Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 67 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, kath. Pfarrkirche St. Joseph (ehem. Klosterkirche) 1465

Beschreibung

Grabplatte des Abts Simon Marpach. Innen an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffs, zweiter Stein von Westen; ursprünglich im Langhaus des Vorgängerbaus als erster Stein neben der Marienkapelle1. 1717 am jetzigen Standort an der Wand auf einem Sockel aufgerichtet, der Sockel wurde mit einer von Abt Knittel verfaßten Versinschrift versehen2. Sandstein. Umschrift zwischen Ritzlinien; im Feld unter einem eselsrückenbogigen, krabbenbesetzten Maßwerkbaldachin die stehende Figur des Abts in Flachrelief. Der Abt trägt die Mitra, hält in der Rechten den Krummstab und legt die Linke flach auf die Brust. Die den Baldachin bekrönende Kreuzblume ragt in die Kopfleiste und unterbricht die Inschrift. Links unten im Feld Stz. nr. 1. Abgetreten und bestoßen, Ränder stellenweise erheblich beschädigt und geflickt, dabei teilweise unsachgemäße Ergänzung der Schrift; die untere Hälfte der linken Schriftleiste ist völlig zerstört, die Schrift ist in diesem Bereich auf dem ergänzten Mörtel lediglich aufgemalt. Schrift schwarz nachgezogen.

Ergänzungen nach Hebenstreit.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 195, B. 77, Bu. 7,5–7,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/3]

  1. Anno d(omi)ni // · M · c · c · c · c · lx · v · / vij idus Septembris Obijt · d(omi)n(u)s Symon Abbas xvj · pre=/sentis oratorija) · [resar/citorb) nouorum aedificiorumc)] cuius a(n)i(m)a [req]uiescatd) in pacee) ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1465 am 7. Tag vor den Iden des September (7. September) starb Herr Simon, der 16. Abt dieses Bethauses, ein Wiederhersteller neuer Gebäude. Seine Seele ruhe in Frieden.

Kommentar

Die durch die Bemalung in ihrem Gesamtbild erheblich beeinträchtigte Gotische Minuskel weist schmale Proportionen und nur mäßig lange Ober- und Unterlängen auf. Bemerkenswertes Element der Gemeinen ist das u in idus mit oben linksschräg geschnittenem zweiten Schaft. Über u ist regelmäßig ein v-förmiges diakritisches Zeichen gesetzt. Am auffälligsten sind die Versalien, die – auf Grundformen der Gotischen Majuskel basierend – breit angelegt sind, dabei aber nur schwache Bogenschwellungen aufweisen. Charakteristisch sind Linienverdoppelungen, so beim geschwungenen Mittelbalken des A und beim Mittelteil des S, sowie lange, zu Zierlinien ausgezogene Sporen und Abschlußstriche. Die vorliegende Grabplatte ist vermutlich das früheste erhaltene Werk eines Steinmetzen, der durch die Schrifteigentümlichkeiten und durch sein Steinmetzzeichen als Urheber zahlreicher Schöntaler Grabmäler nachweisbar ist. Die letzte Arbeit der Serie ist um 1511 entstanden (nr. 226). Angesichts dieser großen Zeitspanne von über 45 Jahren und der Tatsache, daß sich außerhalb des Klosters keine Werke dieses Steinmetzen finden lassen, wird man wohl nicht fehlgehen, in ihm einen Angehörigen des Schöntaler Konvents zu sehen.

Simon Marpach war von 1445 bis 1465 Abt von Schöntal. Die in der Inschrift angegebene Zählung als 16. Abt ist nicht vereinbar mit der Liste der urkundlich nachweisbaren Äbte, in der Simon den 31. Platz einnimmt3. Der ausdrückliche Hinweis auf seine Bautätigkeit läßt sich keiner bestimmten Baumaßnahme im Kloster zuordnen, da aufgrund der Barockisierung der Kirche und der gesamten Klosteranlage über frühere Bauten kaum etwas Konkretes bekannt ist4.

Textkritischer Apparat

  1. Fahne des ersten r unmittelbar an den oberen Bogen des a anstoßend; unbeabsichtigte Buchstabenverbindung.
  2. Stelle des Zeilenumbruchs geschätzt.
  3. nouorum aedificiorum vielleicht geringfügig gekürzt. restaurator novorum aedificiorum Müller/Stöcklein; restaurator alterum aedificiorum OAB Künzelsau (angeblich nach Hebenstreit). Der jetzige, aufgemalte Schriftbefund ist völlig unsinnig und ohne Grundlage in der kopialen Überlieferung: et / monasterii de Schönth(al). Die überlieferte Lesung novorum ist freilich auch problematisch, denn es mag nicht recht einleuchten, warum der Abt neue Gebäude hätte wiederherstellen lassen sollen.
  4. Die ersten drei Buchstaben zerstört, jetzt nur aufgemalt.
  5. in pace ohne Worttrennung.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 24r. Zur Lage der Kapelle – wohl in der Nähe des Chors – vgl. nr. 33 Anm. 2.
  2. AD REGIMEN RAPTUS / TANTIS VIR HONORIBUS APTUS / SIMON RECTORUM / LUCEBAT LAMPADE MORUM.
  3. Vgl. Kdm. Künzelsau 427.
  4. Ebd. 278.

Nachweise

  1. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 72.
  2. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 24r.
  3. OAB Künzelsau 781.
  4. Kdm. Künzelsau 340 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 67 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0006702.