Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 59 Disibodenberg, Klostermuseum 1371

Beschreibung

Grabplatte des Jakob, 14. Abt des Zisterzienserklosters Disibodenberg. Ursprünglich wohl im Kapitelsaal in den Boden eingelassen1) (Plan Nr. 55), dann wohl seit Ende des 19. Jahrhunderts in einem Klosterkeller verwahrt, jetzt im Klostermuseum auf dem Disibodenberger Hof. Vom Bearbeiter aus 18 Einzelteilen2) rekonstruierte Platte aus hellgelbem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien. Im vertieften Mittelfeld ist der Verstorbene in Halbrelief dargestellt, bekleidet mit der langen, bis zu den Schuhspitzen reichenden, mit Kapuze und weiten Ärmeln versehenen Talarkukulle. In der rechten Hand trägt der Abt das Regelbuch der Zisterzienser, in der linken den in eine Lilie auslaufenden Krummstab. Die leicht S-förmig gestaltete Figur wird von einem dreiteiligen, krabbenbesetzen Kielbogen mit seitlichen Fialen umrahmt3). Abgesehen von einigen wenigen noch fehlenden Teilen und kleineren Verwitterungsspuren Mitte der rechten Leiste befindet sich die Grabplatte in einem guten Zustand.

Maße: H. 239, B. 94, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/6]

  1. +a) · ANNO · / D(OMI)NI · Mo · CCCo · LXXIo · IN · DIE · BEATE MARIE MAGDA(LE)NE · ANTE / MEDIA(M) · NOCTE(M) · O(BIIT) · / D(OMI)N(U)S · IACOB(US) · ABBAS · XIIIIb) · IN · ORDI(N)E · CIST(ER)CIE(N)SI · [... /]c)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1371 starb am Tag der heiligen Maria Magdalena (22. Juli) vor Mitternacht der Herr Jakob, der 14. Abt in der Reihe der Zisterzienser(-äbte).

Kommentar

In dieser Inschrift erscheint die späte gotische Majuskel noch einmal in ihrem ganzen Formenreichtum, wie es etwa die Betrachtung des A vermittelt: Neben mehreren pseudounzialen Formen erscheint eine gerundete Variante (bei MEDIAM), deren linke gebogene Haste von einem Zierstrich begleitet wird und zudem einen gebrochenen Mittel- und einen nach beiden Seiten überstehenden Deckbalken aufweist. Hinzukommt der auffallend häufige Wechsel von kapitalen und unzialen Formen bei D, E, I, N und T, die zudem mit Ziercauden versehen sind. Bemerkenswert ist auch die eigentlich unzeitgemäße Verwendung des kunstvoll gehauenen, halbgeschlossen unzialen M.

Mit dieser Inschrift wird der erste verhältnismäßig sichere Hinweis auf Anzahl und Abfolge der Zisterzienseräbte des Klosters gegeben4). Ferner dokumentiert sie durch die ausdrückliche Nennung des Ordens das lebendig gebliebene Wissen um die damals weit über 100 Jahre zurückliegende Übernahme des Klosters von den Benediktinern. Jakob erscheint erstmals 1350 urkundlich als Abt, tauscht 1361 von dem Mainzer Domkapitel das Patronatsrecht zu Sobernheim5) und führt 1363 zusammen mit einem Abgesandten des Mutterklosters Clairvaux eine bisher unbekannte Visitation des Klosters Eberbach durch6). Ganz außergewöhnlich ist die Angabe seines genauen Todeszeitpunktes, ein Phänomen, das sich sonst erst im 16. Jahrhundert durchgängig beobachten läßt.

Textkritischer Apparat

  1. Textbeginn in der Mitte der oberen Leiste.
  2. Anschließende US-Kürzung in die Zeile gestellt.
  3. Die linke Hälfte der oberen Leiste ist eindeutig nicht beschrieben.

Anmerkungen

  1. Die Bruchstücke dieser Platte befanden sich noch um 1890 in situ im Kapitelsaal (vgl. Baudenkmale, dort auch eine anonyme lat.-dt. Überlieferung). Zudem wurde bereits im 18. Jh. in versuchter Nachzeichnung der Schrift eine freilich völlig verworrene, heute im Landesarchiv Speyer verwahrte Abschrift angefertigt.
  2. Die Fragmente lagen zerstreut und ungeordnet im Keller; ein Teil, das wohl zur Gesichtspartie des Abtes gehört, konnte bisher noch nicht zufriedenstellend eingefügt werden. Meinem Kollegen Dr. Rüdiger Fuchs danke ich für die tatkräftige Hilfe bei der Rekonstruktion.
  3. Zur nur bedingt vergleichbaren Typologie der figürlichen Abtsgrabplatten des Zisterzienser-Klosters Eberbach s. Monsees, Grabdenkmäler 108-117 und künftig DI Rheingau-Taunus-Kreis.
  4. Zur unsicheren und unvollständigen Disibodenberger Abtsreihe vgl. den Kommentar zu Nr. 102.
  5. Ioannis, Spicilegium 210.
  6. HStA Wiesbaden 22/1045 a (freundlicher Hinweis meiner Kollegin Dr. Yvonne Monsees).

Nachweise

  1. LA Speyer T 783 d (Vermischtes) fol.110.
  2. Baudenkmale III 135f.
  3. Nikitsch, Bemerkungen 24f. mit Abb. 6 und 7 (Detail).
  4. Nikitsch, Sepulkralkultur Abb. 8.
  5. Stanzl, Klosterruine 73 Abb. 59

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 59 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0005909.