Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)
Nr. 34 Gottesau (Stadt Karlsruhe), Schloß vor 1436 (?)
Beschreibung
Grabstein-Fragmente, vermutlich zusammengehörig und als Grabstein eines Abtes Werner (?) zu ergänzen. Ehemals im Bereich der Benediktiner-Klosterkirche; 1979 im Nordteil des Schlosses im Auffüllschutt und als Teil einer Treppenanlage aufgefunden1. Sechs Bruchstücke aus rotem Sandstein mit Fragmenten einer Umschriftleiste; die Ausschnitte des Mittelfeldes erlauben es, eine in Ritzzeichnung und Flachrelief ausgeführte Standfigur eines Abtes unter Baldachin (Dreipaßbogen) anzunehmen; Mittelteil der Figur und Eckstück r. o. fehlen. Plattenstärke heute unterschiedlich, da die Platte unter Gewaltanwendung zerbrach und der Sandstein in einzelnen Lagen absplitterte. Nirgends nahtloser Anschluß.
Maße: H. ca. 195–220, B. ca. 100–120, Bu. 6–7 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
+ anno · d[omini] . . . . . . . . . . / . . . . /// · in · di[e] /// [sancti (?)a) panta]leonis . . . . ./ . . . . . .b) /// · o(biit) · ven[e] /// rab(ilis) · pat(er) · / et · d(omi)n(u)s · w[. . . . . .]c) /// abbas · /// h(uius) · loci · /
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn . . . . . . . . . . am Tag des (hl.) Pantaleon (oder: am Tag der hll. Pantaleon und Nazarius) starb der ehrwürdige Vater und Herr W. . . . . . . (einstmals?) Abt (an) diesem Ort.
Datum: 28. Juli (?).
Textkritischer Apparat
- Sinngemäße Ergänzung.
- Die Nennung des hl. Pantaleon bezeichnet den 28. Juli als Todestag. Da sehr oft mit Pantaleon der hl. Nazarius – zuweilen auch die hll. Nazarius und Celsus – vereint wird, könnte die ausgedehnte Fehlstelle vielleicht ergänzt werden: in die (sanctorum) pantaleonis (et nazarii) …
- Erster Buchstabe w eindeutig, in der Wortmitte vier kurze Hasten, das Wortende ausgebrochen. Die Lesung w(ernerus) würde zum Befund passen. Darauf folgte vielleicht quondam.
Anmerkungen
- Grabungsbericht im Staatl. Amt für Denkmalpflege, Außenstelle Karlsruhe. Fundort: kryptenartiger Raum (Kapelle?), in dessen Estrich in Zweitverwendung weitere Grabmäler eingelassen waren (nrr. 11, 81, 146, 160). Die Fragmente des hier versuchsweise rekonstruierten Grabsteins lagen im Gemenge einer wohl erst im 18. oder 19. Jahrhundert eingebrachten, ca. 150 cm hohen Auffüllschicht; das größte Fragment (Inschrift: . .rab(ilis) · pat(er) / et · d(omi)n(u)s · w. . . . . .) war in eine dreistufige Treppe ebd. als Stufe vermauert. Da keine weiteren Grabsteinfragmente zutage kamen, die vorliegenden Bruchstücke nach entsprechender Gruppierung eine sinnvolle Grabschrift ergeben und die Inschriftleisten sowohl hinsichtlich ihrer Abmessungen als auch ihres Schriftcharakters zusammenpassen, ist wahrscheinlich, daß alle Fragmente ehemals zu einem einzigen Grabstein gehörten.
- Schwarzmaier, in: Germania Benedictina V 258.
- Spuren einer Füllmasse (Blei? Füllpaste?) sind nicht vorhanden. Worttrennung durch Paragraphenpunkte.
Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 34 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0003409.
Kommentar
Da keine Abtsliste des Klosters erhalten ist, ist die Zuordnung des Denkmals fraglich. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind zwei Äbte mit dem Vornamen Werner belegt für die Jahre 1412–25 und 1426–36; ihre Todesdaten sind nicht bekannt2. Da 1436–46 ein Abt namens Johannes vorkommt, wäre der Grabstein spätestens 1436 anzusetzen, was zur Ausführung der Figur passen würde.
Auch die Schrift weist auf eine Entstehung im ersten Drittel des Jahrhunderts. Die Buchstaben sind breit und offen gebildet; Versalien kommen nicht vor. Die technische Ausführung ist ungewöhnlich: die vom Meißel eingetiefte Kerbe ist nicht v-förmig im Querschnitt, wie sonst im Bearbeitungsgebiet üblich, sondern rechteckig bzw. quadratisch3.