Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 19 Disibodenberg, Kapitelsaal 1308

Beschreibung

Grabplatte des Tilmann I. von Heinzenberg. Zweiter, rechts vom Eingang in den Boden des Kapitelsaals eingelassener Stein (Plan Nr. 23), aufgefunden bei den Ausgrabungen im Sommer 1985. Große, sehr sorgfältig gearbeitete Platte aus Kalksandstein mit Umschrift zwischen Linien, im oberen Mittelfeld ein erhabenes Wappen mit eingeritzter Zeichnung. Das untere Drittel der sonst hervorragend erhaltenen Platte ist durch eine sich hebende Steinschicht an den Rändern leicht beschädigt.

Maße: H. 217, B. 99, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Heinz Straeter) [1/3]

  1. +a) ANNO / D(OMI)NI · Mo · CCCo · UIIIo · IIIIo · NONASb) · FEB(RVARII) · / O(BIIT) · DOMIN(VS) · / THILEMAN(VS) · MILES · DE · HEINCIN/BERG

Datum: 02. Februar 1308.

Wappen:
Heinzenberg.

Kommentar

Wie bei der Grabplatte seines neben ihm liegenden Vetters Friedrich, fasziniert auch hier die ungewöhnliche Qualität der vielfältigen Schriftformen. Fast alle bei der vorhergehenden Platte beschriebenen Varianten und Zierformen kehren auch hier wieder. Erhöht hat sich die Anzahl der kapital und unzial bzw. halbunzial verwendeten Buchstaben, es kommen A, H sowie U/V hinzu. Abweichende Formen zeigen sich zusätzlich bei I, L und M. Für die handwerkliche Behandlung der Buchstaben gilt das oben Gesagte. Hingewiesen sei auf die hier erstmals auftretende Ligatur eines kapitalen D mit einem kapitalen E, die für viele spätere Disibodenberger Grabplatten stilbildend gewirkt haben dürfte1).

Bei Tilmanns Vater handelte es sich wahrscheinlich um den in der Manesse-Handschrift mit einigen Liedern vertretenen, einzigen rheinländischen Minnesänger und Ritter Wilhelm III. von Heinzenberg (†1293)2). Von der genealogischen Forschung wurde Tilmann bisher mit einer 1288 bis 1326 urkundlich bezeugten Person identifiziert3). Durch den Fund der vorliegenden Grabplatte muß nun von zwei gleichnamigen Herren von Heinzenberg ausgegangen werden, deren verwandtschaftliches Verhältnis mangels ausreichender Quellen vorerst ungeklärt bleibt: der im Kapitelsaal begrabene Tilmann I. (erwähnt 1288-1308)4) und Tilmann II. (urkundlich erwähnt bis 1326, †1349), verheiratet mit Ida Vogt von Hunolstein5).

Textkritischer Apparat

  1. Textbeginn Mitte der oberen Leiste nach einer eingemeißelten Kreuzblume.
  2. Das S ist wie die ES-Kürzung der daneben liegenden Platte Nr. 18 gestaltet; vgl. Einleitung LV.

Anmerkungen

  1. Strenggenommen handelt es sich um keine echte Ligatur, da das kapitale E eigenwillig – aber gekonnt – an die Krümmung des kapitalen D angepaßt ist. Vgl. dagegen den eher unbeholfen wirkenden Versuch der Ligierung eines kapitalen D mit einem unzialen E auf der Tumbendeckplatte des Gottfried von Schlüsselburg von 1308 in DI 18 (Lkrs. Bamberg) Nr. 10, sowie die Einleitung XLV.
  2. Vgl. zu ihm Conrad, Heinzenberg 8, 29ff., Schellack, Der Minnesänger W. v. H., in: Dhauner Echo 32 (1966) 24ff. und I.F. Walther (Hg.), Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift. Frankfurt 1988, 105 mit Taf. 51.
  3. Vgl. (in Auswahl) Toepfer, UB Hunolstein I 315, Möller, Stammtafeln NF I Taf. XXII, Conrad, Heinzenberg 6, 23f. und Zwiebelberg, Familie 27, ders., Freiherrn von Schmidburg 37f. sowie jüngst Füllmann, Hennweiler 40.
  4. Toepfer, UB Hunolstein I 72, 87 und 96. Am 21. Januar 1308, wenige Tage vor seinem Tod, verkaufte Tilmann I. seinen Hof bei Monzingen dem Rheingrafen Siegfried (vgl. ebd. 97 Anm. 3).
  5. Vgl. Conrad, Heinzenberg 6, 24.

Nachweise

  1. Nikitsch, Sepulkralkultur Abb. 16.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 19 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0001901.