Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 62 Meisenheim, Schloßkirche 1377

Beschreibung

Grab- bzw. Tumbendeckplatte des Grafen Georg (II.) von Veldenz-Geroldseck. Vermutlich bereits um 1479 anläßlich des Neubaus der damaligen Johanniterkirche aus dem Innern entfernt und außen in die Südwand des Langhauses eingelassen1). Große Platte aus weißgelbem Sandstein mit erhaben ausgeführter Umschrift2) auf erhöhter Leiste, deren Kanten nach außen abgeschrägt sind. Im vertieften Mittelfeld ist unter einem dreiteiligen Kielbogen die hochreliefierte Figur des Verstorbenen in voller Rüstung3) mit spitzer Beckenhaube dargestellt, die Hände gefaltet, die Füße auf zwei einander zugewandten Löwen. In der linken oberen Ecke befand sich ehemals ein reliefierter (niedergelegter) Helm, in der rechten ein Wappen. Der Stein ist insgesamt äußerst stark verwittert und in den oberen Partien teilweise mit gelbem Sandstein geflickt, Helm und Wappen wurden wohl künstlich abgearbeitet. Von der Inschrift ist lediglich ein verschwindend kleiner Rest auf der linken oberen Leiste übrig geblieben4).

Erg. nach Sundahl und Foto Kdm.

Maße: H. 210, B. 100, Bu. ca. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel, erhaben.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/3]

  1. [ANNO · D(OMI)NI · M · CCC · LXXVII · O(BIIT) · NOBILIS · GEORGIVS · DE · VELDENCIA · GERMANVS · ILLUSTRISa) · D(OMI)NI · HEI(N)RICI · COMITIS · VELDENCIE · FERIA · SEXT]Ab) · AN(TE) · IOH(ANNI)S · BAP(TISTAE)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1377 starb der edle Georg von Veldenz, der Bruder des erlauchten Herrn Heinrich, Graf von Veldenz, am Freitag vor (dem Fest) Johannes des Täufers (19. Juni).

Wappen:
Veldenz.

Kommentar

Die wenigen erhaltenen Buchstaben zeigen typische Elemente der späten gotischen Majuskel wie dreiecksförmig verbreiterte Schwellungen, Zierstriche und Nodus am I.

Meisenheim5) war seit Mitte des 12. Jahrhunderts als Lehen des Mainzer Erzbischofs in Händen der Grafen von Veldenz, die zugleich das Amt der Mainzer Erbtruchsessen innehatten. Um 1200 verlegten sie ihren Sitz nach Meisenheim und auch die zweite, jüngere Linie der Grafen von Veldenz-Geroldseck residierte hier ab 1270. In der damaligen Kirche, die 1321 dem Johanniterorden übergeben wurde, befand sich seitdem eine Grablege des für die Nordpfalz und Westrich bedeutenden Geschlechts6).

Der entsprechend dem Rang des Verstorbenen in erhabenen Lettern aufwendig gearbeiteten Inschrift nach müßte es sich bei ihm um einen sonst unbekannten Bruder des damals regierenden Grafen Heinrich II. aus der Linie Veldenz-Geroldseck (†1378) handeln7). Würde man (so die Literatur) der Bezeichnung germanus allerdings die weitergehende Bedeutung „durch den Bruder verwandt“ zugrunde legen, könnte man ihn als seinen Neffen identifizieren, den gut bezeugten, einzigen Sohn aus der Ehe des Grafen Friedrich I. von Veldenz-Geroldseck (†1327)8) mit Blancheflor von Sponheim-Starkenburg. Mit dem Tod Georgs (II.), der anscheinend unverheiratet blieb, starb die von seinem Vater begründete Seitenlinie aus, sein Anteil der Grafschaft fiel an das regierende Haus seines Vetters Friedrich II. zurück.

Textkritischer Apparat

  1. Wickenburg löst zu ILLUSTRISSIMI auf.
  2. Ab dieser Stelle nach Foto Kdm.; nach AN(TE) ist DIEM zu denken.

Anmerkungen

  1. Vgl. Crollius, Denkmahl.
  2. Singulär im Bearbeitungsgebiet, mit Ausnahme dieser Grabplatte findet sich erhaben gearbeitete gotische Majuskel nur noch auf Glocken.
  3. Beschreibung folgt in den Einzelheiten der um 1750 angefertigten Zeichnung in der Handschrift bei Wickenburg, die allerdings von der Inschrift nur Todesdatum und Titel des Verstorbenen überliefert.
  4. Das vor 1935 aufgenommene Foto bei Kdm. zeigt noch einen etwas besseren Zustand der Grabplatte.
  5. Vgl. zum Folgenden Fabricius, Veldenz 36 (1916) 7ff., Pöhlmann, Veldenz und Anthes, Meisenheim und Wittelsbach 4ff.
  6. Die vorliegende Grabplatte galt bisher als einziges Zeugnis der urkundlich überlieferten Bestattungen in der vom Aussehen her völlig unbekannten Johanniterkirche, bis im Sommer 1988 anläßlich der Öffnung der Pfalz-Zweibrücker Fürstengruft die dort als Spolie eingelassene Grabplatte der Erbgräfin Anna von Veldenz zum Vorschein kam; vgl. Nr. 120 von 1439.
  7. Vgl. zum Folgenden die Stammtafel bei Anthes, Meisenheim und Wittelsbach 9.
  8. Vgl. die zahlreichen urkundlichen Belege bei Crollius, Vorlesung 326ff. – Die erhaltene, figürliche Grabplatte Friedrichs I. befindet sich in der Michaelskapelle der ehem. Benediktinerpropstei auf dem Remigiusberg (Lkrs. Kusel), einer weiteren Grablege des Geschlechts; vgl. Baudenkmale III 232 mit Abb. 329.

Nachweise

  1. Sundahl, Oratio 20 mit Anm. 5*.
  2. Wickenburg, Thesaurus Palatinus II 2 (Zeichnung).
  3. G.Chr. Crollius, Vorlesung von dem zweiten geschlechte der grafen von Veldenz, aus dem hause der herren von Geroldseck in der Ortenau, in: Acta Academiae IV (1778) 329.
  4. Crollius, Denkmahl 7 (erw.) – Coerper, Nachrichten 10.
  5. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 462 (teilw.).
  6. Heintz, Begräbnisse Nr. 106.
  7. Sundahl, Festrede 29 Anm. 21 (übers. v. Werningk).
  8. Heintz, Schloßkirche 170.
  9. Zimmermann, Nahegebiet 39 Anm. 84.
  10. Kdm. 255 mit Abb. 182.
  11. Fröhlich/Zimmermann, Schloßkirche 31 (übers.).
  12. Burghardt, Alben 97.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 62 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0006208.