Die Inschriften des Landkreises Hersfeld-Rotenburg: Einleitung

Vorwort

Der vorliegende Band enthält die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des Landkreises Hersfeld-Rotenburg bis zum Jahr 1650. Erste Vorarbeiten für die Edition wurden bereits während der Sanierung der Stiftsruine in Bad Hersfeld 1999 durchgeführt. Die eigentliche Bearbeitung des Landkreises wurde aber erst im Herbst 2005 in Angriff genommen. Bis zur Fertigstellung waren allerdings einige Hindernisse zu überwinden. Zunächst mußte die Arbeit an dem Band infolge eines schweren Unfalls im November 2006 ein halbes Jahr unterbrochen werden. Dann folgte die Berufung des Hauptbearbeiters Sebastian Scholz auf einen Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte an der Universität Zürich im Herbst 2007. Von Zürich aus konnte die Arbeit an dem Projekt nur eingeschränkt fortgesetzt werden. Nach einer Revision der fertiggestellten Katalognummern 2013 durch den zweiten Bearbeiter Rüdiger Fuchs (Forschungsstelle „Die Deutschen Inschriften“ bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz) wurde bald deutlich, daß über das bisher gesammelte Material hinaus noch weitere Bestände berücksichtigt werden mußten. Da dies von Zürich aus nicht mehr in angemessener Zeit zu bewältigen war, übernahm Rüdiger Fuchs es dankenswerterweise, den Band zu vervollständigen und auch die Kommentare zu den von ihm zusätzlich eingebrachten rund 90 Nummern zu erstellen.

Deshalb muß sein Name auch an erster Stelle derjenigen stehen, denen der ursprüngliche Bearbeiter zu tiefem Dank verpflichtet ist, weil sie zum Gelingen dieses schwierigen Projektes beigetragen haben. In dem zweiten Arbeitsgang hat Rüdiger Fuchs nicht nur den Band fertiggestellt, sondern unermüdlich bei der Lösung vieler epigraphischer und methodischer Probleme geholfen, die einzelnen Lesungen sowie das ganze Manuskript einer detaillierten kritischen Überprüfung unterzogen und die Einleitung ergänzt. Großen Dank schulden beide Bearbeiter Dr. Sabine Wehking von der Inschriftenkommission der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Sie half in selbstloser Weise bei der Organisation der Aufnahmefahrten im Bearbeitungsgebiet, die von Zürich aus nur schwer zu koordinieren waren, übernahm die Rolle der Fotografin auf den gemeinsamen Fahrten und betätigte sich auch noch als hervorragende Gastgeberin. Jörg Poettgen (†) (Overath) beantwortete unermüdlich und geduldig Fragen zur Problematik der Glockeninschriften und ihrer Überlieferung. Hanni Geiser (Zürich) las das gesamte Manuskript Korrektur.

Weiter möchten wir den Kollegen der Mainzer Inschriften-Kommission unseren herzlichen Dank aussprechen. PD Dr. Michael Oberweis diskutierte mit uns verschiedene Probleme von Lesungen und Übersetzungen und besorgte in Zürich nicht verfügbare Literatur. Die Fotografen Frau Brunhild Escherich und Herr Thomas G. Tempel sorgten unter teilweise sehr schwierigen Bedingungen für gute Photos, und Herr Tempel übernahm zudem die digitale Bearbeitung sowie das Layout des Abbildungsteils; Christian Feist verarbeitete Zeichnungen und Fotos von Steinmetzzeichen und Marken zu abbildungsfähigen Vorlagen.

Darüber hinaus haben uns viele Menschen bei der Erarbeitung des Bandes geholfen, denen unser herzlicher Dank gilt, die jedoch nicht alle namentlich genannt werden können, obgleich ohne das hilfreiche Öffnen von Türen und Schränken und ohne jene unglaublich nützlichen lokalen Informationen die Dokumentation von Inschriften kaum gelingen kann. Stellvertretend für alle bereitwilligen Helfer, die sonst an geeigneten Stellen des Kataloges [Druckseite VIII] genannt sind, möchten wir Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola (†) (Trebur), Christian Bauer (Reversio, Bad Hersfeld), Pfarrer Friedrich Berger (Braach), Heinz Bettenhausen (Untergeis), Pfarrer Steffen Blum (Wehrda), Freiherr Jürgen von Dörnberg (Burg Herzberg), Dr. Michael Fleck (Bad Hersfeld), Dr. Reinhard Gutbier (Bamberg), Liese Honikel (Hilmes), Johannes van Horrick (Stadtverwaltung Bad Hersfeld), Gerhard Kraft (Louis-Demme-Archiv/Stadtarchiv Bad Hersfeld), Dr. Otfried Krafft (Fachgebiet Mittelalterliche Geschichte, Universität Marburg), Dr. Thomas Ludwig (Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten, Hessen), Andreas Schmidt (Wettenberg), Dr. Gerhard Steib (Eschwege) und Prof. Dr. Otto Volk (Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg) dafür danken, an der Realisation dieses Bandes mitgewirkt zu haben. Der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen ist für die unkomplizierte und freundlich gewährte Erlaubnis für Fotoaufnahmen in der Stiftsruine zu danken. Desgleichen ist den freigebigen „Lieferanten“ von Fotos und Zeichnungen zu danken, die den Band über das heute Zugängliche bereichert haben. Hier sind neben Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola (Trebur) und Andreas Schmidt (Wettenberg) Dr. Wolfgang Runschke (Forschungsbibliothek Gotha), der die Abbildung der Schlegelschen Zeichnungen ermöglichte, Herr Markus Pfromm vom Verlag der Hersfelder Zeitung und Frau Ingrid Knauf und Frau Dr. Antje Scherner vom Landesmuseum Kassel (Museumslandschaft Hessen Kassel) zu nennen. Frau Dr. Carola Föller (Erlangen) übermittelte freundlicherweise höchst nützliche Fotoaufnahmen aus der Glockenkartei des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.

Herrn Olaf Meding, dem Lektor der Mainzer Akademie, danken wir für seine kompetente Hilfe bei der technischen Herstellung, die von stm | media und dem Druckhaus Köthen (Köthen, Anhalt) in bewährter Weise umgesetzt wurde.

Zürich und Mainz, im Mai 2015

Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs

1. Vorbemerkungen und Hinweise zur Benutzung

Die Inschriften des Landkreises Hersfeld-Rotenburg wurden nach den Richtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften bearbeitet. Der vorliegende Band enthält die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des Kreises in seinen heutigen Grenzen bis zum Jahr 1650. Inschriften aus der Zeit vor 1650, deren Träger nachweislich erst später in das Bearbeitungsgebiet gelangten, wurden nicht berücksichtigt, hingegen solche, die vor 1650 dahin kamen.

Aufgenommen wurden alle zugänglichen erhaltenen Inschriften mit ihren Trägern. Nur noch in Abschriften, in Nachzeichnungen, in Drucken oder auf Fotos überlieferte Inschriften, die heute verschollen oder verloren sind, wurden ebenfalls ediert.1)

Die Edition beschränkt sich auf jene Inschriften, die nicht Gegenstand von Spezialdisziplinen wie z.B. der Sphragistik und der Numismatik sind.2) Ausgeschlossen blieben nach wie vor die Inschriften aus dem jüdischen Kulturkreis sowie Runen, Steinmetz- und Meisterzeichen, Hausmarken, Goldschmiede- und Beschauzeichen, Monogramme und Einzelbuchstaben, sofern sie nicht in Verbindung zu einer Inschrift stehen. Singulär vorkommende Jahreszahlen und Jahreszahlen mit Initialen wurden nur unter der Bedingung aufgenommen, daß sie autopsiert werden konnten oder eine ausreichend verläßliche Dokumentation etwa durch alte Fotos vorliegt. Ausschließlich nachrichtlich überlieferte Jahreszahlen, deren Authentizität nicht abgeschätzt werden konnte, wurden grundsätzlich nicht aufgenommen, weil die Erfahrung gezeigt hat, daß ihnen eine extrem hohe Fehlerquote eigen ist. Wenn mehrere Jahreszahlen an einem Standort vorhanden waren, wurden sie in einer Sammelnummer zusammengefaßt und unter der frühesten Jahreszahl im Katalog eingeordnet.

Der Katalog ist chronologisch aufgebaut. Seine Artikel gliedern sich in der Regel nach folgendem Schema:

In der Mitte der Kopfzeile steht der Standort der Inschrift. Bei erhaltenen Inschriften wird immer der letzte bekannte Standort angegeben.

1 Links in der Kopfzeile steht die fortlaufend gezählte Katalognummer.
Ein Kreuz neben der laufenden Nummer kennzeichnet die nichtoriginal überlieferten Inschriften.
(†) Befinden sich innerhalb einer Nummer erhaltene und nicht erhaltene Inschriften, steht das Kreuz in Klammern.
1400 Die Datierung am rechten Rand der Kopfzeile gibt, sofern feststellbar, das Entstehungsjahr der Inschrift an, das nicht immer mit dem Entstehungsjahr des Trägers [Druckseite X] identisch sein muß. Bei Grabinschriften wird von einer Herstellung im Todesjahr ausgegangen, falls keine Hinweise auf eine andere Datierung vorliegen. Entstanden die Inschriften eines Trägers zu unterschiedlichen Zeiten, so werden die Entstehungsjahre in chronologischer Reihenfolge und durch Kommata getrennt angegeben.
Bei einer zufälligen Wiederverwendung des Trägers werden die Inschriften getrennt und unter Verweis auf den Träger unter dem jeweiligen Entstehungsjahr eingeordnet, bei einer bewußt konzipierten Wiederverwendung werden sie gemeinsam unter der frühesten Inschrift ediert.
Die Entstehungszeit undatierter Inschriften wurde durch paläographische Untersuchungen der Schrift, durch die Heranziehung historischer Zeugnisse oder mit Hilfe stilistischer Merkmale des Trägers so genau wie möglich bestimmt. Diese Inschriften sind jeweils am Ende des angegebenen Zeitraums eingeordnet. Bei gleichen Datierungen wurde in der Regel alphabetisch nach den Standorten geordnet, bei den frühen Memoriensteinen nach dem Kalender, bei mehreren Inschriften in einem Jahr nach dem Kalender, reine Jahresdatierungen und unsichere Jahresangaben danach.3)
1400? Unsichere Datierungen sind mit einem Fragezeichen versehen.

Der auf die Kopfzeile folgende Absatz beginnt mit der Benennung von Inschriftenart und Inschriftenträger. Er gibt Informationen zum Material, zum Erhaltungszustand, zur Ikonographie, zur Position der Inschriften am Träger und zu ihrer Ausführung. Außer bei der Blasonierung der Wappen erfolgen die Beschreibungen immer vom Blickpunkt des Betrachters oder von der Figur aus, falls der Bezug auf Körperteile („seine/ihre rechte Hand“) das nahelegt.

Bei nichtoriginal überlieferten Inschriften wird die Quelle der Textwiedergabe genannt. Am Schluß des Abschnitts stehen die Maßangaben (in cm) des Inschriftenträgers (Glocken ohne Krone, falls nicht angezeigt) und der Buchstaben (wenn möglich am klein- bzw. großgeschriebenen N gemessen) und die genaue Schriftbezeichnung. Am Rand steht die zugehörige Nummer der im Tafelteil wiedergegebenen Abbildung(en).

Bei der Wiedergabe der Inschriftentexte werden folgende Zeichen verwendet:

A, B, C Mehrere Inschriften an demselben Träger werden durch Großbuchstaben unterschieden; Wappenbeischriften erhalten ggf. die Sigle W.
I, II, III Mehrere Inschriften in einer Nummer, die sich nicht an demselben Träger befinden, werden außer beim Porträtzyklus (Nr. 211) durch römische Ziffern unterschieden.
A† Ein Kreuz hinter dem Buchstaben kennzeichnet die nichtoriginal überlieferten Inschriften, wenn sich innerhalb einer Nummer erhaltene und nicht erhaltene Inschriften befinden.
/ Ein Schrägstrich markiert das reale Zeilenende auf dem Träger und auch die Ecken der rechteckigen Umschriftplatten. Die Texte werden fortlaufend wiedergegeben, wenn es sich nicht um metrische oder gereimte Inschriften handelt. Diese sind versweise angeordnet.
// Doppelte Schrägstriche kennzeichnen die Unterbrechung des Textes durch Wappen, Steinmetzzeichen usw. sowie den Übergang auf ein anderes Inschriftenfeld.
( ) Abkürzungen werden unter Auslassung des Kürzungszeichens in runden Klammern aufgelöst.
[ABC] Eckige Klammern machen Textverlust, nicht mehr sicher lesbare Stellen, Konjekturen des Bearbeiters und Ergänzungen aus nichtoriginaler Überlieferung kenntlich.
[.....] Ist bei Textverlust eine Ergänzung nicht möglich, zeigen in eckige Klammern gesetzte Punkte die ungefähre Anzahl der fehlenden Buchstaben an.
[– – –] Ist die Länge einer Fehlstelle oder die Zahl der verlorenen Buchstaben ungewiß, werden stets nur drei durch Spatien getrennte lange Striche gesetzt.
< > Bei der Herstellung der Inschrift absichtlich freigelassene Stellen – etwa für später nachzutragende Sterbedaten – sind mit spitzen Klammern kenntlich gemacht, die entweder Punkte oder den tatsächlichen Nachtrag enthalten.
= Worttrennstriche an Zeilenenden und -anfängen originaler Inschriften sind durch Doppelstriche wiedergegeben.
NE Unter die Zeile gesetzte Bögen kennzeichnen Nexus litterarum und Ligaturen; in der Online-Ausgabe erfolgt die Kennzeichnung durch Unterstriche. Andere Buchstabenverbindungen sind nicht am Text gekennzeichnet. Sie werden in der Schriftbeschreibung erläutert.
Worttrenner werden durch Punkte auf der Zeilenmitte oder auf der Grundlinie dargestellt, und ihre Form wird in der Regel beschrieben.

Bei erhaltenen Inschriften wird der erkennbare Buchstabenbestand wiedergegeben. Auf die Wiedergabe des lange Zeit nur als Zierform dienenden I/i-longa durch J/j wurde verzichtet. Statt dessen steht I/i. Bei Y/y mit dem Lautwert wurde die Schreibweise Y/y beibehalten. Nichtoriginale Überlieferung wird nur dann buchstabengetreu mit Kennzeichnung der Kürzungen ediert, wenn dem Gewährsmann eine textgetreue Übernahme zuzutrauen ist. Andernfalls werden in lateinischen Texten die Wörter nach Wörterbuch normalisiert und die Eigennamen großgeschrieben. Deutsche Texte werden der Vorlage entsprechend übernommen. Eventuell vorhandene Kürzungen werden nur ausnahmsweise vermerkt, wenn dem Abschreiber Textnähe unterstellt werden kann.

Dem Text der Inschrift folgen gegebenenfalls eine Übersetzung, die Auflösung des Datums, die Angabe des Versmaßes oder der Reimform und die Nennung der am Träger befindlichen Wappen. Bei Ahnenproben wird die Anordnung der Wappen durch Spaltendruck kenntlich gemacht. Wenn zusätzlich Prunk-, Amts- oder Ehewappen vorhanden sind, stehen diese an erster Stelle. Wappen wurden grundsätzlich beim ersten Vorkommen in den Anmerkungen blasoniert und mit einem leicht zugänglichen Bildbeleg versehen. Das gilt nicht für fürstliche Wappen, sofern sie durch Zeitstellung und Personenbezug eindeutig zu verstehen sind.

Der Kommentarteil enthält Erläuterungen zum paläographischen Befund, zu philologischen Besonderheiten, zu den genannten Personen, zu historischen Hintergründen und unter Umständen zur kunsthistorischen Einordnung des Trägers. Die Schriftbeschreibungen richten sich nach der „Terminologie zur Schriftbeschreibung“.4)

Der Anmerkungsapparat ist in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen unterteilt. Die Buchstabenanmerkungen enthalten textkritische Angaben wie etwa Textvarianten in der Parallelüberlieferung, orthographische Besonderheiten und unsichere Lesarten sowie Bemerkungen zur Position von Textteilen oder Buchstaben. Die Ziffernanmerkungen umfassen Zitat- und Literaturnachweise sowie ergänzende Bemerkungen zum Inschriftentext und zum Kommentar.

Die Angaben am Schluß der Katalognummern nennen die wichtigsten Überlieferungen des Inschriftentextes in chronologischer Reihenfolge.

2. Kurze Geschichte der wichtigsten Standorte

Aufgabe des folgenden kurzen historischen Abrisses ist es, die Bedeutung der Inschriften als Geschichtsquellen des Bearbeitungsgebiets vorzustellen. Deshalb werden nur jene Ereignisse näher behandelt, für die inschriftliche Zeugnisse vorliegen oder die für das Schicksal von Inschriften und ihrer Überlieferung von Belang sind.

Das Bearbeitungsgebiet des vorliegenden Inschriftenbandes wurde mit dem „Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Hersfeld und Rotenburg vom 11. Juli 1972“5) definiert. Die beiden wichtigsten Einflußzentren Rotenburg (Landgrafen von Hessen) und Hersfeld (Reichabtei und Stadt) wurden dabei vermindert um die ehemals landgräfliche Stadt Sontra (Werra-Meißner-Kreis), aber vermehrt um Breitenbach mit der Burg Herzberg und der von Dörnbergschen Grablege und um die Gemeinde Haunetal aus dem ehemaligen Kreis Hünfeld.6) Die beiden reichsunmittelbaren und landesherrlichen Herrschaften und in geringerem Maße die Reichsabtei Fulda boten dem landsässigen Adel als einem Inschriften schaffenden Stand Betätigung und Unterhalt in Lehen und Ämtern. Mit den beiden Reformationen in Niederhessen und dem im Gefolge des Bauernkrieges sich abzeichnenden Niedergang der Reichsabtei verlagerte sich zwar das politische Zentrum in das von Kassel abhängige Rotenburg, doch blieben Abtei und Stadt Hersfeld Produzenten von Inschriften. Rotenburg gewann durch seinen Status als niederhessischer Witwensitz, zeitweise Nebenresidenz und Verwaltungszentrum an Dynamik.

Über einen nennenswerten und wertvollen Bestand von älteren Inschriften (bis 1300) verfügen nur die Abtei Hersfeld und von ihr abhängige Plätze. Danach kennt man über die Dörfer verteilt vor allem spätgotische Glocken und Inschriften zu Baumaßnahmen in Rotenburg sowie anderweitig auch zu Kirchenausstattungen. Die Reformation, die schon 1525 unter Landgraf Philipp begann und in den Nachwehen des Bauernkrieges auch auf Hersfeld ausgedehnt wurde, verdrängte die altgläubige Konfession fast völlig. Für die Generation bis nach der Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein auffällig geringer Inschriftenbestand festzustellen.

In der sogenannten zweiten Reformation unter Landgraf Moritz (regierend 1592–1627, † 1632) setzte sich mit unterschiedlicher Intensität eine bilderfeindliche und Inschriften bedrohende oder ihre Produktion hemmende Glaubensrichtung durch, die die Bewahrung und vor allem auch die Gestaltung von Inschriftenträgern beeinträchtigte.7) Zwar kam es nicht zu einem dramatischen Rückgang der Inschriftenproduktion, da ein Schwerpunkt der Überlieferung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg zwischen 1560 und 1630 liegt, doch ging ihre Kombination mit bildlichen Darstellungen deutlich zurück, jedenfalls in den eng vom landgräflichen Hof kontrollierten und zielgerichtet gesäuberten Standorten. Danach litt das Land noch stärker unter den Durchzügen und Scharmützeln, so daß weite Teile brach fielen, nicht wenige Orte entvölkert wurden8) und daher die Inschriftenproduktion stark abnahm.

[Druckseite XIII]

Nach 1635 reduzierte das Chaos der Durchzüge und Besatzungen die Produktion von Inschriften auf ein Minimum. Diese großen Linien können nur anhand der an Inschriften reichen Standorte nachgezeichnet werden, da in vielen Dörfern bzw. Gemeinden nur einzelne Inschriftenträger, ggf. sogar nur Glocken, bekannt geworden sind. Von den drei hauptsächlichen Pestwellen, die das Hersfelder Land nach 1600 heimsuchten, gibt sich die erste 1610/11 in Inschriften nicht zu erkennen, wenn man davon absieht, daß reichlich Grabinschriften produziert wurden, die zweite von Anfang 1624 bis Ende 1626 nur in einem nachgeordneten Maximum der Inschriftenzahl, die dritte von 1635 jedoch in viel geringerer Dichte, da anscheinend die Gemeinwesen wohl außer der Dörnberg-Grablege in große Unordnung gerieten – die beiden jüngeren Seuchenzüge gingen mit Besetzungen durch kaiserliche Truppen unter Tilly einher.9) Geradezu ein Gradmesser der kurzfristigen Erholung nach der ersten Besetzung durch Liga-Truppen könnten Inschriften ab 1629 sein, darunter zwei Hersfelder Bauinschriften aus jener Zeit (Nrr. 331, 341), als die Überlegenheit der protestantischen Partei unter Karl Gustav von Schweden dem Land eine kurze Erholung verschaffte.

2.1 Bad Hersfeld

2.1.1 Die Abtei Hersfeld

Die Einsiedelei Hersfeld wurde wohl 736 im Zusammenhang mit der Mission des Bonifatius im hessisch-thüringischen Raum durch seinen Schüler Sturmi gegründet.10) Sturmi gab die Mönchszelle aber 744 auf und gründete Fulda, doch ist nicht sicher, ob er Mönche in Hersfeld zurückließ.11) Die endgültige Gründung des Klosters Hersfeld geschah dann zwischen 769 und 773 durch den Mainzer Bischof Lul. Er hatte bei seiner Romreise in den Jahren 737 und 738 Bonifatius kennengelernt, der ihn für die Mission in Thüringen gewinnen konnte.12) Nach dem Tode des Bonifatius trat Lul 754 dessen Nachfolge als Bischof von Mainz an, doch blieb ihm die angestrebte Abtswürde in Fulda verwehrt.13) Dies dürfte für ihn ein Grund gewesen sein, Hersfeld zu einem Kloster auszubauen,14) das als Missionszentrum für Thüringen und als seine eigene Grablege dienen sollte. Er übernahm selbst die Leitung des Klosters und übertrug es 775 dem Schutz des fränkischen Königs Karl des Großen. Hersfeld wurde somit Reichskloster, und Karl förderte die Abtei durch Schenkungen.15) Um das Ansehen des Klosters weiter zu stärken, ließ Lul um 780 die Gebeine des Fritzlarer Abtes Wigbert dorthin übertragen.16) Lul starb am 16. Oktober 786 in Hersfeld und wurde in der von ihm erbauten Klosterkirche beigesetzt.17) Seine Grabinschrift ist überliefert (Nr. 1), in der vor allem die enge Beziehung zu Bonifatius thematisiert wird.

Die aufstrebende Entwicklung der folgenden Jahre wurde in dem Neubau der Abteikirche sichtbar, deren Grundstein Abt Buno gemeinsam mit dem Fuldaer Abt Hrabanus Maurus [Druckseite XIV] im Jahr 831 legte.18) Die neue Kirche wurde am 28. Oktober 850 durch den mittlerweile zum Mainzer Erzbischof erhobenen Hrabanus Maurus dem heiligen Wigbert geweiht.19) Hrabanus verfaßte zudem für die neue Kirche und ihre Altäre Tituli, welche die in den neun Altären geborgenen Reliquien benennen (Nr. 3). Eine Grabinschrift von 846 für die Tochter eines Wiggo (Nr. 2) deutet darauf hin, daß Hersfeld bereits zu dieser Zeit den regionalen Adel als Grablege anzog.

Wesentlich besser dokumentiert sind dann für das 10. Jahrhundert die Bestattungen der Angehörigen des Konvents selbst. Auf vier der acht erhaltenen Memoriensteine aus dem 10. Jahrhundert werden Priestermönche (presbyter et monachus) (Nrr. 4, 7, 12, 14) und auf einem weiteren (Nr. 13) ein sacerdos genannt. Hier spiegelt sich eine wichtige Funktion des Klosters wider. Die Menschen, die das Kloster mit ihren Stiftungen bedachten, wollten dafür in das Gebetsgedenken des Klosters aufgenommen werden. Da seit dem 8. Jahrhundert die Meßfeier für den einzelnen Verstorbenen von immer größerer Bedeutung wurde, bedurften die Konvente einer immer größeren Zahl an Priestermönchen, welche die Messe für die Verstorbenen feiern konnten.20) Für das 11. Jahrhundert fehlen mit Ausnahme der Lulglocke (Nr. 17) Inschriften aus Hersfeld. Dies dürfte mit dem Brand der Klosterbasilika 1037/3821) und dem sich dann bis 1144 hinziehenden Neubau zusammenhängen. Der Guß der Glocke unter Abt Meginher (1036–1059) wurde wohl deshalb notwendig, weil die alten Glocken bei dem Brand zerstört worden waren.

Die in die Wände eingebauten Memoriensteine konnten eindeutig nachkarolingisch datiert werden,22) gehörten also nicht zu der 850 geweihten Kirche, sondern wurden nach dem Brand von 1037/38 in die neugebaute Kirche einbezogen. Da die Steine für Egilhelm und Gawolf (Nrr. 4, 14) – und früher wohl auch weitere – auf dem Kopf stehend eingebaut waren, können sie unmöglich gleichzeitig mit den jeweiligen Mauerabschnitten entstanden sein.23)

Aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts sind dann zwei Inschriften aus dem Westchor fragmentarisch erhalten (Nrr. 19 f.) und eine weitere aus dem Langhaus (Nr. 21) überliefert, die zur Ausstattung der neuen Klosterkirche gehörten. Die Inschriften aus dem Westchor wandten sich mit Mahnungen an die Gläubigen, sich die Vergänglichkeit des Menschen zu vergegenwärtigen, gute Taten zu tun und die Bedeutung des Glaubens zu erkennen. Die Inschrift im Langhaus war offenbar mit einem Bildprogramm verbunden, das die Bedeutung der drei wichtigsten Hochfeste des Kirchenjahrs, Weihnachten, Ostern und Pfingsten, und der wenig nachrangigen Feste von Verkündigung und Himmelfahrt erklärte. Man ist versucht, die am Ende des 16. Jahrhunderts als Inschrift charakterisierten Verse für Lul mit seinem Grab in Hersfeld in Verbindung zu bringen, wie das seit Piderit in Hersfeld getan wurde. Nach dem Brand der Klosterkirche waren Wigbert und Lul in der 1040 fertiggestellten Ostkrypta beigesetzt worden.24) Die Inschrift könnte auf dem Grab anläßlich der Weihe der Klosterbasilika 1144 angebracht worden sein, denn die Weihe fand am Gedenktag Luls [Druckseite XV] in Gegenwart König Konrads III. und zahlreicher Bischöfe statt.25) Es gibt aber gute Gründe, die Verse „Antistes Lullus …“ als eine Dichtung aus England zu verstehen, die über die Rezeption von Wilhelm von Malmesburys englischer Königsgeschichte an den Rhein kam und von dort über den Kölner Kartäuser Laurentius Surius als „Verse“, nicht als Inschrift, verbreitet wurde.26)

Von einem anonymen Grabgedicht (Nr. 23) abgesehen, schweigen die epigraphischen Quellen zur Geschichte Hersfelds bis in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts; ein Fragment (Nr. 24) kann keiner Gattung sicher zugeordnet werden. Ab dieser Zeit lassen sich für das Kloster wieder Bestattungen (Nrr. 27 f.) von Angehörigen des Stifts und auch von Laien nachweisen.

Im 14. Jahrhundert wird der Konflikt zwischen Abt, Konvent und der Stadt Hersfeld in den Inschriften greifbar. Abt Berthold von Völkershausen (1367–1387), der sich dem gegen die Landgrafen von Hessen gerichteten und von Rittern getragenen Sternerbund angeschlossen hatte, ließ 1372 die Burg Eichhof durch eine Mauer befestigen, da die Stadt Hersfeld auf der Seite des Landgrafen stand.27) Eine ausführliche Bauinschrift (Nr. 39) berichtet in sechs Hexametern von der Baumaßnahme Bertholds und erinnert auch an die Gründung der Burg unter Abt Ludwig von Mansbach (1324–1343). Unter ihm war es 1327 zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und dem Stift gekommen,28) was den Abt offenbar dazu veranlaßt hatte, eine Burg in der unmittelbaren Nähe der Stadt zu errichten. Auch Abt Berthold befürchtete offenbar gewalttätige Auseinandersetzungen.

Tatsächlich verbündete sich die Stadt Hersfeld 1373 mit den hessischen Landgrafen Heinrich und Hermann und vollzog so den offenen Bruch mit dem Abt. Der Konflikt eskalierte in der Vitalisnacht 1378. Abt Berthold von Völkershausen plante, die Stadt durch einen nächtlichen Überfall mit Hilfe des Sternerbundes in seine Hand zu bringen. Angeblich lud der Abt die Räte und Schöffen der Stadt am Abend des 27. April 1378 zu einer Feier ein, nachdem er zuvor sieben Ritter in die Stadt eingeschleust und im Hause des Dekans verborgen hatte. Diese sollten zu gegebener Zeit über die – so hoffte der Abt – angetrunkenen Vertreter der Stadt herfallen. Gleichzeitig war ein Angriff weiterer Ritter gemeinsam mit Stiftstruppen auf die Stadt geplant. Der Fehdebrief eines Ritters an die Stadt warnte die Bürger jedoch, so daß sie die in der Stadt verborgenen Ritter festnehmen konnten. Als im Morgengrauen des 28. April der Angriff an der Grenze zwischen Stadt und Stiftsbezirk stattfand, waren die Bürger gerüstet und schlugen die überraschten Angreifer in die Flucht.29) Zur Erinnerung an diesen Verrat setzte die Stadt ein Kreuz auf die Stadtmauer, das mit einer entsprechenden Inschrift versehen war (Nr. 40).

Die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen Stift und Stadt,30) die hier nicht dargelegt werden kann, hat bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts entweder keinen epigraphischen Niederschlag gefunden, oder die entsprechenden Texte sind aufgrund der hohen Verluste an Inschriften aus Hersfeld nicht überliefert. Im Westturm haben sich rund um das kleine Fenster auf der Westseite und auf dem Kreuzgewölbeträger zahlreiche Inschriften und Graffiti erhalten, von denen die älteren (Nrr. 90, 98, 100) auf Bautätigkeit und beteiligte Personen verweisen dürften, ohne wirklich Konkretes mitzuteilen. Wenigstens teilweise wird das auch für die älteren Namen (Nrr. 90, 98, 100) und für Namen, Jahreszahlen und Initialen [Druckseite XVI] (Nrr. 117, 130, 137 ff.) auf dem Kreuzgewölbeträger und Wänden gelten. Die jüngeren Namen (vgl. u. a. Nr. 104) gehören wohl in der Turmstube eingesperrten Zöglingen der Klosterschule.31) Ein Bibelzitat aus Tobias (Nr. 103) bezieht sich in keiner Weise auf den Bau. Fünf in Zeichnungen überlieferte spätgotische Abtsgrabplatten (Nrr. 29, 71, 75, 92, 113) sagen nichts über ihre Funktion als Memoria hinaus aus.

Erst die nur archivalisch überlieferte, auch gezeichnete und doch bisher unbeachtet gebliebene Grabinschrift für Abt Crato Melles (Kraft Myle) (Nrr. 145 f.) beleuchtet wieder ein wichtiges Kapitel der Hersfelder Geschichte: „Wie schwierig auch die Zeit gewesen sein mag, so bewahrte doch Crato die Herrschaft, während das bäuerische Volk töricht die Waffen erhob …“32) Crato Melles regierte von 1516 bis zu seinem Tod 1556.33) Im Jahr 1525 erreichte der Bauernkrieg Hersfeld, worauf die zweite Zeile des Grabgedichts Bezug nimmt. Die Stadt schloß sich den Bauern an, und Abt und Konvent suchten Zuflucht in der Burg Eichhof. Landgraf Philipp, der 1521 von Kaiser Karl V. neben drei geistlichen Fürsten beauftragt worden war, das Kloster zu schützen,34) kam dem Abt zur Hilfe. Die Stadt verlor wegen ihrer Beteiligung am Aufstand Freiheiten und Rechte, und Philipp betrachtete sich nun als Herr des hersfeldischen Gebiets, da er dies praktisch von den Aufständischen zurückerobert hatte. Einen Teil erhielt der Abt zwar zurück, doch ließ der Landgraf keinen Zweifel an seiner Oberhoheit. Zu einem endgültigen Ausgleich zwischen Abt und Landgrafen kam es allerdings erst 1550. Doch wichtige Weichenstellungen waren nun längst vollzogen. Hersfeld erhielt einen hessischen Schultheißen, Philipp führte im gesamten Gebiet des Stifts Hersfeld die Reformation ein,35) und die Stiftskirche wurde noch 1525 für die Öffentlichkeit geschlossen. Nur Abt und Konvent konnten dort noch Gottesdienst nach katholischem Ritus feiern.36) Wieweit diese Vorschrift allerdings eingehalten wurde, ist fraglich. Denn in der Stiftskirche haben sich aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sowohl Grabplatten von weltlichen Mitarbeitern des Stifts als auch von anderen Laien erhalten. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß diese ohne die entsprechenden Meßfeiern und in Abwesenheit ihrer Angehörigen in der Kirche beigesetzt wurden. Auch die Herstellung einer neuen Inschrift für das Grab Wittas (Albuin) (Nr. 164), in der durch die Nennung Wigberts, Luls und Karls des Großen die alte Bedeutung Hersfelds beschworen wurde, macht kaum Sinn, wenn diese Inschrift für niemanden zu sehen war.

Einen letzten Versuch, das Stift Hersfeld zu stabilisieren, unternahm Abt Ludwig Landau (1571–1588) (Nrr. 213 f.). Er bemühte sich um eine Ordnung der Lehnsverhältnisse des Stifts37) und förderte das von seinem Vorgänger Michael Landgraf (Nrr. 179 f., 211/MMM, NNN) gegründete Gymnasium wie auch das Hospital in Niederaula. Zudem veranlaßte er eine Reihe von Bauvorhaben und ließ unter anderem den Eichhof ab 1572 umbauen (Nr. 181) und wenig später die Rentmeisterei in Niederaula (Nrr. 208 f.). Wohl im Zusammenhang mit der 1582 erfolgten neuen Innenausstattung ließ Landau 1586 einen Bilderzyklus (Nr. 211) schaffen, der die fränkischen Könige Pippin und Karl den Großen, den [Druckseite XVII] heiligen Bonifatius sowie alle Äbte des Klosters zeigte. Mit Hilfe dieser Bilder sollte den Besuchern des Eichhofs die große Vergangenheit und die Kontinuität der Abtei sichtbar gemacht werden. Der kurze Abbatiat des „Protestanten“ Kraft Weiffenbach (Nr. 211/OOO) bis 1592, der von Papst und Kaiser keine Bestätigung erhalten hatte und sich im zusammengeschmolzenen Konvent sowie gegenüber Stadt und Landgrafschaft aufrieb, war nur ein weiterer Schritt zur Destabilisierung des Stifts. Den Niedergang konnte auch der wieder katholische Joachim Roell, der immerhin durch seine guten Beziehungen zum Landgrafen Moritz eine gewisse Ruhephase genießen konnte, nicht wirklich aufhalten.

Mit dem Tode des Abtes Joachim Roell 1606 (Nrr. 274 f.) kündigte sich das Ende des Stifts Hersfeld an. Landgraf Moritz verhinderte die Wahl eines neuen Abtes und setzte seinen 11jährigen Sohn Otto als Administrator ein.38) Obwohl Papst und Kaiser dieser Maßnahme ihre Anerkennung verweigerten und der Papst Abt Balthasar von Fulda beauftragte, für Hersfeld zu sorgen, kam es nach Balthasars plötzlichem Tod noch 1606 zunächst zu keinem weiteren Vorgehen gegen den Administrator.39) Allerdings wurde 1628 der Fuldaer Abt Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg von Kaiser Ferdinand II. zum kaiserlichen Administrator der Abtei Hersfeld ernannt, um diese dem Zugriff des Landgrafen von Hessen zu entziehen (Nr. 333). Der Sieg des schwedischen Königs Gustav Adolf bei Breitenfeld 1631 machte jedoch alle Pläne einer Neubelebung des Stifts Hersfeld ohne landgräflichen Einfluß zunichte.

Die Geschichte des Stifts als Bestattungsort endet damit allerdings nicht. Zwischen 1600 und 1650 sind noch vier Grabdenkmäler (Nrr. 258, 293, 339, 349) aus der Stiftsruine erhalten. Bei fünf weiteren, die heute im oder beim Museum stehen (Nrr. 260, 271, 282, 292, 328), ist die Zuweisung zur Stiftsruine nicht völlig gesichert, da ihr protestantisches Umfeld dem zu widersprechen scheint; die Platten können aus dem Bereich der Stadtkirche, Grabsteine von dort oder von einem Friedhof stammen. Die Stiftskirche wurde auch nach 1650 noch als Bestattungsort genutzt, da bis 1745 noch über 20 Grabdenkmäler mit zum Teil erloschenen oder stark beeinträchtigten Inschriften im Stiftsbereich vorhanden sind. Im Siebenjährigen Krieg wurden 1761 Kirche und Konventsgebäude, die damals als Vorratslager der französischen Truppen dienten, von diesen in Brand gesetzt und zerstört,40) womit die Nutzung der Stiftskirche als Bestattungsort endete. Aus jüngerer Zeit ist allerdings noch das Epitaph des Veltin Hahn von 1845 vorhanden, ohne daß bekannt ist, woher dieses Epitaph ursprünglich stammt.

2.1.2 Die Stadt Hersfeld

Während die epigraphischen Zeugnisse zur Geschichte des Stifts viele Details beisteuern, auch wenn sie nicht die komplexe Stiftsgeschichte abbilden, bleibt das Bild der Stadt Hersfeld in den epigraphischen Zeugnissen blaß. Im Jahr 1330 ist zum ersten Mal ein Pfarrer der neuen Pfarrkirche am Markt von Hersfeld durch seine Grabplatte bezeugt (Nr. 30). Urkundlich lassen sich Geistliche der Marktkirche schon ab 1142 nachweisen,41) und die Kirche bestand vielleicht schon seit dem späten 11. Jahrhundert, doch ist sie erst 1323 als Pfarrkirche belegt.42) Zwischen 1356 und 1360 wurde eine Inschrift zum Gedenken an die Opfer [Druckseite XVIII] der Pest in Hersfeld hergestellt, welche die Seuche als Strafe Gottes beschrieb (Nr. 34); sie ist heute an der Stadtkirche angebracht, die aber wahrscheinlich nicht der ursprüngliche Standort ist. Die Inschrift ist von erheblicher Bedeutung, da die Pest in epigraphischen Zeugnissen sonst kaum Niederschlag fand. In der Hersfelder Inschrift wurde der Trauer und der Ohnmacht der Menschen gegenüber der Seuche öffentlich Ausdruck verliehen.

Obwohl der Turm der Stadtkirche wohl schon um 1350 fertiggestellt wurde,43) erhielt er erst 1371 und 1380 neue Glocken (Nrr. 38, 41). Im Jahr 1371 wird auch das Rathaus zum ersten Mal urkundlich erwähnt, das kurz vorher errichtet worden sein dürfte. Zu diesem Bau gehörte eine Inschrift, welche von den Bürgern und vor allem von ihren Vertretern forderte: „Achtet den Frieden, die Wahrheit und die Gerechtigkeit“.44) Die Auseinandersetzungen zwischen dem Stift und der Stadt in dieser Zeit zeigen jedoch, daß der Friede weit entfernt war. Der Bürgerschaft gelang es, im Jahr 1378 einen tückischen Überfall auf die Stadt zu verhindern; zur Erinnerung setzte sie ein Kreuz mit entsprechender Inschrift (Nr. 40) auf die Stadtmauer.45)

Die Stadtgeschichte ist dann bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts in epigraphischen Zeugnissen nur noch ausschnitthaft aus der Sicht des Stifts zu verfolgen, da die Grabinschriften des Abtes Crato Melles (Kraft Myle) (Nrr. 145 f.) kurz auf den Bauernkrieg Bezug nehmen. 1563 wird aber an dem Haus Untere Frauenstraße 24 die Folge der Reformation in Hersfeld sichtbar. Die Inschrift auf der Oberschwelle der Eingangstür nennt Balthasar Raid aus Fulda als Pfarrherrn zu Hersfeld (Nr. 158). Der von Melanchthon zum Pfarrer ordinierte Raid wirkte ab 1524 als Kaplan in Hersfeld unter dem der Reformation gewogenen Hersfelder Abt Crato, der ihn 1538 schließlich als Pfarrer der Stadtkirche einsetzte. Zudem wurde Raid kaiserlicher Notar, und Landgraf Philipp nahm seine Dienste bei der Ausbreitung der Reformation in Anspruch.46) Sein Nachfolger Georg Flüges erhielt 1566 ein Haus in der Kaplangasse 2. Laut der Bauinschrift an dem Haus haben die Bürgermeister Hans (Johann) Will und Conrad Vitt ihm das Haus bauen lassen (Nr. 163). Flüges wurde mit der Zustimmung des Abtes eingesetzt. Da er jedoch gern dem Wein zusprach, Schmähreden von der Kanzel hielt und Aufruhr erregte, kam es schließlich zum Konflikt mit der Gemeinde und dem Abt Joachim Roell, der ihn 1593 absetzte.47) Eine weitere Neuerung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts betraf die Anlage eines Friedhofs am Frauenberg. Die Gedenkinschrift, die an die Eröffnung des Friedhofs 1590 erinnert, befindet sich heute im Hersfelder Museum (Nr. 219). Eine Inschrift aus dem Jahr 1595 markiert Bauaktivitäten an der Fuldabrücke (Nr. 238) durch die Nennung der Verantwortlichen im Rat. Einige Baudaten an Privathäusern, der städtischen Schule und stiftischen Gebäuden (Nr. 118) geben keinen vertieften Einblick in die Aktivitäten.

Zwischen 1607 und 1612 wurde das Hersfelder Rathaus auf vier Geschosse erhöht und mit einer einheitlichen Fassade versehen. Dabei wurde die oben zitierte Mahnung in einer Inschrift für das Südportal übernommen (Nr. 279). Auch die wohl in dieser Zeit entstandene aufwendige Holztäfelung des heutigen Sitzungssaals war mit einer Inschrift geschmückt (Nr. 294). In dieselbe Zeit fallen Verluste durch die zweite Reformation in Niederhessen, während der im Jahre 1608 in Anwesenheit des Landgrafen Moritz Bilder aus der Stadtkirche entfernt wurden.48)

[Druckseite XIX]

Zuletzt bezeugen im 1. Viertel des 16. Jahrhunderts noch zwei Bürgerhäuser mit lateinischen Inschriften (Nrr. 283, 313) von 1609 und 1619, Klausstraße 34 und Hanfsack 2, das aufstrebende und bildungsorientierte Hersfelder Bürgertum.

Die desaströsen Folgen von lutherischer Reformation, Bauernkrieg, calvinistischer Reformation, Dreißigjährigem Krieg und kurzzeitiger Gegenreformation auf potentielle Inschriftenbestände lassen sich auch am Hersfelder Barfüßerkloster beobachten, dessen Gebäude ab 1570 dem Gymnasium dienten und 1689 zu demselben Zweck in einen Neubau überführt wurden. Von diesem Kloster kennt man keine Inschrift, obwohl die Ordenskirche in anderen Städten als besonders attraktiv für Begräbnisse der Bürgerschaften erscheint. 49) Auch in den außerhalb der befestigten Stadt liegenden Siedlungen Petersberg und Johannesberg ist nur wenig an Inschriften (Nrr. 192†, 316†, 321) bekannt geworden.

2.2 Gehau, Burg Herzberg

Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Burg Herzberg (Gehau, Breitenbach am Herzberg) wird inschriftlich zum erstenmal 1483 faßbar. In diesem Jahr ließ Hans von Dörnberg die Hochburg umbauen, worüber eine Inschrift berichtete (Nr. 77). Die Baumaßnahmen wurden erst 1494 abgeschlossen.50) Hans war 1462 in die Dienste des in Oberhessen regierenden Landgrafen Heinrich III. getreten, der ihn 1477 mit der Burg belehnte. Während der Zeit der Vormundschaftsregierungen in Niederhessen (1471–1483) nach dem Tode Ludwigs und in Oberhessen (1483–1489) nach dem Tode Heinrichs und noch zu Beginn der Regierung Landgraf Wilhelms III. in Oberhessen war Hans von Dörnberg der eigentliche Herr Hessens. Sowohl mit seinen Verwaltungsreformen als auch mit seiner Außenpolitik erzielte er beträchtliche Erfolge. Zu dieser herausragenden Stellung paßt eine allerdings noch nicht durch Autopsie verifizierte, doch durch eine Fotografie gestützte Beobachtung am nordöstlichen Turm der Burg, an dem sich ein Meisterzeichen des landgräflichen Baumeisters Hans Jakob von Ettlingen mit der Jahreszahl 148751) befindet (Nr. 84/I). Schon 1483 kündete die Bauinschrift (Nr. 77) von den Ambitionen Dörnbergs; er nutzte seine Position also auch für den Ausbau seiner Burg. Mit dem Regierungsantritt Landgraf Wilhelms II. in ganz Hessen im Jahr 1500 endete Dörnbergs herausragende Stellung. Er diente nun nur noch als einfacher Rat, doch verlor er auch diese Stelle, als er 1501 in den Prozeß gegen seinen Günstling, den oberhessischen Kammerschreiber Johannes Fleck, hineingezogen wurde.52)

Die Burg blieb jedoch Lehen der Herren von Dörnberg. Dies zeigt sich auch an zwei an der Mittelburg vorhandenen Jahreszahlen, welche die Jahre 1516 und 1536 (Nrr. 84/II, III) als Baudaten angeben. Beide sind mit dem Wappen der Familie von Dörnberg verbunden. Die Jahreszahlen dürften mit Baumaßnahmen im Zusammenhang stehen, die nach dem Brand des Jahres 1510 durchgeführt wurden. Die nächste Baumaßnahme an der Burg wird durch eine Inschrift dokumentiert, die 1560 an der sogenannten „großen Stube“ über dem Tor zur Hochburg angebracht wurde. Danach hatte Adolph Wilhelm von Dörnberg, der die „große Stube“ mit Holz täfeln ließ, „das edle Werk aus Liebe zu seiner Nachkommenschaft gemacht“ (Nr. 152); wenig später, im Jahre 1563, gestaltete er dann auch den Saal im Obergeschoß des südwestlichen Wohnturms neu, was durch eine noch erhaltene Inschrift bezeugt ist (Nr. 159). Über der Tür zu diesem Baukomplex steht eine zeitnahe, aber nicht ganz lesbare Bauzahl (Nr. 84/IV).

[Druckseite XX]

Die Burg Herzberg war nie Grablege der Herren von Dörnberg. Trotzdem erscheint sie den Besuchern heute als solche, da sich in der Burgkapelle 12 Grabplatten der Familie von Dörnberg befinden. Die eigentliche Grablege der Dörnberger befand sich in der Breitenbacher Kirche. Als diese zwischen 1856 und 1858 durch einen Neubau ersetzt wurde,53) kamen die Platten über Umwege in die Burgkapelle.54) Die Bestattungen setzen nach dem heutigen Befund mit dem 1557 verstorbenen Emerich von Dörnberg ein (Nr. 148). Dann folgt erst wieder eine Grabplatte für den 1606 verstorbenen Adolf Heiderich von Dörnberg (Nr. 273); offenbar besteht hier eine Überlieferungslücke. Bis 1643 ist die Familie dann durch die Inschriften auf den Grabplatten recht dicht bezeugt. Sie bilden eine wichtige Quelle für die bisher unzulänglich aufgearbeitete Genealogie der Familie von Dörnberg. Zudem sind die Platten (weitere Nrr. 290, 297, 302, 320, 326, 329, 335, 336, 345, 346) mit ihren zum Teil sehr ausführlichen Ahnenproben ein Beleg dafür, wie Adelsfamilien mit Hilfe von Wappen ihre Präsenz an einem für sie wichtigen Ort sichtbar machten. Im übrigen gehören die von Dörnberg zu den Vorfahren der englischen (Charles III. Prince of Wales) und niederländischen Königsfamilie.

2.3 Rotenburg an der Fulda

Die Stadt Rotenburg an der Fulda55) wird zuerst in einer von Friedrich dem Jüngeren gen. Mittelstein (nach einer wüsten Burg bei Eisenach) am 28. September 1248 ausgestellten Urkunde als solche bezeichnet. Die Urkunde sollte mit dem Siegel des Ausstellers und jenem der Stadt Rotenburg gesiegelt werden.56) Die Geschichte von Burg und Stadt Rotenburg reicht jedoch weiter zurück. Auf die Existenz der Burg Rodenberg bereits 1170 läßt die Nennung des hersfeldischen Ministerialen „Wigandus de Rodenberc“ in einer Urkunde des Abtes Willebold von Hersfeld schließen. Und 1197 wird ein „Amtmann“ von Rotenburg genannt.57) Im Jahr 1137 war der Besitz in und um Rotenburg an die Landgrafen von Thüringen gefallen, und 1264 kam das Gebiet durch den hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg an Hessen.58) Für diese Zeit gibt es keinerlei inschriftliche Überlieferung in Rotenburg. Allerdings erinnerte eine wohl 1598 entstandene, heute verlorene Inschrift am Rathaus daran, daß Landgraf Heinrich I. von Hessen (*1244, 1263–1308) die Stadt zum Schutz vor Feinden mit einer Mauer und mit Türmen umgeben ließ (Nr. 250†).

Eine weitere Inschrift von 1610, die am Hauptportal des Schlosses59) angebracht war, hielt den Neubau der Stadtburg durch Landgraf Ludwig IV. 1470 fest (Nr. 287). Weiter berichtet die Inschrift, unter Landgraf Wilhelm IV. und seiner Frau Sabine von Württemberg sei der Bau erweitert, seien die Gärten angelegt und die Schloßkirche errichtet worden. Als Jahr der Fertigstellung gibt die Inschrift 1573 an. Wilhelms Sohn Moritz habe dann das, was aus Holz gebaut gewesen sei, durch Steinbauten ersetzt. Nach den Anfängen von 1571 (Nr. 176) dürfte die Fertigstellung 1607 erfolgt sein oder nach der Inschrift gar erst 1610 (Nrr. 176, 287). Bereits 1600 wurde am Schloß eine Inschrift angebracht, welche berichtet, daß Landgraf Moritz am 1. Juni jenes Jahres zum erstenmal über die Fulda nach Rotenburg reiste, um ihre Schiffbarkeit zu prüfen (Nr. 251). Nach weiteren Arbeiten, um die Fulda flußaufwärts [Druckseite XXI] weiter schiffbar zu machen, konnten am 24. September 1601 erstmals Handelschiffe die Fulda bis Rotenburg und dann weiter bis nach Hersfeld befahren.60) Die Inschrift hielt damit eine wirtschaftlich wichtige Maßnahme des Landgrafen fest und zeigte zugleich seine Sorge für Rotenburg.

Die in der Bauinschrift von 1610 erwähnte Schloßkirche erhielt ihre Innenausstattung (Nrr. 223 f.) zwischen 1581 und 1590 durch Wilhelm Vernukken und seine Söhne. Landgraf Wilhelm IV. ließ die Wandflächen und die Emporenbrüstungen mit einem Programm aus Bibelsprüchen schmücken, das allerdings nicht überliefert ist. Überliefert ist aber die Fundationsinschrift (Nr. 222), die sich an der Südseite der Kirche befand. Nach ihrem Wortlaut diente das Programm der Bibelsprüche dazu, den Gläubigen grundlegende Aussagen der Bibel im Sinne Luthers nahezubringen und dadurch zur Festigung der als richtig empfundenen evangelischen Lehre beizutragen (Nr. 223). In dieser Kirche wirkte Christoph Formicarius 1590 bis 1605, der von 1593 bis zu seinem Tode 1605 zugleich auch erster Pfarrer an der St. Jakobskirche in Rotenburg war, wo sich sein bei Lucae überliefertes Epitaph befand (Nr. 270). Diese Inschrift hebt das Vertrauensverhältnis zwischen Formicarius und Landgraf Moritz (1592–1627) hervor, der tatsächlich eine besondere Beziehung zu Rotenburg gehabt zu haben scheint. Davon zeugen zuletzt die Inschriften an dem 1629 eingerichteten Fürstenstuhl, welche die Namen von Moritz, seiner zweiten Frau Juliane von Nassau-Dillenburg sowie der gemeinsamen Kinder nennen (Nr. 332). Landgraf Moritz war bereits 1627 wegen seiner politischen Erfolglosigkeit abgesetzt worden, die das Land in den völligen Ruin zu stürzen drohte. Als die Landstände ihn 1627 absetzten und sein Sohn aus erster Ehe Wilhelm V. (1602–1637) die Nachfolge antrat, gelang es Moritz, für die Söhne aus seiner zweiten Ehe mit Juliane das teilselbständige Fürstentum Hessen-Rotenburg zu erhalten, das allerdings unter der Oberhoheit von Hessen-Kassel blieb.61) Die Inschriften am neuen Fürstenstuhl dienten somit der Legitimation der neuen Linie.

Die zeitgenössische inschriftliche Überlieferung zur Stadt Rotenburg setzt erst mit dem Neubau der Stiftskirche St. Elisabeth 1370 ein. Im Jahr 1352 hatten mehrere Priester die Bildung eines Stiftes beschlossen, wozu sie die Unterstützung Landgraf Heinrichs II. erhielten. Er ließ ihnen den Platz des alten Hospitals in der seit 1340 auf dem rechten Fuldaufer gegründeten Neustadt als Bauplatz für die neue Stiftskirche zuweisen. Das Hospital wurde in die Altstadt zur St. Georgskirche, die gleichzeitig die Kapelle des Totenhofs im Süden der Stadt war, verlegt.62) Im Jahr 1368 erhielt das Stift verschiedene Privilegien wie die Befreiung von Abgaben und die Exemtion von der städtischen Gerichtsbarkeit durch den Landgrafen.63) Zwei Jahre später konnte der Neubau der Stiftskirche dann in Angriff genommen werden, wovon eine Bauinschrift an der Südseite des Turms zeugt (Nr. 37). Bis 1379 wurde der Chor vollendet. Der Bau des Langhauses erfolgte erst ab 1484, was wiederum durch eine Inschrift (Nr. 79) belegt ist, die sich am Westportal des Langhauses befand. Erst 1501 konnte der heute durch die Umbauten des 18. und 19. Jahrhunderts stark veränderte Bau fertiggestellt werden.64)

Die 1248 zum ersten Mal nachweisbare, am Markt gelegene Pfarrkirche St. Jakobi65) erhielt 1482 eine den Heiligen Jakob und Theodul geweihte Glocke. Sie ist der erste erhaltene [Druckseite XXII] Inschriftenträger der Kirche (Nr. 74). Im übrigen bieten die thematisch heterogenen Inschriften Rotenburgs kein erhellendes Bild der Stadtgeschichte, da nach den Bauinschriften der Elisabethkirche eine Bauzahl 1422 am Bürgerturm (Nr. 54), eine Grabinschrift von 1429? (Nr. 57) und zwei Glocken der Jakobikirche von 1488 und 1512 (Nrr. 88, 110) folgen und erst 1555 eine Inschrift am Haus Steinweg 15 den hessischen Amtmann Johann von Ratzenberg als Bauherrn des Gebäudes (Nr. 144) nennt. Ratzenberg (Nrr. 197 f.) war eine schillernde Figur, deren Leben und Rolle in der Geschichte Rotenburgs mittlerweile ausführlich gewürdigt worden ist.66) Bauzahlen am Rathaus (Nr. 247) halten das Jahr der Fertigstellung des Neubaus 1597–98 fest; eine Gedenktafel (Nr. 250) erinnerte wohl im gleichen Jahr an wichtige Befestigungsarbeiten durch den ersten hessischen Landgrafen Heinrich. In diese Zeit gehören wohl auch Längenmaße (Nr. 248) gegenüber an der Jakobikirche. Nur geringe Reste von Inschriften zu Kirchenausstattungen und Baumaßnahmen (Nrr. 233, 235, 267, 284, 285), Begräbnissen (Nrr. 243, 265, 270, 318, 330) und Häusern (Nr. 239) sind überkommen oder aus Abschriften bekannt; die verlorenen Grabinschriften gehören ausnahmslos protestantischen Geistlichen (Nrr. 243, 265, 270, 318, 330).

2.4 Wehrda

Die alte Kapelle von Wehrda (Haunetal) wurde 1476 von Albrecht von Trümbach neu erbaut, weil die Kirche im trümbachschen Rhina anscheinend nicht mehr zweckmäßig war bzw. zeitweise wüst lag. Meßgewand, Kelche, Bücher und Glocken wurden von der alten Kirche nach Wehrda gebracht.67) Diese gotische Kapelle wurde dann 1567 unter Lucas von Trümbach umgebaut. Die bleibende Verlagerung der Trümbachschen Interessen mochte durch die fuldische Pfandverschreibung von Schloß Wehrda im Jahr 1552 an die von Trümbach68) gefestigt worden sein. Schon 1537 zeugt ein Wappenstein (Nr. 132) von profanen Aktivitäten der von Trümbach in Wehrda. Am Wasserschlaggesims auf der Ostseite des Kirchturms, auf der Kirchentür des Südportals und auf einem Wappenstein an der Westwand des Chores zeugen Baudaten (Nrr. 165167) von den konzentrierten Baumaßnahmen. Dabei wurden das Schiff und der Chor der Kirche neu errichtet, während der mittelalterliche Turm stehenblieb. Ursprünglich bildete er den Ostabschluß des Schiffes und steht nun an dessen Nordseite. Der Chor wurde mit Aposteldarstellungen ausgemalt (Nr. 168), ein Taufstein wurde aufgestellt (Nr. 169) und wahrscheinlich wurde in dieser Zeit auch die von Christof Glockengießer aus Nürnberg gegossene Glocke (Nr. 185) angeschafft. Der Neubau erfolgte wohl vor allem deshalb, weil Lucas von Trümbach die Kirche zur Grablege seiner Familie machen wollte. Sein 1556 verstorbener Vater Karl von Trümbach (Nr. 147) und der 1561 verschiedene Albert von Trümbach (Nr. 153) waren noch in der Kirche von Rhina beigesetzt worden.

Von 1570 bis 1624 finden sich in dichter Folge Grabplatten und Epitaphien der Familie von Trümbach in Wehrda, die es erlauben, die Genealogie der Familie für diese Zeit zuverlässig zu rekonstruieren. Den Anfang der Bestattungen bildet das Grab für den 1570 verstorbenen Lucas von Trümbach, das eine von Valentin Hep gefertigte Grabplatte deckt (Nr. 173). Ergänzt wird dieses Denkmal durch ein monumentales Epitaph (Nr. 172), das [Druckseite XXIII] Hep noch zu Lucas' Lebzeiten ebenfalls 1570 schuf. Auf ihm wurde auch Clara Schenkin zu Schweinsberg, die bereits 1566 verstorbene Frau des Lucas von Trümbach, verewigt. Die nächste Bestattung erhielt zwischen 1570 und 1573 Wolff Dietrich von Trümbach, ein Sohn des Lucas und der Clara, dessen Grabplatte ebenfalls von Valentin Hep gefertigt wurde (Nr. 184). Ihm folgte 1574 wiederum mit einer Grabplatte des Valentin Hep Karl, ein weiterer Sohn des Lucas von Trümbach (Nr. 186). Auch Hans Werner, der jüngste Sohn des Lucas von Trümbach und seiner Frau Clara, wurde in Wehrda mit einer Grabplatte und einem Epitaph aus der Werkstatt des Valentin Hep verewigt (Nrr. 195 f.). Da seine Brüder vor ihm gestorben waren und er offenbar keine Kinder hatte, brach nach seinem Tod zwischen seinen Schwestern und deren Ehemännern auf der einen Seite und seinen Vettern auf der anderen Seite ein heftiger Streit um das Erbe aus.69) Auseinandersetzungen um das Erbe ergaben sich auch nach dem Tode des Valentin von Trümbach 1582.70) Die Wappen auf seiner Grabplatte (Nr. 203) lassen erkennen, daß er der Verbindung eines von Trümbach mit einer von Hutten entstammte, die sich aber in den älteren Stammtafeln nicht nachweisen läßt. Für seinen Bruder Jörg, der 1596 starb, blieben ebenfalls Grabplatte und Epitaph erhalten (Nrr. 240 f.). Auch das Epitaph von Jörgs 1598 verstorbener Frau Margareta von Trümbach (Nr. 249), geborene Töpfer, ist in Wehrda erhalten geblieben und ebenso das seiner Schwiegermutter Catharina Töpfer (Nr. 200). Die Grabmäler der Kinder aus dieser Verbindung, Hans Wolf von Trümbach († 1611, Nr. 291), Adam von Trümbach († 1613, Nr. 295) und Albrecht von Trümbach († 1624, Nr. 319), sowie die Platte für die 1615 verstorbene Margaretha von Trümbach (Nr. 303) und deren gleichnamige Mutter (Nr. 325), eine geborene von Baumbach, schließen diese Reihe ab. Auch ein Fremder, Wolf Christoph von Erlach, erhielt 1626 hier ein Epitaph (Nr. 327).

Die Grablege der Familie von Trümbach gehört somit zu den gut erhaltenen Beispielen einer Adelsgrablege des 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Zwar hatten die Grabplatten bei den wohl schon in den 1520er Jahren lutherisch gewordenen Herren von Trümbach71) keine liturgische Funktion innerhalb der Totengedenkmesse mehr, und die Texte beschränken sich stets auf Namen und Todesdatum sowie eine Fürbitte, oft ergänzt mit Bibelzitaten, aber die Kombination meist figürlicher Grabplatten mit ebenfalls figürlichen Epitaphien erhöhte den repräsentativen Charakter der Grablege: Die Patronatsherren der Kirche traten den Besuchern in ihren steinernen Bildnissen entgegen.

3. Die Quellen der nichtoriginalen Überlieferung

Unter den insgesamt 356 Nummern des Kataloges, von denen hier 59 erstmals, das heißt ganz neu oder in wesentlichen Teilen neu, und weitere 51 mit erheblichen Erweiterungen des Forschungsstandes ediert sind, befinden sich lediglich 8872) Nummern, in denen verlorene Inschriften nach einer nichtoriginalen Überlieferung ediert werden. Davon sind viele Handschriften oder alten Drucken entnommen, insgesamt 23 lassen sich aufgrund von Nachzeichnungen und alten Fotografien hinsichtlich der Schriftformen und der Texte mehr oder weniger verläßlich beurteilen; 17 davon waren ausschließlich anhand solcher [Druckseite XXIV] Vorlagen zu erheben. Bei etlichen im Katalog als vorhanden gekennzeichneten Inschriften fehlen maßgebliche Teile der Texte und Informationen, wenn etwa von der langen Reihe der Abtsbilder im Eichhof (Nr. 211) nur noch eines vorhanden ist. Mehrfach ließen sich davon Texte aus alten Überlieferungen ergänzen. Bei zwei Nummern (Nrr. 5 f.) kennt man nur einzelne Buchstaben einer gemalten spätkarolingischen Kapitalis, später noch Fragmente, auch Graffiti. Bei letzteren und bei Bauzahlen lassen sich Verluste erfahrungsgemäß nicht abschätzen; das gilt auch für unvollständige und fehlerhafte Abschriften. Allein aufgrund der Aufzeichnungen Lucaes (siehe weiter unten in diesem Kapitel) sind 30 Inschriften bekannt geworden, die trotz des Drucks von 1996 in der Handschrift überprüft werden mußten.

Der Mangel an nichtoriginaler Überlieferung ist überraschend, denn mit dem Reichskloster Hersfeld besaß das Bearbeitungsgebiet ein bedeutendes historisches Zentrum, das 1610 die Aufmerksamkeit des Inschriftensammlers Christoph Brouwer SJ fand. Doch während Brouwer im benachbarten Fulda zahlreiche Inschriften systematisch abschrieb, nahm er in Hersfeld nur einzelne ausgewählte Inschriften auf und konzentrierte sich nicht auf die für eine Klostergeschichte wichtigen Abtsgrabinschriften. Ein wenig aufgewogen wird dieser Mangel durch die Geschichte des Stifts Hersfeld von Christian Schlegel, dessen Autograph eine Konzepthandschrift mit verwirrend arrangierten und ineinander greifenden Ergänzungen und Annotationen ist, aber eine Reihe von Grabinschriften der Äbte in Zeichnungen und Umschriften enthält. Die beiden anderen für die Region wichtigen Inschriftensammler, Johann Justus Winkelmann und Friedrich Lucae, interessierten sich nur nebenbei oder gar nicht für Hersfeld. Während Winkelmann in seiner Hessischen Geschichte die Inschriften nur sehr punktuell aufnahm, konzentrierte sich Lucae auf das zweite historische Zentrum Rotenburg und seine Umgebung, nämlich das alte landgräfliche Amt. Besondere Kenntnisse wird man ihm für Rotenburg unterstellen dürfen, wo er ab 1696 als Oberpfarrer an der Jakobikirche wirkte.73) Im Süden des Bearbeitungsgebietes fehlt diese für Glocken und Pfarrergrabinschriften ergiebige Sammlung. Wie überall gelangte eine mehr oder wenig große Anzahl von Inschriftennachweisen aus abseitigen und daher zufällig entdeckten Quellen zur Kenntnis der Bearbeiter.

Eine besondere Leistung der vorliegenden Edition besteht unter anderem darin, diese nicht „neuen“ Inschriften zuverlässiger zu lesen und leichter zugänglich und recherchierbar zu machen, sie auch in einen größeren Kontext zu stellen.

Einige Inschriften aus der ehemaligen Hersfelder Stiftskirche zeichnete Christoph Brouwer SJ bei seinem Besuch in Hersfeld 1610 auf. Brouwer wurde 1559 in Arnheim in der niederländischen Provinz Geldern geboren und trat 1580 in Köln der Gesellschaft Jesu bei. Nach seinem Noviziat in Trier wurde er Professor für Philosophie in Köln und Trier. Später war er Rektor in Fulda, doch kehrte er von dort 1606 nach Trier zurück, wo er 1617 starb. Er zeichnete sich als Herausgeber der Gedichte des Venantius Fortunatus und des Hrabanus Maurus aus. Brouwers Werk „Antiquitatum Fuldensium libri IV“ erschien im Jahr 1612 noch zu Lebzeiten, während seine große, 1591 fertiggestellte und bis 1600 ergänzte Geschichte Triers („Annales“ oder „Antiquitates“) postum erst 1626 in einem noch in der Produktion kassierten Teildruck und vollständig und ergänzt erst 1670 in Lüttich gedruckt werden konnte.74) In seinen „Antiquitatum Fuldensium libri IV” hat Brouwer nur an wenigen Stellen Inschriften aus Hersfeld (Nrr. 2, 48, 164) eingefügt. Wichtiger für die Überlieferung der Hersfelder Inschriften ist seine 1617 erschienene Ausgabe der Gedichte des Hrabanus Maurus, „Hrabani Mauri ex magistero et Fuldensi abbate archiepiscopi Moguntini poemata [Druckseite XXV] de diversis“. In diesem Werk veröffentlichte Brouwer die vom Mainzer Erzbischof Hrabanus Maurus verfaßten Tituli an neun Altären der 850 geweihten Wigbertbasilika, die er in einer heute verlorenen Fuldaer Handschrift des 10. Jahrhunderts gefunden hatte (Nr. 3). Zudem brachte er im Anhang zu dieser Ausgabe mehrere Hersfelder Inschriften (Nrr. 19, 20, 21, 23, 48) zum Druck, von denen heute noch zwei Fragmente existieren (Nrr. 19, 21).

Ebenfalls im 17. Jahrhundert arbeitete der 1620 in Gießen geborene oldenburgische und bremische Rat Johann Justus Winkelmann († 1699),75) der in seiner 1697 gedruckten Beschreibung der Fürstentümer Hessen und Hersfeld Inschriften mitteilt, die für ihn von historischem Interesse waren. Die Qualität seiner Abschriften ist schwer zu beurteilen, da im Bearbeitungsgebiet nur zwei von ihm überlieferte Inschriften erhalten blieben, die er allerdings zuverlässig wiedergibt.76) Seine Abschriften zu anderweitigen Inschriften bieten ebenfalls keinen Anhaltspunkt für Zweifel an seiner Zuverlässigkeit.

Der größte Teil der sekundären Überlieferung stammt von Friedrich Lucae. Er wurde 1644 im niederschlesischen Brieg (poln. Brzek) geboren und studierte ab 1662 Theologie in Heidelberg, in den Niederlanden und in Frankfurt an der Oder. In Liegnitz erhielt er eine Anstellung als Hofprediger. Dort heiratete er auch seine Frau Elisabeth Mercers. Im Jahr 1676 ging er nach Kassel, wo er ebenfalls Hofprediger wurde. Nach dem Tode seiner Frau und seiner jüngsten Tochter 1685 heiratete er 1687 Elisabeth Luise von Wesenbeck. Bald nach dieser Heirat ging er zunächst als Kirchenrat und Inspektor des Schulwesens nach Siegen und kehrte 1694 als Metropolitan von Spangenberg nach Hessen zurück. Seine Tätigkeit in Rotenburg begann er 1696 als Oberpfarrer der Jakobi-Kirche, Dekan des Stifts und als Metropolitan. Am 14. Mai 1708 starb er in Rotenburg und wurde in der Jakobi-Kirche bestattet.77)

Ab 1700 hatte Lucae an seinem Werk „Das edle Kleinod an der Hessischen Landeskrone“ gearbeitet, das eine Darstellung der fürstlichen Residenz Rotenburg, des Stifts St. Elisabeth sowie der Umgebung Rotenburgs, nämlich des Amtes Rotenburg, zum Ziel hatte. Das zweibändige Original der Handschrift wird heute in der Landesbibliothek Kassel aufbewahrt. Im Jahr 1996 gab Hans-Günter Kittelmann in Verbindung mit dem Rotenburgischen Geschichtsverein das Werk im Druck heraus. Allerdings ist die Druckausgabe gegenüber dem Original gekürzt und weist bei den Inschriftentexten zum Teil sinnentstellende Fehler auf. Die Inschriftentexte wurden deshalb nach der Handschrift original ediert, wobei die Seitenzahl der Druckausgabe in Klammern hinzugefügt wurde. Vieles von dem, was Lucae überliefert, ist heute noch erhalten. Allerdings verfaßte er sein Werk „Das edle Kleinod“ erst 1700, so daß viele ehemals vorhandene Inschriften schon durch den Neubau der Kirchen und die Auswirkungen der Reformation, vor allem auch der „zweiten Reformation“, in der Niedergrafschaft zerstört waren. Da eine Reihe der von Lucae überlieferten Inschriften heute noch vorhanden ist, läßt sich seine Zuverlässigkeit gut überprüfen. Insgesamt dürfen seine Abschriften, von kleinen Verschreibungen abgesehen, als weitgehend zuverlässig gelten. Unter anderem an der Baumbacher Glocke von 1483 (Nr. 76) kann man beobachten, wie Lucae Schreibweisen seiner eigenen Zeit in seine Abschriften einfließen ließ. Andererseits bemühte er sich gelegentlich um die Nachempfindung von Schrifteigentümlichkeiten (u. a. Nr. 123). Die Grenzen seiner Möglichkeiten zeigen die sich ihm nicht erschließende Bauinschrift von Obersuhl (Nr. 122) und zwei Rotenburger Inschriften mit Beteiligung des Amtmanns Johann von Ratzenberg (Nrr. 197 f.), bei denen Lücken nicht kenntlich gemacht, Jahreszahlen und möglicherweise sogar ein Name verschrieben sind.

[Druckseite XXVI]

Die erste Klostergeschichte von Hersfeld im modernen Sinne wollte Christian Schlegel schreiben. Der 1667 geborene und 1722 verstorbene Numismatiker, der über die Betreuung der großen Schwarzburgischen Münzsammlung in Arnstadt nach deren Verkauf an Friedrich II. von Sachsen-Gotha das große sächsische Münzkabinett übernahm und wissenschaftlich bearbeiten sollte, muß dort auch mit Hersfelder Prägungen bekannt geworden sein. Nebenbei hatte er schon historisch gearbeitet und scheint dann spät auch die Stiftsgeschichte von Hersfeld in den Blick genommen zu haben.78) Die heute in der Forschungsbibliothek Gotha liegende Handschrift (Hs. Chart. A 363) ist auf 1721 datiert79) und umfaßt über 400 Seiten Konzept mit unzähligen Einschüben, aber auch die benutzte Literatur (u. a. Brouwer, Brusch, Bucelinus, Dilich, Lampert, Trithemius, Winkelmann, Zeiller u. a. m.) reflektierende Anmerkungen. Das Ganze ist gespickt mit zwei Verweissystemen der Anmerkungen und Verweiszeichen. Obwohl teilweise verwirrend angeordnet, haben sich daraus mehrere Abschriften erstellen lassen, von denen die Gießener Kopie – nur diese wurde konsultiert – einen weitgehend nachvollziehbaren Text bietet. Diese Handschrift sieht aus wie eine Druckvorlage; ihr fehlen allerdings die wertvollen Zeichnungen, die in der Konzepthandschrift als Vorlagen für Kupferstiche bezeichnet werden. In der Konzepthandschrift sind Urkunden mehrfach in anderer Schrift eingefügt, gelegentlich auch aufgeklebt, wodurch Text verdeckt wird (fol. 131v zum Eichhof-Bild Abt Ludwigs von Mansbach, Nr. 211/ZZ). Für den Inschriftenbestand Hersfelds sind von Bedeutung erstens die Zitate der Abtsbilder (Nr. 211) auf dem Eichhof, die teilweise von der Version Winkelmanns abweichen,80) sodann die Zitate bisher unbekannter Grabinschriften von Hersfelder Äbten ab 1300 (Nrr. 29, 62, 71, 75, 92, 113, 145 f. 179 f. 214, 274 f.) einschließlich mehrerer Nachzeichnungen von Platten und Epitaphien, schließlich die Inschrift für Witta (Nr. 164) und die Inschriften zum Bild des Mathematikers Friedrich Risner (Nr. 201).81) Schlegel erreichten diese Informationen, seien sie von ihm selbst gesammelt oder zugetragen, offenbar zu spät, um den Abtsgrabinschriften die wichtige Information zum präzisen Standort in der Stiftskirche beizugeben.

Schlegels Zeitgenosse Johann Hermann Schmincke (1658–1743), der als Protagonist einer frühaufklärerischen Geschichtswissenschaft gilt,82) folgte Schlegel in gewisser Weise nach, bot in seinen ähnlich aufgemachten „Antiquitates Hersfeldenses“ neben vielen Quellenzitaten und Inschriften allerdings keine neuen Texte oder weiterführende Beobachtungen.

Um dieselbe Zeit, nämlich im Jahre 1714, beantwortete der Hersfelder Stiftspfarrer Johann Georg Gemeling eine Anfrage der landgräflichen Verwaltung in Kassel, namentlich des Kasseler Bibliothekars Johann Hermann Schmincke (siehe oben), über die Geschichte, den Zustand, die Altertümer und Personallisten (Prediger) der niederhessischen Kirchen für Hersfeld und die Vikariate Petersberg und Unterhaun (eingeschlossen Johannesberg).83) Wie man aus der Antwort aus der Pfarrei Niederaula weiß, war darin die Frage nach „Epitaphia personarum illustrium in den Kirchen …“ einbegriffen, in Rollshausen (Gemeinde Lohra, Lkr. Marburg-Biedenkopf) verzeichnete man „Inschriften“. Gemeling hielt nur drei Glocken der Stadtkirche (Nrr. 38, 41, 56), das Risnersche Bild (Nr. 201), die zwei Glocken auf dem [Druckseite XXVII] Petersberg (Nrr. 192, 316) und eine Bauzahl an der Kreuzkirche über Unterhaun (Nr. 286) für erwähnenswert. Überhaupt sind die Erträge aus den Rückläufen für Inschriften mager – einzelne Pfarrer hatten entweder keine Lust oder legten das Wort „illuster“ sehr eng aus, so daß wenig zusammenkam, sieht man von der Glocke in Friedlos (Nr. 120) ab. Andere Bestände wie etwa St. Goar, Schmalkalden und Eschwege sind freilich umfassend dokumentiert.

Gleichfalls in offiziellem Auftrag des Kasseler Hofes suchte der „Regierungsrath und Advocatus fisci“ Johann Christoph Kopp im Sommer 1749 für den just konvertierten Landgrafensohn, den nachmaligen Landgrafen Friedrich II., in Hersfeld (und Umgebung) nach Reliquien. Dem Sekretär Hartmann wird die Beschreibung von Reliquienbehältnissen (Kästen) und Zunftladen verdankt, die allerdings nur (?) zwei knappe Beschriftungen (Nrr. 101 f.) aufwiesen.

Seit dem 19. Jahrhundert sind Inschriften des Bearbeitungsgebietes in übergeordnete Darstellungen eingeflossen, wie bei dem Burgenforscher Georg Landau oder dem Hersfelder Archivar Louis Demme in seiner mehrbändigen Hersfelder Geschichtsschau, oder selbst Gegenstand von Sammlung geworden, wie die Veröffentlichungen von Josef Hörle zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zeigen. Ein wertvolles Hilfsmittel bieten die diversen Denkmalverzeichnisse des Dehio und seiner Bearbeitungen, zudem die Zusammenstellungen der denkmalwürdigen Sachkultur im Rahmen der bundesdeutschen Denkmaltopographie84) und andere klein- oder großräumige – private – Denkmalinventarisierungen (Wendelstädt, Heußner, Kietzell, Sturm), aus denen immer wieder Inschriftentexte mit wertvollen Abbildungen, Hinweisen und Erkenntnissen älterer Lesungen – sogar bis in die jüngste Zeit – Verlorenes zu rekonstruieren halfen. Dazu trugen auch die zahllosen Beobachtungen der heimat- und denkmalbewußten Zeitgenossen in den beiden Publikationsorganen „Mein Heimatland. Zeitschrift für Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Beilage der Hersfelder Zeitung“ und „Rund um den Alheimer“ bei, die regelmäßig in die Zeit vor Denkmalverlusten zurückgreifen. Wertvolle Hilfe waren nicht nur Zitate und Spezialstudien wie Otto Bramms Beobachtungen zu den Memoriensteinen oder Michaels Flecks Augenmerk auf kunstvolles Latein, sondern auch bloße Hinweise, wo sich eine Inschrift befand.

Der Dokumentation der Glocken im nordhessischen Raum widmete sich der Kasseler Architekt Heinrich Wenzel. Seine „Hessische Glockenkunde“ umfaßte mindestens 51 Bände, die nicht mehr alle erhalten sind. Der größte Teil der Bände liegt heute in der Murhardschen Bibliothek, Kassel. Es handelt sich dabei um handgeschriebene Aufnahmebögen, die jeweils mit einer typisierenden Zeichnung verbunden sind, die in der Regel zwar die Schriftart, aber keine zuverlässigen Schriftdetails wiedergibt. Wenzel gibt nicht immer alle auf der Glocke vorhandenen Inschriften wieder und bietet zudem einige Fehllesungen; die Umzeichnungen sind regelmäßig mit Klartext bzw. Übersetzung ergänzt. Insgesamt ist seine Überlieferung zwar zuverlässig, bringt jedoch nicht alle Informationen, wenn etwa bei der Glocke von 1648 in Lispenhausen (Nr. 348) unterschlagen wird, daß ein Teil der Inschriften unten auf dem Schlagrand stand. Mehrfach finden sich Nachträge zur Glockenbeschlagnahme von 1942. Von der Glocke von Baumbach aus dem Jahr 1483 (Nr. 76), die schon 1905 umgegossen wurde, lieferte Wenzel eine Zeichnung im üblichen Stil; die Sammlung begann also entweder schon sehr früh, oder seinen Zeichnungen lag auch älteres Material zugrunde. Allerdings ist die Überlieferung Wenzels lückenhaft, wenn über 20 der bis 1942 und danach erhaltenen Glocken nicht verzeichnet sind; hier besteht wohl eine regional zu definierende Lücke, da Wenzels Sammlungsschwerpunkt, soweit das aktuelle Bearbeitungsgebiet betroffen ist, im Bereich des ehemaligen Landkreises Rotenburg liegt.

Nachtrag:

Wenzel machte auch Aufnahmen im Bereich des alten Landkreises Hersfeld, sonst hätten Abschriften von Glockeninschriften nicht ihren Weg in den Band 51 gefunden, in dem die Werke der Glockengießer aus Homburg/Efze in der bekannten Dokumentationsweise Wenzels versammelt sind. Nachträge sind aus dem Band 26 zum Kreis Ziegenhain zu erwarten.

[Druckseite XXVIII]

Den Abschreibern aller Zeiträume werden nicht nur sonst unbekannte Texte verdankt, sondern auch Ergänzungen im stark fragmentierten Gesamtbestand; einleuchtender Beleg dazu sind die Buchstabenreste zweier Tafelteile, die weniger als ein Viertel einer komplizierten und von Brouwer vollständig überlieferten Bildbeischrift (Nr. 21) darstellen.

4. Die Inschriftenträger und Inschriftenarten

Die Zeugnisse des Totengedenkens bilden im Katalog wie in fast allen Beständen, die nicht durch eine große Überlieferungsdichte zum niederdeutschen Hausbau geprägt sind, mit 13885) Nummern die größte Gruppe der Inschriften. Obwohl sie sehr früh einsetzen, dominieren sie den Bestand bis weit ins 16. Jahrhundert nicht, da ihre Zahl erst im Jahre 1580 die Zahl der Glocken übersteigt, von denen insgesamt 66 bekannt geworden sind; 38 davon stammen aus der Zeit vor 1500. Weit geringer ist die Zahl der Inschriften an Bauten oder Stiftungen (40), zählt man die knapp unter 80 Bauzahlen nicht mit. Trotz der Zerstörung des geistlichen Zentrums mit seiner Stiftskirche und der bilderstürmerischen zweiten Reformation kennt man noch 34 Inschriften zur Kirchenausstattung, wenngleich hier die Reformation bei einzelnen Trägergruppen wie alten Taufsteinen nicht mindernd, sondern sogar stimulierend gewirkt hat – immerhin weiß man von sieben jüngeren gegen vier ältere Taufsteine.

Zahlenmäßig unbedeutend, von den Texten her jedoch höchst interessant sind Inschriften des weltlichen Gedenkens (5), etwa die Inschriften zur Vitalisnacht (Nr. 40) und zum Engagement der Landgrafen in Rotenburg (Nrr. 176, 222224, 250 f., 287, 332), neben den Bauinschriften ebendort, und solche eher reflektierenden Charakters (17) mit Mahnungen an die Kirchenbesucher, zur Pest oder zu Bautätigkeiten, auch Sprichwörtliches. Isolierte Bibelzitate (7), Namen (47), sofern sie nicht mit Wappen oder Baumaßnahmen in Verbindung gebracht werden können, Flurdenkmäler (2) und Miscellanea (8)86) lassen sich ob der zufälligen Überlieferung nur punktuell, keinesfalls übergreifend auswerten.

4.1 Grabdenkmal, Grabinschrift und Formular

Die Überlieferung zu Zeugnissen des Totengedenkens setzt bereits im 8. Jahrhundert ein, doch sind für das 8. und 9. Jahrhundert jeweils nur eine Grabinschrift, für das 10. Jahrhundert zehn, für das 11. Jahrhundert keine, für das 12. Jahrhundert wiederum nur eine und für das 13. Jahrhundert drei, vielleicht auch vier Grabinschriften überliefert. Geradezu dramatisch reduziert erscheint der Befund zwischen 1450 und 1550, wenn von 83 Nummern nur neun das Totengedächtnis betreffen und davon allein sechs nur aus der Schlegelschen Stiftsgeschichte bekannt geworden sind. Dieser Sachverhalt offenbart die großen Lücken in der Überlieferung, denn er darf nicht auf eine strukturelle Sonderstellung des Bearbeitungsgebietes zurückgeführt werden. Die Entwicklung der Gestaltung der Denkmäler und die Veränderung von Form und Inhalt ihrer Inschriften kann man daher nur in groben Zügen nachverfolgen und lediglich bestimmte Phänomene in einem größeren Rahmen aufzeigen.

Die Aufforderung zum Totengedenken blieb bis zum Beginn der Reformation sicherlich die wichtigste Aufgabe der Grabdenkmäler, wenn sie auch gleichzeitig Monumente für Rechte und Privilegien, Mahnungen an geschuldete geistliche Pflichten und Mittel zur [Druckseite XXIX] Selbstdarstellung sein konnten. Vermittler dieser verschiedenen Funktionen waren zunächst allein die Grabinschriften, später dann auch die Wappen und die figürlichen Darstellungen, bei denen natürlich der Aspekt der Selbstdarstellung besonderes Gewicht besaß.87)

Die Gestalt des ältesten Grabdenkmals von 786 für Erzbischof Lul von Mainz (Nr. 1) ist nicht bekannt. Erst die Inschriftenträger der Grabinschriften des 10. Jahrhunderts sind erhalten geblieben. Es handelt sich um insgesamt zehn Memoriensteine, die sekundär in der heutigen Stiftsruine vermauert waren; davon ist einer heute verloren, ein zweiter nur fotografisch überliefert, nur bei sechs Steinen kennt man Namen oder verfügt über eine Hypothese zu diesem. Diese Steine waren vermutlich ursprünglich in der Nähe der Gräber in die Kirchenwand eingelassen. Ihr Text besteht lediglich aus dem Todestag, dem Namen des Verstorbenen und einer Bezeichnung der Person wie „monachus“ oder „presbyter“. Damit erinnern diese Texte stark an die Einträge in den Nekrologien. Nur einmal ist das regelmäßige Formular von Todestag – Sterbeformel – Name mit ggf. Titel durchbrochen, wenn OBIIT (Nr. 14) am Ende steht. Vermutlich entstand das Formular aus der Übernahme der in den Nekrologien üblichen Einträge in die monumentale Form der Inschriften. Auch die Funktion ist vergleichbar: Die Lebenden wurden zum Gebet für das Seelenheil des Verstorbenen aufgefordert, und die Toten wurden in die Gemeinschaft der Lebenden einbezogen.

Der Name und der Sterbetag bildeten, wie schon seit dem 6. Jahrhundert, als noch der Tag der „depositio“ angegeben wurde, die Grundlage des Totengedenkens, doch in dem hier benutzten Formular, das seit der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts Verwendung fand,88) ist das Hinzutreten der Bezeichnungen wie Bischof (episcopus), Abt (abbas), Priester (presbyter), Mönch (monachus) oder auch Laie (laicus) oder Frau (femina) wichtig. Diese Attribute wurden zumeist als Angaben des sozialen Status gedeutet, doch machen die beiden Bezeichnungen „laicus“ und „femina“ deutlich, daß es nicht nur um den sozialen Status gehen kann. Die Bezeichnungen lassen sich aber einleuchtend mit den liturgischen Bräuchen erklären, da es unterschiedliche Gedenkmessen für einen Bischof, einen Abt, einen Priester, aber eben auch für einen „defunctus“, also einen verstorbenen Laien, oder für eine „defuncta femina“, eine verstorbene Frau, gab. Name und Bezeichnung stellen somit eine Bezugnahme auf die Totenliturgie dar.89)

Während die Memoriensteine nur das Grab bezeichneten, in dessen unmittelbarer Nähe sie angebracht waren, deckten die Grabplatten das Grab im Kirchenboden.90) Die erste Grabplatte91) im Bearbeitungsgebiet stammt aus dem 2. Drittel des 13. Jahrhunderts und befindet sich in Philippsthal (Nr. 26). Sie zeigt bereits den bis in das 17. Jahrhundert üblichen Typus mit auf dem Rand umlaufender Inschrift, gelegentlich mit Fortsetzung im Feld. Das Innenfeld konnte leer sein, wie in Philippsthal von einer Figur und Wappen, von einem oder mehreren Wappen oder einer weiteren Inschrift eingenommen werden. Diese letzte Möglichkeit läßt sich zum ersten Mal 1579 auf der Grabplatte des Georg Risner in Hersfeld (Nr. 194) nachweisen und kommt danach regelmäßig vor. Auf einer Grabplatte von 1611 (Nr. 290) ist zum ersten Mal die Grabinschrift nicht mehr umlaufend auf dem Rand, sondern im Feld angebracht,92) was sich danach häufiger beobachten läßt. Das Feld wurde damit ebenfalls [Druckseite XXX] zum Inschriftenträger, auf dem Bibelzitate, Devisen, Grabgedichte und Spruchinschriften angebracht wurden. Gleichzeitig ist ab 1600 der fast vollständige Verzicht auf figürliche Darstellungen zu beobachten.

Bevor das Plattenfeld fast ausschließlich als Inschriftenträger Verwendung fand, wurde es je nach sozialem Rang des Verstorbenen unterschiedlich gestaltet. Im Bestand des Bearbeitungsgebiets haben sich für die Zeit von der 2. Hälfte des 13. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts allerdings nur vier Grabplatten für Adelige erhalten, was ungewöhnlich wenig ist und auf einen hohen Verlust schließen läßt. Die älteste Grabplatte für einen Adeligen aus dem 2. Drittel des 13. Jahrhunderts, die vielleicht dem Ritter Berthold von Creutzburg zugeschrieben werden kann, trägt eine Figur und ein Wappen (Nr. 26). Die wohl nur wenig jüngere, fragmentierte Platte für einen Ritter in der Hersfelder Stiftsruine zeigt weder Figur noch Wappen (Nr. 27). Dasselbe gilt für die Platte eines Eberhard aus dem 2. Drittel des 14. Jahrhunderts (Nr. 35). Der Verzicht auf Wappen ist zumindest im 14. Jahrhundert ungewöhnlich. Die letzte Platte für einen Ritter aus der Zeit vor 1550 stammt von 1485 und steht ebenfalls in der Hersfelder Stiftsruine. Sie zeigt eine Figur in Ritzzeichnung sowie zwei Wappen (Nr. 82). Erst ab 1556 werden Grabplatten häufiger; das hängt mit der neu angelegten Grablege der von Trümbach in Wehrda und auch der wenig jüngeren Dörnbergschen in Breitenbach zusammen. Die dort erhaltenen Platten zeigen nun zumeist vier oder fünf Wappen und eine Figur im Feld. Mit dem Beginn des 17. Jahrhunderts verschwinden die Figuren aus dem Plattenfeld, das nun in manchen Fällen bis zu zehn Wappen aufweist. Allerdings bleiben Ahnenproben mit zehn Wappen (acht Ahnenwappen und zwei Ehewappen) auf Platten der Familie von Dörnberg beschränkt.93) Aus einer gemeinsamen Werkstatt kommen drei Platten der Familie von Trümbach in Wehrda (Nrr. 295, 319, 325); eine Umschrift umgibt jeweils ein Feld mit einem Haupt- und vier Ahnenwappen sowie Bibelzitat. Auffälligerweise sind nur die Helmzierden des jeweiligen Hauptwappens plastisch ausgeführt und jeweils nur zwei Beischriften statt vier; dieser Umstand weist angesichts völlig glatter Wappenschilde auf eine unterlassene plastische Ausführung oder eine Farbfassung hin.

Die wenigen Platten der Geistlichen lassen keine sichere Aussage zu. Der 1278 verstorbene Hersfelder Abt94) Heinrich von Boineburg soll mit einem kleinen Wappenschild in der linken Hand dargestellt gewesen sein (Nr. 28). Zwei Platten für Pfarrer von 1330 und 1402 (Nrr. 30, 50) tragen Figuren in Ritzzeichnung, und die Grabplatten für Abt Crato Melles von 1556, Michael Landgraf von 1572, Ludwig Landau von 1588, Joachim Roell von 1606 (Nrr. 145, 179, 213, 274) und für den Propst Constantin Faber von 1612 (Nr. 293) sind mit Wappen versehen. Bei der sekundär überlieferten Grabplatte für den 1629 verstorbenen Pfarrer Hermann Bartheld (Nr. 330) ist die Gestaltung unbekannt. Aus Nachzeichnungen bei Schlegel kennt man nun allerdings Umschriftplatten von Äbten mit Figuren seit Heinrich von Swinrode (Nr. 29) und zusätzlichen Wappen seit Ludwig Vizthum (Nr. 71). Nur wenig später, bei Wilhelm von Völkershausen (Nr. 92), tritt eine architektonische Rahmung hinzu. Sie kehrt für Ludwig von Hanstein (Nr. 113) wieder, läßt sich aber nicht weiter verfolgen, da ein Hersfelder Denkmal für den 1514 resignierten Volpert von Bellersheim († in Fulda) fehlt und das lange Abbatiat des Crato Melles schon in moderne Lösungen, nämlich die Kombination von Wappengrabplatte und Epitaph führt.

Ab 1579 sind auch die Grabplatten Bürgerlicher mehrheitlich mit einem oder zwei Wappen geschmückt worden, und zwar schon gleich die erste moderne, die des Georg Risner (Nr. 194).

[Druckseite XXXI]

Aufgrund der schlechten Überlieferung der Grabplatten läßt sich an dem erhaltenen Bestand die Entwicklung der Formular- und Textgewohnheiten nur rudimentär nachvollziehen. Die drei Grabplatten des 13. Jahrhunderts weisen jeweils Texte in Hexametern auf. Die ersten Belege für das sogenannte Anno Domini-Formular, das sich sonst schon im 13. Jahrhundert nachweisen läßt, stammen von 1300 und 1330 (Nrr. 29, 30). Dieses Formular wird in der Regel von den Worten Anno domini eingeleitet und umfaßt stets dieselben Grundinformationen, nämlich Sterbejahr und -tag sowie Namen und Stand des Verstorbenen, mit der Zeit immer regelmäßiger auch eine Fürbitte. Abgesehen vom Anfang kann die Reihung der einzelnen Bestandteile unterschiedlich sein, wenn sie sich auch meist an das eben genannte Schema hält. Sinn dieses Formulars war es, den exakten liturgischen Vollzug der Memoria zu sichern.95) Es enthielt alle wichtigen Daten, um das Grab einer bestimmten Person schnell auffinden zu können. In Kirchen, die oft zahlreiche Grabplatten enthielten, mußten die Gräber exakt identifiziert werden können. Dies war deshalb wichtig, weil der Besuch des Grabes im Anschluß an die Totengedenkmesse und an bestimmte Gebete offenbar zum festen Bestandteil der Liturgie wurde. Das in übersichtlicher Form angebrachte Formular mit Todesjahr und Todestag sowie dem Namen und dem Titel erleichterte die Auffindung des richtigen Grabes, an dem wichtige weitere Handlungen der Totenmemoria vollzogen wurden, wie z. B. die Bedeckung des Grabes mit einem Grab- oder Anniversartuch oder das Anzünden von Anniversarkerzen.96) Unterblieben diese Handlungen oder führte man sie am falschen Grab aus, befürchtete man negative Auswirkungen für das Seelenheil des Verstorbenen. Seine Seele mußte nun möglicherweise länger im Fegefeuer verweilen, da ihr die erlösende Wirkung der Meßfeiern und des Gebets der Lebenden nicht oder nicht ausreichend zuteil wurde.97)

Obwohl das Anno domini-Formular in den Gebieten, die sich der Reformation zuwandten, seine Funktion für die Liturgie verlor, beeinflußte es doch weiterhin die Gestaltung der Grabinschriften, da es nicht auf Grabplatten beschränkt blieb, sondern auch auf Epitaphien Verwendung fand. Zudem wurde es für deutschsprachige Inschriften übernommen und entsprechend angepaßt. Die erste deutschsprachige Grabinschrift für Wolf von der Tann aus dem Jahr 1485 ist allerdings in Reimversen verfaßt (Nr. 82). Erst 1556 läßt sich im Bestand vergleichsweise spät die Übernahme des Anno domini-Formulars in deutscher Sprache nachweisen (Nr. 148):98) Anno Domini 1556 iar auff Freitagk nach viti ist gestorben Der Edell vnd Ernueste Karlen von Truembach der Sellen Got der Allemechtge genedig sein wol lautet der mit Ausnahme des hinzugefügten iar ganz dem lateinischen Formular nachempfundene Text. Neu ist allerdings der Wortlaut der Fürbitte, der an die Stelle des cuius anima requiescat in pace trat und in verschiedener Weise variiert wurde. Ab 1556 lassen sich bei den niederadeligen Familien des Bearbeitungsgebiets nur noch deutschsprachige Grabinschriften auf den Grabplatten feststellen, während Angehörige des Stifts Hersfeld und der bürgerlichen Oberschicht Hersfelds mit wenigen Ausnahmen lateinische Inschriften erhielten.

Ab der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts läßt sich im Bearbeitungsgebiet die Verwendung von Epitaphien feststellen. Wie die Grabplatte dient diese Denkmalform der Erinnerung an den Verstorbenen, doch ist sie nicht zwingend an den Begräbnisplatz gebunden.99) Deshalb kann sie auch in den unterschiedlichsten Formen und Materialien ausgeführt sein. Bei dem ersten überlieferten Epitaph von 1429 handelte es sich um einen Stein, der oben [Druckseite XXXII] eine in Zeilen angebrachte Inschrift und darunter zwei Wappen trug (Nr. 57). Das nächste Epitaph stammt erst von 1525. Es ist als einfache Steinplatte gestaltet, die im oberen Teil die Darstellung einer Orantin in flachem Relief und darunter die Inschrift zeigt (Nr. 128), übrigens mit einem auf deutsch weitergeführten Anno domini-Formular. Zahlreicher werden die Epitaphien erst ab 1556 (Nr. 146). Die erhaltenen Epitaphien für den Adel der Region sind mit drei Ausnahmen von 1616 (Nr. 308) und von 1643 (Nrr. 344, 347) stets mit einer figürlichen Darstellung versehen, die vier Epitaphien der Hersfelder Äbte (Nrr. 146, 180, 214, 275) waren es alle.

Die architektonische Gestaltung der Denkmäler und die Präsentation der Figuren sind jedoch unterschiedlich aufwendig. Die beiden ersten Epitaphien der Äbte (Nrr. 146, 180) zeigen die Figur des Verstorbenen in aufwendigen Architekturnischen stehend, die beiden jüngeren (Nrr. 214, 275) in im Aufwand sich steigernden Architekturen vor dem Kreuz kniend. Für die adligen Denkmäler gilt dasselbe, es gibt sowohl stehende als auch kniende Figuren und einen sehr unterschiedlichen Aufwand der architektonischen Rahmung und Ausstattung mit Ahnenproben, die von 4 bis zu 16 Wappen reicht.

Grundsätzlich gibt es die beiden Möglichkeiten von kompletter, meist ädikulaartiger Architekturrahmung oder die eher freie Positionierung der Figur(en) wie bei Ludiger von Mansbach (Nr. 151). Gegebenenfalls findet sich eine Art Übergangstyp, bei dem die Figur in einem Inschriftenrahmen zu stehen scheint wie etwa bei Karl und Albert von Trümbach in Rhina (Nrr. 147, 153) oder den Baumbachs in Nentershausen (Nrr. 229 f.), deren Denkmäler aber über die vierseitig umlaufende Inschrift einer Grabplatte verfügen.

Hinsichtlich der Position der dargestellten Figur(en) finden sich die drei üblichen Typen, die Figur des stehenden Verstorbenen in Anlehnung an die Grabplattendisposition, die in der Architektur stehende und die vor dem Kreuz kniende Figur, deren ältestes Exemplar das Epitaph Kolmatz 1525 (Nr. 128) darstellt. Dessen schlichte Architekturrahmung bleibt wegen der löchrigen Überlieferung isoliert, erst die Ädikula mit Muschelnische des Crato Melles (Nr. 146) leitet mit der Standfigur in die komplexeren Architekturen über, die meist in Form von Ädikulae Figuren umfassen und sich gleichermaßen für stehende wie kniende eignen. Selten sind Familien. Bescheidene Varianten kommen im bürgerlichen Bereich vor (vgl. unten).

Die Texte an Epitaphien von Laien, deren Umfang ebenfalls stark variiert, sind vorwiegend in deutscher Sprache und nur in sechs Fällen sind die Grabinschrift oder das Grabgedicht in Latein verfaßt.100) Bei den Epitaphien der Pfarrer stellt sich der Befund dagegen völlig anders dar. Von den vier nur abschriftlich überlieferten Epitaphien (Nrr. 243, 265, 270, 318, 330) und den drei erhaltenen (Nrr. 307, 214) besitzt keines eine figürliche Darstellung, sondern das Gewicht liegt eindeutig auf dem Text, der stets in Latein gehalten ist und oftmals ambitionierte Poesie bietet.101) Nur die Äbte von Hersfeld erhielten Grabplatten und Epitaphien mit teils anspruchsvollen lateinischen Texten. Die unterschiedliche Stellung in der Gesellschaft forderte auch eine unterschiedliche Repräsentation, die in dieser Gegenüberstellung greifbar wird. Im Umfeld des Stifts erscheinen dann auch in Hersfeld lateinische Grabtexte, etwa auf den Platten der beiden Risner und des Sekretärs Rüdiger (Nrr. 194, 199, 226), und sogar anspruchsvolle Dichtung bei der Ehefrau des letzteren (Nr. 225), beim Schulrektor Beutefering (Nr. 244), bei der Tochter Anna des Schultheißen Winter (Nr. 271) und des Dekans Faber (Nr. 293), auf der Platte des Johann Faust (Nr. 282), in besonderer Erhöhung im Memorialbild des Friedrich Risner (Nr. 201), außerhalb beim Grabkreuzstein bzw. Kreuzepitaph Keil in Heinebach (Nr. 190).

[Druckseite XXXIII]

Vor allem in den Dörfern, also in und bei den Pfarrkirchen, zeigen sich ab dem Ende des 16. Jahrhunderts verschiedene, auch noch kreuzverzierte Grabmale in bescheidener Ausführung, oft auch für jüngere Verstorbene. Leider sind viele davon in beschädigtem Zustand überkommen, doch lassen sich kleinformatige Grabsteinkreuze bzw. Grabkreuze (Nrr. 245, 263), Grabkreuzsteine (Nrr. 190, 288, 340) und kleine Grabsteine, ein- oder zweiseitig gestaltet, herausarbeiten. Mehrfach sind sie mit Dreiecksgiebeln und/oder flankierenden Schuppenpilastern (Nrr. 305, 306, 324) versehen.102) Diese Formen und ein schlichtes, auf Vitaldaten beschränktes Grabformular, das nur gelegentlich von Bibelzitaten oder dem Hinweis auf den Leichtext ergänzt wird, konzentrieren sich zwischen 1590 und 1620.103) Freilich gibt es zeitgleich und später – neben wenigen Grabplatten – auch aufwendigere Gestaltungen, wie Epitaphien von 1601 in Ronshausen (Nr. 261) und 1614 in Weiterode (Nr. 298) erkennen lassen. Die größeren Male bieten dann auch Raum für Fürbitten und Räsonnement über den Tod104). Dem Gedenken einzelner Personen dienten auch Steinkreuze (Nrr. 245, 263), von denen zwei ohne beurteilbare Texte (Nrr. 96, 257) überkommen sind.

Religiöse Darstellungen auf Platten und Epitaphien konzentrieren sich naturgemäß auf das Umfeld des Stifts, doch auch außerhalb bewahrten sich Darstellungen Christi, etwa Auferstehung (Nrr. 191, 275) und Kruzifixe (Nrr. 128, 151, 198, 221, 260, 292, 327, 337), letztere sogar mit Tugendfiguren kombiniert. Ein anderer Blick richtet sich auf per se religiöse Denkmäler wie Altäre, Bilder und Glocken. Dort sind solche Darstellungen, bei Glocken etwa auch die Pilgerzeichen, ungleich häufiger und früher anzusetzen. Insgesamt erstaunt die Belegdichte angesichts der zweiten Reformation in Niederhessen, wirkte sich doch deren Bilderfeindlichkeit anscheinend nicht so stark aus, wie einige radikale punktuelle Vorgehensweisen erwarten ließen.

So gut wie allen Denkmälern haftet ein schwerwiegender Mangel an, denn nur von den allerwenigsten ist der ursprüngliche Standort bekannt. Wenn Brouwer das aus sechs leoninisch gereimten Distichen bestehende Grabgedicht einer unbekannten Person (Nr. 23) auf dem Friedhof bei der Stiftskirche lokalisiert, so kennt er wohl doch nur den sekundären Standort. Auch daß die Grabplatte des Kreuzberger Ritters (Nr. 26) 1733 auf der Südseite der Kirche von Philippsthal gefunden wurde, besagt nichts. Die Grabplatte für Abt Heinrich von Boineburg (Nr. 28) fand man 1888 in der Mitte des Hauptschiffs der Hersfelder Stiftskirche. Deren Memoriensteine und Grabplatten sind heute im Schiff, an den Außenwänden und im Museumsbereich verstreut. Der Priestermönch Heinrich von Hattenbach (Nr. 50) stiftete eine Ewigmesse an den Michaelsaltar und könnte in der Tat dort begraben gewesen sein. In Rotenburg fanden sich um 1700 Teile von Grabplatten und Epitaphien (Nr. 57) in den Marktbrunnen verbaut. Das letzte knappe Jahrhundert der katholischen Zeit, in der der Standort von Grabmälern in der Liturgie einer Kirche noch eine Rolle spielte, charakterisiert ein eklatanter Mangel an Grabinschriften überhaupt. Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts sind vor allem die großen protestantischen Grablegen der Trümbach in Wehrda und der Dörnberg in Breitenbach entstanden, jedoch umfänglich bewegt worden, so daß nicht einmal die besondere Rolle einzelner Familienmitglieder verläßlich anhand von Standorten beleuchtet werden kann. Ähnliches gilt für kleinere Adelsgrablegen. Nur einige Pfarrer erhielten offenbar ihre Denkmäler in der Nähe ihres Arbeitsplatzes, der Kanzel, wie etwa Bosius (Nr. 265), Ameiser (Nr. 270) und Kalckhoff (Nr. 318), oder auf Emporen wie Sutor (Nr. 243) und Clebe (Nr. 307).

4.2 Glocken

Im Bearbeitungsgebiet sind 66 Glocken aus der Zeit vom 11. bis zum 17. Jahrhundert überliefert, von denen 39 erhalten blieben. Die Funktion der Glocken ging im Mittelalter weit über das Läuten zum Gottesdienst und die Angabe der Tages- und bestimmter Gebetszeiten hinaus. Der Kanonist und Liturgiker Guillelmus Durantus, Bischof von Mende, schrieb in seinem vor 1291 verfaßten, weit verbreiteten „Rationale divinorum officiorum“, die Weihe und das Läuten der Glocken dienten dazu, bei den Gläubigen durch den Glockenklang die Frömmigkeit des Glaubens wachsen zu lassen und die Früchte sowie den Geist und den Körper der Gläubigen zu bewahren. Das Glockenläuten vertreibe aber auch feindliche Heere, mäßige das Krachen des Hagels, das Toben der Stürme, die Gewalt der Unwetter und Blitze, hemme die bedrohlichen Donner und das Verderben der Stürme und werfe die Geister der Winde und die Mächte der Lüfte nieder.105) „Und auch dies ist ein Grund,“ so Durantus, „weshalb die Kirche die Glocken läutet, wenn sie sieht, daß ein Unwetter entsteht, damit nämlich die Dämonen, die die Posaunen des ewigen Königs, also die Glocken, hören, erschrocken fliehen und von der Entfachung des Unwetters ablassen und damit die Gläubigen beim Schlagen der Glocke ermahnt und ermuntert werden, bei der gegenwärtigen Gefahr im Gebet zu verharren.“106) Eine ehemals in der Kirche von Ronshausen vorhandene Glocke von 1487 (Nr. 85) gibt mit dem verbreiteten Spruch fulgura frango vivos voco mortuos plango dieser Vorstellung Ausdruck. Aber auch in der Friedensbitte, der Anrufung von Heiligen oder Evangelisten sowie in der Verwendung des Alphabets oder von Kryptogrammen, denen man eine Unheil abwehrende Kraft zuschrieb, hat sich die bei Durantus beschriebene Vorstellung niedergeschlagen. Einen besonderen Akzent im Kreise der spätmittelalterlichen Wetterbannglocken setzt die von Obersuhl (Nr. 93), die die schützende Wirkung der Glocke mit Glaubensfestigkeit verbindet. Weltliche Funktionen, insbesondere Warnungen vor Gefahren, kommen bei Glocken des Bestandes nicht vor, allenfalls eine diesbezügliche Anspielung auf der verlorenen Elisabeth-Glocke des Hersfelder Rathauses (Nr. 42).

Die älteste Glocke des Bearbeitungsgebiets, die sogenannte Lulglocke, bei der es sich wohl um die älteste erhaltene Glocke mit Inschrift nördlich der Alpen handelt, enthält allerdings andere Textelemente (Nr. 17). Sie nennt den Verfasser der Inschrift, Abt Meginher, der vermutlich auch Stifter der Glocke war, den Glockengießer und Johannes den Täufer, dem die Glocke offenbar geweiht war. Der aus vier Hexametern bestehende Text unterscheidet sich damit sowohl im Umfang als auch in seiner Aussage erheblich von den folgenden Glocken des Bearbeitungsgebiets. Die nächste Glocke stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und hängt in Niederthalhausen. Sie trägt die Namen zweier Heiliger (Nr. 25). Zwei Glocken aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Niedergude und Philippsthal tragen den verbreiteten Glockenspruch O rex glorie veni cum pace (Nrr. 32 f.), den dann in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts noch drei weitere Glocken aufweisen (Nrr. 58, 60, 87), dann allerdings nicht mehr isoliert, denn auch im südlich anschließenden Landkreis Fulda kommt dieser prominente Glockentext fünfmal auffällig spät zwischen 1471 und 1521 vor.107) Etwas jünger als die ersten Glocken mit dem Text O rex ... sind eine Alphabetglocke [Druckseite XXXV] in Rhina (Nr. 36) und eine Kryptogrammglocke in Mecklar (Nr. 43) sowie eine zum Gebet auffordernde in Oberhaun (Nr. 44) und eine gleichsam betende in Untergeis (Nr. 49).

Ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nehmen die Widmungen von Glocken mit der Formel in honore zu, die nun, von einer Ausnahme abgesehen, mit einem Herstellungsdatum verbunden sind;108) diese Formeln lösen die Glockennamen ab. Im 15. und frühen 16. Jahrhundert finden sich daneben einige Glocken, deren Inschriften nur das Herstellungsjahr angeben (Nrr. 51, 69, 70, 94, 110, 120). Während die lateinische Glockenrede im 14. Jahrhundert einsetzt (Nrr. 38, 42, 85), ist sie in Deutsch erst 1471 in Neukirchen (bin ich gegossen) (Nr. 68) und 1498 in Nentershausen (heinricvs heis ich) (Nr. 95) nachweisbar. Diese Glocke nennt seit der Lulglocke auch zum erstenmal mit Stefan Hofmann wieder einen Gießer. Zudem ist sie nach der knappen Inschrift von 1462 (?) (Nr. 64) die erste Glocke mit einer gereimten deutschen Inschrift. Die Glocke bleibt aber eine Ausnahme im Bestand, da die meisten anderen Glocken des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts weiterhin den oder die Heiligen nennen, zu deren Ehren sie gegossen wurden; in Nentershausen leitet sich der Glockenname vom Wohltäter und Ablaßstifter Heinrich von Baumbach ab. Erst 1506 in Niederaula (Nr. 106) und 1518 auf einer Glocke in Hilmes (Nr. 121) lassen sich wieder Glockenrede und Meistername belegen. Die beiden folgenden Glocken aus den Jahren 1519 und 1520 (Nrr. 123, 125) tragen Spruchinschriften zu Johannes bzw. das „Ave Maria“, das sonst auf Glocken häufig ist, sich in diesem Bestand aber nur noch 1499 in Neukirchen (Nr. 97) nachweisen läßt.

Nach 1520 läßt sich die Anrufung Heiliger, die Verwendung liturgischer Texte und die Namensansage nicht mehr belegen, was mit der Einführung der Reformation zusammenhängen dürfte. Die nächsten beiden Glocken stammen erst von 1544 und tragen Jahreszahl und Meisterinschrift (Nrr. 134 f.), was bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die Standardformel bleibt, die durch eine Spruchinschrift, die Nennung des Ortes, für den die Glocke gegossen wurde, oder die Nennung des Auftraggebers ergänzt sein kann. Längere Texte weisen nur die Glocken in Asmushausen von 1591 (Nr. 227), Imshausen und Solz (Nrr. 231, 234), beide von 1592, auf, die alle drei von Hans Berge von Eschwege gegossen wurden. Ein Teil der längeren Texte resultiert aus der Absicht, möglichst viele oder sogar alle für die Herstellung einer Glocke verantwortlichen Personen aufzuführen, also neben dem Gießer und dem Pfarrer auch die mit der Entscheidung befaßten Gemeindemitglieder (Nrr. 227, 317) oder auch die Stifter (Nr. 234) zu nennen. Dieses Formular ist jedoch von der Größe der Glocke abhängig, wie reduzierte Informationen dieser Art zeigen (Nrr. 342, 348). Bei zwei Glockeninschriften, die nur aus Gußjahr, Stiftername und Einzelbuchstaben, darunter vermutlich Initialen, bestehen (Nrr. 192, 316) könnten weitere Personen bzw. ihre Verantwortungsbereiche genannt sein.

Die Sprache der Glockeninschriften ist bis 1462 Latein. Die scheinbar einzige Ausnahme ist eine von Lucae überlieferte Glockeninschrift aus Erkshausen von angeblich 1362 (Nr. 64), die einen Glockenspruch in deutscher Sprache aufwies, aber wohl um ein Jahrhundert verschoben werden muß. Ab 1471 kommen noch einige deutsche Glockeninschriften vor, darunter eine vier Verse umfassende von 1506 in Niederaula (Nr. 106), doch dominieren bis 1520 weiterhin lateinische Texte. Ab 1544 sind die Glockeninschriften dann in deutscher Sprache und nur einzelne Formeln oder Sprüche sind noch in Latein abgefaßt. Ein Relikt scheint die Philippsthaler Glocke von 1605 (Nr. 272) mit ihrem Distichon zu sein, das im gelehrten Umfeld des letzten Hersfelder Abtes Joachim Roell entstand.

[Druckseite XXXVI]

Bei den ab dem Spätmittelalter in den Inschriften regelmäßiger genannten Glockengießern109) überwiegen solche aus dem thüringisch-sächsischen Raum (Stefan Hofmann, Heinrich Ciegeler, Hans und Cornelius Abendbrot, Hermann König, Hieronymus und Melchior Moering) die aus Nordhessen (Hans Kortrog und Hans Feinschmidt aus Homberg, Hans Berge aus Eschwege, Carl Ulrich aus dem Raum Hersfeld und Gottfried Kohler aus Kassel). Nur zwei Glocken stammen nachweislich aus entfernten Gießhütten, nämlich von Christoph Glockengießer aus Nürnberg (Nr. 185) und Hans Vogelmann und Heinrich Bock aus Westfalen (Nr. 193).

Der Bestand der Glocken ist nicht dicht genug, um werkstattgebundene Formulargewohnheiten zu verfolgen, doch zeigen schon wenige Exemplare und ein Vergleich mit der auch von Kassel aus bedienten Region Göttingen die hohe Stabilität des Formulars bei Gottfried Kohler aus Kassel (Nrr. 342, 348).

4.3 Sonstige Inschriftenträger und Inschriftenarten

Neben den Inschriften auf Grabdenkmälern und Glocken bilden die Bauinschriften mit 22 Nummern – nicht gezählt Namen mit Daten, die eine ähnliche Aufgabe erfüllen, siehe unten – die verbreitetste Inschriftengattung im Bearbeitungsgebiet; hinzu kommen noch fünf Inschriften, die über das Bauen reflektieren. Sie sind vor allem an Kirchen, Burgen sowie Wohnhäusern angebracht und enthalten in der Regel das Baudatum, ein Verb, das die Bautätigkeit ausdrückt, das Bauobjekt sowie häufig den Namen des Auftraggebers, des Bauleiters bzw. Bauhandwerkers, das alles in wechselnden Zusammensetzungen und sehr unterschiedlicher Ausführlichkeit.

Die älteste Bauinschrift stammt aus dem Jahr 1133 und befindet sich an der Kirche von Braach (Nr. 18). Mit der Formel haec domus renovata est bezeugt sie nur knapp die Erneuerung der Kirche in jenem Jahr. Die nächste Bauinschrift von 1370 in Rotenburg (Nr. 37) ist ebenfalls kurz und weist ein sonst häufig verwendetes Formular auf: anno domini m ccc lxx incepta est structura haec. Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg erscheint dieses Formular jedoch nur noch einmal, und zwar ebenfalls in Rotenburg 1484 (Nr. 79) an einem weiteren Bauabschnitt derselben Kirche. Die übrigen Bauinschriften zeigen sehr unterschiedliche Formen und variieren deutlich im Umfang. Bereits 1372 ist die erste Bauinschrift in Hexametern belegt (Nr. 39), und ab 1560 (Nrr. 152, 159) folgen weitere in Hexametern oder Distichen abgefaßte Bauinschriften. Aus dem Jahr 1584 ist eine Bauinschrift in deutschen Reimversen überkommen (Nr. 209). Die erste deutsche Bauinschrift stammt von 1483 (Nr. 77), doch dominieren bis zum Ende des Untersuchungszeitraums die lateinischen Texte.

Neben diesen eigentlichen Bauinschriften gibt es noch ein verkürztes Formular, das nur das Datum und den oder die Namen der Bauherren oder der mit der Bauausführung beauftragten Personen enthält. Dieses Formular läßt sich 1518 zum erstenmal nachweisen (Nr. 122). An Burgen und Gebäuden des ländlichen Adels nehmen Wappentafeln mit Jahreszahlen, Namen oder Initialen der Bauherren (Nrr. 133, 136, 149, 155, 160, 176, 188, 207, 224, 333) die Funktion von Bauinschriften wahr; auch sind bloße Namen von für den Bau verantwortlichen Kirchenherren oder Gemeindemitgliedern (Nrr. 181, 192, 205, 209, 235, 316, 322) oder bloße Namen und Initialen bürgerlicher (Nr. 262) oder amtlicher (Nrr. 197, 219, 238, 278) Bauherren belegt. Im Bereich des privaten Hausbaus sind nur geringe Restbestände von bürgerlichen Bauinschriften bekannt oder harren noch ihrer Entdeckung (dazu neu Nr. 277). Nicht selten ist die intellektuelle Auseinandersetzung (und deren poetische Umsetzung) mit [Druckseite XXXVII] dem Hausbau (Nrr. 188, 212, 239, 247, 283, 313, 333); zusammen mit Namen und Daten erfüllen auch diese Inschriften die Aufgabe von Bauinschriften.

Obwohl reine Bauzahlen und Herstellungsdaten von minderer Bedeutung erscheinen mögen, ist ihre korrekte Lesung wichtig (Nrr. 84, 118/VI, 124, 133, 149, 171, 197, 206, 210).110) Außerdem gib es nirgends sonst großräumige Übersichten, in denen man Bauzahlen und Bauinschriften zusammen betrachten, die Verläßlichkeit ihrer Lesungen und ggf. deren Probleme verfolgen könnte. Reine Bauzahlen müssen ausführliche und bloß aus Namen bestehende Bauinschriften ergänzen, um Bautätigkeit im privaten (Nrr. 118, 156, 309) und öffentlichen (Nrr. 118, 174, 247, 297), vor allem aber im Kirchen- (Nrr. 116, 118, 127, 143, 161, 165, 166, 167, 169, 170, 182, 284, 296, 322) und Festungsbau (Nrr. 54, 84, 132, 133, 136, 149, 176, 181, 188, 206, 321) zu verstehen und etwa Blütezeiten des Bauens allgemein zwischen 1580 und 1620 und den reformatorischen Kirchenbau vor 1620 nachzeichnen zu können.

Von erheblicher Bedeutung sind jene Inschriften, die als Wandmalereiinschriften oder in anderer Form zur Ausstattung der Kirchen oder Schlösser gehören oder gehörten. So sind aus der 850 geweihten Wigbertbasilika in Hersfeld Tituli in Distichen an neun Altären überliefert, die vom Mainzer Erzbischof Hrabanus Maurus verfaßt wurden (Nr. 3). Für den Nachfolgebau sind aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zwei Mahninschriften in Distichen bekannt geworden, die auf der rechten und der linken Seite des Westchors angebracht und textlich aufeinander bezogen waren (Nrr. 19 f.). Die Inschrift auf der rechten Seite blieb als Fragment erhalten und gibt einen Einblick in die Gestaltung der Tafeln. Aus derselben Zeit stammen Bildbeischriften (Nr. 21), die auf einer Steintafel an der Südwand des Langhauses angebracht waren. Die nicht erhaltene dazugehörige Malerei nahm Bezug auf die drei wichtigsten Hochfeste des Kirchenjahrs, Weihnachten, Ostern und Pfingsten, außerdem auf Verkündigung und Himmelfahrt. Aus späterer Zeit, vermutlich dem 13. oder 14. Jahrhundert, sind Bildbeischriften auf Tafeln aus Marmor (Nr. 48) überliefert, die sich links und rechts an der Wand des Ostchores befanden, und zwar unmittelbar hinter dem Treppenaufgang zum Chor. Die linke Tafel zeigte in der Mitte den thronenden Christus, der von Propheten umstanden war, die seine Ankunft vorhergesagt hatten. Auf der rechten Tafel thronte Christus in ähnlicher Weise, diesmal umgeben von seinen Jüngern. Wichtig für die Geschichte des Stifts Hersfeld ist außer dem Vitaliskreuz (Nr. 40), das an die Abwehr eines Anschlags auf die Stadt durch stiftische Truppen im Jahre 1378 erinnerte, schließlich noch die Reihe der Hersfelder Äbte, die Abt Ludwig Landau 1586 für das Schloß Eichhof malen ließ, um mit ihrer Hilfe die große Vergangenheit und die Kontinuität der Abtei sichtbar zu machen (Nr. 211).

An der Hersfelder Stadtkirche hat sich eine besondere Inschrift erhalten, die zum Jahr 1356 in vier Hexametern an die in Hersfeld wütende Pest erinnert und ihre Opfer beklagt (Nr. 34). Von der etwas jüngeren Bemalung des Ostchors der Stadtkirche sind nur wenige Reste erhalten (Nr. 59).

Aber nicht nur für Hersfeld, sondern auch für Rotenburg sind Inschriften überliefert, die im weitesten Sinne zur Ausstattung zählten. Für die Schloßkirche in Rotenburg ist eine Fundationsinschrift Landgraf Wilhelms IV. von 1590 in Abschrift bekannt (Nr. 222), die in der Verbindung mit zahlreichen Bibelzitaten den Gläubigen grundlegende Aussagen der Bibel im Sinne Luthers nahebringen und dadurch zur Festigung der als richtig empfundenen evangelischen Lehre beitragen sollte. Das Programm zeigt Wilhelms Sorge um den Bestand der Reformation und sein Mißtrauen gegen die katholischen Kräfte.

[Druckseite XXXVIII]

Am Rotenburger Schloß befanden sich zwei Gedenkinschriften, von denen die älteste aus dem Jahr 1600 stammte und an die in jenem Jahr erfolgte Schiffahrt Landgraf Moritz’ über die Fulda von Rotenburg nach Hersfeld erinnerte (Nr. 251). Die andere Gedenkinschrift war am Hauptportal des Schlosses angebracht und verwies auf die Bedeutung der Landgrafen von Hessen als Bauherren des Schlosses (Nr. 287); im Schloßhof kennt man Bauzahlen und Wappentafeln der Bauherren (Nr. 176). Wohl gleichzeitig zum Neubau des Rathauses 1597/98 (Nr. 247) wurde dort eine Tafel (Nr. 250) angebracht, die an die Befestigung der Stadt durch Landgraf Heinrich I. (das Kind) erinnerte und so zur nach außen wirkenden Selbstdarstellung des Rates gehörte. In der Pfarrkirche St. Jakobi sind ein Handwerker (Nr. 233) und andere Namen (Nr. 285) an der Empore genannt.

Im ländlichen Bereich des Bearbeitungsgebietes hat sich eine überraschende Zahl von vielleicht zehn Taufsteinen bzw. -becken (Nrr. 99, 112, 115, 124, 170, 177, 204, 210, 216, 314) ab 1500 und zwei Kanzeln (Nrr. 202, 280) erhalten. Ihre Inschriften konzentrieren sich auf Daten und Stifter bzw. die Herstellung verantwortende Personen, nur gelegentlich (Nrr. 204, 216) illustrieren zusätzliche Inschriften ihre Funktion. Lediglich drei große Altäre des 15./16. Jahrhunderts gehören zum ursprünglichen Bestand, nämlich der spätgotische aus Hersfeld (Nr. 89), der von 1522 in Neukirchen (Nr. 126) und der von 1573 in Odensachsen (Nr. 183). Die von ihnen bekannten Inschriften betreffen Reliquien (Nr. 89), Daten (Nrr. 126, 183), nur andeutungsweise bezeichnende (Nr. 89) oder erklärende Beischriften.

5. Die Schriftformen

Die folgenden Kapitel über die im Bearbeitungsgebiet verwendeten Schriftarten können keine Schriftgeschichte der Region bieten, sondern nur einen Überblick über die zeitliche Ausdehnung der Verwendung einzelner Schriften, die Besonderheiten des Bestandes und die eingesetzten Stilmittel geben und damit datierungsrelevante Phänomene beschreiben. Diese Einschränkungen ergeben sich aus dem inhomogenen und lückenhaften Bestand sowie aus dem Fehlen eines kontinuierlichen oder wenigstens langanhaltenden kulturellen Zentrums, das die Schriftentwicklung nachhaltig hätte prägen können und mit seinen Ansprüchen für eine höhere Qualität gesorgt hätte. Bezeichnenderweise zeigen die Inschriften des Bearbeitungsgebietes – nicht gerechnet unklassisches Latein oder dialektale Formen – eine lange Reihe von Produktionsfehlern in Textverlauf und Schriftformen (Nrr. 7, 11, 12, 17, 36, 43, 49, 60, 66, 83, 103, 106, 107, 109, 121, 131, 134, 135, 136, 140, 144, 151, 157, 173, 175, 184, 187, 189, 200, 204, 205, 208, 209, 211/D, 213, 217, 221, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 236, 239, 260, 261, 263, 274, 280, 281, 290, 292, 297, 302, 307, 311, 317, 324, 326, 327, 340, 343, 345, 346, 347, 354).

5.1 Karolingische und nachkarolingische Kapitalis, Romanische und Gotische Majuskel

Aus der Stiftsruine in Bad Hersfeld sind Putzfragmente mit Buchstaben erhalten geblieben, die 1987 bei einer Grabung im nördlichen Querschiff entdeckt wurden (Nr. 5). Sie zeigen zweimal die gleichen Kapitalisbuchstaben A und R. Aufgrund des geringen Materials und seines schlechten Erhaltungszustandes ist eine genaue Datierung der Buchstaben mit paläographischen Mitteln nicht möglich, doch könnten sie aufgrund der Fundsituation noch zur Ausstattung der 1037 oder 1038 abgebrannten karolingischen Klosterkirche gehören, die 850 geweiht worden war (vgl. bei Nr. 17). Weitere Buchstaben auf Putzfragmenten, die bei den Grabungen 1955 und 1963 im Klosterareal gefunden wurden (Nr. 6), zeigen kapitales, [Druckseite XXXIX] spitzes A mit deutlicher Linksschrägenverstärkung, ein unziales E mit kräftiger Bogenverstärkung und weit ausgezogenen Sporen an den Balkenenden, ein L, über dessen Balken ein I gestellt ist, und ein V, das wie das A mit deutlicher Linksschrägenverstärkung gebildet ist. Vermutlich stammen diese Buchstaben erst aus dem 10. Jahrhundert.

Außerdem haben sich in der Stiftsruine acht sekundär vermauerte Memoriensteine erhalten,111) von denen der älteste vielleicht noch dem späten 9. Jahrhundert angehört, während die übrigen Steine aus dem 10. Jahrhundert stammen (Nrr. 4, 7 f., 1115). Die Datierung kann sich hier über begrenzt aussagefähige paläographische Indizien hinaus auch auf die Verwendung von Worttrennern, auf das benutzte Formular und auf eine dendrochronologische Untersuchung von Bauhölzern der Bauteile stützen, in denen die Steine vermauert sind. Kennzeichnend für den ältesten Stein (Nr. 4) sind seine zumeist gleichstrichigen Kapitalisbuchstaben mit schwach ausgebildeten Bogenverstärkungen. Wenn die Schrift auch in ihren Einzelformen wie etwa leicht trapezförmigem A, eckigem G, nicht mehr kreisrundem O oder unzialem E nicht mehr den entwickelten karolingischen Inschriften zwischen etwa 830 und 880 entspricht, so ist deren Einfluß auf die Schriftgestaltung doch nicht zu übersehen. Im Duktus erinnern die Buchstabenformen an Inschriften des späten 9. und früheren 10. Jahrhunderts. Die Inschriften der übrigen Memoriensteine zeigen durch die Aufnahme älterer Formen wie A mit gebrochenem Mittelbalken, N mit eingezogenem Schrägschaft und S in Form eines retrograden Z ein Schriftbild, das sich noch deutlicher von den Spitzenerzeugnissen der karolingischen Inschriftenkunst unterscheidet. Allerdings weisen alle diese Inschriften keinen einzigen Unzialbuchstaben auf, sondern sind in einer reinen Kapitalis ausgeführt.112)

Dasselbe läßt sich auch bei der Lulglocke aus der Mitte des 11. Jahrhunderts feststellen, der einzigen erhaltenen Inschrift des 11. Jahrhunderts (Nr. 17). Möglicherweise führt in Hersfeld eine direkte Entwicklungslinie von den Inschriften des 10. Jahrhunderts in das 12. Jahrhundert. Hier blieben zwei Fragmente aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erhalten, die zur Ausstattung der 1144 geweihten Kirche gehörten (Nrr. 19, 21). Die rein kapital geprägten Inschriften zeigen überwiegend gleichstrichige Buchstaben, die keine auffälligen Besonderheiten aufweisen. Nexus litterarum wurde nur spärlich verwendet, und auf Buchstabeneinstellungen wurde verzichtet. Dasselbe läßt sich bei einer Inschrift in Braach von 1133 (Nr. 18) feststellen, deren Ausführung mit Sicherheit von den Hersfelder Gepflogenheiten beeinflußt wurde. Somit läßt sich bei diesen Inschriften eine sehr konservative Schriftgestaltung feststellen, die im Kern immer noch der Karolingischen Kapitalis verpflichtet ist.

Die weitere Schriftentwicklung läßt sich leider nur an einem Fragment (Nr. 24) aus dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts nachvollziehen, das eine Romanische Majuskel mit recht flächigen Buchstaben sowie unzialem E und rundem T mit leichter Bogenverstärkung und kräftigen Sporen an den Bogen- und Balkenenden zeigt.113) Die runden und unzialen Formen hatten jetzt Eingang in die Hersfelder Inschriften gefunden. Die Inschrift einer Glocke (Nr. 25) aus Niedertalhausen aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts könnte jedoch auf eine weiterhin retardierende Schrifttradition hinweisen. Die Inschrift ist in einer reinen Kapitalis ausgeführt. Ansätze zu einer Entwicklung in Richtung der Gotischen Majuskel fehlen weitgehend. Die erste noch nicht sehr entwickelte Gotische Majuskel stammt aus dem 2. Drittel [Druckseite XL] des 13. Jahrhunderts und befindet sich auf einer Grabplatte in Philippsthal (Nr. 26). Die Bogenschwellungen sind hier nur schwach ausgeprägt, und die Schäfte zeigen noch keine keilförmigen Verbreiterungen. Zudem besitzen C und E keine Abschlußstriche. Das allmähliche Aufkommen von Abschlußstrichen läßt sich dann an drei Fragmenten einer Grabplatte aus der Stiftsruine in Hersfeld feststellen, doch kann diese Inschrift nur grob der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zugewiesen werden (Nr. 27). Die weitere Entwicklung der Gotischen Majuskel läßt sich an dem vorliegenden Bestand nicht vertiefen, da nur noch eine Nachzeichnung (Nr. 29), eine vollständige Steinplatte (Nr. 30), geringe Fragmente und fünf Glockeninschriften vorhanden sind. Die letzte datierte Majuskelinschrift stammt von 1389 und befand sich auf der nicht mehr erhaltenen Rathausglocke in Hersfeld (Nr. 42).

5.2 Frühhumanistische Kapitalis und Kapitalis

Die frühhumanistische Kapitalis, die ab der Mitte des 15. Jahrhunderts sporadisch und ab dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts vermehrt als epigraphische Schrift Verwendung fand, entwickelte sich aus Elementen der klassischen Kapitalis bzw. der diese wiederbelebenden frühen Kapitalisschriften und der vorgotischen Majuskelschriften unter Einbeziehung griechisch-byzantinischer Schrifteigenarten.114) Gelegentlich lassen sich auch Einflüsse der Gotischen Majuskel wie Schaftverbreiterungen und Bogenschwellungen feststellen.115)

Im Bearbeitungsgebiet ist die Verwendung der frühhumanistischen Kapitalis erst 1508 gesichert (Nr. 107). Bei dieser sowie der nächsten größeren Inschrift in frühhumanistischer Kapitalis von 1519 (Nr. 123) handelt es sich bezeichnenderweise um Inschriften auf Glocken, die mit ziemlicher Sicherheit von auswärtigen Gießern hergestellt wurden. Vier Buchstaben (Initialen) von 1518 (Nr. 117) im Westturm der Hersfelder Stiftskirche sind lokal gebunden. Bei einigen älteren Inschriften (Nrr. 92, 96, 105) läßt sich die Verwendung bzw. teilweise Verwendung dieser besonderen Schriftform erschließen, weil Nachzeichnungen deren Elemente anscheinend übernahmen oder Beschreibungen das nahelegen. Ansonsten sind nur noch ein Wort auf einem Flügelalter in Neukirchen (Nr. 126), eine kurze Bauinschrift von 1534 in Niederaula (Nr. 131) auf niedrigem Niveau der Ausführung und eine aus Initialen bestehende Inschrift auf der Burg Tannenberg von 1540 (Nr. 133/II) in frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt. In Niederaula zeigt sich die verspätete Form im A mit gebrochenem Mittelbalken, in dem nach oben ausgebuchteten Mittelbalken des H, dem unzialen D, dem zweibogigen E sowie den Ausbuchtungen am Schaft des I und dem geschwungenen Schrägschaft des N. Allerdings kommen einzelne Formen der frühhumanistischen Kapitalis vereinzelt in Kapitalisinschriften (siehe unten) oder als Versalien in Minuskelinschriften vor. So zeigen zwei Inschriften (Nrr. 98, 103), die im Jahr 1500 bzw. gegen Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts im Westturm der Hersfelder Stiftsruine angebracht wurden, ein der frühhumanistischen Kapitalis entlehntes M mit schrägen Außenschäften und ganz kurzem Mittelteil, die von 1500 auch ein spitzes A mit gebrochenem Mittelbalken.

An demselben Ort weist eine Minuskelinschrift von 1500 zum ersten Mal auch Kapitalisbuchstaben als Versalien auf (Nr. 98). Die nächsten Belege zeigen weniger die konsequente Annahme der neuen Schrift als ein Herantasten an die neuen Formen in der Datierung auf einem ehemaligen Taufsteinfuß in Oberthalhausen aus dem Jahr 1519 (Nr. 124), falls diese Datierung überhaupt möglich ist. Die hier verwendeten Formen entsprechen aber in keiner Weise jener Kapitalis, die von den Humanisten im Rückgriff auf die antike klassische [Druckseite XLI] Kapitalis entwickelt wurde und die mit Linksschrägen- und Bogenverstärkungen sowie mit Schattenachsen arbeitet und ein ausgewogenes Schriftbild anstrebt. Das trapezförmige A trägt einen breiten geschwungenen Deckbalken und ist unten verkürzt, das M ist einem Minuskel-m nachempfunden, das N ist retrograd und das O spitzoval. Auch die nächste Kapitalis von 1534, die sich am ehemaligen Amtshof in Niederaula befindet (Nr. 131), zeigt keine klassischen Formen. Sie weist vielmehr und überwiegend Elemente der frühhumanistischen Kapitalis auf (siehe oben), ohne jedoch ein ausreichendes Niveau der Schriftausführung zu erlangen. Die im wesentlichen aus Initialen bestehenden Inschriften auf der Burg Tannenberg aus der Zeit von 1538 und 1545 (Nr. 133) sind dann in einer fast reinen Kapitalis ausgeführt, doch verrät das zweibogige E noch den Einfluß der frühhumanistischen Kapitalis. Die geringe Dichte und mindere Ausführungsqualität zeigen unmißverständlich die gegenüber anderen Beständen erheblich verzögerte Annahme der neuen Schriftform der Kapitalis, auch ihrer frühen bodenständigen Varianten an. Von einer Übernahme einer klassizierenden Formensprache gibt es so gut wie keine frühen Anzeichen, und daran ändert sich auf längere Zeit grundlegend nichts.

Auf einem Grabdenkmal läßt sich die Kapitalis zuerst 1557 nachweisen. Die Inschrift auf der Grabplatte Emerichs von Dörnberg in der Burg Herzberg (Breitenbach) (Nr. 148) ist in einer unbeholfenen Kapitalis geschrieben, in der offenes, eckiges D, eckiges G und spitzovales O verwendet werden. Doch nicht nur in Breitenbach, sondern auch in der Stiftsruine in Bad Hersfeld und somit im regionalen Zentrum bleibt die Ausprägung der Kapitalis weit von klassisch antiken Formen entfernt. Ein Grabplattenfragment von 1560 zeigt hier eine gleichstrichige Kapitalis mit offenem D, mit einem M, dessen äußere Schäfte schräggestellt sind und dessen Mittelteil sehr kurz ist, sowie mit einem fast ovalen O (Nr. 150).

Bezeichnend für die Entwicklung der Kapitalis im Bearbeitungsgebiet sind die Arbeiten des in und um Hersfeld arbeitenden Bildhauers Valentin Hep, der zwischen 1570 und 1588 für die Grablege der Familie von Trümbach in Wehrda acht und für das Stift Hersfeld sechs signierte Denkmäler schuf116) und außerdem am gemalten Altarretabel von Odensachsen (Nr. 183) beteiligt war. Charakteristisch für seine Inschriften in Stein ist eine schlanke, gleichstrichige Kapitalis, deren Buchstaben oft dicht gedrängt stehen. Kennzeichnende Buchstabenformen sind offenes D, schmales E, das sehr häufig, aber nicht immer mit drei gleichlangen Balken gebildet ist, leicht spitzovales O und R mit gerader, aber meist leicht gewölbter Cauda, die im Schnittpunkt von Bogen und Schaft ansetzt und in dem schlanken, gedrängten Schriftduktus rechts nur selten über den Bogen hinausgreift. Das Schriftbild wirkt insgesamt unregelmäßig und wenig regelhaft proportioniert. Dabei ist die mäßige Schriftqualität der Werke Heps unabhängig vom Auftraggeber. Auch die Inschrift auf der signierten Grabplatte für den Hersfelder Abt Ludwig Landau von 1588 (Nr. 213), die nun geschlossenes D und ein R mit weiter außen ansetzender Cauda und somit durchaus eine Weiterentwicklung der Buchstabenformen zeigt, bleibt schwankend und ungelenk, entfernt sich sogar erheblich vom älteren Schriftstil, dessen gedrängter Duktus teilweise aufgegeben ist. Das führt mehrfach zu geglätteten Formen wie ovalen, aber runden, also nicht mehr angespitzten O. Der große zeitliche Abstand zu anderen Arbeiten Heps, zugewiesen letztmalig 1582 (Nr. 203), und das Fehlen seiner Schriftmerkmale in drei Auftragsarbeiten Landaus [Druckseite XLII] (Nrr. 208 f., 212, 213) deutet auf tiefgreifende Veränderungen in der Werkstatt, deren Signatur hier jedenfalls nicht mehr zu den Schrifteigenheiten der älteren Werkstatt Heps paßt. Immerhin zeigen davon zwei Objekte (Nrr. 212 f.) in den gestuften Balken des E und im nach links verlängerten Deckbalken des F eine gemeinsame Abweichung.

Die Unsicherheiten im Umgang mit der Kapitalis sind aber nicht auf die Werkstatt von Valentin Hep beschränkt. Das von dem vorwiegend in anderen Regionen tätigen Andreas Herber signierte Epitaph der Katharina Riedesel von Eisenbach in Ersrode zeigt ebenfalls eine unproportionierte und unregelmäßig wirkende Kapitalis (Nr. 191). Auch das demselben Künstler zugeschriebene Epitaph für Georg Riedesel von Eisenbach in Ersrode von 1589 (Nr. 217) weist trotz des größeren Bemühens um Klarheit der Schrift zum Teil sehr unregelmäßige Proportionen auf. Lediglich das gemalte Epitaph für Pfarrer Johannes Sutorius von 1597 (Nr. 243) und bedingt auch das ebenfalls gemalte Epitaph für die 1616 verstorbene Ehefrau des Pfarrers Heinrich Clebius in Braach (Nr. 307) zeigen eine klare, wohlproportionierte Kapitalis. Auch der Maler des Lul-Bildes (Nr. 211/D, E) läßt einen gewissen Ehrgeiz der regelmäßigen und konsequent stilisierten Schriftgestaltung erkennen, wenngleich klassizierende Merkmale weitgehend fehlen.

Insgesamt läßt sich feststellen, daß es den im Bearbeitungsgebiet tätigen Steinmetzen nur selten gelang, die Kapitalis in Anlehnung an antike klassische Vorbilder in eine klare Formensprache mit guten Proportionen zu übertragen. Mehrfach, doch vergleichsweise selten, ragen daher aus der stark regionalisierten und individualisierten Formensprache einzelne klassizierende Gestaltungsweisen hervor wie bei der Grabplatte des Johannes Breul (Nr. 258) oder der mit größeren Strichstärkenunterschieden arbeitenden Tafel des Fuldaer Abtes Johannes Bernhard Schenk von Schweinsberg (Nr. 333), bei der Linksschrägenverstärkung, Bildung von Bögen aus Kreislinien, tief zur Grundlinie gezogener Mittelteil breiter M und stachelartige Cauda bei R sogar den Eindruck einer wesentlich älteren, eben klassizierenden Schrift hervorrufen.

Mehrere Schriftphänomene wird man unter dem Gesichtspunkt regionaler Besonderheiten betrachten und somit als datierungsrelevant nutzen müssen. Dazu zählt das spitze A mit beidseitig überstehendem Deckbalken und geradem Mittelbalken, das in der entwickelten Kapitalis in einer datierten Inschrift hier letztmals 1608 (Nr. 280) erscheint,117) sodann die im Vergleich zu den Gebieten am Rhein viel stärkere und vor allem frühere, nämlich schon 1589 (Nr. 217) einsetzende Verwendung des U, sein Nebeneinander zu V und – sich langsam entwickelnd – beider konsequenter Anwendung nach Aussprache, etwa in den Grabinschriften für Johann Adrian von Dörnberg (Nr. 290) und Adam von Trümbach (Nr. 295), nur in einem Teiltext bei der Grabplatte der Agnes von Dörnberg (Nr. 297). Viel früher als anderweitig und in größerer Menge und Varianz zeigt sich das N mit geschwungenem Schrägbalken bzw. -schaft.

Ein Paradebeispiel für einen gewissen Verfall der Schriftkultur, die mit dem sprachlichen und intellektuellen Anspruch nicht mehr mithalten kann, bietet die Grabplatte des Pfarrers Johann Stotzmann von 1633 in Kerspenhausen (Nr. 338), die übrigens aus derselben Werkstatt wie die Hersfelder Platte für Bartholomäus Derentz(?) (Nr. 339) stammen dürfte. Mangelnde Durchbildung und Regelmäßigkeit der Schriftformen kann für viele der Inschriftenproduktionen außerhalb der regionalen Zentren gelten, insbesondere betreffs des Buchstabens S. Beim Stein Stotzmanns resultiert der unruhige Duktus aus dem Nebeneinander überbreiter Buchstaben wie A, D, N und V und schmaler Varianten von E, F, O, T und U, [Druckseite XLIII] bei dem sich die Lautangleichung durchgesetzt hat. Sehr auffällig sind an Einzelformen das an der senkrechten Achse zugespitzte O, das R mit der geschwungenen, aber weit außen ansetzenden und ausgreifenden Cauda sowie das nach links gekippte S (der obere Bogen steht nach links über bei gleichzeitig meist flach liegendem Mittelteil) und das zweibogige Z; große Unsicherheit verrät der Winkel am Mittelteil des M. Überflüssig sind diakritische Zeichen über U. Kaum anders verhält es sich mit der Fraktur, deren Gemeinen in vielen Fällen zwar mit den entsprechenden Typen übereinstimmen, jedoch in der Bildungsweise die Brechungen der Gotischen Minuskel fortschreiben, also einen eher eckigen Duktus bieten und die für die Fraktur typischen Schwellzüge und Schwellschäfte nur ansatzweise realisieren.

Auch bei den artverwandten Platten Bardeleben (Nr. 343) und Starck (Nr. 349) lassen sich ausgehend vom fast identischen Steinmetzzeichen enge Übereinstimmungen der Kapitalisschrift ermitteln, aus denen geradezu ein Kompendium von Leitformen einer – freilich unbenannten – Werkstatt herausgearbeitet werden kann. Ähnliches gilt bei den Produktionen für die späten Grablegen in Solz (Nrr. 344, 347) und Breitenbach/Burg Herzberg (Nrr. 320, 326, 329, 335 f., 345 f.).

Weniger erfolgreich erwiesen sich Analysen der Kapitalisschriften bei Inschriften aus dem Fachwerkbau. Ausgehend von dem von dem Zimmermann Hans Weber signierten Bau in der Klausstraße 34 kann man dennoch keine Werkstattschrift herausarbeiten, da die Inschriften mehrerer zugewiesener Werke mit Farbfassungen überlagert sind, insgesamt einen schlechteren Erhaltungsgrad aufweisen und trotzdem Unterschiede faßbar werden. Das betrifft etwa die oben angemerkten A mit und ohne Deckbalken, die bei Klausstraße 34 (1609, Nr. 283) und Hanfsack 2 (1619, Nr. 313) unterschiedlich aussehen, ebenso die Q, U und X. 1609 sind die inneren Schrägschäfte des W kurz, beim Tor des Johannes Hüttenroth (Nr. 341) nicht. In diesem Bereich ist noch Grundlagenforschung zu treiben, um weiträumige Zuschreibungen an den Meister und seine Werkstatt abzusichern, wobei nicht alle Bauten mit aussagekräftigen Inschriften versehen sind. In Hersfeld gibt es nur die Signatur am Haus Klausstraße 34 (Nr. 283), Zuschreibungen für Lingg-Klause 1600 (Hanfsack 7, Nr. 118/VII), „Abtsschlößchen“ 1603 (Im Stift 11, Nr. 118/VIII), Rathaus 1607–1612 (Nr. 279), Hanfsack 2 1619 (Nr. 313), verlorene und stark veränderte Bauten,118) dazu das Portal vom Haus Sauer im Hanfsack, heute im Museum (Nr. 341), das allerdings kaum zum eigenhändigen Werk des namengebenden Meisters gehört.

5.3 Gotische Minuskel

Die Gotische Minuskel ist eine Monumentalschrift, die der seit dem 11. Jahrhundert aus der karolingischen Minuskel entwickelten Textura verwandt ist. Ihre wesentlichen Merkmale sind die Auflösung der Bögen in Schäfte und Brechungen sowie die meist als Quadrangel ausgeformte Brechung der Schäfte auf der Grundlinie, bei kurzen Schäften auch an der oberen Mittellinie. Die Verwendung der Gotischen Minuskel setzt in Deutschland im 14. Jahrhundert zu unterschiedlichen Zeiten in fast allen Regionen ein.119)

Im Bearbeitungsgebiet wurde sie zwischen 1356 und 1360 zum ersten Mal auf der Gedenkinschrift an den Ausbruch der Pest von 1356 verwendet, die erhaben gearbeitet ist [Druckseite XLIV] (Nr. 34). Die Minuskel zeigt einige Besonderheiten. Bei l, m, n, r und langem s fehlen zum Teil die unteren Brechungen des Schaftes, der stumpf auf der Zeile endet; diese Schriftausprägung gilt in der Frühzeit der Minuskel durchaus als verbreitet und ist nicht allgemeinen Qualitätsmängeln geschuldet. Besonders auffällig ist das flachgedeckte g, das sich sonst in frühen Minuskelinschriften kaum nachweisen läßt. Dagegen ist die Kombination von Versalien der Majuskel und Minuskeln in dieser frühen Zeit bei anderen qualitätvollen Arbeiten durchaus verbreitet. Die nächste erhaltene Minuskelinschrift stammt von 1370 (Nr. 37) und ist im Gegensatz zur Pestinschrift, die ein Vierlinienschema zeigt, im Zweilinienschema geschrieben. Auf Versalien wurde verzichtet, was bis zum Ende des 14. Jahrhunderts charakteristisch für den Bestand ist. Selbst die große, in Hexametern ausgeführte Bauinschrift am Eichhof von 1372 (Nr. 39) weist keine Versalbuchstaben auf. Sie kommen erst wieder in einer Inschrift von 1402 (Nr. 50) vor, deren Minuskeln unregelmäßig ausgeführt und wegen der Oberlängen nicht mehr dem Zweilinienschema verhaftet sind. Die Buchstaben b und h weisen weit ausgezogene Sporen an den oberen Schaftenden auf; in ähnlicher Weise sind die quadrangelartigen Brechungen und die Bogenenden des runden s spitz ausgezogen. Zierstriche bei e, r und t sind akzentuiert, beim e auffällig kurz und nach außen gebogen, ohne dem Schaft nahezukommen.

Anders als die gleichfalls erhabenen Minuskeln der Pestinschrift und der Bauinschrift von Rotenburg sind die der frühen Hersfelder Rathausinschrift (Nr. 45) durch ihre kompakte Schreibweise ausgespart und stehen so den erhabenen Minuskeln des norddeutschen Tieflandes näher; außerdem zeigen sie eine plastisch-dreidimensionale Gestaltung, wie man sie vermehrt bei Goldschmiedearbeiten kennt.120)

Die weitere Entwicklung der Gotischen Minuskel ist an dem überlieferten Material nur bedingt nachvollziehbar. Von den 44 (oder sogar 46) Minuskelinschriften aus der Zeit zwischen 1400 und 1501 befinden sich 24 auf Glocken, von denen 13 erhalten oder mittels eines Fotos beurteilbar sind. Nur 15 Inschriften blieben in anderem Material oder im Foto beurteilbar, fünf bis sieben sind verloren.121) Da die Glockengießer zumeist nicht aus der Region stammten, bieten die Glocken wenig Anhaltspunkte für die Schriftentwicklung im Bearbeitungsgebiet.

Die Aufnahme neuer Formen wird daher erst in einer Bauinschrift im Westturm der Stiftsruine in Bad Hersfeld von 1500 (Nr. 98) sichtbar. Sie zeigt Minuskeln mit deutlich ausgeprägten Ober- und Unterlängen sowie einmal f mit einer der Schaftverdoppelung bei Schreibschriften ähnlichen Zierform. Zudem stammt ein Teil der Versalien erstmals aus der Kapitalis. Die Schriftzüge der Inschrift sollen sogar denen einer Urkunde vom 24. September 1499 gleichen, die von einem der Protagonisten, Adolf von Biedenfeld, ausgestellt wurde.122) Die anderen, meist Graffiti ähnlichen Inschriften der Westturmstube (Nrr. 90, 100, 103 f. u. ö.) offenbaren die üblichen Neigungen zu vereinfachter Strichführung und Anleihen in der Schreibschrift, sind aber mehrfach mit verhältnismäßig modernen Versalien versehen.

Eine Inschrift aus Schenklengsfeld von 1525 (Nr. 128) zeigt dann bei der unbeholfen ausgeführten Minuskel Brechungen, die zum Teil zu Rundungen aufgelöst wurden und damit durchaus eine Tendenz der Zeit widerspiegeln. Danach sind nur noch wenige Minuskelinschriften erhalten: ein Monogramm (Nr. 129), eine kurze Namensinschrift von 1549 (Nr. 136), diverse Graffiti (Nrr. 137141), eine Grabplatte von 1556 (Nr. 147), das eher [Druckseite XLV] indifferente Anno domini zu einer Jahreszahl 1557 (Nr. 149/I) sowie eine Meisterinschrift von 1594, in der wiederum das Anno domini noch in Gotischer Minuskel geschrieben ist (Nr. 237). Einen noch spätgotischen Duktus weist die letzte Glockeninschrift in Minuskel von ca. 1570 (Nr. 185) auf. Das Überleben der Minuskel erkennt man noch in unvollkommen ausgeführten Mischminuskeln oder Frakturschriften unter anderen von 1555 (Nr. 144) und 1633 (Nr. 338).

5.4 Fraktur

Die Fraktur wurde im frühen 16. Jahrhundert aus kalligraphisch gestalteten spätgotischen Kanzleischriften entwickelt und in ausgestalteter Form zuerst in Prachtdrucken Kaiser Maximilians I. (Gebetbuch 1513, „Theuerdank“ 1517) verwendet.123) Charakteristisch für diese Schrift sind Schwellzüge und Schwellschäfte. Die Großbuchstaben zeichnen sich durch S-förmige Anschwünge sowie Verdoppelung und Aufbrechung der Bögen und Schäfte aus, und die Kleinbuchstaben sind durch an- und abschwellende Linien sowie spitzoval geschlossene Bögen gekennzeichnet. Durch ihre Rezeption als Druckschrift fand die Fraktur rasch Verbreitung, doch wurde sie im Bearbeitungsgebiet erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts als monumentale Textschrift verwendet.

Bei den ersten beiden Frakturinschriften handelt es sich um Bauinschriften an Häusern, bevor im 3. Viertel des 16. Jahrhunderts die Fraktur auch auf Grabdenkmälern verwendet wird. Die frühere von 1555 ist in Stein ausgeführt und stammt aus Rotenburg (Nr. 144). Sie zeigt die Merkmale der Fraktur nur in Ansätzen. So sind zwar f und langes s unter die Grundlinie gezogen, die Unterlänge des g ist schlingenförmig, und die Brechungen sind in der Regel zu Rundungen aufgelöst, doch fehlen Schwellschäfte und Schwellzüge fast ganz. Von den Versalien zeigt nur das R Frakturmerkmale, während A, H und I als Kapitalisbuchstaben gestaltet sind. Auch die nächste, in Holz ausgeführte Frakturinschrift von 1566 (Nr. 163) zeigt bei den Kleinbuchstaben kaum entwickelte Frakturmerkmale. Das Anno domini der Bauzahl von 1557 in Friedewald (Nr. 149/I) ist zu schlecht erhalten und zu kurz, um sichere Berührungspunkte zur Fraktur festzustellen. Auf dem Epitaph des Bernhard von Mansbach (Nr. 187) aus dem 3. Viertel des 16. Jahrhunderts sind die Frakturmerkmale der Kleinbuchstaben ebenfalls nicht voll ausgeprägt.

Erst auf dem Andreas Herber zugeschriebenen Epitaph für Georg Riedesel von Eisenbach von 1589 (Nr. 217) ist die Grabinschrift in einer gut entwickelten Fraktur mit den entsprechenden Versalien ausgeführt. Das gilt auch für die Grabplatte und das Epitaph für Jörg von Trümbach in Wehrda von 1596 (Nrr. 240 f.) sowie für das Epitaph seines Sohnes Hans Wolf von Trümbach von 1611 (Nr. 291). Die übrigen Frakturinschriften zeigen mit einer Ausnahme schwankende Qualität, die bei weitem nicht an die Buchschriften heranreicht. Das gilt auch für das Epitaph für das Ehepaar Clebius (Klebe), nämlich des Pfarrers Heinrich mit Anna, in Braach von 1616 (Nr. 307), obwohl die Inschrift hier gemalt ist, was die Nachempfindung der Buchschrift erleichtert. Die einzige den Buchschriften nahekommende Fraktur zeigt die Inschrift im Sturz der Prunktür, die aus dem Sitzungssaal des Hersfelder Rathauses führt. Ihre Buchstaben sind in das Holz eingelegt (Nr. 294); diese Technik ermöglichte es, eine anspruchsvolle Fraktur zu schaffen. Frakturen der 1630er Jahre (Nrr. 338 f.) schreiben die Brechungen der Gotischen Minuskel fort, bieten also einen eher eckigen Duktus, ohne die für die Fraktur typischen Schwellzüge und Schwellschäfte zu realisieren.

5.5 Minuskeln, unspezifische

Sobald Inschriften, seien sie Graffiti oder stilisierte Beschriftungen mit derselben Zielrichtung, und solche zwischen diesen beiden Gattungen gehäuft auftreten, scheint eine generelle Bemerkung zu den besonderen Schriftformen jenseits der Gotische Minuskel, Fraktur oder Humanistischen Minuskel angebracht, um eine Abgrenzung der eher schreibschriftlich geprägten Formen vorzunehmen. Anders als mit Kohle oder Rötel aufgetragene Schriften oder solche, die mit einem Griffel in Holz oder Schiefer und somit mit einem gewissen kursiven Schwung eingeritzt sind, unterliegen kräftig in Stein geritzte oder gar gehauene dem schwierigeren Herstellungsprozeß. In der Formung muß sich das bemerkbar machen. Das gilt auch für Beschriftungen in oder mit eingestreuten Kapitalisbuchstaben.

So sind die gotischen Minuskeln in den Beschriftungen des Wendelsteins, des Westturms der Hersfelder Stiftskirche, nur in jenen Teilen regelhaft, in denen sie offenbar halboffiziellen Charakter haben, also wenige Namen, eine Baunachricht und ein Bibelzitat umfassen (Nrr. 90, 98, 100, 103). Andere nähern sich dem nur an oder tendieren mehr oder weniger in das andere Extrem, nämlich zu stärker schreibschriftlichen, das heißt in diesem Zusammenhang auch mehr geritzten Formen. Inhaltlich entspricht dem flüchtigeren Formenbestand die Ausrichtung auf Namen von Besuchern im weitesten Sinne. Eingesperrte Personen der jüngeren Zeit (vgl. Nr. 104) hatten offenbar mehr Muße und Mittel, ihre Schriften stärker zu stilisieren, weshalb dort Kapitalisschriften überwiegen.

5.6 Ziffern / Zahlen

Bevor in Inschriften Zahlen durch arabische Ziffern ausgedrückt werden,124) also in den wenigsten Beständen vor der Mitte des 15. Jahrhunderts, wurden diese mit Hilfe von Zahlwörtern, lateinisch sehr früh, im Bestand im 13. Jahrhundert (Nr. 26), deutsch dort erstmals 1485(!) (Nr. 82), oder römischen Zahlzeichen (Nrr. 2?, 4, 8 u. ö.) ausgedrückt, bei einer Jahreszahl im Bestand erstmals zu 1133 (Nr. 18). Die Ordinalzahlen der Anno domini- oder ähnlich gebauter Formulare ließen sich nicht in die metrisch gestalteten Inschriften einbeziehen, für die dann hier erstmals um 1360 (Nr. 34) Zahladverbien und Distributivzahlen, auch in unklassischer Konstruktion (milleni), verwendet wurden; den langen Ausdrücken wohnen einfache Rechenoperationen inne (Nrr. 34, 41, 50 u. ö.). Ähnliches kehrt für kurze Zeit in den Hundertermultiplikatoren spätgotischer Prosainschriften wieder (Nrr. 98, 119, 120, 123, 125).

Die erste Verwendung arabischer Ziffern ist für 1471 nur unzureichend bestätigt (Nr. 68), für 1487 (Nr. 84/I) dann fotografisch gesichert. Der Bestand ist zu dürftig, um daraus oder den wenigen nachfolgenden Bauzahlen vor 1514 irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Die Formgebung bewegt sich weitestgehend im üblichen Rahmen, zeigt also die 4 in Form der halben 8 (Nrr. 84/I, 96, 112), die linksgewendete 5 (Nrr. 84/II, 99, 109, 112, 115) und die lambdaförmige 7 (Nr. 115). Gegen Ende der zweiten Dekade des 16. Jahrhunderts dringen schnell und anhaltend die frühmodernen Varianten in die Ziffernbildung ein, also vor allem die aufgerichtete 4 (Nrr. 131, 133/II, 134, 135) und die rechtsgewendete 5 (Nrr. 116, 117, 118/I, 122, 124, 126, 130). Demgegenüber läßt die Aufrichtung der 7 keine ähnlich gradlinige Entwicklung erkennen, da der Balken noch lange und wechselhaft schräg steht. Auch die Entwicklung der 5 zu einer Ziffer aus Balken, Schaft und Bogen verläuft ohne Zäsur, es steht also die 5 ohne Schaft zwischen Balken und Bogen lange noch neben jener jüngeren. Immerhin kommt die alte 4 noch 1554 in Salzberg (Nr. 143) vor.

[Druckseite XLVII]

Neulateinische Zahlzeichen (Nr. 331) spielen keine Rolle im Bestand. Möglicherweise ist das eine Folge der gerade in Rotenburg, also an der Nebenresidenz des gelehrten Landgrafen Moritz, eingetretenen Verluste.

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Nicht alle vor 1650 entstandenen Inschriften des Bearbeitungsgebiets wurden aufgenommen. Grundsätzlich ausgeschlossen blieben reproduzierte Inschriften, etwa auf Siegeln, Medaillons, Bucheinbänden und Ofenplatten, die definitionsgemäß nicht unter die aufzunehmenden Inschriften fallen.125) Nicht erfaßt wurden zudem alle Inschriften, die in Kapitel 1 dieser Einleitung diesbezüglich benannt sind.

Extrem zerstörte Inschriften, deren Vorhandensein zwar noch festgestellt, deren Buchstabenreste aber nicht mehr gedeutet werden konnten, wurden ebenfalls nicht aufgenommen. Zudem wurden mit wenigen Ausnahmen Fragmente mit weniger als vier Buchstaben nicht berücksichtigt. Hierzu gehören die zahlreichen Steinfragmente in der Stiftsruine sowie im Bauhof in Bad Hersfeld sowie die Glasscheibenfragmente, die bei der Grabung 2001 im Apsisbereich der Stiftsruine gefunden wurden.126) Ein großer Teil dieser Scheibenfragmente dürfte noch der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts angehören. Ein Fragment,127) das ein linksgeschlossenes unziales M zeigt, muß aber aufgrund der Bogenschwellungen und der spitzen Ausziehung der Bögen bereits dem 14. Jahrhundert angehören.

Bei den Steinfragmenten befindet sich das von Hörle als „Absprengsel von einem frühen romanischen Sockel“ mit der Inschrift SIM (für SIMON, Apostel) erwähnte Stück.128) Zwar kann man das seit der Aufwertung der alten Weihe an die Apostel Simon und Judas Thaddäus im 12. Jahrhundert durchaus nachvollziehen, doch dürfte das Fragment weder eine frühe (oder späte) romanische Majuskel zeigen noch zweifelsfrei als SIM gelesen werden. Von den Buchstaben widersprechen sporenarme Linien, das überschlanke, mit eng gekrümmten Bogenenden versehene S und das wuchtige M mit bis zur Grundlinie gezogenem Mittelteil diesem Ansatz. Gegen die Charakterisierung als Sockelrest sprechen die Lineatur und der flache Stein; das weist auf einen Plattenrest hin, der gemäß der Buchstabenformen an der Grenze zur Moderne entstanden sein sollte.

Gegenüber der Forschung und möglicher Anschauung mußten diverse Inschriften ausgeschlossen werden, weil sie neu datiert, in ihrer Echtheit, sprich zeitgenössischen Entstehung, angezweifelt werden oder überlieferte Texte und Textteile sich nicht verifizieren ließen. Dazu gehört etwa das modern aufgemalte Baujahr Anno 1617 auf der Rückseite des Hauses Am Markt 9 in Bad Hersfeld.129) Die Datierung des „Lutherzimmers“ im Eichhof (Nr. 181/III) auf 1582130) dürfte im heutigen Zustand eine Auffrischung der Moderne sein. Eine Taufschüssel in der St. Jakobikirche in Rotenburg soll von 1645 stammen,131) trägt aber keine entsprechende Inschrift. Die Bauzahl 1648 am alten Stadtwirtshaus (Linggplatz 6) ist modern aufgemalt und hat keinen Bezug zu einer Baumaßnahme.132) Am Hersfelder Peterstor befand sich angeblich eine Inschrift des Jahres 1472, die das Hochwasser als eines der [Druckseite XLVIII] heftigsten jemals erlebten charakterisierte, wie das auch, dies bestätigend, ein spontaner Eintrag in ein Kopialbuch der Abtei tat.133)

Seit der Beschreibung des Rheinstroms 1596 durch Bernhard Hertzog werden – auch von Hersfelder Autoren134) – lobende Verse auf Bischof Lul (Nr. 1),135) den Gründer des Hersfelder Stifts, bezogen, weil jener oberrheinische Autor sie mit der Bemerkung „Vff seinem grab standen diese vers“ mitteilte. Es handelt sich allerdings höchstwahrscheinlich um eine englische Dichtung, die über ein unspezifisches Zitat im Kapitel Luls bei Surius: „De eodem beato praesule hi quoque versus extant“136) weitergereicht wurde. Hertzog konnte die Verse leicht als Epitaph, sprich Elogium, verstehen oder wollte das so gesehen haben; er zitiert sie bezeichnenderweise in seinem inschriftenarmen Kapitel zum Mainzer Erzbistum – Hersfeld lag weit ab von seinem Wirkungsfeld am Rhein. Die drei leoninisch zweisilbigen Hexameter sind jedoch erstmals in der englischen Königsgeschichte des Wilhelm von Malmesbury überliefert – nach seiner eigenen Erinnerung kannte er sie schon in seiner Jugend, also um 1100 oder kurz davor.137) So wurden sie auch von Schlegel zu Beginn des 18. Jahrhunderts rezipiert, der sie als Kenner der Stiftskirche allerdings nicht mit dem Grab Luls in Verbindung brachte.138) Alle Überlegungen, die Inschrift könnte bei der Weihe der Klosterkirche, die am Festtag Luls, dem 16. Oktober, des Jahres 1144 stattfand,139) angebracht worden sein, sind damit hinfällig.

Nicht aufgenommen wurde das Steinkreuz von Unterhaun (Hauneck), das auf der Kirchhofmauer aufgesetzt ist und aus dem Jahr 1514 stammen soll.140) Das Gedenkkreuz für einen Müller, so die Bestimmung von Friedrich Karl Azzola anhand des Typs und der zweiflügligen Müllerhaue, ist heute in so schlechtem Zustand, daß die Jahreszahl, die der Ausgräber 1937 noch lesen zu können glaubte, nicht überprüft werden kann. Da die Haue aus der Kreuzung der Arme herausgerückt ist, könnten die Kreuzbalken in der Tat beschriftet gewesen sein. Die Reste, die am besten auf den Abbildungen 7 und 8 bei Azzola zu begutachten sind, dürften aber nur Rudimente von Schrift oder gar nur Beschädigungen darstellen. Die vermeintlichen Buchstaben AO und die moderne 1 und aufgerichtete 4, die man zu erkennen glaubt, passen nicht zusammen und nicht zur Lesung 1514,141) so daß eher eine Täuschung vorliegt. In der Kirche von Unterhaun („Niedernhaune“) – die heutige Ev. Pfarrkirche stammt von 1736 – hingen angeblich drei Glocken, die verschiedene Bilder trugen – anscheinend jede eines –, das Bild der hl. Familie, das mainzische oder würzburgische Wappen und einen Kreuztitulus. Außerdem fand sich beim Abbruch des baufälligen Glockenturms ein Ziegel mit Inschrift, auf dem man eine leider nicht, wie erhofft, lesbare Jahreszahl vermutete; die zugehörige Nachzeichnung enthält zwar in der Mitte der oberen von drei Zeilen drei versale C und überhaupt mehrheitlich Großbuchstaben, bleibt aber [Druckseite XLIX] insgesamt rätselhaft, da unpräzise in der Buchstabenwiedergabe.142) Es bestehen weitere Ungereimtheiten, da die Aufzeichnungen der Kirchengründung in Unterhaun vorauszugehen scheinen und sich die Angaben ggf. auf die Kreuzkirche (zwischen Unterhaun und Johannesberg, Nr. 286) beziehen lassen.

Eine angebliche Bauzahl 1511 in der Glockenstube der Kirche von Odensachsen (Haunetal)143) konnte nicht verifiziert werden. Eine einer solchen Bauzahl gleichende Zeichenfolge nahe dem zentralen Kreuzungspunkt der Balken muß als Initialen (ISM) gedeutet werden, die vorgebliche 5 als verecktes S, da eine so frühe 5 nicht mit einem Schaft gebildet wäre. Auch die angebliche Datierung des Taufsteins in Heringen auf 1551 ließ sich am Objekt nicht nachvollziehen. Die einzigen Zeichen in einem über einen Wappenschild gelegten Schriftband144) sehen aus wie I V I V und passen mit einer deutenden Lesung als 1515 nicht zu dem nachgotischen Taufstein.

Nicht wenige ältere Lesungen oder auch nur Konjekturen führten zu verfrüht angesetzten Datierungen. Nicht aufgenommen wurde der Grabstein der Maria Will in der Eingangshalle der Stiftsruine, weil das angebliche Todesjahr 1649145) ihr Geburtsjahr ist und sie nach 1700 verstarb. Ebenso nicht aufgenommen wurde die Grabplatte der Anna Clara Lang146), weil der Typus (Grabplatte mit erhabener Umschrift in vertiefter Leiste, oben zwei Wappen mit Beischriften, unten Beschlagwerktafel mit Leichtext) zweifelsfrei datiert erst 1657 und 1670 (Weiffenbach u. Kleinschmidt) vorkommt und zu diesen weitere Parallelen in Schriftformen und Dekor bestehen. Die auf das angebliche Todesjahr 1650 datierte Grabplatte der Anna Gertrud Kopp(en)147), die im südlichen Querhaus der Stiftsruine auf dem Boden liegt, ist nur zu Hälfte erhalten. Bei dem auf der Platte genannten Datum 17. März 1650 handelt es sich aber wieder nur um das Geburtsdatum. Das Todesjahr stand in dem verlorenen Teil der Platte. Das wird ersichtlich aus dem Typus, der in höchstem Maße und in allen Einzelheiten (Arrangement, Schrift, Textstruktur) mit dem der Platten für einen Verwandten der Verstorbenen, Dr. Johannes Wilhelm Faust (1705), und Maria Will (nach 1700) übereinstimmt. Beim ersten Beleg ist sogar die Reihenfolge der Informationen in der Umschrift identisch, die mit dem Verweis auf den Leichtext endet – freilich alles in Latein. Ein im westlichen Eingangsbereich der Krypta eingemauertes Fragment mit dem Namen FAUST gehört wegen des U, das aus zwei Schäften und einem Verbindungsbogen besteht (also eine Art vollrundes U ohne unten rechts überstehenden Schaft), einer Person aus einer jüngeren Generation der Familie Faust.

Die unfertige Grabinschrift des 1608 geborenen Gerichtsschöffen Kilian Gerlach in Asbach (Stadt Bad Hersfeld)148) entstand wohl erst nach 1650, weil ein Kilian Gerlach dort am 16. Februar 1677 verstarb149) und das gut zu den Informationen der Inschrift paßt.

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Obwohl die Portaldekoration der Wasserburg von Lispenhausen (Rotenburg) mehrfach auf vor 1640 datiert wurde, nämlich auf 1618 oder um 1640 – man orientierte sich am Bau von 1605150) –, sind das Wappen Bartheld, der Dekor und die serifenlose Inschrift151) doch später anzusetzen.

Die undatierten Inschriften am ehemaligen Gymnasium, der heutigen Hersfelder Konrad-Duden-Schule, gehören zur Wiederaufbauphase nach 1687.152) Ein angeblich mit HH 1281 HI beschriebener Amboß der Schmiede Wiegand in Tann (Ludwigsau)153) stammt aus dem 18. Jahrhundert, weil die 2 am ehesten aus einer 7 verlesen sein kann und ein solches Arrangement einer Inschrift nicht vor der Mitte des 16. Jahrhunderts denkbar ist. Auch der sogenannte Landgrafenstein, der heute im Forsthaus in Frielingen (Kittelbergstraße 1) eingemauert ist, stammt nicht aus der Zeit nach der Fehde Landgraf Hermanns II. (des Gelehrten) gegen die beiden vom Sternerbund besetzten und den Landfrieden bedrohenden Burgen Herzberg und Frielingen (1372); der Stein sei von den Sternern nach dem blamablen Abzug des Landgrafen errichtet worden.154) Die Inschrift155) wurde erst nach 1650 geschaffen und stammt keineswegs, wie früher vermutet, aus der Zeit der Sternerkriege des 14. Jahrhunderts.

Auf dem sogenannten Wendelstein, dem noch erhaltenen Südwestturm der Hersfelder Stiftsruine, finden sich an verschiedenen Stellen Inschriften und Graffiti, mehrheitlich in der kreuzgewölbten Westturmstube bzw. in ihrem Eingangsbereich, außerdem an den Wänden und Arkaden der unteren, offenen Turmstube und dem engen Zugang dahin. Bis auf datierte oder datierbare Namen und Texte von vor 1650 handelt es sich vielfach um nicht datierte oder spät datierte Namen.156) Entsprechende Dokumentationen finden sich für die innere Stube bei den Nummern 90 und 104 und ff. und für die halboffene darüber bei Nummer 117.

In der evangelischen Kirche von Ronshausen glaubte man auf eine Inschrift gestoßen zu sein, die vorne an der steinernen Stufe zum Altarraum steht. Die Buchstaben, deren Lesung OMNIS nach der Hypothese des Entdeckers als OMNIS PRO CHRISTO157) zu verstehen sei,158) ließen sich so weder zweifelsfrei nachweisen noch datieren, da sich die scheinbare Gleichstrichigkeit der wenigen konturierten Buchstabenteile dem entzieht; immerhin sind die meisten Ausstattungsobjekte und viele Bauteile doch erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts geschaffen worden.159) Gleichfalls in Ronshausen steht neben einem Grabstein von 1601 (Nr. 261) eine Platte an der südlichen Außenwand, die einem Weinhändler Jakob Schneider gewidmet ist (Nr. 350) und eine heute auf der Rückseite unzugängliche zweite (oder erste?) Inschrift in eingetiefter Kapitalis trägt. Bisher konnten die relative Zeitstellung und ein möglicher Zusammenhang der Texte nicht ermittelt werden.

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Inschriften, die aus anderen Beständen und noch aus dem Bearbeitungszeitraum stammen, sind selten. Der Kastenaltar in der ev. Kirche von Bosserode (Gemeinde Wildeck), dessen bemalte Flügel von dem Meister des Erfurter Regleraltars um 1470 oder etwas später hergestellt worden sein sollen, gelangte erst nach 1699 in die damals gebaute Kirche. Er stammt auch nicht aus einem Vorgängerbau, sondern von außerhalb. Eine eingestellte, etwa gleichzeitige Pieta stammt ebenfalls aus dem Erfurter Kunstkreis. Die Flügel des Altars zeigen unter anderem die drachentötende hl. Margarethe mit ihrem Titulus im Kronreif,160) eine Verkündigung mit dem Engelsgruß161) und ungedeutete Gewandsauminschriften bei einem anbetenden König jeweils in Gotischer Minuskel.162)

Die Glocke von 1567 in Alheim-Licherode stammt aus Gardeja/Garnsee (früher Kreis Marienwerder, heute Powiat Kwidzyński, Ablieferungsnummer 2/11/5); die Glocke von 1626 in Widdershausen (Heringen) stammt aus Kamienny Jaz/Steinwehr (ehem. Kreis Greifenhagen, Westpreußen, heute Powiat Gryfiński, Ablieferungsnummer 03/4/49).163)

Nachtrag:

Zur zwölfteiligen Sonnenuhr am vorletzten Strebepfeiler der Südseite, die aus dem Jahr 1520, also kurz vor den religiösen und sozialen Tumulten in der Stadt, entstanden sein soll,164) ist zu bemerken, dass offenbar nicht mehr alle Zahlen, hier arabische in schon moderner Form, dem Zeitansatz 1520 entsprechen, also wohl eine Überarbeitung bzw. sogar eine Kopie vorliegt, bei der Kennzeichen einiger Ziffern übernommen wurden. Auffällig ist das Fehlen einer Kreislinie und der Querstriche an den Strahlen sowie der kreisförmigen Anordnung der Zahlen zugunsten einer an den Quader angelehnten U-förmigen, so dass man auch eine Erneuerung mit Übernahme von Details erwägen muss; auch Steinstruktur, weitgehend intakte Oberfläche und Kantenschärfe legen das nahe. Von den Ziffern sind 1 (hier I), z-förmige 2, 3, s-förmige 5, 8 und leicht liegende 9 durchaus mit dem Zeitansatz vereinbar, kaum aber die aufgerichtete 4, die aus einer Drehung der 9 entwickelte 6 und der Querstrich der 7, die freilich mit dem noch nicht waagerechten Balken ein Kennzeichen der Frühzeit besitzt.

Zitationshinweis:

DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Einleitung (Sebastian Scholz, Rüdiger Fuchs), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di091mz14e005.

  1. Flurdenkmäler – dazu würden auch im Bestand im Zeitrahmen nicht vorkommende Grenz- und Gütersteine zählen – wurden aufgrund ihrer oft problematischen Standorte nur dann berücksichtigt, wenn sie entweder in situ aufgefunden werden konnten oder bereits in der Literatur verläßlich behandelt wurden. »
  2. Vgl. Kloos, Einführung 2. »
  3. Fragen nach abweichenden Kalendern oder Jahresanfängen, etwa die Frage nach der Tagesdatierung zwischen Weihnachten und dem 1. Januar entsprechend den beiden Stilen, stellten sich im Bestand nicht. Kompliziertere Jahresberechnungen kommen nicht vor. »
  4. DI Terminologie, passim. »
  5. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen I 1972, 219; II 330–13. »
  6. Schnelle Information zum heutigen Landkreis Hersfeld-Rotenburg bieten Kemp, Kulturdenkmäler I–II und Wiegand, Kulturdenkmäler; für die Gebiete des alten Landkreises Hünfeld sind Der Kreis Hünfeld (1971) und Sturm, Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landes II nützlich. »
  7. Ein Zwischenspiel der katholischen Gegenreformation beendete 1629 den reformierten Gottesdient für kurze Zeit. Die Konfession wechselte mit dem Kriegsglück und den Durchziehenden, vgl. Neuhaus, Geschichte Hersfeld 165 ff. »
  8. Stellvertretend für Detailuntersuchungen der Amtsbericht von Landeck 1637 bei Lerch, Geschichte des 30jährigen Krieges 95. Für die Verlustrechnungen methodisch bedeutsam Zillinger, Kriegsende. »
  9. Vgl. dazu zusammenfassend Witzel, Hersfeld 21–23; dort auch Einzelheiten zur Mortalität. »
  10. Jäschke, Anfänge der Reichsabtei Hersfeld 94 f. und 104. »
  11. Vita Sturmi (Engelbert S. 89 f.); Jäschke, Anfänge der Reichsabtei Hersfeld 105. »
  12. Lampert, Vita Lulli 4 (Holder-Egger 311); Bonifatii et Lulli epistolae Nr. 93 (Tangl 213). »
  13. Wehlt, Reichsabtei 161 f. »
  14. Lampert, Vita Lulli 15 f. (Holder-Egger 328 f.). »
  15. Ziegler, Territorium 2. »
  16. Ziegler, Territorium 1 f.; Staab, Mainzer Kirche 136–142 mit weiterer Literatur; Unger, Hersfeld 589 f.; Palmer, Bishop Lull, passim. »
  17. Lampert, Vita Lulli 21 und 22 (Holder-Egger 335 f.); vgl. Hafner, Reichsabtei 10 mit weiteren Belegen. »
  18. Lampert, Annales zu 831 (Holder-Egger 22). »
  19. Lampert, Annales zu 850 (Holder-Egger 26). »
  20. Vgl. zum Hintergrund Angenendt, Missa specialis 175–181; Scholz, Grab 281 f. »
  21. Lampert, Annales zu 1037 (Holder-Egger 54); in seinem Libellum de institutione Herveldensis ecclesie (Holder-Egger 350) nennt Lampert jedoch das Jahr 1038 für den Brand. »
  22. Vgl. die entsprechenden Nummern und, die paläographischen Diskussionen und Ergebnisse zusammenfassend, Scholz, Bedeutung 535–547. »
  23. Darauf wiesen schon Vonderau, Ausgrabungen u. ders., Ausgrabungen (1921/22) sowie Meyer, Schriftquellen hin. »
  24. Lampert, Annales zu 1040 (Holder-Egger 56). »
  25. Großmann, Abteikirche 23; Unger, Hersfeld 595. »
  26. Vgl. unten in Kapitel 6»
  27. Butte, Stift und Stadt 56–60. »
  28. Butte, Stift und Stadt 18–22. »
  29. Butte, Stift und Stadt 60–68. »
  30. Vgl. dazu auch Nr. 211 mit der Abtsreihe von Hersfeld. »
  31. Vgl. Hörle, Hersfelder Inschriften (vor 1513) 140 f. »
  32. Quamvis difficili servaret tempore regnum / Rustica gens stolide dum parat arma Crato … »
  33. Der Niedergang der Abtei begann aber schon viel früher, wie bei den Grabinschriften von Äbten des 15. Jahrhunderts schon angedeutet wurde. Die Generation vor der Reformation stellte allerdings eine besondere Herausforderung dar, weil Konfrontationen mit der Landgrafschaft und der Stadt noch durch den Plan einer Vereinigung mit Fulda verschärft wurden, vgl. Breul-Kunkel, Herrschaftskrise 71–114. »
  34. Unger, Hersfeld 598. »
  35. Unter dem reformatorischen Ideen nahestehenden Abt Crato Melles (Kraft Myle) (Nrr. 145 f.) hatte Martin Luther 1521 in Hersfeld gepredigt, vgl. Görlich, Schon 1521. »
  36. Demme, Nachrichten I 49–53 mit Beilagen 71 und 76. »
  37. Demme, Nachrichten I 76 f. »
  38. Dieser Maßnahme folgten übrigens die Durchsetzung der „Verbesserungspunkte“ und ein Bildersturm in der Stadtkirche, vgl. Neuhaus, Geschichte Hersfeld 154–156. »
  39. Demme, Nachrichten I 85, 88, 91 f. »
  40. Vgl. auch Neuhaus, Zerstörung. »
  41. Butte, Stift und Stadt 94 f. »
  42. Hörle, Hersfelder Stadtkirche 8. »
  43. Hörle, Hersfelder Stadtkirche 31 und 34. »
  44. Nr. 45: pacem veritatem ivsticiam diligite. »
  45. Vgl. oben. Kap. 2.1.1»
  46. Hütteroth, Pfarrer 269. »
  47. Hütteroth, Pfarrer 86 f. »
  48. Vgl. Universitäts- und Landesbibliothek Kassel, fol. Ms. Hass. 119c, Konvolut Hersfeld; zu knapp bei Demme, Nachrichten I 93. »
  49. Vgl. DI 40 (Regensburg I Minoritenkirche), ein eigener Band. »
  50. Landau, Burg Herzberg 86 f. »
  51. Vgl. Dehio, Hessen I (2008) 305. »
  52. Demandt, Personenstaat 150–154, Nr. 501. »
  53. Vgl. Kemp, Kulturdenkmäler I 193. »
  54. Vgl. dazu Nr. 148, Anm. 1. »
  55. Eine kurze, informative und quellenbasierte Darstellung bei Löwenstein, Rotenburg XLI–LV. »
  56. Urkundenbuch des Klosters Kaufungen I Nr. 47; auch bei Lucae, Kleinod, bearb. Kittelmann, Anlage C. »
  57. Michl, Ausgrabungen 261 f.; die Nennung eines „villicus Henricus de Rotenberg“ im Jahr 1197, vgl. Löwenstein, Rotenburg Nr. 2, zeigt zumindest frühe Verwaltungsstrukturen an, vgl. ebd. XLI. »
  58. Michl, Ausgrabungen 262 f. »
  59. Zu seiner Geschichte vgl. Ortmüller, Geschichte, passim. »
  60. Brunner, Geschichte der Schiffahrt 229 f. »
  61. Franz, Haus Hessen 68–70. Zur Baugeschichte des Schlosses zur Zeit der Rotenburger Quart vgl. Ortmüller, Geschichte 31ff; Inschriften von nach 1651 bei Lucae, Kleinod 77–86 (72–78). »
  62. Lucae, Kleinod 66 und 280 (114). »
  63. Lucae, Kleinod 281f. (114 f.). »
  64. Kemp, Kulturdenkmäler II 785. »
  65. Vgl. Kemp, Kulturdenkmäler II 819. Zur Geschichte der Kirche und ihrer Einrichtung vgl. auch 500 Jahre St. Jakobus. »
  66. Henn, Johann von Ratzenberg, passim; Henn, In diessen seltzamen, geschwinden und arglistigen zeiten, passim. »
  67. Neuber, Haunetaler Geschichte 92; Großmann, Protestantischer Kirchenbau – Wehrda 82 f. zur Verlegung der Pfarrei von Rhina nach Wehrda, zum Bau ab 1567, lückenhaft bzw. auswählend zur Ausstattung. »
  68. Nach HStA Marburg, Best. 95, Nr. 1993. »
  69. Neuber, Haunetaler Geschichte 135 f. »
  70. Philippi, Reichsabtei Fulda. Adel und Lehnhof 257, Nr. 1985. »
  71. Neuber, Haunetaler Geschichte 116. »
  72. Davon sind 81 Inschriftenträger ganz verloren, teilweise jedoch auch aus Fotos und Nachzeichnungen rekonstruierbar, bei sieben, vor allem bei Sammelnummern fehlen größere eigenständige Teile. »
  73. Vgl. Lucae, Kleinod, bearb. Kittelmann Anlage B. »
  74. Vgl. Embach, Literarische Entwicklungen 582 f.; Fuchs in DI 71 (Trier II/2), 102 f. »
  75. Bonnet, Männer 107. »
  76. Vgl. Nrr. 159, 211/E. »
  77. Vgl. Lucae, Kleinod (248 f.). »
  78. Vgl. A. Schumann, in: ADB 31 (1890) 371 f. und May, Christian Schlegel (1980/81), https://www.deutsche-biographie.de/sfz78427.html#adbcontent (Aufruf am 19.12.2022). »
  79. „De abbatia Hersfeldensi / C. Schlegelii 1721“. Die Anfänge der Handschrift können weiter zurückliegen. »
  80. Die von May, Christian Schlegel 81 postulierte Unzufriedenheit Schlegels mit der Winkelmannschen Version stellt sich gar nicht dramatisch dar – Abweichungen in einem solch großen Textcorpus sind normal, hier noch kompliziert durch die Divergenzen zur Marburger Handschrift 162. »
  81. Die Schlegelsche Abteigeschichte enthält noch die Pestinschrift (Nr. 34), die Osterglocke von 1371 (Nr. 38) und eine Ratsglocke (Nr. 281), die Grabinschrift eines Laien (Nr. 61), das Epitaph des Georg Rüdiger (Nr. 226), zwei Glocken auf dem Petersberg (Nrr. 192, 316). »
  82. Vgl. Th. Fuchs, in: NDB 23 (2007) 231 f., https://www.deutsche-biographie.de/sfz78735.html#ndbcontent (Aufruf am 19.12.2022). »
  83. Vgl. auch knapp Apel, Nachrichten 28. »
  84. Vgl. Kemp, Kulturdenkmäler I–II u. Wiegand, Kulturdenkmäler. »
  85. Bei den folgenden Zahlen sind Mehrfachnennungen inbegriffen. »
  86. Dazu gehören ein Geschütz (Nr. 119), zwei Maße (Nrr. 246, 248), ein landgräflicher Bolzenkasten (Nr. 304) und die Abtsbilder im Eichhof bei Hersfeld (Nr. 211). »
  87. Scholz, Totengedenken; Scholz, Durch eure Fürbitten. »
  88. Scholz, Durch eure Fürbitten 155 f. »
  89. Treffort, Mémoires 174 f. »
  90. Zur Terminologie vgl. Seeliger-Zeiss, Grabstein oder Grabplatte 285; die Grabplatten sind heute häufig aus den Kirchenböden herausgenommen und an den Wänden aufgestellt. »
  91. Eine Reflexion über Totengedenken und ein Fragment (Nrr. 23 f.) sind dem Aussehen nach nicht zu beurteilen. »
  92. Nicht eingerechnet wurde hier die stark fragmentierte Grabinschrift des Sohnes eines Daniel von 1592 (Nr. 228), weil man den Rest nicht abschätzen und das Ganze nicht mehr prüfen kann. »
  93. Zu einer Reihe von fünf vergleichbaren Platten vgl. bei Johann Adrian von Dörnberg (Nr. 290). »
  94. Hier erweiterten die Zeichnungen bei Schlegel die Kenntnisse aus dem erhaltenen oder beschriebenen Bestand erheblich. »
  95. Vgl. hierzu und zum folgenden Scholz, Totengedenken 51–54; Scholz, Durch eure Fürbitten 158f. »
  96. Kroos, Grabbräuche 310–328. »
  97. Zum theologischen Hintergrund vgl. Scholz, Grab, passim und Scholz, Totengedenken 47 f. »
  98. Vgl. aber unten das Anno domini-Formular mit deutschem Text bei einem Epitaph von 1525. »
  99. Zum Epitaph vgl. P. Schoenen, Epitaph, in: RDK V (1967) 872–921 und dazu Fuchs in DI 29 (Worms) XXXIX»
  100. Vgl. Nrr. 189, 191, 217, 253, 269, 308»
  101. Hierzu gehört auch die Grabplatte von 1633 in Kerspenhausen (Nr. 338) mit lateinischer Grabinschrift und einer zweisprachigen Auseinandersetzung zum „All hernach“. »
  102. Aus Hersfeld gehört dazu der Grabstein Will von 1612 (Nr. 292). »
  103. Dazu gehören etwa die Denkmale 1593 Vem (Nr. 236) und 1597 Veit (Nr. 242). »
  104. Dazu gehören etwa die Denkmale 1591 Rüdiger (Nrr. 225 f.) und 1612 Faber (Nr. 293) in Hersfeld. »
  105. Durantus, Rationale divinorum officiorum I, IV,2 (Davril/Thibodeau 52). »
  106. Guillelmi Duranti rationale divinorum officiorum I, IV,15 (Davril/Thibodeau 57): „Et hec etiam est causa quare ecclesia videns concitari tempestatem campanas pulsat, ut scilicet demones, tubas eterni regis id est campanas, audientes, territi fugiant et a tempestatis concitatione quiescant, et ut ad campane pulsationem fideles admoneantur et provocentur pro instanti periculo orationi insistere.” »
  107. Vgl. Sturm, Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landes I 100, 396, 479, II 174, 293. »
  108. Nur in wenigen Fällen kennt man das taggenaue Gußdatum, nämlich 15. August 1371, um den 14. Mai 1429 und 19. Mai 1446 (Nrr. 38, 56, 58). Zu dem Phänomen der sommerlichen Glockengüsse vgl. DI 71/1 (Trier II) Nr. 384 mit Anm. 13. »
  109. Sygwenon der Lul-Glocke (Nr. 17) bleibt hier unberücksichtigt. »
  110. Hier wurden die Datierungen von Glocken nicht berücksichtigt, vgl. dazu in Kap. 4.2»
  111. Ein Stein ist verloren (Nr. 9), einer nur auf einem Foto von weitem erkennbar (Nr. 10). »
  112. Die Schrift dieser Steine detailliert und im Überblick beschrieben bei Scholz, Bedeutung und Möglichkeiten 538–547. »
  113. Die Schrift auf dem Tympanon in Neukirchen (Nr. 22) zeigt zwar Unzialformen, ist jedoch viel zu prekär für eine Einordnung. »
  114. Vgl. Neumüllers-Klauser, Epigraphische Schriften 315–328; Koch, Frühhumanistische Kapitalis 337–345; tiefer in die Materie eindringend Koch, Epigraphische Vielfalt. »
  115. Fuchs, Übergangsschriften 334f.; DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) LXVIII und Nr. 349»
  116. Vgl. Nrr. 172, 173, 184, 186, 195, 196, 200, 203 und Nrr. 179, 180, 181, 199, 213, 214. Zur Person und der Herkunft aus dem Fuldischen vgl. Bildhauer Valentin Hep 54 f., dort auch zum Vater Hermann und zur 1554 endenden Produktion von dessen Vorgänger, dem Monogrammisten HR. Im Bereich Fulda werden Hep noch mindestens drei Denkmäler zugeschrieben, sie sind allerdings epigraphisch noch nicht untersucht: Burghaun 1567, Petersberg 1572, Fulda, Friedhof St. Bonifatius 1584 (?). Sturm, Bau- und Kunstdenkmale der Stadt Fulda 1086 nennt außerdem Fulda 1571 (drei größtenteils verlorene Denkmäler für Fürstäbte) und Langenschwarz 1584 sowie Altengronau (Main-Kinzig-Kreis) 1579. »
  117. Hier ist zu beachten, daß A mit Deckbalken und geknicktem Mittelbalken etwa 1619 am Haus Hanfsack 2 (Nr. 313) häufig vorkommt und einmal mit geradem Mittelbalken, dabei aber der Deckbalken nur gemalt ist. »
  118. Vgl. Wiegand, Kulturdenkmäler 44 f. »
  119. Neumüllers-Klauser, Epigraphische Schriften 63–66. Jüngere Beobachtungen, daß sich die Minuskel entgegen früheren Annahmen in den Städten der Ostseeküste und in ihrem weiten Hinterland früh und schon ab der Mitte des 14. Jahrhunderts mit einer gewissen Dominanz durchsetzt, vgl. andeutungsweise DI 77 (Greifswald) 42, spielen für die Schriftentwicklung im Bearbeitungsgebiet keine Rolle. »
  120. Vgl. auch Stromer, Gespornte Lettern. »
  121. Die beiden Grabplatten von 1452 (Nrr. 61 f.) sind bei Schlegel nicht nachgezeichnet, dürften aber auch mit Minuskeln beschriftet gewesen sein. »
  122. So Hörle, Hersfelder Inschriften (vor 1513) 140. »
  123. Fichtenau, Lehrbücher 25–28; Zahn, Beiträge 10–14. »
  124. Vgl. allgemein Ifrah, Histoire des Chiffres; zu Inschriften Hill, Development; Topitz, Ziffer-Jahreszahlen. »
  125. Vgl. Kloos, Einführung 2 f. und interne Richtlinien, vgl. Kap. 1»
  126. Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen 248–250 und 583. »
  127. Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen 250, Fig. 290. »
  128. Vgl. Hörle, Hersfelder Inschriften (vor 1513) 141. »
  129. Vgl. Wiegand, Kulturdenkmäler 45 u. 101 mit Abb. »
  130. Wiegand, Kulturdenkmäler 315. »
  131. Kemp, Kulturdenkmäler II 820. »
  132. Vgl. Wiegand, Kulturdenkmäler 166. »
  133. Vgl. Mozer, Mensch und Wasser 8 nach einem verlorenen Stein und dem Kopialbuch StA Marburg, Bestand L 29, fol. 43v. Hochwassermarken gab es auch an der Fulda- und der Haunebrücke. »
  134. Hertzog, Beschreibung II fol. 8v–9r. – Piderit, Denkwürdigkeiten 77, Anm. 12. – Lampert, Vita Lulli (Holder-Egger 387, Anm. 3). – Hörle, Lullusgrab 34. »
  135. „Antistes Lullus quo non est sanctior ullus / Pollens divina tribuente Deo medicina / Occurit morbis ut totus praedicat orbis.“ »
  136. Surius, De probatis sanctorum historiis 5, 840. »
  137. William of Malmesbury, Gesta regum Anglorum I, cap. 1, ed. R.A.B. Mynors/R.M. Thomson. Oxford 1998, 120. Die Reimformen, zweisilbig gereimte Leoniner, erweisen den Text als zur Lebenszeit Malmesburys gehörig, die Verse stammen nicht aus der Zeit Luls oder der Kirchweihe des Hrabanus Maurus. »
  138. Schlegel, Abbatia, fol. 25r. »
  139. Großmann, Abteikirche 23; Unger, Hersfeld 595. »
  140. Vgl. Azzola, Steinkreuz-Bruchstück, teilw. nach dem Ausgräber Wesenberg, Freilegung 60. »
  141. Riebeling, Steinkreuze 112 Nr. 5124.6 kannte die Publikation des Ausgräbers nicht und sagt nichts zur Schrift. »
  142. Johann Georg Gemeling, in Universitäts- und Landesbibliothek Kassel, fol. Ms. Hass. 119c, Konvolut Petersberg und Johannesberg. »
  143. Kemp, Kulturdenkmäler I 334; Dehio, Hessen I (2008) 736. »
  144. Das Schriftband wird von den Lokalhistorikern als unlesbar bezeichnet, vgl. St. Weiß, Evangelische Stadtkirche zu Heringen. Ein Rundgang. 2003, überarbeitet und ergänzt von Cl. Heymann 2012/13 (vervielfältigtes Typoskript), S. 6. »
  145. So Wiegand, Kulturdenkmäler 148 mit Abb. »
  146. Vgl. dazu „Anna Clara Lang [Mitte 17. Jahrhundert, Hersfeld“, in: Grabdenkmäler (Stand: 8.11.2006, Bearb. Andreas Schmidt, HLGL)]. »
  147. Vgl. dazu „Anna Gertrud Kopp 1650, Hersfeld“, in: Grabdenkmäler (Stand: 31.10.2006, Bearb. Andreas Schmidt, HLGL). »
  148. Vgl. die Abb. bei Wiegand, Kulturdenkmäler 357. »
  149. Vgl. gedbas.genealogy.net/person/show/1082091532 (Stand 22.12.2016, konsultiert am 09.12.2022). »
  150. Der Bau 1605 datiert bei Lucae, Kleinod 388 (181); bald nach 1600 bei Seib, Bleistiftzeichnung; 1618? nach Dehio, Hessen 569; um 1640 nach Dehio, Hessen I (2008) 592. Der Übergang der jeweils halben Burg an Bartheld und Stückrad wird auf 1641 angesetzt, vgl. HStA Marburg, Best. 17c, Nr. 681; Best. Urk. 14 1128–1130, 1142, siehe auch Knothe, Geschichte Lispenhausen, passim und Knappe, Mittelalterliche Burgen 171. »
  151. Über dem Sockel steht IN DEO MEA CONSOLATIO. / BENEDICTVM NOMEN DOMINI. »
  152. Lucae, Kleinod 5v–6r (15). »
  153. So die Echtheit beteuernd Roßkopf, Chronik von Tann 91. »
  154. Vgl. Lange, Tafel und Schäfer, Landgrafenstein. »
  155. [WER] NICHT DER STER[N] / [ZUV]ORGEKOM(M)EN / HET ICH DIE FEST[E] / EINGENOM(M)EN. »
  156. Vgl. ab 1491 unter den Nrr. 90, 98, 100, 103 f., die teilweise schon bei Hörle, Hersfelder Inschriften (vor 1513) ediert wurden. »
  157. Es müßte OMNIA heißen; schon deshalb ist die Ergänzung hinfällig. »
  158. Vgl. Stüwing, Neue Überlegungen 34 mit Abb. und Umzeichnung. »
  159. Vgl. Kemp, Kulturdenkmäler II 755. »
  160. Sancta marg[…], die Inschrift fiktiv umlaufend und daher unvollständig. »
  161. [a]ve gracia / plena dominvs tecvm. »
  162. Vgl. Kemp, Kulturdenkmäler II 971–973 mit Abb. und Kemp, Spätgotischer Altar 24, 31, 26 f. mit Abb. 17, 18; allgemein auch Schmidt/Schmidt, Marienaltar. »
  163. Vgl. Poettgen, Handbuch der deutschen Glockengießer 17, 57. »
  164. 1) Nach Michael Adam, Seit 500 Jahren Sonnenstunden. Kleine Uhr an der Südwand der Kirche feiert Geburtstag, in: Mein Heimatland 2021, Nr. 4, S. 16 mit Abb. »