Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 124 St. Johannisberg, Evang. Kirche 1447

Beschreibung

Tumbendeckplatte (?) des Wild- und Rheingrafen Friedrich I., auf einen Sockel an die Nordwand des Chors gestellt (Plan Nr. 11). Große Platte aus gelbem Sandstein mit nach außen abgeschrägten Leisten (untere Leiste gerade), darauf die Umschrift. Im Mittelfeld ist in Halbrelief der mit einem blanken Harnisch, Zaddelrock und Faltenärmel bekleidete Verstorbene dargestellt, die Rechte oberhalb des Dolches in die Seite gestützt, die Linke am Schwert1). Ein Helm und Wappen haltender Engel schwebt über seinem unbedeckten Haupt, seine Füße ruhen breit auf zwei Löwen. Über dem linken Löwen ist ein kleines Steinmetzzeichen (Nr. 1) eingehauen2). Die Gesichtspartie ist beschädigt. Das Grabmal befindet sich sonst in einem ausgezeichneten Zustand, anscheinend wurden keine Ergänzungen vorgenommen.

Maße: H. 220, B. 115, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/2]

  1. Annoa) · domini Mob) · cccco · xlo · viio · xx · prima die mensisc) / Marciib) · obiit · nobilis do(m)icell(us) / Frede(r)icus Co(m)es silu(est)r(is) · i(n) duna Ringraui(us) · i(n) Ri(n)g(ra)ve(n)stein / · cui(us) a(n)i(m)a · requiescat · i(n) · pace amen

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1447 am 21. März starb der vornehme Edelknappe Friedrich, Wildgraf zu Dhaun und Rheingraf zu Rheingrafenstein, dessen Seele in Frieden ruhen möge. Amen.

Wappen:
Wild- und Rheingrafen.

Kommentar

Neben den wohl der zeitgenössischen Schreibschrift entlehnten Versalien3) fallen die zu Stummeln verkürzten Ober- und Unterlängen auf, sowie die gerundete Unterlänge des g und das ebenso ohne Brechung gehauene runde s. Ob das Grabmal tatsächlich als Wanddenkmal „von jeher stehend aufgestellt gewesen“ war4), kann aufgrund der eingeschliffenen unteren Enden der linken und rechten, sowie der geraden unteren Leiste nicht ausgeschlossen werden. Die hier vorgenommene Einordnung als Tumbendeckplatte gründet sich jedoch zum einen auf die Tatsache eines architekturlosen, mit zu Füßen des Verstorbenen liegenden Löwen versehenen Grabdenkmals, zum anderen auf die Anbringung der Inschrift, die nur dann vollständig gelesen werden kann, wenn die Möglichkeit besteht, um eine liegende Platte herumzugehen5).

Als nachgeborener Bruder der Wild- und Rheingrafen Johann III. (†1428) und Konrad, des späteren Erzbischofs von Mainz (†1434)6), stiftete Friedrich I. die Seitenlinie der Wild- und Rheingrafen zu Rheingrafenstein7). Trotz zweier Söhne aus seiner Ehe mit Lucart von Eppenstein-Münzenberg8), starb bereits 1490 mit dem Tod seines Sohnes und Nachfolgers Friedrichs des Feisten9) diese Linie wieder aus; das Erbe fiel trotz der geltend gemachten Ansprüche der Verwandtschaft seiner Ehefrau an die Wild- und Rheingrafen zurück.

Textkritischer Apparat

  1. Textbeginn rechte Leiste unten, Verlauf entgegen dem Uhrzeigersinn, von außen zu lesen.
  2. Die Versalie ist als kunstvolle Zierform eines unzialen Majuskel-M gestaltet, der Mittelbalken besteht aus zwei übereinandergestellten, durch einen kleinen Balken getrennten Rauten.
  3. Hier und auch sonst als rundes s ohne Brechungen ausgeführt.

Anmerkungen

  1. Zum Rüstungstyp vgl. die ausführliche Analyse von Böhme, Grabstein, besonders 52ff.
  2. Das gleiche Steinmetzzeichen findet sich am Chorbogen der ehem. Disibodenberger Kapelle in Sobernheim, die sich somit ungefähr in die Mitte des 15. Jh. datieren läßt; vgl. dazu Kdm. 369.
  3. Vgl. dazu Einleitung LI.
  4. Fröhlich/Zimmermann 7.
  5. Vgl. etwa die Gestaltung der Deckplatte seines ebenfalls in der Stiftskirche bestatteten Vaters Johann II. von 1383 (Nr. 67) sowie die seines Neffen, des Wild- und Rheingrafen Gerhard von 1474 (Nr. 145) in Kirn, dessen Tumba sich noch erhalten hat.
  6. Vgl. zu seinem bedeutenden Grabmal im Mainzer Dom DI 2 (Mainz) Nr. 124 und G. Kniffler, Die Grabdenkmäler der Mainzer Erzbischöfe vom 13. bis zum frühen 16. Jh. Untersuchungen zur Geschichte, zur Plastik und zur Ornamentik (Dissertationen zur Kunstgeschichte 7). Köln-Wien 1978, 47ff.
  7. Vgl. Schneider 82.
  8. Vgl. Möller, Stammtafeln NF I Taf. XXXVII. – Ihre Grabplatte befindet sich im Chor der heutigen evang. Pauluskirche in Bad Kreuznach, vgl. Nr. 130.
  9. Sein Grabdenkmal hat sich ebenfalls erhalten und befindet sich im Chor der heutigen kath. Pfarrkirche St. Nikolaus in Bad Kreuznach, vgl. Nr. 173.

Nachweise

  1. Kremer, Kurzgefaßte Geschichte 83 Anm. 6.
  2. Schneider, Notizen I (unter dem Jahr 1465; verderbt).
  3. Schneider, Geschichte 256 (verderbt).
  4. Rhein. Antiquarius II 19,4.
  5. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 323.
  6. Hensler, Wiederherstellung 49f.
  7. Kdm. 334 mit Abb. 245.
  8. NN., Stiftskirche 110f.
  9. Fröhlich/Zimmermann, Stiftskirche 7.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 124 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0012402.