissa / reni et godfrid(us) comes ren[i] / et lucart ei(us) liberi q(uorum) a(n)i(m)e req(ui)esca(n)t in pace am[en]
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1455, am 14. Tag des Monats August starb die edle Frau Lucart von Eppenstein, Rheingräfin, und ihre Kinder Rheingraf Gottfried und Lucart. Deren Seelen mögen in Frieden ruhen. Amen.
Wild- und Rheingrafen; Eppenstein-Münzenberg. |
Textkritischer Apparat
- Helwich und die von ihm abhängigen Roth, Stumpf und Kdm. lesen fälschlich m cccclii, daher auch die entsprechenden Angaben bei Möller, Stammtafeln III, Taf. LXXXIX und in den Europ. Stammtafeln NF IV, Taf. 97.
- Einziger Worttrenner als paragraphenförmig ausgezogene Quadrangel gestaltet.
- Zweites i lang nach unten ausgezogen.
Anmerkungen
- Vgl. Acta Academiae.
- Vgl. allgemein Rady, Kostüm 37 und zur gleichen Gestaltung der Rüstung bei dem 1412 verstorbenen Hermann Stump von Waldeck (Nr. 106).
- Beigesetzt in St. Johannisberg (Nr. 124).
- Vgl. Europ. Stammtafeln AF III Taf. 89.
- Vgl. Acta Academiae und Fabricius, Erläuterungen 555*f. und 345ff.
- Vgl. Roos 12.
- Vgl. seine Tumbendeckplatte im Chor der heutigen kath. Pfarrkirche St. Nikolaus in Bad Kreuznach (Nr. 173).
Nachweise
- Helwich, Syntagma 313.
- Acta Academiae I 29 (mit Kupferstich).
- Kremer, Kurzgefaßte Geschichte 83 Anm. 7.
- Roos, Landesrechnungen 13.
- Andreae, Crucenacum Palatinum 153.
- Nachlaß und Sammlung Eltester, LHAK 700, 30 Nr. 636 (teilw.).
- Storck, Darstellungen 183.
- Schneegans, Beschreibung 168.
- Rhein. Antiquarius II 19, 4.
- Roth, Syntagma 2 (1884) 43 (nach Helwich).
- Bredt, Friedhof mit Abb. 62.
- Stumpf, Grabsteine 7 (1927) Nr. 20 (nach Helwich).
- Kdm. 71 mit Abb. 37.
- Emmerling, Bad Kreuznach mit Abb. 10.
- Ruser/ Dellwing, Bad Kreuznach mit Abb. S. 42.
Addenda & Corrigenda (Stand: 23. September 2014):
Die in Anm. a) verworfene Lesung des Todesdatum ist richtig, da das zweite i eindeutig als langes i ausgeführt ist. Also ist die Transkription zu m cccclii zu verbessern und das Todesdatum in der Kopfzeile zu 1452.
Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 130 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0013007.
Kommentar
Wie auf der Tumbendeckplatte ihres im Jahr 1447 verstorbenen Mannes, des Wild-und Rheingrafen Friedrich3), sind auch hier die Versalien durch die Verwendung von Schmucklinien als eigenständige Buchstaben ausgebildet. Die Hastenenden einiger Minuskeln laufen in eingerollte Ziercauden aus. Kürzungszeichen sind kaum noch zu erkennen, auf Worttrenner wurde mit einer als Schmuck dienenden Ausnahme ganz verzichtet.
Lucart war die älteste Tochter Gottfrieds VII. von Eppenstein-Münzenberg und der Gräfin Jutta von Nassau4). Im Jahr 1428 wurde sie mit dem genannten Wild- und Rheingrafen Friedrich, Stifter der Nebenlinie Rheingrafenstein5), verheiratet. Der gleichzeitige Tod von Mutter und Kinder könnte auf eine zu dieser Zeit herrschende Seuche hindeuten. Gottfried dürfte damals bereits das Knabenalter erreicht gehabt haben, da er noch 1454 in einer Flonheimer Kellereirechnung als „Juncker mit III pherden“6) bezeichnet wird. Da ihr zweiter, 1490 verstorbener Sohn Friedrich der Feiste7) ohne Nachkommen blieb, erlosch mit ihm diese Linie.