Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)
Nr. 42 Pfk. Zur Schönen Unserer Lieben Frau 1475
Beschreibung
Sterbeinschrift auf der Grabplatte des Priesters und Professors Johann Mainberger. Nordseite, östlich des Eingangs zur Sakristei; ursprünglich auf der Südseite in der vierten Langhauskapelle von Westen (Franz-Xaver-Kapelle), nahe beim Altar an der Wand, dort zuletzt von Ostermair gesehen, laut Kdm in der Chorhauptkapelle.
Hochrechteckige Platte mit Umschrift (I), in der Mitte der Verstorbene in Gelehrtentracht mit gefalteten Händen, Haupt und Füße auf Bücher gebettet. Auf dem Buch, das seinen Kopf stützt, umlaufend Inschrift (II). Zu seinen Füßen in der linken unteren Ecke Vollwappen; hinter ihm, auf Höhe seiner Schultern, halten zwei Engel das reichverzierte Bahrtuch. Rotmarmor.
Maße: H. 252 cm, B. 143 cm, Bu. 6,2 cm (I), 2,7 cm (II).
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- I.
Annoa) · d(omi)ni · M · CCCC · lxxvto · xvj · / die · venerisb) · Mensis · Juny · Obyt · venerabilis · presbiter · ac · cla/rissimusb) · arciu(m) · et · Jurizc) · Pontificyd) / · Doctor · Joh(ann)esb) · Mainberg(er) · h(uius) · alme · vniu(er)sit(atis)e) · lector · ordinar(ius)
- II.
· Requiesc/atf) // · in · / pace · a//m//e(n)g)
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1475 am Freitag, dem 16. Tag des Monats Juni, starb der ehrwürdige Priester und sehr berühmte Doktor der (freien) Künste und des päpstlichen Rechts Johann Mainberger, an dieser hochlöblichen Universität ordentlicher Lektor. Er ruhe in Frieden. Amen.
Mainberger1). |
Textkritischer Apparat
- Alle Worttrenner sechsstrahlige Sterne.
- s spiegelverkehrt.
- Sic!
- y auf dem Rand.
- t und Kürzungszeichen hochgestellt.
- Zeile durch den Kopf geteilt.
- Zwischen a und m Seitenwechsel und Unterbrechung durch Buchschließe, zwischen m und e Haupt des Verstorbenen.
Anmerkungen
- Auf gespaltenem Schild ein schreitender Löwe nach links. Siebmacher Bg1 28 belegt für Professor Johann Mainberger in Ingolstadt einen Löwen ohne Schildteilung. Es handelt sich um einen Tradierungsfehler des Wappenbuches.
- Dehio Oberbayern 480 bzw. 225 (Eichstätt); vgl. DI 74 (Regensburg II) LV.
- Vgl. DI 74 (Regensburg II) LXXIIIf. Zur Schrift auf dem Absbergdenkmal.
- Rotmar, Annales fol. 49 (= Mederer, Annales I, 10).
- Pölnitz, Matrikel 1473, 40,14; Biographisches Lexikon 259.
Nachweise
- Clm 2105 fol. 42r, Nr. 166; Oefeleana 300 p. 96; Cgm 3368 fol. 6r; Cgm 3017 fol. 15v. 20r (durchgestrichen); Mederer, Annales I, 10; Ostermair, Stadtpfarrkirche 50; Knod, Deutsche Studenten 326; Halm, Studien I, 92-95; Kdm OBB I (Ingolstadt) 35; Götz, ULF 109; Götz, Grabsteinbuch 43; Müller, Ingolstadt 14; Hofmann, Portraits 7; Schädler, Epitaphe 40; Koller, Grabsteine 36, 37 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 42 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0004201.
Kommentar
Die Grabplatte für Johann Mainberger ist ein eigenhändiges Werk des Regensburger Dombaumeisters Mattheis Roritzer2). Dieser von der Kunstgeschichte konstatierte Befund wird auch durch die Schriftgestaltung bestätigt, die für Roritzer charakteristische Merkmale aufweist, wie sie bereits das 1464 für den Eichstätter Bischof Johann von Eich geschaffene Grabmal in St. Walburg in Eichstätt, vor allem aber das ebenfalls im Sterbejahr Mainbergers entstandene Denkmal für den Regensburger Bischof Heinrich von Absberg (vgl. DI 74 (Regensburg II) Nr. 294) zeigen: so z. B. den charakteristisch als sechsstrahliger Stern ausgeführten Worttrenner, die Formen des C in der Jahreszahl mit aus Schaft und umgebrochenem Balkenteil bestehenden Oberteil und nach unten breiter werdendem unteren Bogenteil, sowie identischer tropfenförmiger O-Form bei Obyt, bestehend aus linkem Bogenabschnitt, in den auf zwei Drittel der Höhe ein Schaft eingestellt ist, der am Scheitelpunkt des Buchstabens mit einem Bogen verbunden wird, der bis zur Grundlinie reicht und am Basispunkt des Buchstabens in einem breiten Ende auslaufend, durch einen dreieckigen Spalt vom linken Buchstabenteil getrennt ist. Bei den Gemeinen fällt rundes r mit zu einem Kurzschaft verkümmerten oberen Bogen und einem steil nach rechts unten führenden, fast geraden unteren Bogen auf, ebenso zweistöckiges a mit einem in den Buchstabenkörper gezogenen unteren Teil des oberen Bogenabschnitts und e mit einem in einen Ziertropfen auslaufenden schräggestellten Balken3).
Rotmar erwähnt neben dem Grabdenkmal in Marmor eine Bodenplatte aus gewöhnlichem Stein mit einem Wappen aus Metall, deren Inschrift er jedoch nicht überliefert4).
Johann Mainberger stammte aus Regensburg. Nach Studien in Wien und Bologna, wo er den kanonistischen Doktorgrad erwarb, kam er 1473 als erster Inhaber der dritten Kanonistenstelle an die Hohe Schule5).