Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 66 Bad Kreuznach, Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus 1382

Beschreibung

Grabplatte des Junggrafen Walram (II.) von Sponheim(-Kreuznach). Ehemals „retro altare majus“1) der ehemaligen Karmeliterklosterkirche, wurde die Platte während der Renovierungsarbeiten in den Jahren 1898-19052) an den heutigen Standort an die Nordwand des Chors versetzt. Große Platte aus Sandstein mit Umschrift zwischen Linien auf steil nach innen abgeschrägten Leisten, in den oberen Ecken zwei einfache Wappen. Im kastenartigen Mittelfeld ruht die halbreliefierte Figur3) des mit offenem Klappvisier dargestellten Verstorbenen, angetan mit Halsberge, Waffenhemd und dem mit dem Sponheimer Schach gemusterten Lendner, daran Ketten4) zur Befestigung der Waffen sowie ein mit Löwenreliefs besetzter, mit einem Dolch versehener Gürtel. Die rechte Hand hält den Helm, die linke greift ans Schwert, die Füße ruhen auf zwei Hunden mit gemeinsamen Kopf. Abgesehen von kleineren Beschädigungen an den Waffen gut erhalten, jedoch dick mit Steinfarbe bestrichen. Die untere Leiste blieb wegen den Figuren unbeschrieben. Als Worttrenner dienen kleine Rauten.

Maße: H. 232, B. 115, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. + anno · d(omi)ni · m · ccc · lxxx/ii · ix · k(a)l(enda)s · marcii · o(biit) · domicell(vs) · walram(vs) · fili(vs) · d(omi)ni · Simonisa) co(m)i//tis · i(n) · spa(n)hey(m) · (et)b) · i(n) · via(n)de(n) · cui(vs) · a(n)i(m)a · reqiescatc) · in · pace · amen ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1382 (am) neunten (Tag vor den) Kalenden des März (21. Februar) starb der Edelknappe Walram, Sohn des Simon, Grafen von Sponheim und Vianden. Dessen Seele möge in Frieden ruhen, Amen.

Wappen:
Sponheim; Vianden.

Kommentar

Die sorgfältig gearbeitete Minuskel zeigt mit der Verwendung von kleinen Schrägstrichen über dem i (anstelle kaum üblicher i-Punkte), dem ungewöhnlichen Symbol für et und der eigenartigen, mit feinstrichigem Mittelteil geformten S-Majuskel einige auffallende Besonderheiten. Zudem sind die Hastenenden von p und q als leicht nach rechts zeigende, knapp unter die untere Begrenzungslinie gehende Quadrangeln gebildet. Der durch die nach innen fallenden Schrägen entstehende Typ des Kastengrabmales scheint eine lokale Erscheinung der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts5) zu sein.

Walram6) war der einzige Sohn aus der Ehe Graf Simons III. von Sponheim(-Kreuznach)7) mit der Erbgräfin Maria von Vianden. Lediglich 1379 und 1382 urkundlich erwähnt, scheint der nach seinem Großvater8) Benannte früh, unvermählt und ohne Nachkommen verstorben zu sein. Dafür spricht auch die Standesbezeichnung domicellus9), die hier wohl den noch nicht zum Ritter geschlagenen Sohn eines (höhergestellten) Adeligen meint. Mit dem Tod seines Vaters Simon III. erlosch männlicherseits die Linie Sponheim-Kreuznach.

Textkritischer Apparat

  1. Dünnstrichiges, geschlossenes Majuskel-S.
  2. Tachygraphisches Symbol in Form eines gleichstrichigen Majuskel-Z.
  3. i klein dem q überschrieben; anschließend fehlt v.

Anmerkungen

  1. So Helwich.
  2. Vgl. Renard 14.
  3. Vgl. zur detailgetreuen Rüstung Rady, Kostüm 27 mit Umzeichnung auf Bildtafel II 37.
  4. Sie sind im Brustbereich an schildförmigen Plättchen befestigt, die die beiden Wappen wiederholen.
  5. Vgl. Einleitung XXX.
  6. Vgl. zum Folgenden Mötsch, Sponheim 164 und die Stammtafel S. 166.
  7. Vgl. Nr. 108 von 1414.
  8. Vgl. Nr. 63 von 1380.
  9. Vgl. Niermeyer, Lexicon 348.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 316.
  2. Würdtweinsches Epitaphienbuch 302.
  3. Roth, Syntagma 3 (1884) 71 (nach Helwich).
  4. Kirsch, St. Nicolauskirche 27.
  5. Renard, Wiederherstellung 14 mit Abb. 6.
  6. Stumpf, Grabsteine 7 (1927) 21 (nach Helwich).
  7. Geib, Hist. Topographie I mit Abb. S. 292.
  8. Zimmermann, Nahegebiet mit Abb. 16.
  9. Zimmermann, Grabdenkmäler mit Abb. S. 22.
  10. Kdm. 83 und Abb. 46.
  11. Zimmermann, Kunstwerke 2 (1964) mit Abb. S. 6.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 66 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0006600.