Inschriftenkatalog: Mariental

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 4: Kloster Mariental (2013)

Nr. 43 Klosterkirche (1608)

Beschreibung

Grabplatte des Abtes Peter Giebel. Sandstein. Die stark beschädigte Grabplatte ist heute im nördlichen Seitenschiff der Kirche aufgestellt. Der hochrechteckige Stein ist in zwei Teile gebrochen, die obere Kante und die rechte Ecke fehlen. Dadurch ist ein erheblicher Teil der Inschriften verloren. Die Inschrift A läuft um die Platte; Inschrift B befindet sich im oberen Teil des Mittelfelds; Inschrift C ist in einer Zeile unten in das Innenfeld gesetzt. Die Mitte des Steins ist glatt.

Maße: H.: 181,5 cm; B.: 115,5 cm; Bu.: 5,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf/Sabine Wehking) [1/1]

  1. A

    [.../...........REV]ERENDVS ET AMPLISSIMVS / VIR D(OMI)N(VS) [PE]TRVS GIBEL ABBAS / HVIVS MONASTERII ANNO REGIMINIS X · VITAE LX[....]

  2. B

    CA[......] / ME PRIMVM [.........] / SEV STES, SEV SEDEAS, MO[...] / EXSPECTATO PROPIN[...] / QVO MINIME CRE[...]EN[...] / FVNVS [...]S

  3. C

    REQVIESCAT ANIMA IN PACE

Übersetzung:

... der ehrwürdige und sehr bedeutende Mann, Herr Peter Giebel, Abt dieses Klosters (starb) im 10. Jahr seiner Amtszeit, im .. Lebensjahr ... (A)

... ob du stehst oder sitzt ... (B)

Die Seele ruhe in Frieden. (C)

Versmaß: Die erhaltenen Teile von Inschrift B lassen erkennen, daß der Text in Hexametern oder Distichen abgefaßt ist.

Kommentar

Die Datierung der Grabplatte ergibt sich aus dem Todesdatum des Peter Giebel, dem 29. Mai 1608. Der aus Werden stammende Giebel wird im Jahr 1592 als Konventuale des Klosters Mariental genannt. Zu diesem Zeitpunkt war er Pastor in Bernsdorf.1) Schon bald nach seiner Ernennung zum Abt am 16. April 15992) setzen Klagen über die Mißwirtschaft Giebels ein, der zusammen mit seiner Frau Elisabeth vor allem in die eigene Tasche wirtschaftete. Im Jahr 1602 reichte der Klosterschreiber Christoffer von Broke bei der Landesregierung ein 110 Beschwerdepunkte umfassendes Programm ein, in dem der Abt, besonders aber seine Frau der Mißwirtschaft, Veruntreuung von Geldern und Einkünften sowie zahlreicher anderer Vergehen – auch gegen die Person des Klosterschreibers selbst – beschuldigt wurden.3) Da die Klagen über den Abt und seine Frau kein Ende nahmen, forderte die Regierung Giebel im Jahr 1606 auf, seine Frau und ihre Kinder von diesem Closter fürderlichst abzuschaffen. Sie sollten den von der Familie Giebel auf Klosterkosten ausgebauten Witwensitz des Klosters Mariental in Grasdorf, den die Familie bereits als eine Art zweiter Residenz nutzte, auf Dauer beziehen.4) Offenbar versprach sich die Regierung eine bessere Amtsführung davon, wenn man den Abt dem schlechten Einfluß seiner Frau entzog. Giebel protestierte jedoch heftig gegen diese Anweisung und verwies auf sein hohes Alter und seine Gebrechlichkeit, die die Anwesenheit seiner Familie in Mariental unbedingt erforderlich mache. Am 3. Mai 1608 wies Herzog Heinrich Julius seine Räte an, die Amtsenthebung des Marientaler Abts zu veranlassen, die am 18. Mai erfolgte. Peter Giebel starb nur wenige Tage nach seiner Entlassung am 29. Mai 1608. Trotz aller seiner Versäumnisse wurde er am 1. Juni im Kloster Mariental beigesetzt und erhielt eine eines Abts würdige Grabplatte, in deren Inschrift die – offensichtlich nicht vorhandenen – Qualitäten des Verstorbenen in üblicher Weise genannt sind.

Anmerkungen

  1. StAWf, 11 Alt Mart. Nr. 111.
  2. Ebd., Nr. 341.
  3. Ebd., Nr. 113.
  4. Ebd., Nr. 112.

Zitierhinweis:
DIO 4, Kloster Mariental, Nr. 43 (Sabine Wehking und Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio004g002k0004301.