Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 227† Menzingen (Stadt Kraichtal), Unteres Schloß 1565

Beschreibung

Fragment eines Grabdenkmals (?) des Peter von Menzingen. Ehemals im Hof am Südflügel, über dem Eingang zum Treppenturm eingelassen. Im zweiten Weltkrieg zerstört. Zitat der Inschrift und Beschreibung nach alter Photographie1. Querrechteckige Sandsteintafel mit siebenzeiliger Inschrift; seitlich Rollwerkrahmen, eingefaßt von Pilasterstümpfen mit je einem Wappen mit Helmzier.

Maße: B. ca. 120 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. ALS · MAN · ZALT · NACH · CHRISTI · VNSERS / HERN · VND · SELLIGMACHERS · GEBVRT · / · 1 5 6 5 · DEN · 31 · TAG · IENNER · IST · / · DER · EDEL · VND · ERNVEST · PETER · VON · / MENCZINGEN · IM · HERN · ENTSCHLOFFEN / DEM · GOTT · VND · VNS · ALLEN · EIN · FROLICHE · / AVFFERSTEHVNG · VERLEYHEN · WOLLE · A · /

Wappen:
Menzingen, Göler von Ravensburg.

Kommentar

Peter von Menzingen, Sohn des Philipp (gest. 1525) und der Anna Göler von Ravensburg, heiratete 1536 Margaretha von Gemmingen (gest. 1550)2. Als tatkräftiger Anhänger der evangelischen Lehre berief er 1530 den lutherischen Pfarrer Matthäus Kochhafe (Chytraeus) nach Menzingen; dessen Sohn, der Theologe und Gelehrte David Chytraeus (1531–1600), bezeichnete Peter von Menzingen als seinen Mäzen und widmete ihm mehrere seiner Schriften3. 1551 ging Peter mit Ottilia von Rossau eine zweite Ehe ein. Mehrere Inschriften zeugen von den Bauunternhemungen des Paares4. Die Menzinger Dorfordnung von 1546 geht auf Peter zurück.

Die vorliegende Inschrift folgt dem im 16. Jahrhundert üblichen Grabmal-Formular und ist wohl als Fragment eines größeren Denkmals anzusprechen, wobei eine Anbringung in der Sockelzone oder im Architrav einer Aedikula denkbar wäre. Rott bezeugte 1913 das Vorhandensein mehrerer Architekturfragmente5; möglicherweise stammten diese von dem gleichen Renaissance-Epitaph. Wahrscheinlich ist dieses beim Abbruch der alten Kirche 1844 zusammen mit dem Stiftergrabmal (?) des Eberhard d. Ä. von Menzingen (gest. 1387)6 in das Untere Schloß gelangt. Die sorgfältige Ausführung von Schrift und Wappen lassen auf ein bedeutendes Denkmal schließen.

Anmerkungen

  1. Photoarchiv des Staatl. Denkmalamtes, Außenstelle Karlsruhe.
  2. Zur Genealogie vgl. Möller AF. III Taf. 129.
  3. Kochhafe, 1525–30 Pfarrer in Ingelfingen (Hohenlohe-Kreis), amtierte bis zu seinem Tod 1559 in Menzingen. Die 1555 zu Ehren Peters von Menzingen von David Chytraeus verfaßte „Oratio sive descriptio regionis Creichgoviae ad Neccarum“ enthält eine Lobrede, ein literarisches Epitaph auf den Tod von Peters erster Gemahlin und ein Gedicht auf den Schwan in der Helmzier des Menzinger Wappens; deutsche Fassung bei Becher, Chytraeus 90ff., 150ff. – Zur Person des David Chytraeus vgl. ADB 4 (1876, Neudruck 1968) 254ff.; NDB 3 (1957) 254; Becher a. a. O. 1ff.; zuletzt W. Thüringer, in: Kraichgau 6 (1979) 161–173.
  4. Vgl. nrr. 235, 244, ferner nr. 175.
  5. KdmBaden IX 1, 109: Säulen mit Widder- und Löwenköpfen, ein Architrav mit Relief-Medaillon, seitlich Jungfrauen mit Fruchtgehänge.
  6. Vgl. nr. 26, Anm. 1.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 1, 109.
  2. Bienwald, Menzingen 29.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 227† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0022704.