Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 20: Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe (1980)

Nr. 77 Odenheim (Stadt Östringen), Hauptstr. 10 (Gasthaus „Zum Goldenen Stern“) 1479

Beschreibung

Bauinschrift des Abtes Ulrich von Finsterlohe. Heute an der westlichen Giebelseite in Höhe des Dachgeschosses eingelassen. Spolie aus der ehemaligen Benediktinerabtei Odenheim (heute sog. Stifterhof); dort ehemals am westlichen Haupttor, dem sog. Odenheimer Tor1. Annähernd quadratische Tafel aus Sandstein mit siebenzeiliger Inschrift zwischen Ritzlinien (Fassung weiß, Buchstaben schwarz nachgezogen), Rand unter Putz, unten Wasserschlaggesims.

Maße: H. ca. 60, B. ca. 50, Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe [1/2]

  1. Strvxe(r)at haß portaß / vlricvß nobiliß abbaß /conditor ex vinsterloe / postqu(am) pepe(r)it virgo · /milesimo quadringe(n)/tesi(m)o septvagesi(m)o no(n)o / die petri et pavli · /

Übersetzung:

Erbaut hat dieses Tor Ulrich, der edle Abt und Bauherr aus (dem Geschlecht der) Vinsterloe, (im Jahre) 1479 nachdem die Jungfrau (den Herrn) geboren hat, am Tage Peter und Paul.

Datum: 29. Juni.

Kommentar

Der Bauherr der Toranlage entstammte dem fränkischen Geschlecht der Finsterlohe, das im Speyerer Bistum durch mehrere Geistliche vertreten war2. Er war seit 1468 zunächst Abt des Benediktinerklosters Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis); 1472 wurde er zum Abt des Klosters Odenheim berufen3. Ulrichs Tod muß vor 1486 erfolgt sein, denn in diesem Jahr war der Nachfolger (?) Christoph von Nippenburg4 bereits im Amt.

Das ursprüngliche Aussehen des Inschriftendenkmals gibt eine um 1803 entstandene Zeichnung wieder5. Danach befand sich die Inschrift ursprünglich in der Sockelzone einer spätgotischen Aedikula mit Kielbogen-Baldachin, die das Wappen des Bauherrn, kombiniert mit einem Abtsstab, enthielt. – Die Inschrift beginnt mit zwei korrekten Hexametern; daran fügt sich das Datum der Grundsteinlegung oder Weihe. Eine epigraphische Besonderheit ist die durchgängige Verwendung des langen s statt des runden Schluß-s am Wortende, verbunden mit zwei untereinanderstehenden gotischen Punkten als Worttrennung. Nach dem insgesamt zuverlässig wirkenden Befund der Zeichnung waren einzelne Buchstaben durch fein gerollte Rüsselendungen bereichert.

Anmerkungen

  1. Abbildung der mehrgeschossigen, heute vollständig zerstörten Toranlage bei Heiligenthal, Abb. 26, und KdmBaden IX 2, Fig. 121. Ebd. Angaben zur Baugeschichte des Klosters.
  2. Stammsitz Finsterlohr (Gem. Creglingen, Main-Tauber-Kreis). – Vgl. Busch-Glasschröder 54 Anm. 4, 379 Anm. 1.
  3. Stocker, Bruchsal 116; Busch-Glasschröder 253 Anm. 2; K. Wilhelmi, Geschichte der vormaligen freien adeligen Benedictiner-Abtei Sunnesheim. Sinsheim 1851, 58.
  4. Vgl. nr. 87.
  5. Karlsruhe GLA 65/11621 fol. 126v. (Wortlaut) und fol. 141; Verfasser der Handschrift war Pfarrer Joh. Bapt. Breunig (gest. 1834), der Anfang des 19. Jahrhunderts in Odenheim amtierte und eine Geschichte des Klosters zusammenstellte (ungedruckt; Zusammenfassung in: Magazin von und für Baden. Carlsruhe 1803, Bd. 1, 1. Stücke 333ff.) – Nach Breunig ist die Schrifttafel schon 1729 in die Giebelwand des damaligen Kelterhauses (heute Gasthaus „Stern“) eingelassen worden; die Aedikula lag noch um 1803 im Hof des Stifterhofes und ist verschollen. – Das von Schwarzmeier (Germania Benedictina V 469) erwähnte Epitaph Ulrichs ist nicht nachweisbar; offenbar liegt eine Verwechslung mit der Bauinschrift zugrunde.

Nachweise

  1. KdmBaden IX 2, 285, 292f.
  2. Hss. GLA Karlsruhe 65/11604, fol. 185v, 192, 199; 65/11621 fol. 126v., 141 (Vf. Breunig).
  3. Mone, in: BadArchiv II 132.
  4. F. Gehrig, in: Kraichgau 1 (1968) 118.

Zitierhinweis:
DI 20, Die Inschriften des Großkreises Karlsruhe, Nr. 77 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di020h007k0007704.