Inschriftenkatalog: Großkreis Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

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DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 1† Sulzfeld, alte Pfarrkirche1 1209 oder n. 1289?

Beschreibung

Grabstein des Ravanus (Raban) Göler von Ravensburg. Um 1900 angeblich noch vorhanden; abgegangen. Gestaltung unbekannt. Inschrift zitiert nach Pfefferle.

  1. Ravanus dictus Goler miles v.a) Ravensburg sepultus fuit hic in assumptione Mariae anno domini milesimo duocentesimo nonob).

Übersetzung:

Ravanus genannt Goler, Ritter von Ravensburg, wurde hier begraben an Mariae Himmelfahrt im Jahr des Herrn 1209.

Datum: 15. August.

Kommentar

Die Inschrift ist nur durch Pfefferle überliefert, der den Stein noch gesehen haben will. Der Wortlaut erweckt Mißtrauen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Lesung. Miles v. Ravensburg muß mit Sicherheit durch miles a (oder: de) Ravensburg ersetzt werden. Auch die Richtigkeit der Jahreszahl muß angezweifelt werden, denn die Identifizierung des Verstorbenen ist mit der urkundlichen Überlieferung nur schwer in Einklang zu bringen. Der Vorname Ravanus (Raveno, Raven, Raban) kommt zwar in der Frühzeit der stammverwandten Geschlechter der Göler von Ravensburg, Menzingen und Helmstatt häufig vor2, jedoch ist der erste Träger des Namens „Rabeno dictus Goler de Rabinsberg“ erst 1284–89 nachweisbar3. Der Beiname „Göler“ (Goler, Golere) ist urkundlich erst ab 1247 belegt4. Will man die vorliegende Inschrift nicht auf einen älteren Träger des Namens Ravanus beziehen, der schon vor 1209 den Beinamen „Göler“ führte, bietet sich am ehesten die Identifizierung mit dem schon erwähnten „Rabeno dictus Goler“ an5. Er wird als „advocatus provincialis“ (Landvogt) in Wimpfen bezeichnet6; sein Todesjahr ist nicht bekannt.

Vermutlich ist in der vorliegenden Inschrift die Angabe des Todesjahres unvollständig überliefert. Denkbar wären die Ergänzungen milesimo duocentesimo (octogesimo) nono (1289) oder milesimo duocentesimo non(agesimo…) (1290ff.), womit die Grabschrift mit der letzten urkundlichen Erwähnung des Ravanus im Jahr 1289 in Einklang zu bringen wäre7. Trotz der nicht einwandfreien Überlieferung ist der vorliegende Grabstein als der älteste nachweisbare Adelsgrabstein im Bearbeitungsgebiet bemerkenswert8.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Das Formular ist in dieser Wortabfolge ungewöhnlich; wahrscheinlich ist, daß die Angabe des Todesjahres am Anfang stand und die Inschrift mit anno domini … begann.

Anmerkungen

  1. Patrozinium nicht mehr auffindbar; um 1350 unter dem Patronat des Speyerer Domstifts, aber mit Sicherheit älter, wofür u. a. auch der vorliegende Grabstein zeugt. Zur Baugeschichte vgl. KdmBaden VIII 1, 194f.
  2. Über „Ravan von Wimpfen“, genannt 1190, und über seinen Sohn Raban von Ravensburg vgl. Möller AF. III 277ff.; F. Gehrig, in: Kraichgau 2 (1970) 174f.
  3. Krieger II 529; Möller AF. III 277ff. u. Taf. 128; W. Möller, in: Der Deutsche Herold 63 (1932) 3–5; Gehrig a. a. O. 175; R. Göler v. Ravensburg 8ff. u. Taf. I.
  4. „Bertholdus miles dictus Golere de Raphensberg“ (Berthold I), nachweisbar 1247, 1248, 1251; vgl. Krieger II 529; Möller AF. III 279 u. Taf. 128; Gehrig a. a. O. 179; Nachweise außer bei Krieger in: ZGO AF. 1 (1850) 123, 226; 6 (1855) 448f.
  5. Sohn des Berthold I. Göler und der Adelheid, Tochter des Heinrich von Germersheim gen. Schiverstein; vgl. Krieger II 529; Busch-Glasschröder 584 Anm. 1.
  6. Vgl. Anm. 3.
  7. Gehrig (a. a. O. 179), der sich als einziger mit der vorliegenden Inschrift auseinandergesetzt hat, schlägt vor, statt duocentesimo das Wort trecentesimo einzusetzen, womit das Sterbedatum in das Jahr 1309 gerückt würde.
  8. Zu den ältesten Beispielen am nördlichen Oberrhein vgl. Einleitung S. XX.

Nachweise

  1. Pfefferle, Sulzfeld 9.
  2. F. Gehrig, Der Rabe als Wappen. In: Kraichgau 26 (1970) 179.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 1† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0000100.