Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 76 Bad Kreuznach, Evang. Pauluskirche 1398

Beschreibung

Tumbendeckplatte für den Rheingrafen Konrad. Sie wurde bereits vor 1766 aufgerichtet1) und innen senkrecht in die Nordwand des Chores der heutigen Pauluskapelle eingelassen. Große Platte aus Sandstein mit Umschrift auf erhabener, steil nach außen abgeschrägter Leiste, in den oberen Ecken Wappen und Helm. Unter einem dreiteiligen, krabbenbesetzten Kielbogen ist der Verstorbene fast vollplastisch als Ritter mit gefalteten Händen dargestellt, versehen mit Schwert, Dolch, reliefiertem Gürtel, zugeknöpftem Lendner sowie offener Beckenhaube mit Brünne; zu seinen Füßen ein Hund oder Löwe. Das in der unteren Hälfte stark beschädigte Grabdenkmal wurde nach 1849 wiederhergestellt und dick mit Steinfarbe überstrichen, ergänzt wurden Teile der Architektur, die Unterarme, Beine und Waffen2). Die abgewitterte untere Leiste dürfte unbeschriftet gewesen sein. Als Worttrenner dienen vierblättrige Blüten.

Maße: H. 225, B. 116, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/6]

  1. anno · d(omi)ni 〈.......... / .....〉a) · obiit · conradus · ryngrauius · de · lapide · hic · sepul[tus] / cuius · anima · requiescat · in · pace · amen ·b)

Wappen:
Rheingrafen.

Kommentar

Gegen die Regel ist die zum Teil mit kurzen, geraden Zierstrichen versehene Schrift auf den für eine Tumbendeckplatte typischen, steil nach außen abgeschrägten Leisten derart angebracht, daß sie – wie bei einer liegenden Grabplatte – von innen zu lesen ist; ein Unikum, das möglicherweise auf eine gewisse Unsicherheit des Steinmetzen in einer Zeit hindeutet, in der sich langsam neue Formen der Sepulkralkultur herausbildeten3).

Während sein älterer Bruder Johann II.4) durch die Heirat mit einer Wildgräfin das Geschlecht der Wild- und Rheingrafen zu Dhaun begründete, starb mit dem 1372 als Pastor zu Kreuznach aufgeführten Konrad die eigentliche Linie der Rheingrafen zu Rheingrafenstein aus5). Obwohl die damalige Pfarrkirche eine Stiftung der Grafen von Sponheim war, hatten die Rheingrafen das Patronatsrecht inne6); dies dürfte den Begräbnisort erklären. Da der Verstorbene ohne Erben blieb, wurde die 1375 zwischen beiden Brüdern vorgenommene Teilung der Rheingrafschaft hinfällig, der Besitz diente bereits seinem 1447 verstorbenen Neffen Friedrich I. zur Gründung einer eigenständigen Seitenlinie7). Die Datierung der Grabplatte richtet sich nach der letzten urkundlichen Erwähnung des Verstorbenen am 21. April 13988).

Textkritischer Apparat

  1. Obwohl dieser Abschnitt heute dick überstrichen ist, deutet alles auf eine freigebliebene, unbearbeitete Leiste hin, die das genaue Todesdatum aufnehmen sollte; bereits Helwich notierte am 2. Oktober 1614 bei der Abschrift dieser Stelle „annus non ade(st)“.
  2. Rest der Leiste unbearbeitet.

Anmerkungen

  1. Vgl. Acta Academiae I 29.
  2. Die von Eltester angefertigte Umzeichnung zeigt den fragmentarischen Zustand vor der Restauration.
  3. Vgl. Einleitung XXXf.
  4. Vgl. seine Tumbendeckplatte von 1383 in der ehemaligen Stiftskirche St. Johannisberg (Nr. 67).
  5. Ein weiterer Bruder namens Hartrad starb vor 1375, vgl. Schmitz-Kallenberg, Urkunden S. 285f. Nr. 594 und Europ. Stammtafeln NF IV Taf. 96 und 97.
  6. Vgl. die Urkunde bei Schmidt, Notizen 248.
  7. Vgl. dessen Tumbendeckplatte in St. Johannisberg (Nr. 124), die Grabplatte seiner 1455 verstorbenen Frau Lukart von Eppenstein (Nr. 130) im Chor der heutigen Pauluskapelle und die Tumbendeckplatte ihres gemeinsamen Sohnes Friedrich II. von 1490 (Nr. 173) im Chor der ehem. Karmeliterklosterkirche und heutigen kath. Pfarrkirche Bad Kreuznach.
  8. Vgl. Schmitz-Kallenberg, Urkunden S. 324f. Nrr. 805 und 809. Das bei Europ. Stammtafeln NF IV Taf. 97 verzeichnete Todesjahr 1395 ist zu korrigieren.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 313.
  2. Storck, Darstellungen 182 (teilw.).
  3. Schneegans, Beschreibung 167 (teilw.).
  4. L. v. Eltester, Umzeichnung von 1849 (LHAK 700,30 Nr. 416).
  5. LHAK 36, 2000 Nr. 394 (hs. Notiz).
  6. Roth, Syntagma 2, 44 (nach Helwich).
  7. Stumpf, Kirche 18 mit Abb.
  8. Bredt, Friedhof mit Abb. 62.
  9. Stumpf, Grabsteine 7 (1927) 20 (nach Helwich).
  10. Kdm. 70 mit Abb. 35.
  11. Emmerling, Bad Kreuznach mit Abb. 7.
  12. Ruser/Dellwing, Bad Kreuznach mit Abb. S. 42.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 76 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0007607.