Inschriftenkatalog: Landkreis Jena
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 39: Landkreis Jena (1995)
Nr. 139† Vierzehnheiligen, Wallfahrtskirche vor 1539
Beschreibung
Wandinschriften; Epigramm (A) neben dem Gemälde des Hl. Blasius, an der Wand „in der Gegend der Kanzel“, und Initialen neben einem Wappen (B) „vom hohen Altare abwärts zur Rechten“. Um 1800 noch zu lesen,1) später, wohl 1826 endgültig, vernichtet.2)
Maße: Nach Schneider.
- A
Hic Superintendens sacr⟨a⟩ea) Patronus et AedisPictus ut in Cathedra Nomine scri⟨p⟩tusb) ibi.
- B
– – –IL– – – H(ER)Z(OG) Z(U) S(ACHSEN).c)
Übersetzung:
(A) Dieser Aufseher und Patron des heiligen Bauwerkes ist hier gemalt, ebenso wie er auf der Kanzel mit Namen geschrieben ist.
Versmaß: Elegisches Distichon (A).
Textkritischer Apparat
- sacre Schneider.
- scribtus Schneider.
- Vgl. unten Anm. 10.
Anmerkungen
- Bohn meint, Schneider habe die Malereien „um 1800“ gesehen, und nimmt dabei das Erscheinungsjahr von Schneiders Buch als Zeitpunkt der Besichtigung; vielmehr dürfte Schneider aber auf ältere Nachrichten seines Vaters aus der Mitte des 18. Jh. fußen.
- Bohn 59: „Im Jahre 1826 wurden die inneren Wände mit Kalk belegt und der Fußboden mit Backsteinen gepflastert.“
- Schneider 1800, 107. Schneider war Commissionssecretär in Altenburg und Sohn des Pfarrers Schneider, der M.18. Jh. in Vierzehnheiligen wirkte. Das Pfarrarchiv selbst ging 1775 und 1806 in der Schlacht bei Jena durch Feuer zugrunde.
- Schneider 107.
- S. Nr. 46.
- Die Verwendung des Wortes superintendens statt des erwarteten episcopus merkt schon Schneider an.
- Schneider 108.
- Vgl. Bohn 10–15.
- Man ist freilich geneigt, zunächst an den allen Nothelfern geweihten Hochaltar zu denken; das hier gebrauchte Wort cathedra gibt dies aber nicht her.
- Dies wurde zweifellos durch die Reste der Inschrift (B) nahegelegt, die sich zu [W]IL[HELM] H(ER)Z(OG) Z(U) S(ACHSEN) – ergänzen lassen.
- Schneider überliefert Inschrift (B) im Unterschied zu (A) in Majuskeln.
Nachweise
- Schneider 1800, 107.
- Bohn 1858, 62 Anm. **.
Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 139† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0013906.
Kommentar
J. A. Schneider bemerkt,3) daß zu seiner Zeit an den Wänden der Kirche noch „Ueberbleibsel“ von Malereien zu sehen waren, die die 14 Nothelfer, denen die Kirche geweiht war, in Lebensgröße darstellten. Unter den Fresken standen die entsprechenden 14 Altäre. Über den Fresken waren Inschriften, wovon nur das eine Distichon über dem Hl. Blasius „ziemlich gut zu lesen“ war. „Eben so finden sich auch, vom hohen Altare abwärts zur Rechten, noch einige Ueberbleibsel von dem gemahlt gewesenen Wappen des Stifters der Wallfahrt.“4)
Die Wallfahrtskirche zu den 14 Nothelfern wurde 1464 erbaut.5) Aus dieser Zeit kann das Distichon (A) unmöglich stammen, weil es ganz der klassischen Tradition verpflichtet ist,6) die in Thüringen im wesentlichen erst im Gefolge der Reformation Einzug hielt. Vierzehnheiligen war in der Leipziger Teilung (1485) an die albertinische Linie der sächsischen Herzöge gekommen, bei der es bis 1547 verblieb. Bekanntlich war Hz. Georg der Bärtige (1500–1539) bis zu seinem Tode treu bei der katholischen Religion geblieben, und erst sein Bruder und Nachfolger Heinrich der Fromme (1539–1541) führte die Reformation in seinen Landen ein. Im Jahre 1539 sind die 14 Altäre beseitigt worden.7) Dieses Jahr 1539 gibt somit einen terminus ante quem für die Inschrift, die offenbar nur der spärliche Überrest eines großangelegten Bildprogrammes war. In seinem rings von der evangelischen Kirche umschlossenen thüringischen Amt Dornburg wollte Hz. Georg ein machtvolles Bekenntnis zu der alten Lehre ablegen, das sich gleichzeitig der von den Humanisten gepflegten antiken Form bedienen sollte. Daß die Wallfahrt von Vierzehnheiligen unter dem besonderen Schutz dieses Fürsten stand, ist bekannt, wie wenig man auch sonst von ihr weiß.8) Das Distichon (A), dem außerdem noch zu entnehmen ist, daß auf der Kanzel9) die Namen aller Nothelfer nochmals aufgeführt waren, darf in das Jahrzehnt von dem Tod Hz. Georgs datiert werden. Unklar bleibt, ob die Beischrift (B) zu dem – zweifellos sächsischen – Wappen sich auf ihn selbst bezog oder (wie Schneider – und nach ihm Bohn – wollen) auf den Stifter der Kirche, Hz. Wilhelm.10) Aber auch in diesem Fall wäre, wie die Verwendung der Majuskel beweist,11) die Malerei in keinem Fall zeitgenössisch, sondern gehörte zu dem Bildprogramm des Hz. Georg.