Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 67 Pfk. St. Moritz 1494

Beschreibung

Grabinschrift auf dem Epitaph des Andreas Wungst/Mungst. Nordseite, dritte Kapelle von Westen, Nordwand. Querrechteckiges Relief in Form eines Triptychons, über Schriftplatte mit erhabener Inschrift (I): links unter einem Rundbogen in Nische Hl. Nikolaus, zu seinen Füßen der Stifter in Albe (Kopf fehlt, fehlte schon bei Aufnahme in Kdm), hinter ihm – ehemals klein – sein Wappenschild, heute nur mehr Reste vorhanden, rechts Hl. Katharina. Im Mittelfeld unter einem Kreuzgewölbe rechts Maria vor einem rechts stehenden Betstuhl, auf dem ein Buch liegt, kniend, betend, dem Betrachter zugewandt. Links der Engel mit einem Zepter, um das sich ein Spruchband mit erhabener Inschrift (II) windet; direkt unter dem Gewölbe, klein Gott Vater mit der Heiliggeisttaube. Kalkstein.

Maße: H. 86 cm, B. 121 cm, H. (Schrifttafel) 36 cm, B. (Schrifttafel) 80 cm,Bu. 4 cm (I), 1,4 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (I), Frühhumanistische Kapitalis (II).

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/2]

  1. I.

    Andreas · wu(n)gst · Capellan(us) · s(an)cte kath/erine · subhica) · s(e)p(u)lt(us) i(n) d(omi)noa) · obdo(r)miuit / An(n)o · ei(us)d(em) · 1494 · xiiij · k(a)l(endas) · dece(m)br(is) ·Dic / oro · si · pius · es · r(e)q(ui)e · fruaris · ete(r)nab) ·

  2. II.

    A(VE) M(ARIA) G(RATIA)c) // P(LENA) D(OMINVS) T(ECVM)

Übersetzung:

Andreas Wungst, Kaplan an St. Katherina ist hierunter begraben, er ist im Herrn entschlafen im Jahre desselben 1494, am vierzehnten Tag vor den Kalenden des Dezember. Sprich bitte, wenn du fromm bist: Mögest Du die ewige Ruhe genießen. (I)

Gegrüßet seist Du, Maria, voll der Gnade, der Herr sei mit dir. (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Ave-Maria-Gebet. (II)

Versmaß: Hexameter (Dic oro …). (I)

Datum: 1494 November 18.

Kommentar

Die Inschrift (I) verläuft erhaben auf eingetieften Leisten; die Ober- und Unterlängen reichen dabei stets über das eingetiefte Mittelband hinaus, sind aber nicht nur in Kontur angedeutet, sondern werden durch über das Mittelband hinausgreifende Vertiefungen begleitet. Die unteren Brechungen der Schäfte zeigen jeweils eine leichte Tendenz zur Ausrundung, was den an und für sich relativ kräftig gebildeten Hasten einen eleganten – fast schon verspielten – Charakter gibt, dies wird auch ergänzt durch die Zierformen an den A-Versalien und die Tendenz, die Gestaltung der Unterlänge von p stark zu variieren, bis hin zur in der letzten Zeile auftretenden Spaltung der Unterlänge. r tritt in der Regel als Bogen-r auf, sowohl mit zu Schrägschaft umgeformtem oberen Bogen als auch in der sehr reduzierten Form als Kurzschaft mit aufgesetztem Quadrangel. u wird grundsätzlich durch übergeschriebenen Strich oder Kreis gekennzeichnet, über dem zweiten o von obdormiuit kann dieser Kreis aber auch als übergeschriebenes r dienen, i erhält oben eine aus dem Schaft aufwachsende Zierlinie. Von den Initialbuchstaben (II) ist das D zu erwähnen, das als offener Bogen ohne linken Schaft gestaltet ist.

Übereinstimmend stellt die kunsthistorische Forschung eine enge Verwandtschaft zum Plümelepitaph (Nr. 73) an der Münsterkirche fest. Während jedoch die ältere Forschung eine Zuschreibung nach Augsburg favorisierte1), wies Schädler auf Parallelen bei den Ingolstädter Zunftstangen im Bayerischen Nationalmuseum, München hin. Er möchte beide Epitaphien einem unbekannten Ingolstädter Meister zuschreiben2).

Über Andreas Wungst ist nichts bekannt. Die in der Literatur meist gewählte Namensvariante Mungst erfährt durch den Buchstabenbestand der Inschrift keine Stütze, der Anfangsbuchstabe des Nachnamens ist sicher als w zu lesen, wie die v-förmige Ausprägung des zweiten Buchstabenteiles eindeutig zeigt. Hofmann wies darauf hin, dass man in Wungst auf Grund der auf dem Epitaph dargestellten Heiligen entweder den zweiten Kaplan der Fragnermesse, die zu Ehren der Hl. Katharina und aller Heiligen gestiftet worden war, oder einen mit dem Spital, dessen ursprüngliche Patrone Nikolaus und Katharina waren, verbundenen Kleriker vermuten könne3). Ist er dem Spital zuzuordnen, so müsste er diese Pfründe zwischen dem 1489 belegten Leonhard Heindl und dem 1499 belegten Sixtus Greif (vgl. Nr. 92†) innegehabt haben4).

Textkritischer Apparat

  1. Ohne Spatium.
  2. Schlusszeichen als Doppelpunkt.
  3. Wechsel auf die nächste sichtbare Windung des Schriftbandes.

Anmerkungen

  1. So Riehl, Bayerns Donauthal 165f.; Halm, Studien II, 175; Götz, Hans Holbein, 188ff.
  2. Schädler, Epitaphe 43f.
  3. Hofmann, Geschichte I, 875 Anm. 1672.
  4. Vgl. Ostermair, Beiträge III, 323.

Nachweise

  1. Kdm OBB I (Ingolstadt) 55; Götz, Moritzkirche 58-60; Götz, St. Moritz 38 (teilweise Edition); Schädler, Epitaphe 41-44; Koller, Grabsteine 42, 43 (Abb.); DiB I.1 (Ingolstadt) CLVI, CLVIII (Abb.); Hofmann, Geschichte I, 722-724.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 67 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0006702.