Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 37 Krautheim, kath. Stadtkirche Mariä Himmelfahrt 1419

Beschreibung

Wappentafel mit Bauinschrift des Erzbischofs von Mainz Konrad III. Wild- und Rheingraf zu Daun. Ursprünglich außen am Chor hoch über einem Fenster1, zu unbekanntem Zeitpunkt im späten 19. oder im 20. Jahrhundert dann unmittelbar über das Westportal versetzt, seit der Kirchenerweiterung 1974/75 schließlich am jetzigen Standort an der südlichen Giebelseite neben dem Eingang in Augenhöhe eingemauert. Hochrechteckige Sandsteintafel mit zwischen schmalen Stegen umlaufender, erhaben ausgehauener Inschrift, die sich unter dem eingetieften Mittelfeld zweizeilig fortsetzt. Im Feld ein großer Wappenschild in hohem Relief, darunter in den beiden Ecken je eine Rosette. Die oberen zwei Drittel der Tafel werden von einem abgefasten und innen gekehlten kräftigen Rahmen (drei Werkstücke) umzogen. Der zuletzt stellenweise stark verwitterte Stein wurde 1974/75 einer dilettantischen „Restaurierung“ unterzogen, bei der vor allem die im Randbereich durch Verwitterung beeinträchtigten oberen Buchstabenhälften vielfach falsch ergänzt wurden, was zu einer sinnentstellenden Verfälschung der Inschrift führte. Auch das Wappenrelief (Löwenköpfe!) wurde wenig glücklich ergänzt. Die Textedition orientiert sich nicht am heutigen Zustand, sondern an dem anhand älterer Fotoaufnahmen2 weitgehend rekonstruierbaren ursprünglichen Befund. Die jetzt durch Restaurierungsfehler unwiederbringlich zerstörten Stellen sind in eckige Klammern gesetzt.

Ergänzung nach DI 8 und nach Fotos.

Maße: H. (mit Rahmen) 106, B. 91,5, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. annoa) [·] dominib) [· m]ile[s]imoc) · qva/dragint[e]simod) · xix · [f]eriae) · ter[cia]f) · [p]o[st]g) · pen/thecostes · incepta · e[st]h) · [st]ruc[tu]/rai) · [per ·]k) [reụerenḍịṣṣịṃu(m)]l) · d(omi)n(u)m · [c]on[r]adumm) // reingreffe[n ·] ar[ch]ephisto/pusn) · mogu(n)tine · sediso)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1419 am Dienstag nach Pfingsten (6. Juni) ist dieser Bau begonnen worden durch den ehrwürdigsten Herrn Rheingrafen Konrad, Erzbischof des Mainzer Stuhls.

Wappen:
Wild- und Rheingrafen/Erzstift Mainz3.

Kommentar

Dieses für das Gebiet Württembergisch Frankens seltene Beispiel einer erhaben ausgehauenen Gotischen Minuskel ist leider durch die Überarbeitung in seinen Buchstabenformen stark verfälscht. Bemerkenswert ist die komplette Einfügung der Unterlängen (g, p, q) in den Mittellängenbereich, während die Oberlängen geringfügig in die begrenzende Rahmenleiste rag(t)en. Das Schluß-s ist von einem relativ breiten geraden Strich rechtsschräg durchzogen. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Die Krautheimer Kapelle, die noch keine Pfarrechte besaß (Pfarrei war die Altkrautheimer Kirche), wurde 1507/08 durch einen spätgotischen Neubau ersetzt (vgl. nr. 164). Wie bereits Köllenberger bemerkte4, stimmen die Angaben der Bauinschrift nicht zusammen: im Juni 1419 amtierte noch Erzbischof Johann II. Graf von Nassau, der am 25. September des Jahres verstarb; Konrad Wild- und Rheingraf zu Daun wurde dagegen erst im Oktober gewählt. Die Wappentafel wurde also möglicherweise unter Konrads Amtszeit (1419–34) erst etwas später angefertigt. Die Herrschaft Krautheim befand sich seit 1389 im ungeteilten Besitz des Erzstifts Mainz, das Kirchenpatronat lag allerdings beim Johanniterorden5.

Textkritischer Apparat

  1. Am Beginn der Inschrift eine erhaben gehauene Rosette.
  2. Das d jetzt fälschlicherweise mit geradem senkrechten statt mit linksschräg gebrochenem Schaft.
  3. Das (jetzt falsch ergänzte) s war bereits vor der Restaurierung zerstört; jetziger Befund: aiileiimo.
  4. Jetziger Befund: qva/dragintisimo, das d mit geradem Schaft (vgl. Anm. b).
  5. Jetziger Befund: reria.
  6. Jetziger Befund: terrm.
  7. Jetziger Befund: toie.
  8. Die Stelle war bereits vor der Restaurierung zerstört.
  9. Das Wort nach den Ergänzungen des Restaurators jetzt unleserlich.
  10. per ·; das e war schon vor der Restaurierung zerstört: jetziger Befund: r ·t.
  11. Befund bereits vor der Restaurierung unsicher, die Oberlängen von d und langen s nicht zu erkennen. Das Wort ist jetzt nach dem Eingriff des Restaurators völlig unleserlich.
  12. Erster Buchstabe jetzt ein r; die Mitte des Wortes verfälscht.
  13. So schon ursprünglich fehlerhaft statt archiepiscopum.
  14. Danach als Zeilenfüller ein Blattmotiv.

Anmerkungen

  1. Vgl. Schönhuth, Crautheim sammt Umgebungen 63; ders., Burgen … Badens u. d. Pfalz 2, 175; John, Krautheim 34.
  2. Aufnahmen von etwa 1963 (Herbert Neumüllers) in der Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
  3. Quadriert, 1/4. wiederquadriert von Wildgrafen (Löwe hier ungekrönt und hersehend) und Rheingrafen, 2/3. Erzstift Mainz.
  4. DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 6.
  5. Vgl. LdBW IV, 182.

Nachweise

  1. Schönhuth, Crautheim sammt Umgebungen 63 (nur erwähnt).
  2. Schönhuth, Burgen … Badens u. d. Pfalz 2, 175.
  3. Kdm. Tauberbischofsheim 96.
  4. DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr.6 (m. Abb.).
  5. Leistikow, Fünf Adelsheims 26 Anm. 21.
  6. John, Krautheim 34, 35 (Abb.).
  7. Rauser, Krautheimer Heimatbuch 68 (Abb.).
  8. Der Hohenlohekreis 1, 429 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 37 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0003704.