Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 303† Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1579

Beschreibung

Stifterinschrift des Johannes Gailkircher und seiner Schwiegermutter Anna, geb. Wiser auf einem Grabdenkmal für die Ehefrau bzw. Tochter Anna, geb. Reisacher.

Text und Wappen nach Clm 2105.

  1. I.

     Ipse vulneratus est propter iniquitates nostras. Disciplina pacis nostrae super eum eta) livore eius sanati sumus. Esa(ia) LIII.

  2. II.

     Joannes Gailkircherus Juliacensis, vtriusque iuris doctor et post quadrenalemb) legum professionem, cui hic publicè praefuic), inclitae reipublicae Augustanae publico salario factus advocatus. Annae Reisacherinae, uxori meae dulcissimae, anno dominid) MDLXXIX. die XXV. Aprilis ex partu primogeniti aetatis suae annorum XXI. defunctae et in hoc sacello sepultae lugens maritus et ob turbatum mortalitatis ordinem moestissima socrus Anna Wiseriana pie posuerunt.

Übersetzung:

Er wurde verwundet wegen unserer Verbrechen, zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm und durch seine Wunden sind wir geheilt. (I)

Ich, Johann Gailkircher, aus Jülich, Doktor beider Rechte, nach vier Jahren der Professur der Rechte, der ich öffentlich vorstand, wurde ich der berühmten freien Stadt Augsburg öffentlich besoldeter Syndikus. Der Anna Reisacher, meiner süßesten Gattin, die im Jahre des Herrn 1579 am 25. Tag des April bei der Geburt des Erstgeborenen in ihrem 21. Lebensjahr verstorben und in dieser Kapelle begraben ist, setzten der trauernde Gatte und seine wegen der gestörten Ordnung des Sterbens sehr betrübte Schwiegermutter, Anna Wiser, frommen Sinns (dieses Denkmal). (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Is 53, 5. (I)
Wappen:
Gailkircher1), Reisacher2), Wiser3).

Kommentar

Anna Gailkircher, geb. Reisacher, war eine Tochter des Doktors beider Rechte und herzoglichen Regimentsrats zu Burghausen Sebastian Reisacher und seiner Frau Anna, geb. Wiser. Sie heiratete am 13. Februar 1577 den Doktor der Rechte und Professor Johann Gailkircher4). Er immatrikulierte sich am 4. November 1566 als Studiosus der Rechte an der Hohen Schule, setzte seine Studien in Italien fort und erwarb 1573 den Doktortitel an der Universität Siena5). 1575 kam er als Professor der Rechte an die Universität Ingolstadt zurück.

Er muss seine erste Ehefrau Anna wohl in Ingolstadt kennengelernt haben. Ihr Vater Sebastian Reisacher (vgl. Nr. 228) starb 1571 als herzoglicher Rat in Burghausen6). Seine Frau Anna, geb. Wiser, ist vermutlich nach seinem Tod nach Ingolstadt zurückgezogen. Da ihr Wappen mit dem Christoph Wisers, dem Sohn des Stadtschreibers Albrecht Wiser, identisch ist (vgl. Anm. 3), kann man davon ausgehen, dass sie aus dieser Familie stammte. Bei dem erwähnten, erstgeborenen Kind, bei dessen Geburt Anna Gailkircher starb, könnte es sich um den 1609 verstorbenen Pfleger von Traunstein Johann Niklas Gailkircher7) gehandelt haben. Als Taufdatum für Johann Niklas gibt Ostermair jedoch bereits den 3. April 1579 an, so dass Anna nicht unmittelbar bei der Geburt, sondern an deren Folgen gestorben sein muss. Johann Gailkircher d. Ä. wickelt am 29. Juli 1621 als Vertreter seiner Enkel Johann Niklas und Johann Simon den Verkauf eines Zinses auf ein Haus am Ingolstädter Weinmarkt ab8). Da Johann Gailkircher d. Ä. seine Ingolstädter Professur bereits 1579 zu Gunsten einer Karriere im bayerischen Staatsdienst aufgegeben hat und Ingolstadt verließ, kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Zinseinkünften Johann Niklas Gailkirchers bzw. seiner Erben um Vermögen aus dem Besitz der Mutter Anna Reisacher bzw. ihrer Familie gehandelt haben dürfte.

Textkritischer Apparat

  1. at Oefeleana 300.
  2. quadriennalem Cgm 3368 und Cgm 3017.
  3. praefuit Cgm 3368.
  4. Fehlt Cgm 3368.

Anmerkungen

  1. Siebmacher Bg3 45.
  2. Siebmacher Bg1 13.
  3. Siebmacher Bg8 33. Wappen des Christoph Wiser, Sohn des Stadtschreibers Albrecht Wiser (Pölnitz, Matrikel 1555, 735,18).
  4. Mederer, Annales II, 34; vgl. auch Weigle, Doktorpromotionen Siena 223 Nr. 156; Ferchl, Behörden 1116. Anlässlich der Hochzeit wurden Hochzeitsgedichte für das Paar von diversen Mitgliedern der Universität angefertigt. Vgl. Epithalamium in nuptiis nobilis, clarissimique viri, D. Ioannis Gailkircheri Ivrisconsulti etc. Sponsi…. Ingolstadt 1577.
  5. Pölnitz, Matrikel 1566, 890,21, dort als Johannes à Geylenkirchen bezeichnet. Zur Promotion in Siena vgl. Weigle, Doktorpromotionen 223, Nr. 156.
  6. Vgl. Biographisches Lexikon 335, dort jedoch ohne Erwähnung von Ehefrau und Kindern. Für Sebastian Reisacher und seine Frau Anna hat sich in St. Jakob in Burghausen ein Grabdenkmal erhalten, bei dem das Sterbedatum der Ehefrau nicht nachgetragen worden ist. Vgl. Dorner, Burghausen Nr. 82.
  7. Vgl. Ferchl, Behörden 1115, vgl. auch Ostermair, Bürgerbuch I, 18 zur Taufe dieses Kindes.
  8. Vgl. StadtA Ingolstadt Urkunde B 723.

Nachweise

  1. Clm 2105 fol. 39r-v, Nr. 155; Oefeleana 300 p. 90f.; Cgm 3368 fol. 29v; Cgm 3017 fol. 14v; Götz, Grabsteinbuch 31f.

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 303† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0030309.