Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 153 Blankenloch (Gem. Stutensee), ev. Pfarrkirche St. Michael 1521

Beschreibung

Bleiplatte mit Grundsteinlegungsinschrift. Aufgefunden 1974 im Verlauf der Renovierungsarbeiten des Langhauses im Fundamentbereich der ehemaligen Südwand des spätgotischen Vorgängerbaues1; heute im Besitz des ev. Pfarramts Blankenloch. Annähernd rechteckige Bleiplatte mit elfzeiliger Ritz-Inschrift.

Maße: H. 13,7, B. 24–25, Stärke ca. 0,2 cm.

Schriftart(en): Spätgotische Buchkursive.

  1. Anno domini Tusent fünffhundert vnd im Ein vnd zwemtzigsten Jar / vff den drytten tag des mertzen vff Sontag Oculi der dr yst In der fasten / da der durch(lau)chtigst hochgeborn furst vnd her her phillps margraff zw / Bader regirer des fürstentüms gewest ist Vmb ein vr hat meister hans / Essig Steinmetz den ersten Stein geleyt In bysyn vnd hylff der wirdigen herre(n) / Her Bernhartt fischer von Pfortzhem ein Pferher zw Blanckenlach Her Jacob / appfelmus Pferher zu Sperk Her Bartolome ein Capelon von Wingartten vnd / Her Benedict von Knielingen ein frumesser zu Blanckenlach Auch In Bysin vnd mitt / hylff der Ersamen Niclauß sturm keller zu Wingartten Vnd adam n von Wingartten / Auch hans Pfadhucher Schultheys Langhanssen Claus Jergt Greber Endris maler / Schmidt hans all samentt richter zu Blanckenlach vnd Stirnn henirich · /

Kommentar

Die Platte diente ursprünglich als Abdeckung einer quadratischen Eintiefung in einem Quader aus rotem Sandstein, dem eigentlichen Grundstein, der in einer Tiefe von ca. 4,5 m unter dem heutigen Fußbodenniveau im Fundament eingemauert war. In der Höhlung unter der Platte befand sich eine Glasflasche von sog. „doppelkonischer“ Form, deren Inhalt eingetrocknet war2.

Die Inschrift legt die näheren Umstände des Aktes der Grundsteinlegung ausführlich dar. Sie erfolgte am 3. März 1521 durch den Steinmetzen Hans Essig im Beisein des Ortspfarrers Bernhard Fischer, des Frühmessers Benedikt von Knielingen und der Geistlichen der Nachbarorte Spöck und Weingarten; ferner waren acht weltliche Zeugen zugegen, darunter neben dem Ortsschultheiß und vier Blankenlocher Richtern auch der Keller (Amtmann) des nahen Weingarten. Der Landesherr, Markgraf Philipp I. von Baden (1515–1533), wird erwähnt, ohne daß ausdrücklich auf ihn als Patronatsherr der Blankenlocher Kirche hingewiesen wird3. In dieser Eigenschaft ist der Markgraf mit Sicherheit als einer der Auftraggeber des Kirchbaues anzusehen, was einmal durch das markgräfliche Wappen an einem ehemaligen Portal der Kirche4, zum andern durch die Beteiligung des markgräflichen Werkmeisters Hans Essig bestätigt wird. Essig war schon 1510 Werkmeister des Markgrafen Christoph I.5; 1515 war er Teilnehmer des Steinmetzentags zu Straßburg6. Der amtierende Pfarrer Bernhart Fischer ist in Blankenloch durch den noch erhaltenen Grabstein von 1523 bezeugt7. Von den übrigen namentlich aufgeführten Personen lassen sich nur Hans Pfadhucher, Endris (Andreas) Maler und Jergt (Georg) Greber in einem Güterverzeichnis des Amtes Durlach für das Jahr 1532 anderweitig nachweisen8. Charakteristisch für die Grundsteinlegungsinschriften auf einer Bleiplatte oder einer Tafel aus anderem beständigen Material (z. B. Silber) – auf einem Inschriftträger, der durch die Vermauerung nicht mehr zugänglich war – ist, daß sie in der Art einer Urkunde den Rechtsvorgang der Grundsteinlegung bezeugen9. Die sichtbar am Bau angebrachte Bauinschrift hatte demgegenüber nur den Charakter einer Gedenkinschrift, die sich meist mit Datierung und Nennung der Bauherren begnügt10. Entsprechend dem Urkundencharakter der vorliegenden Inschrift erfolgte die Ausführung nicht in Monumentalschrift, sondern in einer Kursive von ausgesprochen handschriftlicher Wirkung.

Anmerkungen

  1. Ursprünglich einschiffige Saalkirche mit eingezogenem Chor und Westturm; zur Baugeschichte vgl. KdmBaden IX 5, 38ff.; D. Lutz, in: Forschungen und Berichte 6 (1979) 175.
  2. Ausführliche Veröffentlichung des Fundstücks durch R. Neumüllers-Klauser a. a. O.
  3. Die markgräflich-badischen Präsentationen für Blankenloch verzeichnet Steigelmann 1960, 520f.
  4. Ehemals vermutlich Portal des Langhauses, heute nordöstlich vom Chor in die Kirchhofmauer eingelassen; Gewände mit Stabwerkrahmung, im Scheitel Wappen Baden-Sponheim (geviert); vgl. KdmBaden IX 5, 40.
  5. Regest einer Urkunde von 1510 Aug. 17 über ein Gutachten zum Bau eines Flußwehrs, verzeichnet in: ZGO NF. 20 (1905) m 30 (Frh. v. Gemmingen-Michelfeldsches Archiv zu Michelfeld); Neumüllers-Klauser a. a. O.
  6. Vgl. A. Klemm, in: Alemannia 19 (1892) 179.
  7. Vgl. nr. 156; Angaben zur Person s. d.
  8. Güterbuch des Amtes Durlach zum Jahr 1532, GLAKarlsruhe 66/1914, Bl. 344v.; Neumüllers-Klauser a. a. O.
  9. Vgl. Neumüllers-Klauser a. a. O.
  10. Zum Typus der Grundsteinlegungsinschrift als Form der Bauinschrift vgl. RDK 2 (1948) 34ff.

Nachweise

  1. D. Lutz, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 6 (1977) 31, Abb. 7.
  2. R. Neumüllers-Klauser, Die Grundsteinlegungsinschrift der evangelischen Kirche zu Blankenloch. In: Forschungen und Berichte 6 (1979) 173–180.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 153 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0015309.