Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 293 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1556?

Beschreibung

Grabplatte des Sebastian Rücker. Im Chor im Boden, zweite Reihe von Westen, zweite Platte von Norden. Roter Sandstein. Handbreite, glatte Rahmenleiste; in der oberen Hälfte des Feldes eine oben und unten von Blattvoluten gerahmte Tafel mit Sterbevermerk (A) und Bibelspruch (B); unter der Tafel ein Wappen in Flachrelief. Stark abgetreten und bestoßen; links oben ein schräg verlaufender breiter Riß, der großflächig mit Zementmörtel geflickt ist (Schriftverlust); weiterer ausgebesserter Riß rechts unten.

Ergänzungen nach Maisch.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 189,5, B. 95, Bu. 3,1 (A), 3,4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    ANNOa) · 1[556 ·] VF · DEN · 7 · NOVEMBER / IST · DER · ER[NHAFT VND]b) · FIRNEM · SEBASTION / RICKE[R ZV ÖRI]NGc) · IM · HEREN · ENT=/SCHL[AFEN ER] · WARTET · AL · DA · AINER / FRE[LICHEN · AV]FFER · STEVNGd) · AMEN

  2. B

    [JOHANN ZV]M · XI SPRICHT · CHRISTVS / [ICH · BIN · DIE] AVFER · STEVNG · VND · DAS LEBE(N) / [WER] · AN · MICH · GELAVBT · DER · WIRT · / LEB[E]NN · OB · ER · GLEICH · STIRBT · / AIN · IETLICHER · DER · DA · LEBT · / VND · GLAVBT · AN · MICH · / DER · WIRT · NIT · STERBEN · ÖWIGLICH1)

Wappen:
Rücker2.

Kommentar

Die Schrift ist eine kunstlose, unregelmäßige, überwiegend schmal proportionierte Kapitalis. A, N und V sowie D und G sind jedoch mitunter auffällig breit. A hat einen nach links überstehenden Deckbalken, E ist sehr schmal und hat gleich lange Balken. Der verkürzte Schaft des D reicht kaum bis zur Zeilenmitte; die senkrechte Cauda des G ist rechtwinklig nach innen umgeknickt, die Schäfte des N sind meist deutlich nach rechts geneigt, O ist spitzoval. Auch die stark variierende Linienführung der Cauda des R verrät die Unsicherheit des Steinmetzen. Als Worttrenner dienen Dreiecke auf halber Zeilenhöhe. Vom selben Steinmetz stammt nach Ausweis der fast identischen Schriftformen eine weitere Öhringer Grabplatte für einen 1552 Verstorbenen (nr. 273), bei der lediglich der Deckbalken des A nach rechts statt nach links ausgerichtet ist, sowie zahlreiche weitere, zwischen 1568 und 1577 entstandene Öhringer Grabmäler3. Gegen das von Maisch als 1556 überlieferte, heute nicht mehr lesbare Todesjahr Rückers spricht demnach vom Schriftbefund her nichts. Die Gleichsetzung des hier Bestatteten mit dem gleichnamigen, laut Inschrift auf der unmittelbar benachbarten Grabplatte (nr. 287) am 29. September 1556 verstorbenen ehemaligen Bürgermeister ist freilich angesichts der abweichenden Sterbedaten und der auf der vorliegenden Grabplatte fehlenden Amtsbezeichnung Rückers eher unwahrscheinlich4. Vermutlich handelt es sich bei den beiden Grabplatten um Grabmäler für Vater und gleichnamigen Sohn, die anscheinend innerhalb weniger Wochen verstorben sind.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe etwas vergrößert und durch einen weit nach links ausholenden, geschwungenen Deckbalken hervorgehoben.
  2. So Maisch. Der zur Verfügung stehende Platz ist jedoch für diese Ergänzung zu knapp, zudem sind die noch sichtbaren Reste des letzten Buchstabens am ehesten als N zu deuten. VND war also vermutlich abgekürzt.
  3. ZU ÖRING Maisch; vom zur Verfügung stehenden Raum her wäre auch die Ergänzung DER · IVNG denkbar.
  4. FRÖLICHEN AUFERSTEUNG Maisch.

Anmerkungen

  1. Jh 11,25–26.
  2. Drei winzige deichselförmig gestellte Lindenblätter mit sich überkreuzenden Stielen.
  3. Vgl. Einl. 66f.
  4. Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 1f. vermutet, daß beide Grabmäler für dieselbe Person bestimmt waren und daß die Platte mit der Personendarstellung ursprünglich als Epitaph an der Wand aufgerichtet war; ebenso Birkenstock 20f. Nr. 19. Unklar ist, ob Maisch die Inschrift der vorliegenden Grabplatte 1930 tatsächlich noch vollständig nach Autopsie wiedergegeben hat oder ob er die Jahreszahl 1556 lediglich aufgrund der – fälschlichen – Gleichsetzung der beiden Verstorbenen nach dem auf dem zweiten Grabmal genannten Todesjahr stillschweigend ergänzt hat.

Nachweise

  1. Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 1f.
  2. Ders., St. Anna-Kirche.
  3. Birkenstock 20f. Nr. 19.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 293 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0029308.