Inschriftenkatalog: Mariental

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 4: Kloster Mariental (2013)

Nr. 56 Klosterkirche nach 1721

Beschreibung

Grabplatte des Marientaler Verwalters Franz Andreas Brückmann. Sandstein. Die Grabplatte ist heute im südlichen Seitenschiff der Kirche aufgestellt. Um die Platte verläuft zwischen zwei Stegen die Inschrift A; im Innenfeld die Inschrift B.

Maße: H.: 198 cm; B.: 97 cm; Bu.: 3,8 (A), 2,5–3,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf/Sabine Wehking) [1/1]

  1. A

    FRANCISCVS ANDREAS BRVCKMANN PRAEFECTVS / REGIVS PRAEFECTVRAE WEFERLINGENSIS, DVCATVS HALBERSTADIENSIS ET COENOBII WALLIS DIVAE MA/[RIAE] PRIMVS A(D)V(O)CATVS [..]NSVS PROPE ACA/DEMIAM IVLIAM · NATVS ANNO CHRISTI MDCLII DENATVS ANNO MDCCXX ·

  2. B

    HIC QVIETE IACET, BEATEQVE DORMIT / PRAENOBILISSIMVS; AMPLISSIMVS ATQVE CONSVLTISSIMVS / DOMINVS, / DOMINVS FRANCISCVS ANDREAS BRVCKMANN, / PRAEFECTVS REGIO=BORVSSICVS / PRAEFECTVRAE WEFERLINGENSIS DVCATVS HALBERSTADIENSISa) / NECNON / COENOBII HVIVS VALLIS DIVAE MARIAE PROPE HELMSTETVM · / DVCATVS BRVNSVIGII / PER XXIX. ANNORVM SPATIVM LONGE MERITISSIMVS / NATVS EST IN PAGO ESBECCA · DVCATVS BRVNSVIGII, ANNOa) / REDEMTIONIS GENERIS HVMANI / PER CHRISTVM MDCLII. DIE X. SEBTEMB(RIS) / PATRE ERNESTO BRVCKMANN, ECCLESIASTE ESBECCENSIa) / VIGILANTISSIMO / MATRE VERO CATHARINA MARCKS./ ANNO MDCXCII, SERENISS(IMORVM) PRINCIPVM AC DVCVM BRVN=/SVIC(ENSIVM) AC LVNEBVRG(ENSIVM) / RVDOLPHI AVGVSTI A(C)b) ANTHONII ULRICI / GRATIA./ PRAEFECTVRAM HVIVS VALLIS SVSCEPIT, / ANNO MDCCXIX VERO A SERENISSIMO AC POTENTISSIMO PRIN:/CIPE AC DOMINO / FRIDERICO WILHELMO REGE BORVSSIAE E(T)C(E)T(ERA) E(T)C(E)T(ERA) / GVBERNANDAM SORTITVS EST PRAEFECTVRAM WEFER/LINGENSEM, DVCATVS HALBERSTADIENSIS / ANNO MDCXC.VI DIE XXIV SEPTEMB(RIS) MENSIS QVO HANC IN LVCEM / EDITVS, MATRIMONIVM INIIT CVM / ANNA DOROTHEA ELERTS, / FILIA VNICA / MARTINI FRIDERICI ELERTS, / CONSVLIS BEROLINENSIS ET ADVOCATI IVDICII CAMERALIS / REGII CELEBERRIMI ATQVE / NVPTIAS CVM ISTA CELEBRAVIT DIE XXIV NOVEMBRIS, / MENSE NIMIRVM ET DIE, LVIBVSc) OBIIT: / EX HAC ELECTA THORI SOCIA TRES FILIOS CVM DVABVS / FILIABVS SVSCEPIT, / DENATVS EST DIE XXIV NOVEM(BRIS) CIRCA NONAM VESPERTINAMd) / ANNO RECVPERATAE SALVTIS MDCCXX. / SVAE VERO AETATIS LXVIII. / QVIESCANT IN PACE OSSA EIVS HIC OBRVTA AD / BEATISSIMAM TIDELIUMe) / RESVRRECTIONEM / HOC AVTEM MONVMENTVM PONI CVRAVIT FILII NATV MAXIMI MOESTA PIETAS / FRANCISCI ERNESTI BRÜCKMANNIf) / MEDICIN(AE) DOCTOR(IS) ET PRACTICI BRVNSVICENSIS:

Übersetzung:

Franz Andreas Brückmann, königlicher Verwalter des Bezirks Weverlingen im Fürstentum Halberstadt und des Klosters Mariental, erster Advokat ... an der Academia Julia (= Universität Helmstedt), geboren im Jahr Christi 1652, gestorben im Jahr 1720. (A)

Hier ruht in Frieden und schläft glückselig der alleredelste, sehr bedeutende und sehr kluge Herr, Herr Franz Andreas Brückmann. Als königlich-preußischer Verwalter des Bezirks Weverlingen im Fürstentum Halberstadt und auch (als Verwalter) dieses Klosters Mariental bei Helmstedt im Fürstentum Braunschweig hat er sich für einen Zeitraum von 29 Jahren die bei weitem höchsten Verdienste erworben. Er wurde geboren im Dorf Esbeck im Fürstentum Braunschweig im Jahr der Erlösung des Menschengeschlechts durch Christus 1652 am 10. September (als Sohn) des Vaters Ernst Brückmann, des sehr wachsamen Predigers zu Esbeck, und der Mutter Katharina Marcks. Im Jahr 1692 erhielt er durch die Gunst der erlauchtesten Fürsten und Herzöge von Braunschweig-Lüneburg Rudolf August und Anton Ulrich die Verwaltung dieses Orts Mariental übertragen. Im Jahr 1719 hat er von dem erlauchtesten und sehr mächtigen Fürsten und Herrn König Friedrich Wilhelm von Preußen etc. etc. die Leitung des Bezirks Weverlingen im Fürstentum Halberstadt zugeteilt bekommen. Im Jahr 1696 am 24. September, dem Monat, in welchem er auch das Licht der Welt erblickt hatte, verheiratete er sich mit Anna Dorothea Elerts, der einzigen Tochter des Martin Friedrich Elerts, eines hochberühmten Berliner Rats und Advokaten des königlichen Kammergerichts, und feierte die Hochzeit mit ihr am 24. November, und zwar an dem gleichen Tag desselben Monats, an dem er gestorben ist. Von dieser Ehefrau hatte er drei Söhne und zwei Töchter. Er starb (also) am 24. November gegen neun Uhr abends im Jahr des erneuerten Heils 1720 im Alter von 68 Jahren. Seine hier begrabenen Gebeine mögen in Frieden ruhen bis zur glückseligen Auferstehung der Gläubigen. Die betrübte Liebe des ältesten Sohnes Franz Ernst Brückmann, eines Doktors der Medizin und praktischen Arztes in Braunschweig, hat dies Denkmal errichtet. (B)

Kommentar

Während der Amtszeit Brückmanns als Verwalter von Mariental kam es verschiedentlich zu Auseinandersetzugen zwischen den Stipendiaten der Klosterschule auf der einen Seite und dem auf dem Klostergut residierenden Verwalter auf der anderen Seite, die der Abt von Mariental zu schlichten hatte. Im Jahr 1704 beschwerten sich die Stipendiaten über Brückmann wegen der mangelhaften Speisung und der nachlässigen Behandlung ihrer Wäsche. Bisher sei man zum Essen in das Haus des Verwalters gegangen, was jedoch wegen der vergifteten Atmosphäre zwischen beiden Parteien nicht länger möglich sei. Der Abt habe jetzt eine Schlichtung zwischen dem Verwalter und den Stipendiaten herbeigeführt: Den Stipendiaten sei der Weg durch den Kreuzgang in das Haus des Verwalters nun durch einen Zaun versperrt; der Verwalter hingegen habe sich bereiterklärt, das Essen in die Studierstube zu schicken, verweigere aber denjenigen Stipendiaten, die freie Kost hätten, die Nahrung. Außerdem beschuldigten die Schüler Brückmann, er habe zusammen mit seinen Leuten vier Stipendiaten völlig grundlos zusammengeschlagen. Nach Ansicht der Stipendiaten war das erklärte Ziel Brückmanns, den Schulbetrieb in Mariental einzustellen. Um weitere handgreifliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, wies der Abt von Mariental, Johann Andreas Schmid, beide Parteien an, jeweils das Revier der Gegenpartei nicht zu betreten.1) Im Jahr 1720 begründete Brückmann den baufälligen Zustand der Ziegeldächer der Klostergebäude damit, daß die Stipendiaten mit Steinschleudern darauf zielten.2)

Der Stifter des Grabdenkmals, Franz Ernst Brückmann, wurde am 27. September 1697 in Mariental geboren und besuchte dort die Klosterschule.3) Von 1716 bis 1721 studierte er in Jena Medizin und Philosophie, 1712 wurde er in Helmstedt zum Doktor der Medizin und Philosophie promoviert. Danach ließ er sich vorübergehend in Weverlingen nieder, bevor er in Braunschweig als praktischer Arzt tätig wurde. Da Brückmann in der Inschrift B als in Braunschweig ansässig bezeichnet wird, dürfte die Anfertigung der Grabplatte in die Zeit nach 1721 fallen. In den Jahren 1728 bis zu seinem Tod am 21. März 1753 war Franz Ernst Brückmann Stadtarzt in Wolfenbüttel. Er ist der Verfasser zahlreicher naturhistorischer Schriften.

Textkritischer Apparat

  1. Der letzte Buchstabe auf dem Rahmen.
  2. A ohne Kürzungszeichen. Der Buchstabe ergibt allein jedoch keinen Sinn.
  3. LVIBVS] Wahrscheinlich fehlerhaft für QVIBVS. Der Plural LVIBVS ‘durch die Seuchen’ gibt hier keinen Sinn und ist im klassischen Latein nicht belegt. Der Plural QVIBVS ist auf MENSE und DIE zu beziehen. Die Übersetzung geht von QVIBVS aus.
  4. AM auf dem Rand.
  5. Sic! Lies: FIDELIVM.
  6. Ü in Form eines V.

Anmerkungen

  1. StAWf, 11 Alt Mart. Nr. 513.
  2. Ebd.
  3. Die folgenden biographischen Daten nach: Wolfram Kaiser u. Arina Völker, Franz Ernst Brückmann (1687–1753) und Albert Ritter (1682–1759). In: Harz-Zeitschrift 33, 1981, S. 101–127, hier S. 108.

Zitierhinweis:
DIO 4, Kloster Mariental, Nr. 56 (Sabine Wehking und Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio004g002k0005606.