Inschriftenkatalog: Landkreis Jena
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 39: Landkreis Jena (1995)
Nr. 112 Frauenprießnitz, Dorfkirche St. Mauritii um 1512
Beschreibung
Grabplatte mit Memorialinschrift des (3) Hans Schenk zu Tautenburg und seiner Frau Anna Reuss von Plauen, im Boden des nördlichen Seitenschiffes (Erbbegräbnis), oberste Reihe, links. Rechteckige Platte aus rötlichem Sandstein mit Relief (T. 6–6,5 cm) links des Verstorbenen in Rüstung, vor dem rechten Bein das Wappen; rechts seiner Frau in langem Gewand, bekleidet mit Haube, einen Rosenkranz betend, zu deren Füßen ihr Wappen. Die Umschrift steht, oben in doppelter, von den Köpfen unterbrochener Zeile, auf dem 13 cm breiten Rand, beginnend oben links. Alles stark verwittert und zerstört.
Ergänzt nach Friderici.
Maße: H. 181 cm; B. 133 cm; Bu. ca. 8 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
1 4 7 5a) i[a]r ist vor[schi]d[en] de[r] edel und wolgebo/ren / [her hans] Sch[enkb) – – –c) zu / tha]ute[nburg – – –d)] czu plaw sei(n) / Ehengemahl / den got genad
Schenk zu Tautenburg; Reuss von Plauen.1) |
Textkritischer Apparat
- Letzte Ziffer undeutlich, möglich auch 1 oder 3; aber vgl. Anm. 6.
- AO.DI'– IST. VORSTORBEN. DER. EDEL. VND. WOLGEBORN. EHR. HANS. SCHENCK' – – – DEN. GOT. GENADE Friderici.
- her?
- Etwa [an(n)a reussin].
Anmerkungen
- PrA 146, Taf. 96 (Schenk zu Tautenburg). – Souv. 4,79, Taf. 66 (Reuss von Plauen).
- W. Füßlein, Die Thüringer Grafenfehde 1342–1346, in: Beiträge zur thüringischen und sächsischen Geschichte. Festschrift O. Dobenecker, Jena 1929, 111–138.
- Vgl. Europäische Stammtafeln, N.F. Bd. VIII, Taf. 144; überholt sind das Stemma in: Europäische Stammtafeln, Bd. IV, Taf. 77, und der Abriß bei C.A. Vulpius, Kurtze Übersicht der Geschichte der Schenken von Tautenburg, Erfurt 1820.
- Zur Geschichte des Zisterzienser-Nonnenklosters vgl. Holtmeyer 1906, 148–150; Patze 1968, 125 (W. Huschke). Die Schenken hatten das Kloster am Ende des 13. Jh. gestiftet und waren gleichzeitig die Schutzvögte; sie sequestrierten es 1547 und bauten auf Teilen der Gebäude in den Jahren 1605–1608 ein Schloß im Stil der Renaissance, s. Nr. 260.
- Friderici gibt die Inschriften alle in Majuskeln wieder; vgl. auch Nr. 55.
- Europäische Stammtafeln, N.F. Bd. VIII, Taf. 144; danach die Lesung der Jahreszahl.
- Vgl. Schmidt 1903, Taf. 6.
Nachweise
- Friderici 1722, 43–44.
- Schneider 1820, 11.
- BuKTh I (Jena), 1888, 46, Nr. 1.
Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 112 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0011204.
Kommentar
Im Erbbegräbnis der Schenken von Tautenburg im nördlichen Seitenschiff der Mauritius-Kirche zu Frauenprießnitz befinden sich, im Boden in vier Reihen zu je drei Steinen in ungefährer chronologischer Ordnung liegend, zwölf Grabplatten (Nrr. 112–116, 149, 150, 191, 234, 262, 263 und ein völlig verwitterter) und in den beiden zugänglichen Grufträumen sechs Särge (Nrr. 264, 276, 289, 304, 316, 328) für Angehörige der Thüringer Linie dieses hochadligen Geschlechts. Sie werden erstmals 1214 als Schenken von (Groß-)Vargula genannt, erlangten zu Beginn des 13. Jh. aus dem ehemaligen Reichsgut die Burgen Dornburg (s. Nr. 2) und Tautenburg (s. Nr. 1), kamen aber im Verlaufe der sog. Thüringer Grafenfehde (1342–1346)2) unter die Lehnshoheit der wettinischen Landgrafen.3) Das Lehnsverhältnis verblieb bei der Albertinischen Linie der Wettiner. Diese zogen die kleine Herrschaft, die nur wenige Dörfer der Umgebung, darunter vor allem Frauenprießnitz,4) umfaßte, nach dem Aussterben des Geschlechtes im Jahre 1640 ein.
Die Genealogie der Thüringer Schenken konnte durch die – leider unveröffentlicht gebliebenen – urkundlichen Forschungen von O. Stölten in jüngerer Zeit bedeutend exakter dargestellt werden. Für die Lesung der Grabinschriften ist sie in folgendem Auszug von Belang:
Die Inschriften auf den Grabplatten in der Schenkengruft sind nur ein einziges Mal von den Originalen abgeschrieben worden: im Jahre 1722 durch Joh. Chr. Friderici.5) Von ihm übernahmen sie sowohl Puhle und Schneider als auch Lehfeldt ohne eigene Nachprüfung. Die fünf ältesten Grabsteine (Nrr. 112–116) gehören einer Werkstatt und augenscheinlich einer Zeit an; nach den beiden jüngsten von ihnen (Nrr. 114, 115) sind sie auf 1512 datiert. Charakteristisch ist neben der steifen und unbeholfenen Darstellung der stereotype Text, in dem so wichtige Angaben wie der Todestag des Verstorbenen und das Todesdatum der jeweiligen Ehefrauen fehlen, so daß die Grabplatten als zum Teil erst lange postum geschaffene Erinnerungsmale zum Ruhme des Geschlechtes und die Inschriften als sog. Memorialinschriften betrachtet werden müssen. Da auf Nr. 116 die Jahreszahl überhaupt fehlt, war es offenbar (9) Hans Schenk, der zwischen 1512 und 1529 ein Familienerbbegräbnis in der Gruft der Kirche des Zisterziensernonnenklosters zu Frauenprießnitz einrichten ließ. Die Schenken übten die Schutzvogtei über dieses Kloster aus, dessen Kirche im Bauernkrieg 1525 zerstört und später von ihnen als Dorfkirche wiedererrichtet worden war. Der Name des Verstorbenen, Hans Schenk, ist am Stein nicht mehr zu lesen. Erwähnt wird er zwischen 1435 und 1475.6) Er war zunächst verheiratet mit einer Tochter des Prozzo von Querfurt und der Agnes von Beichlingen; in zweiter Ehe mit Anna, Tochter Heinrichs IX. Reuss von Plauen zu Greiz und Kranichfeld und der Magdalene Freiin von Schwarzenberg.7) Obwohl das Wappen stark zerstört ist, scheidet Querfurt aus, weil über dem gekrönten Helm der dem Wappen der Reussen eigene Brackenrumpf hinreichend deutlich auszumachen ist. Der Bezug auf Anna Reuss von Plauen ermöglicht eine über Friderici hinausgehende Lesung der dürftigen Buchstabenreste auf dem unteren Rahmen.