Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 166† Gottesau (Stadt Karlsruhe), ehem. Benediktiner-Abteikirche St. Maria 1533

Beschreibung

Epitaph des Wormser Bischofs Reinhard von Rüppurr1. Ehemals vermutlich in der Familiengruft der Rüppurr. Durch eine 1717 datierte Zeichnung als Rechteckplatte mit Wappenkartusche und Inschriftblock überliefert.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe [1/1]

  1. ANNO DOMINIC(AE) NATIV(ITATIS) MDXXXIII / XIX APRILIS MORTVVS EST D(OMINVS) / REINHARDVS DE RIET/BVRG EPISC(OPVS) WORMAT(IENSIS) / VIR EGREGIAE PIETAT(IS) VIXIT L(XXV) ANNOS · / PIAE EIVS MEMORIAE / MONVMENTVM POSVERE / NEPOTES /

Übersetzung:

Im Jahr (nach) der Geburt des Herrn 1533, am 19. April, ist Herr Reinhard von Rüppurr, Bischof von Worms, gestorben. Er war ein Mann von hervorragender Frömmigkeit und lebte 75 Jahre. Zu seinem frommen Gedächtnis setzten ihm die Neffen dieses Denkmal.

 
Wappen:
(geviert) 1 u. 4 vierspeichiges Rad (Bistum Mainz?), 2 u. 3 Bistum Worms; im Herzschild Bistum Speyer.
     
Ahnenwappen:
Vogel n. r. (Helmstatt, Göler Schrägrechtsbalken
v. Ravensburg oder Menzingen ?) / (Weiler ?) /
Adler (?) / Turm (Hardheim ?) /

Kommentar Der Verstorbene wurde 1479 als Wormser Domherr an der Heidelberger Universität inskribiert und 1503 als Nachfolger des Johann von Dalberg zum Bischof gewählt2. Da er schon vor seiner Wahl eine entschieden gegen die Stadt Worms gerichtete Position eingenommen hatte, verweigerte man ihm den Eintritt. Seine Parteinahme für Kurfürst Philipp von der Pfalz im pfalz-bayerischen Erbfolgekrieg 1503/1507 trug ihm die Reichsacht und Gegnerschaft Kaiser Maximilians ein. Seine Rehabilitierung erfolgte erst 1520. Durch den Kampf um seine bischöflichen Herrschaftsrechte aufgerieben, resignierte Reinhard 1523 und verbrachte das letzte Jahrzehnt im bischöflichen Sommersitz Dirmstein, in Kloster Ramsen b. Grünstadt und in seinem Stammsitz Rüppurr, wo er 1533 starb. Reinhard wurde im Wormser Dom beigesetzt, erhielt jedoch in Rüppurr ein Herzgrab und in Schloß Obermönsheim (Enzkreis) einen Gedenkstein3. Da sich die Famliengruft der Rüppurr in der Klosterkirche Gottesau befand, wurde ihm hier das vorliegende Epitaph errichtet. Beim Umbau der Klostergebäude in das markgräfliche Jagdschloß 1588/91 sind mit der Kirche auch die Denkmäler vernichtet worden4. Das Epitaph ist 1717 bei Bauarbeiten auf dem Gelände des ehemaligen Klosters wiederentdeckt und abgezeichnet worden5; es ist seither verschollen. Die Wappenkombination des Epitaphs ist entweder vom Zeichner falsch wiedergegeben oder nicht zur Inschrift gehörig. Zwar handelt es sich um ein Bischofswappen, jedoch offensichtlich nicht um das des Reinhard, denn das Familienwappen Rüppurr ist weder im Feld 1 und 4 des gevierten Schildes, noch als Ahnenwappen vorhanden6.

Anmerkungen

  1. Heutige Schreibung des zu Karlsruhe eingemeindeten Stammortes; Schreibungsvarianten bei Krieger II 696. Das Geschlecht trägt den Beinamen Pfau; der Vorname Reinhard ist ein Leitname der Familie.
  2. Toepke I 359. – Biographische Daten bei Schannat I 423ff.; E. Schulz, in: Festschrift 200 Jahre Nikolauskirche Karlsruhe-Rüppurr. Karlsruhe-Rüppurr 1976, 21ff.
  3. Vgl. die folgende nr. 167, ferner OABLeonberg 1930, 929. – Da der badische Haushofmeister Batt von Rüppurr erst 1584 mit dem Schloß belehnt wurde, kann der Gedenkstein erst zu dieser Zeit entstanden sein.
  4. Vgl. dazu nr. 11 Anm. 7.
  5. Einzige Quelle: Schreiben des Schloßbaumeisters J. F. von Batzendorf 1717 Sept. 16; beigefügt sind zwei Federzeichnungen; vgl. Karlsruhe GLA 229/33112. Die andere Zeichnung bezieht sich auf nr. 58.
  6. Gegen die Zusammengehörigkeit von Wappen und Inschrift spricht die Bildung der Kartusche mit einer voll entwickelten Rollwerkrahmung, wie sie um 1533 stilistisch noch nicht denkbar ist.

Nachweise

  1. Karlsruhe GLA Abt. 229/33112.
  2. Leichtlen, Gottesau 79.
  3. G. Rommel, in: So weit der Turmberg grüßt 8 (1956) Nr. 6, 79.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 166† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0016606.