Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 176† Bruchsal, kath. Stadtkirche U. L. Frau 1530/40

Beschreibung

Gedenkinschrift auf die Gründung des Benediktinerklosters Odenheim und seine Verlegung nach Bruchsal. Ehemals im Chor auf der Nordseite. Material Messingguß. Verschollen. Wortlaut überliefert durch Reinhard v. Gemmingen (1631).

  1. Fundator Ecclesiae Archi-Episcopus Trevirensis, comes a Lauffen struxit, dotavit Cellam prope Villam Odenhaim Diocesis Spirensis in pago Craichgoviae pro fratribus Deo servientibus de bonis paternis consensu fratris Bopponis dictam Weigelsberg Anno Christi 1082. Armis posteris Advocatiae cessantibus Anno Christi 1206 Abbas assumpsit Romanum Imperium pro Advocato, collato sibi statu sine medio consistentia) sub Imperio. Anno Christi 1494 Monachalis habitus exuitur, secularis induitur, Abbas praepositus, Conventus Capitulum creatur. Anno 1507 de loco transfertur ad Bruchsal causis ordinarium necessitantibusb).

Übersetzung:

Der Gründer der Kirche, der Erzbischof von Trier, Graf von Lauffen, stiftete und beschenkte aus vom Vater ererbten Gütern und mit Zustimmung seines Bruders Boppo das Kloster, welches nahe bei dem Ort Odenheim in der Speyerer Diözese im Kraichgau gelegen und Weigelsberg genannt war, im Jahre 1082 für Brüder, die Gott dienen wollten. Als die Nachfahren der Schutzherrschaft durch Kriegswirren ausstarben, nahm der Abt im Jahre 1206 das Römische Reich als Vogt an, nachdem ihm die Reichsunmittelbarkeit verliehen worden war. Im Jahr Christi 1494 hatte das klösterliche Leben ein Ende, der weltliche Stand wurde eingeführt, der Abt wurde zum Propst und der Konvent zum Kapitel gemacht. Im Jahr 1507 wurde das Stift, da die Umstände den Vorgesetzten dazu drängten, von seinem Platz in die Stadt Bruchsal verlegt.

Kommentar

Der Text enthält eine kurze Zusammenfassung der Geschichte des Benediktinerklosters Odenheim – ursprünglich Wigoldesberc bei Odenheim – bis zu seiner Verlegung nach Bruchsal1. Das Gründungsjahr wird hier mit dem Jahr 1082 angegeben, während die neuere Literatur die Anfänge des Klosters in der Zeit zwischen 1110 und 1118 vermutet. Obwohl die Gründer auf Eigengut beide namentlich überliefert sind, wird der Erzbischof Bruno von Trier (1102–1124) nicht mit seinem Namen genannt2. Die Vogteirechte fielen nach Aussterben der Grafen von Lauffen 1219 an den Kaiser; entgegen der urkundlichen Überlieferung wird im Text das Jahr 1206 genannt3. Die Ereignisse von 1494 und 1507 werden im Einklang mit den Schriftquellen geschildert4. Eine ähnlich referierende Gedenktafel ist in kopialer Überlieferung als Bauinschrift für Schloß Rotenberg bei Wiesloch bekannt5. Als Zeitansatz dürfte das dritte oder vierte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts in Frage kommen.

Textkritischer Apparat

  1. Bei Lampadius und Mone: „subsistenti“.
  2. Ebd. „necessantibus“.

Anmerkungen

  1. H. Schwarzmaier, in: Germania Benedictina V 464–471 (mit ausf. Literaturangaben); die vorliegende Inschrift ist nicht berücksichtigt.
  2. In der Überlieferung könnte eine erste Zeile versehentlich ausgelassen worden sein. – Die älteste, das Kloster betreffende Königsurkunde König Heinrichs V. von 1123 März 5; vgl. Wirtembergisches Urkundenbuch. Stuttgart 1849, Bd. I 350; Remling I 358.
  3. Remling, Urkundenbuch I 151; Krieger II 407. – Der letzte Graf von Laufen, Poppo (V.) starb zwischen 1212 und 1219: H. Bauer, Die Grafen von Laufen, in: Wirtembergisch Franken Bd. 7 (1867) 471.
  4. Remling, Urkundenbuch II 431; Krieger II 405; vgl. auch nr. 94.
  5. DI. XII (Heidelberg) nr. 252.

Nachweise

  1. R. von Gemmingen (1631), fol. 384.
  2. J. Lampadius (E. J. Leichtlen), Beitr. z. Vaterlandsgeschichte. Heidelberg 1811, 88.
  3. Karlsruhe GLA Hs. N Mone 59 fol. 72f.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 176† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0017602.