Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 21 Stadtmuseum 1434

Beschreibung

Bauinschrift des neuen Feldkirchner Tores. Raum 11. Ehemals am Feldkirchner Tor, danach zwischenzeitlich mit dem Grabmalsentwurf für das Denkmal Ludwigs im Barte (ohne Inschrift) in der Georgskapelle der Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau (Fischer). Aus zwei querrechteckigen Tafeln bestehender Inschriftenträger. Obere Tafel mit fünf Zeilen, untere Tafel mit vier Zeilen der Inschrift. Reste einer farbigen Fassung und Reste von schwarzer Farbe in den Buchstabenvertiefungen.

Maße: H. 55 cm, B. 138 cm (obere Tafel), H. 44 cm, B. 128 cm (untere Tafel), Bu. 7,5-6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Stadtmuseum Ingolstadt [1/2]

  1. + Als · man · zalt · nach · Crists · gepurd · xiiii · iar / vnd · xxxiiii · iar · hat · herczog · lvdwig · her=/czog · in · Bayrn · vnd · Graf · zu · Mortain1) · der · / kvniginn · von · franckreich · bruder · das · tor / · gepawen · so · ist · die · Sinckmawra) · vmb · dieb) · // stat · in · dem · iar · nach · Crists · gepurdt · xiiii · / · vnd · xx · iar · von · des · obgenanten · Herczogc) [·] / ludwigs · geschafcz · wegen · gar · vmb hin / volpracht · worden ·

Kommentar

Die Inschriftentafel lässt sich in eine Reihe von Ludwig im Barte gesetzten Gedenktafeln für durch ihn veranlasste Bauten an verschiedenen Orten seines Herzogtums einordnen. Alle diese Denkmäler folgen einem einheitlichen Schema: oben findet sich ein fast quadratisches Hochrelief mit einer Darstellung des Vollwappens des Herzogs (heraldisch) rechts, links begleitet von weiteren seiner bevorzugten Embleme, wie der Sonne der Chevaliers du soleil d’or und der Jungfrau mit dem Oswaldsraben2). Alle Inschriftentafeln beginnen – wie Liedke, der jedoch das Ingolstädter Stück nicht kannte, zeigte – mit der gleichen Einleitungsformel, anders als die anderen Tafeln endet das Ingolstädter Stück jedoch nicht mit der Abschlussformel „bitte Gott für seine Seele“, die die anderen Stücke in unterschiedlichen Schreibweisen bieten. In ihrer Schriftgestaltung zeigt die Tafel Ähnlichkeiten mit der von Liedke festgemachten Werkgruppe 1, für die er eine Ingolstädter Werkstatt annimmt3).

Am Tor bei der Inschriftentafel war der heute im Münster verwahrte Stein mit der Darstellung Ludwigs im Barte angebracht. Ob es sich bei diesem Stück um einen ursprünglichen Grabmalsentwurf handelte, den Ludwig schließlich verwarf und durch den Entwurf Multschers ersetzte, oder ob der Stein ursprünglich für das Tor gedacht war, ist in der Forschung umstritten4). Nimmt man eine Verbindung zu den anderen Bauinschriften mit ihrem nach einem einheitlichen Prinzip gestalteten hochniveauigen Wappenrelief über dem Textfeld an, so erscheint eine abweichende und bedeutend niedrigerniveauige Gestaltung am Tor der Residenz- und vorgesehenen Begräbnisstadt Ludwigs wenig wahrscheinlich. Vermutlich stammt die Zusammenstellung von Relief und Bauinschrift aus einer späteren Zeit; entweder, weil es zu einer Ausführung des geplanten Wappenreliefs nicht mehr kam, oder weil es beschädigt oder zerstört wurde.

Beim neuen Feldkirchner Tor handelte es sich – ähnlich dem 1430 errichteten älteren Donautor (vgl. Nr. 18) – um einen turmähnlichen Bau mit quadratischem Grundriss und lisenenbezogenem Staffelgiebel5). Der Vorgängerbau, das alte Feldkirchner Tor, war wie die anderen Stadttore (vgl. Nr. 3, 4 und 6) im Zuge der zweiten Stadtumwallung 1368 errichtet worden (vgl. Nr. 3). Bei den Plänen zu einer neuen Feste des bayerischen Herzogs an der südöstlichen Stadtgrenze wurde rasch klar, dass das alte Feldkirchner Tor zu nahe am geplanten Festungsneubau stehen würde und so der Absicht des Herzogs entgegen stand, sich nicht nur mit der Stadt gegen die Feinde von außen, sondern ggf. auch gegen die Stadt abschotten zu können. Das Tor wurde daher in den geplanten Festungsneubau mit einbezogen. Gegen diese Maßnahme wehrte sich die Bürgerschaft und erreichte durch eine Urkunde vom 10. Mai 1432 die Zusicherung eines Ersatzbaues und die Offenhaltung der alten Durchfahrt bis zu dessen Fertigstellung6). Wie die Inschrift berichtet, wurde der Bau im Jahre 1434 durch Herzog Ludwig im Barte errichtet. Unter Herzog Georg dem Reichen müssen weitere Bauarbeiten am Tor – Schuster vermutet der Aufsatz des Giebeldaches – vorgenommen worden sein, da eine zweite Bauinschrift an der Stadtseite als Datum 1457 nennt (vgl. Nr. 30). Nach mehreren Umbauten im Zuge der Befestigungsgeschichte wurde das neue Feldkirchner Tor 1870 abgerissen.

Interessant ist die Angabe zur Vollendung der Ringmauer um die Stadt 1420. Kleemann schloss aus der Datierung des Donautores 1430, dass sich der Bau des letzten Teilstücks der Mauer längere Zeit hingezogen habe. Die Angabe der Bauinschrift legt jedoch eine Fertigstellung des Mauerrings bereits 1420 nahe7).

Textkritischer Apparat

  1. Für Ringmauer, Versal nicht eindeutig zu identifizieren, doch höchste Übereinstimmung mit S.
  2. Wechsel auf die zweite Tafel.
  3. Es folgt entweder ein Punkt oder s.

Anmerkungen

  1. Mortain, Mittelalterliche französische Grafschaft in der heutigen Normandie.
  2. Schmid, Bedeutung 78-80.
  3. Vgl. Liedke, Gedenksteine 22 und Abb. 2a und 2b zum Wappenrelief, 21 zur Werkgruppe und 34 zum Formular.
  4. Vgl. Czerny, Tod 573-577, vgl. auch Liedke, Gedenksteine 28-30, 41; Müller, Wittelsbachische Grablege 365f.
  5. Die Baugestalt ist durch das Sandtnersche Stadtmodell und eine Grundrisszeichnung im Stadtarchiv überliefert (vgl. Fuchs, Festung 13). Zum Bau des Tores vgl. Fuchs, Befestigung 12. Zur Bauinschrift vgl. Gerstner, Unentzifferte Inschrift 229.
  6. Vgl. dazu Schuster, Burgschloß 20f.
  7. Vgl. Kleemann, Festung 10, und zur schnelleren Fertigstellung Becker in DiB I.1 (Ingolstadt) XCI.

Nachweise

  1. Mederer, Ingoldestat 118; Gerstner, Frauenkirche 5; Gerstner, Ingolstadt 84; Gemminger, Ingolstadt 12; Ostermair, Beiträge I, 155; Ostermair, Militärische Verhältnisse 28; Kleemann, Festung 13; Ostermair, Führer 17; Fuchs, Befestigung 12f (m. Abb.); Fischer, Stadtpfarrkirche 13 (teilweise Edition); Schuster, Burgschloß 20.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 21 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0002106.