Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 83 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt um 1500 / 1508

Beschreibung

Sterbeinschrift auf der Grabplatte des Professors Georg Zingel. Innen, nördliches Seitenschiff, beim Seitenaltar des Hl. Michael, zweite Platte von Osten. Hochrechteckige Platte mit Umschrift, in der Mitte Relief: der Verstorbene im Talar mit gefalteten Händen, Haupt und Füße auf wie verstreut daliegenden Büchern ruhend, in der linken unteren Ecke Wappen. Die rechte untere Ecke beschädigt. Inschrift umlaufend nach innen gerichtet. Kalkstein.

Maße: H. 205 cm, B. 101 cm, Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. Anno · 1<508> · I(n) · die · <26 / · aprilis> · Obijt Egregius · vir · georgius · zingel arci[u(m) · et /· th]eologie p(ro)fessor cano(n)ic(us) / Eystet(ensis) ordi(n)ari(us) et p(ro)ca(n)cellari(us) studij Ingolstat(iensis) C(uius)a) · a(n)i(m)a · deo · / vivat Amenb)

Übersetzung:

Im Jahre 1508, am 26. Tag des April, starb der herausragende Mann, Georg Zingel, Professor der (freien) Künste und der Theologie, Kanoniker in Eichstätt, Ordinarius und Prokanzler der Ingolstädter Lehranstalt. Seine Seele lebe bei Gott. Amen.

Wappen:
Zingel1).

Kommentar

Die Gotische Minuskel ist locker spationiert und zeigt bei g eine besonders charakteristische Form: Der untere Bogen ist zu einer geschwungenen, parallel unter den oberen Buchstabenkörper gesetzten Linie aufgelöst, der Schaft des g reicht in die Oberlänge und kreuzt den zum Deckbalken umgeformten oberen Bogenabschnitt. a ist kastenförmig gebildet. Alle i tragen Punkte.

Da vom Todesjahr nur der Einser eingehauen wurde, der Steinmetz bzw. Auftraggeber sich also nicht sicher war, ob ein Vierer oder ein Fünfer folgen würde, ist eine Fertigung des Denkmals schon in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts nicht unwahrscheinlich.

Liedke möchte das Zingel-Denkmal dem Meister des Permetter-Epitaphs zuschreiben. Auf Grund des gewaltigen Qualitätsunterschiedes der beiden Denkmäler kann diese Zuschreibung jedoch wohl nicht akzeptiert werden. Das Grabmal weist in der Komposition Ähnlichkeit zur Grabplatte des Johann Mainberger (vgl. Nr. 42) auf; Schädler denkt deshalb an eine Nachschöpfung eines Ingolstädter Meisters.

Georg Zingel stammte aus Schlierstadt im Odenwald. Ab 1458 studierte und lehrte er an der Universität Wien. Anlässlich der Neugründung der Hohen Schule holte man ihn im Winter 1474 nach Ingolstadt. Er immatrikulierte sich am 3. Dezember 1474 als Doktor der Theologie2) und lehrte als zweiter Ordinarius an der Theologischen Fakultät. Mit Johann Permetter alternierend hatte er ab 1475 das Dekanat dieser Fakultät inne. Er besaß eine Domherrenpfründe am Eichstädter Dom und war ab 1476 auf Lebenszeit Prokanzler der Universität. Zingel wurde vor allem durch seine Auseinandersetzung mit Johann Locher um den Wert der studia humanitatis bekannt. Er folgte als erster der Aufforderung des Landesherrn Herzog Georg und stiftete 1506 zwei zusätzliche Freiplätze für bedürftige Studenten am Herzoglichen Georgianum3).

Textkritischer Apparat

  1. Der restliche Text kleiner und in zwei Zeilen.
  2. Amen noch etwas kleiner.

Anmerkungen

  1. Siebmacher Bg1 19.
  2. Pölnitz, Matrikel 1474, 54,17.
  3. Zur Person s. Biographisches Lexikon 501. Georg Zingel (ID: -2130183170)", in: Repertorium Academicum Germanicum. URL: http://www.rag-online.org/gelehrter/id/-2130183170 (Aufgerufen: 26. Juli 2013); Kausch, Geschichte 23f. Zu den Stiftungen vgl. Schmid, Georgianum 35 und Real, Stipendienstiftungen 30-36.

Nachweise

  1. Clm 1533 p. 375 (Text unvollständig); Clm 2105 fol. 204, Nr. 446; Cgm 3017 fol. 54r; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 10, Nr. 9; Mederer, Annales I, 77; Schmid, Georgianum Abb. 9; Kdm OBB I (Ingolstadt) 48; Kögerl, Garnisonskirche 72f.; Götz, Grabsteinbuch 105; Liedke, Überlegungen 51f.; Schädler, Epitaphe 40; Koller, Grabsteine 51f., 52 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 83 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0008302.