Inschriftenkatalog: Landkreis Jena
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 39: Landkreis Jena (1995)
Nr. 147 Altenberga, ehemaliges Herrenhaus 1551
Beschreibung
Inschriften auf den beiden identischen Ofenplatten an der Schmalseite des Kamines des ehem. Herrenhauses in der Diele der 1. Etage; früher am Ofen in der herrschaftlichen Loge der Kirche. Rechteckige Eisengußplatte mit Darstellung des Gleichnisses von Pharisäer und Zöllner (Lc 18,9–14); oben ein Rankenfries mit Masken. Darunter drei Renaissancebögen mit Medaillons in den Zwickeln, im mittleren Inschrift (A); in den Nischen links der Zöllner und darüber Inschrift (B), am Gewandsaum die Datierung (C); in der Mitte der Pharisäer und darüber Inschrift (D), am Gewandsaum (E); rechts der Altar. Auf einem Schriftband unter der Architektur verläuft Inschrift (F) über die ganze Breite der Platte; im unteren Drittel zwei Medaillons, Ritter und Frau, dazwischen Ornament.
Maße: H. 74 cm; B. 58 cm: Bu. 1,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis, erhaben.
- A
PHILIS∙SOLDAN∙FORMSCHN(EIDER)
- B
DER∙SVNDER
- C
∙1∙5 ∙ 5∙1∙
- D
DER∙PHARISERa)
- E
H∙I– – –
- F
ES∙GIENGEN∙ZWEN∙MENSCHEN∙IN∙TEMPEL∙ZV∙BETEN∙LVCE∙AM∙18∙b)
Textkritischer Apparat
- R am Schluß durch den Bogen abgeschnitten.
- Der Beginn des Gleichnisses, Lk. 18,10.
Anmerkungen
- Den ursprünglichen Zustand zeigt die Zeichnung von C. Timler, in BuKTh Kahla, 66.
- Vgl. Thieme/Becker XXXI (1937), 234–235.
- Die Formen bestanden aus Birnbaumbrettern, auf die die vom Formschneider geschnitzten Figuren und Zierleisten aufgenagelt wurden. Hiervon wurde mit Hilfe eines Abdrucks in Sand und Kohlestaub die Gußform genommen.
- Gliederung in eine Bildzone in der Mitte mit aufwendiger Architektur, die oben durch einen Fries, unten durch zwei Medaillons gerahmt wird.
- Buchstaben von kaum variierender Strichstärke; zweibogiges E, A spitz und mit Deckstrich, M mit schrägen Hasten und kurzem Mittelteil.
- Im Universitätsmuseum Marburg (Thieme/Becker; nicht bei A. Kippenberger, Philipp Soldan zum Frankenberg, ein hessischer Bildhauer des 16ten Jahrhunderts, Meister der Ofenplatten, Wetzlar 1926). Bei K. von den Driesch, Handbuch der Ofen-, Kamin- und Takenplatten im Rheinland, Köln 1990, ist unter Nr. 802 ein weiterer Abguß verzeichnet („kirchlicher Besitz“; H. 70 cm; B. 65 cm; Abb. S. 441). Eine Jahreszahl fehlt; die Signatur steht unter der Bundeslade im rechten Bogenfeld: PHILIP SOLDA VON... [sicher verlesen]. Vgl. ferner DI 14 (Fritzlar), Nr. 96 mit der Signatur: PHILIPVS SOL[D]AN FORMS.
- BuKPrSa XXXII (Gfsch. Wernigerode), 1913, 227 Nr. 2 und Taf. 18. Ein weiteres Exemplar bei Driesch, Nr. 801 und Abb. S. 441.
Nachweise
- Bergner 1894a, 36–37.
- Vgl. BuKTh III (Kahla), 1888, 65.
- Weinhold 1986, 109.
Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 147 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0014705.
Kommentar
Die zwei Platten gehörten zusammen mit den zwei Schmalseiten (Nr. 148) zu einem kleinen Eisengußofen im Herrschaftsstuhl der Kirche.1) Die bislang übersehene Meistersignatur weist sie Philipp Soldan aus Frankenberg in Hessen, gest. nach 1569, zu,2) der als Verfertiger zahlreicher Modeln für den Eisenguß (Formschneider) bekannt ist.3) Die Altenbergaer Platten zeigen alle typischen Merkmale seines Stiles4) und der von ihm gebrauchten Buchstabenformen;5) die Darstellung des Gleichnisses von Zöllner und Pharisäer ist noch mehrfach für ihn belegt.6) Im Schloßmuseum Wernigerode befindet sich ein interessanter, wohl aus der Hütte in Ilsenburg stammender Nachguß der Soldan'schen Platte, bei dem die Inschrift (A) gegen ein Ornament ausgetauscht und der Mantel des Zöllners mit der Jahreszahl (C) gekürzt worden ist.7)