Inschriftenkatalog: Stadt Ingolstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 99: Stadt Ingolstadt (2017)

Nr. 35 Franziskanerklosterkirche Mariae Himmelfahrt vor 1471

Beschreibung

Sterbeinschrift auf der Grabplatte des Ulrich Gurr und seiner Frau Katharina, geb. Golhueter, innen, Südseite, an der Südwand auf einem gemauerten Sockel, vom Eingang zur Antoniuskapelle, westlich die zweite Platte. Davor am westlichsten Pfeiler, zwischen Mittel- und südlichem Seitenschiff, Nordseite (Kdm). Hochrechteckige Platte mit Umschrift. Unten in zwei vertieften, durch eine Leiste getrennten, fast quadratischen Feldern zwei Vollwappen. Über den Wappen Relief. Ein Ritter auf gekörntem Terrain stehend, im Harnisch, ohne Helm, in der Rechten eine Fahne, die Linke auf das Schwert gestützt. Inschrift umlaufend an der oberen Schmalseite und den beiden Langseiten, nach innen gerichtet, erhaben, Stein für Nachträge stehen gelassen, Nachtrag dort eingetieft. Rotmarmor.

Maße: H. 193 cm, B. 88 cm, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

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Datum: 1471 September 26.

Wappen:
Gurr1), Golhuter2).

Kommentar

Die erhabene Inschrift zeigt a, das deutlich größer gebildet wird als die übrigen Buchstaben, der linke Teil des gebrochenen oberen Bogens wird tief in den Buchstabenkörper hineingezogen, wo er – wie die ebenfalls zu Strichen umgeformten oberen Bogenteile von e und die Fahne des r sowie die Zierlinien an i, h und m bei der Datierung – in geschlossenen runden Bögen endet. Der vertiefte Nachtrag zeigt als charakteristischste Form ein aus zwei gegeneinandergestellten c gebildetes s.

Schädler datiert das Grabmal, nicht zuletzt wegen des altertümlichen Harnischs mit gezacktem Kettenhemd auf die Zeit von 1460 bis 1470. Die Arbeit ist - obwohl keiner Werkstätte eindeutig zuzuordnen - ein Werk in der bayerischen Stiltradition, vermutlich aus lokaler Produktion, Dehio vermutet eine Herkunft aus Eichstätt, Hofmann weist auf die Ähnlichkeit zur Engelspietà im Münster hin3). Es handelt sich um das älteste erhaltene Grabdenkmal in der Franziskanerkirche.

Ulrich Gurr stammte dem Wappen nach zu schließen aus dem Geschlecht der Gurr von Menbach. Laut Hundt wurde er in der Landtafel von 1471 erwähnt und ebenso in der von 1459 mit dem Titel Gurr vom Wald4). Ulrich Gurr nahm am Landtag des Münchner Landanteils im August 1458 teil, er ist unter den Landständen der Herrschaft Pfaffenhofen aufgeführt5).

Textkritischer Apparat

  1. Vor dem Wort Worttrenner in Form eines halben Quadrangels.
  2. Die Datierung in 5 cm großen Buchstaben, in zwei Zeilen übereinander, eingetieft.
  3. Wechsel auf die linke Langseite, die untere Schmalseite ohne Schriftleiste.
  4. Es folgt ein stehengebliebener Steg für den Nachtrag der Datierung.

Anmerkungen

  1. Siebmacher Bg3 46.
  2. Siebmacher Bg3 46.
  3. Schädler, Epitaphe 38, Dehio, Oberbayern 486, Hofmann, Geschichte I, 719.
  4. Vgl. Hundt/Libius, Stammenbuch III, 348.
  5. Vgl. Krenner, Bayerische Landtagshandlungen 439, vgl. auch Lieberich, Landstände 90.

Nachweise

  1. Clm 1533 p. 379; Cgm 2267/1, p. 13; Clm 2105 fol. 194r, Nr. 419; StadtA Regensburg HVOR Ms. B. 23 p. 23, Nr. 42; Ingolstädter Schützenbruderschaft 131; Kdm OBB I (Ingolstadt) 42f.; Kögerl, Garnisonskirche 54; Schädler, Epitaphe 37f.; Koller, Grabsteine 34, 35 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 99, Stadt Ingolstadt, Nr. 35 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di099m018k0003500.