Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 396† Weingarten, kath. Pfarrkirche St. Remigius 1628

Beschreibung

Bauinschrift, ehemals an einem Eckquader der alten Pfarrkirche1, vermutlich am Chor. Überliefert durch eine Abschrift des 18. Jahrhunderts, die wahrscheinlich kurz vor dem – zwischen 1754 und 1758 durchgeführten – Abbruch des Chores und des alten Chorturms entstand2. Am Schluß der Inschrift die mit den Steinmetzzeichen nrr. 29, 30 verbundenen Monogramme der in der Inschrift genannten Baumeister. Zitiert nach KdmBaden IX 5, 210.

Schriftart(en): Kapitalis (?).

  1. HVNDERT ZWANZIG ACHT IARa) / DISER COHR DVRCH DISE BEEDE / STEINMEZEN SOFFEL ZELL=/ERN VON GRÖZINGEN VND / HANS WEISSEN ZV BERGHAVSEN / GEBAVWET VND GEMACH / WAR / (ZVR) ZEIT TEVTSCHMEISTER / HER JOHANN CASPAR VON STADION / (DER)ZEIT HAVSCOM(M)ENTHVR / ZV HORRNECK / HER AVGVSTIN OSWALD VON LIECHTENSTEIN O(RDINIS) T(HEUTONICORUM)b) / . . . AMPTMANN VF STOXBERG · SEBASTIAN MAIERHÖFER · DER ZEIT TEVTSCHERISCHER PFLEGER ALLHIE ZV WEINGARTEN / JOHANN PHILIPP: MOHR · VON KÜRNBACH · / DIESES HABE ICH DER PFLEGER MIT AIGEN HANDEN GESCHRIEBEN / GEBEN DEN 20/30 NOVE(M)B(RIS) / ANNO 1628 · / S (Steinmetzzeichen nr. 30) Z H (Steinmetzzeichen nr. 29) W /

Kommentar

Die Kirche wurde 1441 der Deutschordenskommende Weinheim inkorporiert3; schon 1427 und 1428 ist ein Ordenspfarrer in Weingarten nachweisbar4. Deshalb hatte der Deutsche Orden die Baupflicht für den wahrscheinlich nach den Verwüstungen der Schlacht bei Wimpfen 1622 notwendig gewordenen Chorneubau wahrzunehmen5. Der Steinmetz Soffel (Stoffel, Christoph) Zeller von Grötzingen ist auch in seinem Herkunftsort nachweisbar6. Der Bauherr ist Johann Caspar von Stadion, 1627–41 Deutschmeister7. Ferner überliefert die Inschrift die Namen des auf Schloß Horneck b. Gundelsheim (Kr. Heilbronn) residierenden Hauskomthurs der Ballei Franken, Augustin Oswald von Liechtenstein8, des Amtmanns auf dem Deutschordensschloß Stocksberg b. Stockheim (Gem. Brackenheim, Kr. Heilbronn), Sebastian Maierhöfer, und des zu Weingarten amtierenden Pflegers, Johann Philipp Mohr aus Kürnbach. Letzerer bezeichnet sich mit urkundlicher Formel als Urheber der Bauinschrift. – Das Wappen des Deutschmeisters ist auf einem Gewölbeschlußstein erhalten, der als Spolie über dem Nordportal des Neubaues von 1896 eingelassen wurde.

Textkritischer Apparat

  1. Die Jahreszahl ist unvollständig; offenbar fehlt die erste Zeile.
  2. Epigraphische Kürzung: T und kleines O mit Endungskürzung, ligiert.

Anmerkungen

  1. Zur Baugeschichte vgl. KdmBaden IX 5, 209f. – Die um 1280 erstmals erwähnte Chorturmkirche mit spätgotischem Westturm erhielt 1628 einen neuen, gewölbten Chor; auf diesen Bauteil bezieht sich die vorliegende Inschrift.
  2. Chor und Chorturm wurden 1758ff. durch einen Neubau ersetzt. Der gesamte Altbau mußte den Neubauten der heutigen beiden Pfarrkirchen (kath. 1896/98, ev. 1902/04) weichen.
  3. AmtlKreisbeschreibung 133.
  4. Krieger II 1392f.
  5. Urkunde über die Bauverhandlungen, datiert 1628 Nov. 20/30, im kath. Pfarrarchiv Weingarten erhalten; vgl. ZGO 20 (1905)m 125. – Zur Organisation der Bauverwaltung innerhalb des Deutschen Ordens vgl. RDK III 1312ff.; Quellen u. Studien z. Geschichte d. Deutschen Ordens 3 : Bibliographie d. Deutschen Ordens bis 1959. Bonn-Godesberg 1975, 179ff. (Ballei Franken).
  6. Vgl. nr. 397.
  7. Zur Person vgl. Voigt II 327ff.; H. H. Hofmann, Der Staat des Deutschmeisters. München 1964, 252ff., 386; Quellen u. Studien a. a. O. (Anm. 5), Bd. 3, S. 164 nrr. 2694ff.
  8. Verstorben 1663; zur Person vgl. Hofmann a. a. O. 254, 265f., 268.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 5, 210.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 396† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0039603.