Inschriftenkatalog: Landkreis Jena
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 39: Landkreis Jena (1995)
Nr. 260† Frauenprießnitz, Domänengebäude 1605
Beschreibung
Inschriften am Portal des ehemaligen Domänengebäudes, vordem Schloß der Schenken zu Tautenburg; der Bau wurde 1949 niedergelegt, dabei auch das Portal mit den Inschriften vernichtet.1) Auf toskanischen Pfeilern ruhte ein dorisches, in den Metopen mit Löwenköpfen verziertes Gebälk; in den Füllungen des Rundbogens und in den Zwickeln reiches Beschlagwerk. Über dem Gebälk zwei Gewappnete2) zu beiden Seiten einer Rundbogenrahmung, in dieser das Relief eines Engels mit zwei Wappenschilden; darunter die von Rollwerk umrahmte tabula ansata mit Inschrift (B). Über dem Kopf des Engels die Jahreszahl (A).3)
A) nach Friderici, (B) nach Photo (um 1945).
- A
ANNO 1.6.0.5.
- B4)
NON ∙ EST ∙ PO/TESTAS ∙ NISI ∙ / A ∙ DEO ∙ ROM ∙ 13a)
Versmaß: Es gibt keine Macht wenn nicht von Gott.
Schenk zu Tautenburg. – Everstein.5) |
Textkritischer Apparat
- Rm. 13,1.
- ROM.13 fehlt bei Friedrici, Puhle; etc. Lehfeldt.
Anmerkungen
- Pfarrchronik Frauenprießnitz, sub a. 1949: „Vergeblich ist versucht worden, die schöne lateinische Inschrift über dem Portal zu retten.“
- BuKTh Jena, 53: „Rittergestalten“. Das nach 1945 angefertigte, hier (Abb. 100) reproduzierte Photo ist das letzte Zeugnis dieses Portals; es zeigt, daß diese beiden Figuren damals bereits fehlten.
- Friderici 1722, 88 Anm. **: „Porta ... ornata est angelo, ad cuius caput in circulo conspicitur ANNO 1.6.0.5. [aber Lehfeldt: „1605 neben den Schildhaltern“], sed in dextra Burcardi, in sinistra Agnetis tenet insignia.“ Am Photo ist die Jahreszahl nicht zu erkennen.
- Rm. 13,1.
- PrA 146, Taf. 96 (Schenk zu Tautenburg). – FstA 61, Taf. 73 (Eberstein).
- Thieme/Becker V (1911), 142.
- Vgl. DI 11 (Merseburg), Nrr. 149–151. Neben Brenner arbeitete der Bildhauer Simon Hoffmann. Beider Stzz. sind an den Stufen im nordöstlichen Treppenturm des Merseburger Schlosses angebracht (DI 11 (Merseburg), Nr. 149, mit 135 und 136).
- In Dresden schuf Brenner zusammen mit dem Bildhauer Hans Steyer (+ 1637) den – 1945 vernichteten – Erker am Fürstlichen Haus in der Schloßgasse (vgl. F. Löffler, Das alte Dresden, Leipzig 1982, 61 Abb. 72).
- Puhle, f. 1b (1781), 110–111. A.O. 112 berichtet Puhle von einem Vertrag, datiert vom 14. Mai 1607, zwischen dem schenkischen Hauptmann zu Frauenprießnitz, Apel von Meussbach, auf der einen und dem kurfürstlich-sächsischen Baumeister Melchior Brenner sowie dem Maurermeister Hans Michel aus Naumburg auf der anderen Seite über den Aufbau verschiedener Wirtschaftsgebäude in dem Dorf Wetzdorf, das zum Witwenbesitz der Agnes von Everstein gehörte.
Nachweise
- Friderici 1722, 88 Anm. **.
- Puhle, f. 1b (1781), 111.
- BuKTh I (Jena), 1888, 52–53 und Photo auf Taf. vor S. 53.
- Pfarrchronik Frauenprießnitz (s. Anm. 1).
Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 260† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0026009.
Kommentar
Das Portal wurde unter Burkhard Schenk zu Tautenburg (vgl. Nr. 262) und seiner Gattin Agnes geb. Gräfin von Everstein (vgl. Nr. 263) im Jahre 1605 errichtet, in welchem der Schenk am 2. September starb. Als Baumeister des Gebäudes und Schöpfer des Portals, das ein Gegenstück in dem (undatierten) Portal am Langhaus der Kirche zu Frauenprießnitz hat, wird Melchior Brenner6) überliefert. Dieser leitete 1605 den Umbau des Merseburger Schlosses.7) Da Burkhard Schenk als Kursächsischer Rat sich regelmäßig am Dresdner Hof aufhielt, wo er auch verstarb, ergeben sich hierdurch leicht Beziehungen zu Brenners Dresdner Werkstatt.8) Der archivalische Nachweis für Brenners Leitung findet sich bei den von Puhle herangezogenen Urkunden. Danach hat der Schenk nicht nur über die Restaurierung der Kirche (vgl. Nr. 261), sondern auch über den Neubau des Schlosses (Amtshaus, später Domänengebäude) mit Brenner einen Vertrag geschlossen, wonach die Gesamtkosten auf 2890 Meißner Gulden, die des Portals auf 70 Gulden veranschlagt wurden.9) Die Witwe ließ, offenbar auch unter Beteiligung Brenners, die von Burkhard Schenk begonnenen Arbeiten am Schloß zu Tautenburg fortführen (vgl. Nr. 269).