Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 132 Sulzfeld, ev. Pfarrkirche 1503

Beschreibung

Grabmal der Helena Göler von Ravensburg geb. von Venningen. Außen an der Nordwand des Chores. Hochrechteckiges Denkmal aus gelbem Sandstein mit profilierter Rahmung, die oben in einen Segmentbogen-Baldachin übergeht; im Mittelfeld kniende Figur einer Frau mit Haube, betend nach rechts gewendet. Links neben ihr in Schulterhöhe Wappen mit Helm und Helmzier, vier kleinere Wappenschilde oben in den Ecken bzw. unten in Kniehöhe. Über der Figur, den Baldachin überschneidend, breites, bogenförmig geführtes Spruchband mit seitlich eingerolltem Rand. Erhaltungszustand schlecht, Gesicht und Hände mit Rosenkranz ganz zerstört, Oberfläche abgewittert, Schrift und Wappen nur teilweise erkennbar.

Ergänzungen nach Wickenburg.

Maße: H. 176, B. 100, Bu. 4,2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Helena von [V]enning[en war ich gena]nnt /Bernhart goler zu gema[hl war mir] beka(n)[nt] / In vnser iugent der tot mich [von] Im tren[d] / O barmhertziger got din gnad nit [vo(n) mir] we(n)[d] / Anno · 15[03] · am · 1[7 · April] /

Wappen:
Venningen; Venningen / Helmstatt // (Helmstatt) / (Windeck) //

Kommentar

Helenas Eltern waren Jörg von Venningen und Katharina geb. von Helmstatt1. Der in der Inschrift angesprochene Gemahl war Bernhart Göler (gest. 1554), Sohn des Georg (gest. 1502)2, bischöflich straßburgischer Amtmann zu Oberkirch, Obervogt zu Vaihingen (1514), württembergischer Hofrat, dann Rat von Haus aus (1535/54)3. Er führte 1522 in Sulzfeld die Reformation ein.

Das Denkmal ist in Komposition und Ausführung eng mit dem nachfolgenden Grabmal für Albrecht Göler von Ravensburg4 verwandt. Vermutlich sind beide gleichzeitig entstanden und als Gegenstücke konzipiert; ihr ehemaliger Standort könnte im Chor der alten Pfarrkirche zu beiden Seiten des Hochaltars angenommen werden. Die Figuren der Verstorbenen waren im Gestus der „ewigen Anbetung“ dem Altarssakrament zugewendet5. Trotz der weitgehenden Zerstörung ist der Zusammenhang des Denkmals mit einer Werkgruppe evident, deren Meister in Heidelberg vermutet wird. Als Hauptwerk dieser Gruppe wird das Doppel-Epitaph für die Eheleute Dieter von Handschuhsheim (gest. 1487) und Margarethe geb. von Frankenstein (gest. 1483) in Heidelberg-Handschuhsheim angesehen6. Dieser „Werkstatt der Heidelberger Kniegrabsteine“ wird auch das Grabmal für Hartmann Ulner von Dieburg (gest. 1502) in Weinheim zugeschrieben7. – Das vorliegende Denkmal verwendet als einziges der Gruppe einen gereimten Vierzeiler mit angefügtem Todesdatum. Die Minuskelschrift mit dekorativ verzierten Versalien steht künstlerisch auf dem gleichen hohen Niveau wie die Komposition und entspricht in der Ausformung den Inschriften der Heidelberger Denkmalgruppe.

Anmerkungen

  1. Zur Genealogie vgl. Humbracht Taf. 143, 191, 226; Möller AF. III Taf. 128; R. Göler von Ravensburg 65.
  2. Vgl. nr. 130.
  3. Krebs, Dienerbücher Kurpfalz nr. 882; Pfeilsticker nrr. 1106, 1241, 2984. – Bernhart war dreimal verheiratet: 2. Gemahlin Margret von Velberg (gest. 1532; vgl. nr. 162), 3. Gemahlin Kunegund Echter v. Mespelbrunn. Zur Person: Bernhardt I 319 (mit weiterführenden Literaturangaben); R. Göler v. Ravensburg 65.
  4. Vgl. nr. 133.
  5. Zu diesem Begriff vgl. RDK 6 (1970) Sp. 572f.; F. Arens, in: Das Münster 25 (1972) 333ff.
  6. Vgl. DI. XII (Heidelberg) nr. 142 mit der dort angegebenen Literatur. – Zur kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. ferner G. Tiemann, Beiträge z. Geschichte d. mittelrheinischen Plastik um 1500. Speyer 1930, 24; Schnellbach 146, 150–165; H. A. Halbey, Die Grabplastik im mittleren Neckargebiet von 1470–1560. Diss. phil. Mainz 1954, 81 (Masch.); ferner Einleitung S. XXIV.
  7. Vgl. DI. XVI (Mannheim/Sinsheim) nr. 92.

Nachweise

  1. KdmBaden VIII 1, 196.
  2. Wickenburg II 324.
  3. Pfefferle, Sulzfeld 13.
  4. R. Göler v. Ravensburg 65.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 132 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0013200.