Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 314 Kürnbach, ev. Pfarrkirche St. Michael 1598

Beschreibung

Grabdenkmal des Ehepaares Bernhard II. von Sternenfels und Maria Agatha geb. von Weitershausen. Innen, an der südöstlichen Triumphbogenwand. Monumentale Doppel-Aedikula aus gelbem Sandstein; im Hauptgeschoß die fast vollrunden Standfiguren der Verstorbenen vor Flachnischen; auf den Rahmenpilastern jeweils achtfache Ahnenprobe mit Beischriften; als Bekrönung kleine Aedikula mit Relief des Weltgerichts und Überschrift (A), flankiert von den Sitzfiguren der Evangelisten Matthäus und Markus und zwei Wappen-Medaillons; die Aedikula und die Medaillons tragen eine dreifigurige Kreuzigung; in der Gebälkzone nebeneinander Reliefs (l. Auferstehung, r. Himmelfahrt) mit Unterschriften (B1, B2); in der zweiteiligen Sockelzone die Grabschriften (C1, C2), diesen zugeordnet darunter an der Konsole Bibelsprüche (D1, D2). Reste farbiger Fassung, Inschriften schwarz nachgezogen.

Maße: H. ca. 500, B. 264, Bu. 1,8 (C), 1,4 (D), ca. 1,4 (A, B).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, C), Inschriften-Fraktur (D).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/10]

  1. A

    ICH WIL IHNE VFFERWECKEN AM / IVNGSTEN TAG · IOAN : 4 ·1) /

  2. B1

    ER IST VFFERSTANDE(N) · VNS ZVR GERECHTIGKEIT · RÖM: 4 ·2) /

  3. B2

    ER IST IN DIE HÖHE GEFAHREN · VND HAT DAS GEFENGK/NVS GEFANGEN · GENOMEN · EPH: 4 ·3) /

  4. C1

    ALS MAN ZALT · M · D · XCVIII · DEN · X · IANVARII · IST · / IN RECHTER ERKANTNVS CHRISTI SELIGLICH ENTSCHLAF=/FEN · DER EDEL VND VEST BERNHARD VON STERNEN=/FELS · ZV KV̈RNBACH · DESSEN LEVCHNAM GOTT VMB / CHRISTI IHESV WILLEN · EIN FRÖLICHE VFFERSTEH=/VNG VERLEIHE · AMEN ·a) / WAb) ICH BIN · DA SOLL MEIN DIENER AVCH SEIN · IOAN: 12 ·4) /

  5. C2

    IM IAR CHRISTI 〈 〉 · DEN 〈 〉 · IST IN / WAREM GLAVBEN · VND CHRISTLICHER GEDVLLT · IHREM IVNCK=/ERN SELIGEN · DVRCH EIN SELIGEN ABSCHIED AVS DISEN ELEND · / NACHGEFOLGET · DIE EDEL VND EHRN TVGENTSAM FRAVW · / MARIA AGATHA VON STERNENFELS · GEBORNE VON WEIT/TERSHAVSEN · GOTT GEB IHR VMB CHRISTI WILLEN EIN / SIGREICHE VFFERSTEHVNG · AMENa) · / DER HERR TÖDET VND MACHT LEBENDIG · I · SAM : 2 ·5) /

  6. D1

    Unser keiner lebt Ihm selber · vnd keiner stirbt im selber · leben / wir · so leben wir dem Herrn · sterben wir · so sterben wir dem / Herrn · darumb wir leben oder sterben · so sind wir deß / Herrn · Dann darzu ist Christus auch gestorben · vnd / aufferstanden · vnd wider lebendig worden · das er / v̈ber Todt · vnd lebendige Herr seÿ · ROM: XIIII ·6) /

  7. D2

    Daß weiß ich fürwar · wer Gott dienet, der wirdt nach / der Anfechtung getrost · vnd auß der trübsal erlöset · / vnd nach der Züchtigung · findet er gnad · Dan(n) du / hast nicht lust an vnserm verderben; nach dem / heulen vnd weinen · überschüttestu vns mit fraü/den · deinem Namen sei Ewiglich / lob vnd Ehr du Gott Israel · / Tob. 3 ·7) /

 
Wappen:
Sternenfels; Weitershausen.
       
Wappen mit Beischriften:
Sternenfelß./ HOFWARD / VON KIRCHE(N)/ WEITERS/HAVSEN./ Lemlen./
Angelloch./ ROSEN/BERG./ ITZLING/EN./ Bägel.9a)/
Notthafft./ RV̈DERN9)/ SCHABEN/ Bach./
Gemmingen.8)/ HOCHEN/BERG./ VAVT VON / REINECK./ Bernhaußen/

Kommentar Bernhard, ältester Sohn des Philipp von Sternenfels (gest. 1556) und der Ursula geb. Hofwart von Kirchheim (gest. 1552)10, ist zwischen 1556 und 1562 mündig geworden, wird also um 1545 geboren sein11. Er stand in württembergischen Diensten und begleitete Herzog Friedrich 1582 als Truchseß auf den Augsburger Reichstag12. Da seine Ehe mit Maria Agatha von Weitershausen (gest. 1602)13 kinderlos blieb, starb mit Bernhard die Kürnbacher Linie der Familie aus. Das Denkmal der Eheleute ist eines der bedeutendsten Zeugnisse der Renaissance-Bildhauerkunst im Bearbeitungsgebiet. Da es 1601 ein hölzernes Schutzgitter erhielt, kann dieser Zeitpunkt als terminus ante quem für die Aufstellung gelten14. Daß das Denkmal zu Lebzeiten der Ehefrau in Auftrag gegeben wurde, geht auch aus den nicht ausgeführten Todesdaten Maria Agathas hervor. Die Zuschreibung an Jakob Müller von Heilbronn hält einer Überprüfung von dessen gesicherten Werken nicht stand15. Nahezu identisch in Aufbau und Ausführung ist das Grabdenkmal des Ehepaares Johann Pleikart von Gemmingen (gest. 1603) und Maria von Freyberg in Neuhausen (Enzkreis). Beide Denkmäler sind eng verwandt mit der in den 1580er Jahren einsetzenden Werkgruppe großer Prunkepitaphien aus der in Leonberg und Heidelberg tätigen Werkstatt des Jeremias Schwarz16. Das Kürnbacher Denkmal bezeugt, daß Schwarz in den Werken seiner Reifezeit zunehmend die Inschriften-Fraktur in der in D1 und D2 verwendeten Form mit reich ausgezierten Versalien bevorzugte, während die „Werkgruppe der 1570er Jahre“ ausnahmslos Kapitalis-Inschriften zeigt17.

Textkritischer Apparat

  1. Zeile zu beiden Seiten eingerückt.
  2. So für „wo“.

Anmerkungen

  1. 1.Joh. 6, 40.
  2. 2.Röm. 4, 25.
  3. 3.Eph. 4, 8.
  4. 4.Joh. 12, 26.
  5. 5.1. Sam. 2, 6.
  6. 6.Röm. 14, 7–9.
  7. 7.Tob. 3, 22–23.
  8. 8.Die Beischrift müßte „Massenbach“ heißen, denn Eberhards Ururgroßmutter väterlicherseits war Anna von Massenbach; vgl. Becker, Kürnbach 24 Anm. 4. Die Schildbilder der Massenbach und Gemmingen sind gleich.
  9. 9.Die Beischriften der Wappen Riedern und Hohenberg sind vertauscht.
  10. 9a.So für Broglin; Nachweis s. nr. 257.
  11. 10.Vgl. nr. 200.
  12. 11.Zur Person Bernhards vgl. E. Becker, in: ZGO NF. 20 (1905) 389ff.; Becker, Kürnbach 46f., 63ff.
  13. 12.Pfeilsticker nr. 1374, 1579.
  14. 13.Das aus Weitershausen (Kr. Marburg/Lahn) stammende Geschlecht war in Württemberg begütert; vgl. Alberti II 1036. – Eltern der Verstorbenen: Ulrich von Weitershausen gen. Richwin, württembergischer Forstmeister zu Neuenstadt a. K. (1543–52) und am Stromberg (1552–60), und Anna geb. Lemblin von Horkheim (gest. 1576); ihr Grabmal in Hohenhaslach (Gem. Sachsenheim, Kr. Ludwigsburg) erhalten. – Weitere auf Bernhard bezügliche Inschriftendenkmäler sind nr. 278 sowie ein Gedenkstein (Grenzstein?) von 1581–84 in Zaberfeld (Kr. Heilbronn).
  15. 14.Becker, Kürnbach 47, Anm. 6.
  16. 15.Zuerst bei v. Rauch a. a. O.; danach Zipperlen a. a. O.; Benz a. a. O.; Fleischhauer a. a. O. – Dagegen: Thieme-Becker 25 (1931) 232.
  17. 16.KdmBaden IX 7, 158f. u. Abb. 102. – Weitere Werke dieser Schaffensphase im Bearbeitungsgebiet: nrr. 339, 352. Zu Schwarz zuletzt zusammenfassend: Fleischhauer, Renaissance 148ff., 358ff. Zu den Heidelberger Arbeiten des Meisters, die das Bindeglied zwischen dem Frühwerk und seinem Stil der Reifezeit bilden, vgl. Einleitung S. XXVIf.
  18. 17.Im Bearbeitungsgebiet vgl. nrr. 255, 256, 267, 270, 271.

Nachweise

  1. KdmHessen A. Prov. Starkenburg, Kr. Wimpfen 313ff., Abb. 185.
  2. KdmBaden IX 1, 92ff., Taf. V, VI.
  3. Klunzinger II 217.
  4. Feigenbutz, Kraichgau 151.
  5. M. v. Rauch, in: WürttembVierteljahreshefte NF. 14 (1905) 94.
  6. Pfaff, Heidelberg 360.
  7. E. Zipperlen, in: Ludwigsb. Geschichtsbll. 16 (1964) 65.
  8. K. Benz, in: Kraichgau 2 (1970) 20.
  9. Fleischhauer, Renaissance 361.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 314 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0031402.