Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 34: Bad Kreuznach (1993)
Nr. 101 Disibodenberg, Klosterkirche 1401
Beschreibung
Grabplatte der Hebela von Steinkallenfels, geb. Wale von Waldeck, verwitwete Marschall von Waldeck, bisher nur aus verderbter kopialer Überlieferung bekannt. Im südlichen Seitenschiff der Klosterkirche vor dem an den ehemaligen Lettner grenzenden Altar in den Boden eingelassen (Plan Nr. 59), erstmals aufgefunden um die Mitte des letzten Jahrhunderts1), dann wiederentdeckt bei den Ausgrabungen im Sommer 1987. Große Platte aus gelblichem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Mittelfeld in den oberen Ecken zwei reliefierte, die seitlichen Leisten überschneidende Wappen. Bis auf die stark verwitterte obere Leiste und einen quer durch die Mitte verlaufenden Bruch befindet sich die hervorragend gearbeitete Platte in in einem guten Zustand.
Maße: H. 214, B. 106, Bu. 8 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
[anno domini] · m · cccc · ioa) · / · iiio · idus · febr(uarii) · o(biit) · d(omi)na · hebelab) · de · / sanecke · relicta · d(omi)ni · g(er)hardi / · militis · de · lapide · q(uorum) · a(n)i(m)e · viua(n)t · i(n) · pace · am(en)
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1401, am dritten Tag vor den Iden des Februar (11. Februar), starb die Frau Hebela von Saneck, Witwe des Herrn Gerhard, Ritter vom Stein (-Kallenfels). Deren Seelen mögen in Frieden leben, Amen.
Steinkallenfels (Stamm IV); Marschall von Waldeck. |
Textkritischer Apparat
- Helwich liest l, also 1450; Schneider und Möller geben 1410 als Todesjahr an.
- Helwich liest Liliela, Schneider liebela.
Anmerkungen
- Vgl. Schneider.
- Vgl. Sauer, Codex I 3, 285.
- Vgl. Möller, Stammtafeln AF I 114.
- Die auf der kurmainzischen Burg Waldeck im Sauertal (heute Gem. Lorchhausen, Rheingau-Taunus-Kreis) ansässige Familie hatte seit dem Ende des 13. Jh. das namengebende Marschallamt des Erzstifts Mainz erblich inne.
- Vgl. Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXXXI. Einige Grabplatten ihrer Nachkommen haben sich im Bearbeitungsgebiet erhalten, vgl. die entsprechenden Registereinträge.
- Gemeinde Niederheimbach, Lkrs. Mainz-Bingen; vgl. Möller ebd. 113.
- Er wurde wohl in der Pfarrkirche zu Lorch begraben, da Hebela für die dortige Kirche ein Anniversar im Wert von einer Mark einrichtete; vgl. dazu J. Zaun, Beiträge zur Geschichte des Landcapitels Rheingau und seiner vierundzwanzig Pfarreien. Wiesbaden 1879, 335.
- Vgl. den Kommentar zu seiner Grabplatte Nr. 74 von 1393.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 442.
- Schneider, Ganerbschlösser 167 Anm. 26.
- Rhein. Antiquarius II 19, 350.
- Roth, Syntagma 1 (1883).
- Baudenkmale III 133 (die letzten drei nach Helwich).
Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 101 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0010104.
Kommentar
Die meisten Buchstaben der sorgfältig gehauenen Minuskel zeigen feinstrichig eingerollte Ziercauden als Verlängerung der Hastenenden; die gegen Textende deutlich zunehmenden Kürzungen und Ligaturen sind auf den durch die Plazierung der Wappen verursachten Platzmangel zurückzuführen.
Die erstmals 1354 in einem Erbvergleich urkundlich erwähnte Hebela2), Tochter des Waldecker Burgmanns Emmerich gen. Wale3), war eine bemerkenswerte Frau: Durch ihre erste Ehe mit Johann III. Marschall von Waldeck4), mit dem sie insgesamt zwei Töchter und drei Söhne hatte, wurde sie letztlich zur Stammutter der verschiedenen Linien der Marschall von Waldeck, Saneck von Waldeck und Marschall von Waldeck zu Iben5). Ihr in der vorliegenden Inschrift verwendeter Beiname de sanecke resultiert aus der 1346 durch den Mainzer Erzbischof erfolgten Belehnung ihres ersten Mannes mit der heutigen Burg Sooneck am Rhein6). Sie führt in ihrer Grabinschrift also weder ihren Geburtsnamen noch das väterliche Wappen, sondern abweichend von den üblichen Gepflogenheiten das ihres ersten Mannes Johann. Nach dessen Tod (†1353)7 heiratete sie in zweiter Ehe den Ritter Gerhard von Steinkallenfels, neben dem sie nach einem langen Leben auch bestattet wurde8). Auf diesen Sachverhalt dürfte auch die Schlußformel anspielen, die – obwohl es sich um eine Einzelbestattung handelt – beide Ehepartner in ihren fürbittenden Wunsch mit einbezieht.